Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Dem Arbeitgeber, der mit einzelnen Arbeitnehmern einzelvertraglich eine höhere Vergütung vereinbart hat, als sie dem betrieblichen Niveau entspricht, ist es verwehrt, unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz diese Vergütung dem Lohn der übrigen Arbeitnehmer anzupassen, mit denen er eine solche höhere Lohnvereinbarung nicht getroffen hat.
Zur Darlegungslast des Arbeitgebers bei einer Änderungskündigung mit dem Ziel, das Entgelt höherbezahlter Arbeitnehmer auf das Niveau der mit der Mehrzahl der Arbeitnehmer des Betriebes vereinbarten Tarifverträge des öffentlichen Dienstes (BAT) abzusenken.
Fortsetzung der Senatsrechtsprechung zur Änderungskündigung (zuletzt Senatsurteile vom 20. August 1998 – 2 AZR 84/98 – EzA § 2 KSchG Nr. 31 = RzK I 7 b Nr. 33 und vom 12. November 1998 – 2 AZR 91/98 – EzA § 2 KSchG Nr. 33 = RzK I 7 b Nr. 39).
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2, § 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin vom 21. August 1998 – 2 Sa 18/98 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Beklagte ist eine Stiftung privaten Rechts. Stiftungszweck ist die berufliche und soziale Wiedereingliederung insbesondere jugendlicher Strafgefangener und Haftentlassener sowie die Durchführung beruflicher Bildungsmaßnahmen für sozial benachteiligte Jugendliche. Die Stiftung führt unter anderem berufsfördernde Maßnahmen in stiftungseigenen Werkstätten durch. Am 30. Juni 1997 beschäftigte sie ca. 200 Arbeitnehmer. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden. Von den bei ihr beschäftigten Arbeitnehmern wurden die Arbeitsverhältnisse bei 116 Arbeitnehmern in Anlehnung an den BAT und bei 84 Arbeitnehmern in Anlehnung an die Tarifverträge für die Metallindustrie geregelt. Seit dem 1. April 1995 wird bei Neueinstellungen ausschließlich der BAT vereinbart. Nach einem vorangegangenen Arbeitsverhältnis bei der Beklagten wird der Kläger seit dem 15. November 1993 als Anleiter in der gewerblichen Ausbildung im Maler- und Lackiererhandwerk beschäftigt. In seinem Arbeitsvertrag ist auf die jeweils gültigen tarifvertraglichen Bestimmungen für die Angestellten in der Berliner Metallindustrie Bezug genommen worden. Seit dem 1. Oktober 1995 ist mit dem Kläger eine Arbeitszeit von 36,25 Stunden pro Monat vereinbart, ferner erhält er 55% eines Monatsentgelts als Urlaubsgeld und ein Monatsentgelt als Sonderzahlung. Zuletzt betrug die monatliche Vergütung des Klägers 4.559,00 DM brutto.
Ende Mai 1997 bat die Beklagte die Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnisse sich nach den Metalltarifverträgen richteten, um ihr Einverständnis mit der Anwendung der entsprechenden Regelungen des BAT ab 1. Januar 1998 unter Gewährung einer Besitzstandssicherung. Von den 84 betroffenen Arbeitnehmern nahmen 13 Arbeitnehmer, unter ihnen der Kläger, dieses Änderungsangebot nicht an. Gegenüber diesen 13 Arbeitnehmern sprach die Beklagte Änderungskündigungen zum Zwecke der Anwendung des BAT auf das jeweilige Arbeitsverhältnis aus.
Mit Schreiben vom 9. Juli 1997 hörte die Beklagte den bei ihr bestehenden Betriebsrat zu einer beabsichtigten Änderungskündigung gegenüber dem Kläger zum 31. Dezember 1997 an. Mit Schreiben vom 16. Juli 1997, dem Kläger am 17. Juli 1997 zugegangen, kündigte die Beklagte sein Arbeitsverhältnis zum 31. Dezember 1997 und bot ihm gleichzeitig die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen an. Danach sollten entsprechend den Bestimmungen des BAT insbesondere die Arbeitszeit des Klägers auf 38,5 Stunden heraufgesetzt werden, eine Vergütung nach Vergütungsgruppe V c BAT erfolgen und Urlaubsgeld, Weihnachtsgeld und vermögenswirksame Leistungen in Anlehnung an die jeweilige Regelung des BAT gezahlt werden. Die entstehende Differenz zwischen dem bisher an den Kläger gezahlten und dem sich aus dem neuen Vertrag ergebenden Gehalt sollte durch eine bei Tarifsteigerungen, Veränderungen des Ortszuschlages und der Lebensaltersstufe anrechenbare Besitzstandszulage zunächst ausgeglichen werden. Der Kläger nahm die Änderung der Arbeitsbedingungen unter dem Vorbehalt der Prüfung ihrer sozialen Rechtfertigung an. Ein von der Beklagten neben der Änderungskündigung erklärter Widerruf einzelner Arbeitsbedingungen des bisherigen Arbeitsvertrages des Klägers ist nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens; die Feststellung durch das Arbeitsgericht, daß dieser Widerruf unwirksam ist, hat die Beklagte nicht mit der Berufung angegriffen.
Der Kläger hält die Änderung seiner Arbeitsbedingungen für sozial ungerechtfertigt. Er hat geltend gemacht, dringende betriebliche Erfordernisse für die Änderungskündigung habe die Beklagte nicht vorgetragen. Weder werde eine drohende Betriebsstillegung, noch eine Gefährdung von Arbeitsplätzen behauptet. Daß die Beklagte durch die an ihn zu zahlende Vergütung sich gegenüber den Angeboten von Mitbewerbern nur zu ungünstigeren Bedingungen bei Ausschreibungen beteiligen könne, sei unzutreffend. Ebensowenig treffe es zu, daß die Mitbewerber die Regelungen des BAT durchgängig anwendeten und daß durch die Anwendung des BAT bei den Mitbewerbern niedrigere Angebotspreise entstünden. Im übrigen habe die Beklagte seinerzeit den Zuschlag für ein Angebot erhalten, obwohl sie nicht das niedrigste Angebot unterbreitet habe. Der Tarifwechsel sei nicht geeignet, bei der Beklagten Einnahmeausfälle zu verhindern. Mittelfristig sei er nicht einmal geeignet, Einsparungen zu erreichen. Es sei zu berücksichtigen, daß die Sonderzahlung nach dem BAT höher liege als die nach den Metalltarifverträgen. Es sei nicht erkennbar, inwiefern die Weiterbeschäftigung der 13 Mitarbeiter, die die geänderten Arbeitsbedingungen nicht angenommen hätten, allein wegen deren Bezahlung nach den Metalltarifverträgen den Betrieb gefährden könne bzw. betriebsorganisatorisch ausgeschlossen sein solle.
Der Kläger hat, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, beantragt
festzustellen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen im Zusammenhang mit der Änderungskündigung vom 16. Juli 1997, zugegangen am 17. Juli 1997, unwirksam ist.
Die Beklagte hat zur Stützung ihres Klageabweisungsantrags behauptet, der Tarifwechsel sei zwingend erforderlich, um den Fortbestand des Betriebes zu sichern. Alle maßgeblichen Mitbewerber wendeten in ihren Bereichen den BAT an. Dadurch könnten sie geringere Angebote unterbreiten, da ihre Lohnkosten niedriger lägen. Sie könne sich bei Anwendung des Metalltarifvertrages nicht zu den gleichen Bedingungen wie ihre Mitbewerber bewerben. Das Stiftungsvermögen dürfe für laufende Maßnahmen nicht verbraucht werden. Alle Maßnahmen seien fremdfinanziert. Die Personalkosten hätten 1996 78,2% der Gesamtkosten betragen, für 1997 sei mit einem ähnlichen Anteil zu rechnen. Im Jugendhilfebereich seien die Entgeltsätze für 1997 und 1998 jeweils um 2% gesenkt worden. Da die Mitbewerber auf der Grundlage eines niedrigeren Gehaltsgefüges Angebote unterbreiten könnten, habe sie bei zehn Beteiligungen an Ausschreibungen nur einen Zuschlag erhalten. Im übrigen habe sie das Besserstellungsverbot der Landeshaushaltsordnung zu berücksichtigen. Schon allein aus der Arbeitszeitdifferenz zwischen BAT und Metalltarifverträgen ergebe sich bei 84 Beschäftigten ein Unterschied von 8,4 Stellen, der nicht ausgeglichen werden könne. Sie werde fast ausschließlich aus Zahlungen der öffentlichen Hand finanziert. Im Zeitpunkt der Kündigung seien hier deutliche Kürzungen absehbar gewesen und zwar von einem Gesamtbetrag von 8.522.800,00 DM für 1997 auf einen Gesamtbetrag von 8.159.026,00 DM für das Jahr 1998. Die Mindereinnahmen von 363.774,00 DM habe sie durch Einsparungen auf der Personalkostenseite auffangen müssen. Allein durch die Zahlung eines verringerten Urlaubsgeldes und verminderte vermögenswirksame Leistungen seien durch den Tarifwechsel unmittelbare Einsparungen in Höhe von 244.357,00 DM zu erwarten gewesen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Die Änderungskündigung hat die Arbeitsbedingungen des Klägers nicht geändert, die Änderung der Arbeitsbedingungen ist sozial ungerechtfertigt (§ 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 KSchG).
I. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es könne offen bleiben, ob sich die Sozialwidrigkeit der Kündigung bereits daraus ergebe, daß die Beklagte möglicherweise durch die beabsichtigte Neuregelung der betrieblichen Lohngestaltung das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt habe. Die Kündigung sei jedenfalls nach §§ 2, 1 KSchG unwirksam, da keine dringenden Erfordernisse für die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers vorlägen. Für die Änderungskündigung sei erforderlich, daß eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers auf dem konkreten Arbeitsplatz zu den bisherigen Arbeitsbedingungen nicht möglich sei, d. h. daß der Arbeitsplatz in dieser Ausprägung spätestens im Zeitpunkt des Ablaufs der Kündigungsfrist wegfallen werde. Dies habe die Beklagte nicht ausreichend vorgetragen. Es fehle insbesondere die Darlegung, inwiefern gerade die Arbeitsverhältnisse, die sich nach den Metalltarifverträgen regelten, zu höheren Kosten führten als dies bei der Anwendung des BAT der Fall wäre. Die von der Beklagten durchgeführte Modellrechnung ohne Bezug auf den konkreten Arbeitsplatz des Klägers reiche insoweit nicht aus.
II. Dem folgt der Senat im Ergebnis und auch in Teilen der Begründung.
1. Nach der ständigen Senatsrechtsprechung (zuletzt Senatsurteile vom 20. August 1998 – 2 AZR 84/98 – EzA § 2 KSchG Nr. 31 und vom 12. November 1998 – 2 AZR 91/98 – EzA § 2 KSchG Nr. 33) ist bei einer betriebsbedingten Änderungskündigung zunächst das Änderungsangebot des Arbeitgebers daran zu messen, ob dringende betriebliche Erfordernisse gemäß § 1 Abs. 2 KSchG das Änderungsangebot bedingen und ob der Arbeitgeber sich bei einem an sich anerkennenswerten Grund zur Änderungskündigung darauf beschränkt hat, nur solche Änderungen vorzuschlagen, die der Arbeitnehmer billigerweise hinnehmen muß.
a) Ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen kann darin liegen, daß die Unrentabilität des Betriebes einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen entgegensteht, wenn durch die Senkung der Personalkosten die Stillegung des Betriebes oder die Reduzierung der Belegschaft verhindert werden kann und die Kosten durch andere Maßnahmen nicht zu senken sind. Bei der Prüfung ist stets auf die wirtschaftliche Situation des Gesamtbetriebes und nicht nur die eines unselbständigen Betriebsteils abzustellen. Die Unrentabilität eines Teils des Betriebes stellt allerdings dann ein dringendes betriebliches Erfordernis dar, wenn sie auf das wirtschaftliche Ergebnis des Gesamtbetriebes durchschlägt und ohne Anpassung der Personalkosten Beendigungskündigungen nicht zu vermeiden wären.
b) Eine betriebsbedingte Änderungskündigung, die eine aus wirtschaftlichen Gründen sonst erforderlich werdende Beendigungskündigung – z.B. wegen Stillegung des Gesamtbetriebes oder eines Betriebsteils – vermeidet, ist danach grundsätzlich zulässig. Sie ist sogar oft das einzige dem Arbeitgeber zur Verfügung stehende Mittel. So kommt etwa bei einem durch eine hohe Vergütung wirtschaftlich für den Betrieb nicht mehr tragbaren Arbeitnehmer nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit keine Beendigungs-, sondern nur eine Änderungskündigung in Betracht. Dies bedeutet allerdings nicht, daß die dringenden betrieblichen Erfordernisse schon im Zeitpunkt der Kündigung einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers im Betrieb dergestalt entgegenstehen müssen, daß der Arbeitgeber mit dem Ausspruch einer Änderungskündigung warten muß, bis sein Ruin unmittelbar bevorsteht. Prüfungsmaßstab ist, ob die schlechte Geschäftslage einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu unveränderten Bedingungen entgegensteht (Senatsurteile vom 20. August 1998, aaO und vom 12. November 1998, aaO, jeweils m.w.N.).
c) Stets müssen die betrieblichen Erfordernisse dringend sein. Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung zur Entgeltsenkung ist zu berücksichtigen, daß der Arbeitgeber nachhaltig in das arbeitsvertraglich vereinbarte Verhältnis von Leistung und Gegenleistung eingreift, wenn er die vereinbarte Vergütung reduziert (Senatsurteil vom 26. Januar 1995 – 2 AZR 428/94 – BAGE 79, 169 = AP Nr. 37 zu § 2 KSchG 1969). Grundsätzlich sind einmal geschlossene Verträge einzuhalten und es ist anerkannt, daß Geldmangel den Schuldner nicht entlastet. Die Dringlichkeit eines schwerwiegenden Eingriffs in das Leistungs-/Lohngefüge, wie es die Änderungskündigung zur Durchsetzung einer erheblichen Lohnsenkung darstellt, ist deshalb nur dann begründet, wenn bei einer Aufrechterhaltung der bisherigen Personalkostenstruktur weitere, betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebes führen. Regelmäßig setzt eine solche Situation einen umfassenden Sanierungsplan voraus, der alle gegenüber der beabsichtigten Änderungskündigung milderen Mittel ausschöpft (Senatsurteil vom 11. Oktober 1989 – 2 AZR 375/88 – RzK I 7 b Nr. 9).
d) Ist eine Entgeltkürzung mittels Änderungskündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse danach gerechtfertigt, so ist der Arbeitgeber regelmäßig nicht berechtigt, einzelne Arbeitnehmer, auch nicht allein die Arbeitnehmer eines mit Verlust arbeitenden Betriebsteils, herauszugreifen und ihr Entgelt einschneidend zu kürzen, während das Entgelt der überwiegenden Mehrzahl der Belegschaft unangetastet bleibt (Senatsurteil vom 20. August 1998, aaO).
2. Werden in einem Betrieb, dessen Finanzierung zum überwiegenden Teil von Zuwendungen der öffentlichen Hand abhängt, an einen erheblichen Teil der dort beschäftigten Arbeitnehmer aufgrund einzelvertraglicher Zusage oder einzelvertraglicher Vereinbarung der Anwendung eines bestimmten Tarifvertrages Gehälter gezahlt, die aus der Sicht des Betriebsinhabers nicht ohne Verluste erwirtschaftet werden können, so kann sich daraus ein dringendes betriebliches Erfordernis zu Entgeltkürzungen mittels Änderungskündigung in mehrfacher Weise ergeben:
a) Es kann sein, daß bei Weiterzahlung der bisherigen Löhne betrieblich nicht mehr auffangbare Verluste entstehen, die absehbar zu einer Reduzierung der Belegschaft oder sogar zu einer Schließung des Betriebes führen.
b) Erstattet – etwa bei Aufträgen der öffentlichen Hand – der Auftraggeber, was bei Einstellung des betreffenden Arbeitnehmers nicht voraussehbar war, ab einem bestimmten Zeitpunkt nur die Personalkosten auf der Grundlage eines bestimmten Tarifvertrages, z.B. des BAT, so kann sich auch daraus ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderungskündigung gegenüber den Arbeitnehmern ergeben, die zu günstigeren Arbeitsbedingungen, etwa auf der Grundlage eines anderen, einzelvertraglich vereinbarten Tarifvertrages eingestellt worden sind.
c) Es kann aber auch, worauf das Landesarbeitsgericht in erster Linie abstellt, allein auf den Arbeitsplatz des betroffenen Arbeitnehmers bezogen aus derartigen Umständen ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderungskündigung resultieren. Hat der Arbeitnehmer ein fest umrissenes Arbeitsgebiet, so kann, wenn die Personalkosten seines konkreten Arbeitsplatzes auf dem Markt nicht mehr durchsetzbar sind, für den Arbeitgeber die Situation entstehen, daß er für diesen konkreten Arbeitsplatz keine kostendeckenden Aufträge mehr akquirieren kann und er deshalb zur Vermeidung einer Beendigungskündigung das Entgelt des betreffenden Arbeitnehmers an die neuen Marktbedingungen anpassen muß.
d) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt, kann der Arbeitgeber die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung demgegenüber nicht allein mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz rechtfertigen. Dem Arbeitgeber, der mit einzelnen Arbeitnehmern einzelvertraglich eine höhere Vergütung vereinbart hat, als sie dem betrieblichen Niveau entspricht, ist es verwehrt, unter Berufung auf den Gleichbehandlungsgrundsatz diese Vergütung dem Lohn der übrigen Arbeitnehmer anzupassen, mit denen er eine solche höhere Lohnvereinbarung nicht getroffen hat (BAG Urteil vom 28. April 1982 – 7 AZR 1139/79 – BAGE 38, 348 = AP Nr. 3 zu § 2 KSchG 1969). Dies ist eine Konsequenz des Rechtssatzes, daß beim Abschluß eines Arbeitsvertrages der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang vor dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz hat (vgl. BAG Urteil vom 4. Mai 1962 – 1 AZR 250/61 – AP Nr. 32 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).
3. Die Beklagte hat danach ein dringendes betriebliches Erfordernis zur Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers nicht schlüssig dargelegt.
a) Stellt man auf die wirtschaftliche Situation des Gesamtbetriebes der Beklagten ab, so sind, wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, die von der Beklagten vorgelegten wirtschaftlichen Daten nicht hinreichend aussagekräftig, um auf ein dringendes betriebliches Erfordernis nach §§ 2, 1 Abs. 2 KSchG schließen zu lassen. Das Landesarbeitsgericht hat ausgeführt, die Beklagte trage selbst vor, daß eine konkrete Gefährdung von bestimmten Arbeitsplätzen im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung noch nicht absehbar gewesen sei; daß die Existenz des Betriebes äußerst gefährdet sei, habe die Beklagte lediglich allgemein behauptet; aus ihrem Sachvortrag ergebe sich aber nicht, daß eine Kostensenkung durch andere Maßnahmen nicht möglich sei; es fehle im übrigen eine Darlegung, inwiefern gerade die Arbeitsplätze, die sich nach den Metalltarifverträgen regelten, zu höheren Kosten führten, als dies bei der Anwendung der Bestimmungen des BAT der Fall wäre; die von der Beklagten durchgeführte Modellrechnung ohne Bezug auf einen konkreten Arbeitsplatz reiche insoweit nicht aus; durch die Entgeltsenkung versuche die Beklagte nur, auf dem Markt besser Wettbewerb betreiben zu können und wolle durch diese Maßnahme letztlich ihr Wirtschaftsrisiko verringern.
Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision stand. Aussagekräftige Daten über die wirtschaftliche Entwicklung des Gesamtbetriebes bis zur Kündigung und die voraussehbare weitere Entwicklung bei Weiteranwendung der Metalltarifverträge bzw. des BAT hat die Beklagte nicht vorgetragen. Wenn die Revision insoweit auf das Vorbringen der Beklagten in der Berufungsbegründung zur Kürzung der Zuwendungen der Senatsverwaltungen und zu Kürzungen der Ausbildungstagessätze und die dort aufgezeigte Möglichkeit verweist, die dadurch entstehenden Verluste durch Einsparungen beim Urlaubsgeld und bei vermögenswirksamen Leistungen aufzufangen, so reicht dies nicht aus. Das insoweit vorgelegte isolierte Zahlenmaterial läßt weder erkennen, welchen Bezug die hier absehbaren Mindereinnahmen zum wirtschaftlichen Gesamtergebnis der Beklagten hatten, noch, welche anderen Einsparungsmaßnahmen möglich waren. Außerdem ist zu berücksichtigen, daß die Beklagte in dem allein maßgeblichen Zeitpunkt des Ausspruchs der Kündigung gegenüber dem Kläger die Mindereinnahmen zumindest zu einem ganz erheblichen Teil bereits dadurch abgedeckt hatte, daß sie bis auf 13 Mitarbeiter, die der Änderung ihrer Arbeitsbedingungen widersprochen hatten, mit allen anderen Mitarbeitern einzelvertraglich eine Ablösung des Metalltarifvertrages durch den BAT vereinbart hatte.
Auch die Rüge der Revision, das Landesarbeitsgericht habe rechtsfehlerhaft ihren Sachvortrag nicht beachtet, sie sei aufgrund ihrer hohen Personalkosten bei zahlreichen Ausschreibungen der öffentlichen Hand nicht berücksichtigt worden, greift nicht durch. Die Beklagte hat insoweit nur eine Modellrechnung aus einem bestimmten Bereich vorgelegt, die sehr pauschal ist und auf andere Bereiche, z.B. den Arbeitsbereich des Klägers, nicht übertragbar sein muß. An der Modellrechnung der Beklagten fällt auf, daß z.B. der Lehrer für Fachtheorie bei der Berechnung nach dem Metalltarifvertrag nach Vergütungsgruppe IV b BAT eingruppiert wird, während er bei der Vergleichsrechnung nach dem BAT nur eine Eingruppierung nach Vergütungsgruppe V b BAT erhält. Dies könnte darauf schließen lassen, daß bei der Beklagten derzeit auch nach dem BAT einzelne Mitarbeiter zu hoch eingruppiert sind. Außerdem kann nicht einmal in dem von der Beklagten geschilderten Modellfall die Entlohnung des betreffenden Arbeitnehmers nach dem Metalltarifvertrag der Grund gewesen sein, daß die Beklagte den Zuschlag nicht erhalten hat. Auch nach der von ihr durchgeführten Berechnung der Löhne nach dem BAT hätte die Beklagte, worauf der Kläger hinweist, nicht das niedrigste Gebot abgegeben und wäre deshalb im Zweifel bei der Ausschreibung nicht berücksichtigt worden.
Das Vorbringen der Beklagten, bei Weiteranwendung der Metalltarife hätte sie in zahlreichen Bereichen überhaupt keine Aufträge mehr erhalten und die Notwendigkeit von Beendigungskündigungen sei deshalb absehbar gewesen, hat das Berufungsgericht zu Recht als nicht hinreichend durch konkrete Tatsachen belegt angesehen.
Ebenso geht die Rüge der Revision fehl, das Berufungsgericht hätte von einem hinreichenden Sachvortrag der Beklagten zu der Frage ausgehen müssen, daß eine Kostensenkung durch andere Maßnahmen nicht möglich sei. Eine Änderungskündigung mit dem Ziel der Entgeltsenkung zur Vermeidung von Beendigungskündigungen setzt – wie bereits dargelegt – regelmäßig einen umfassenden Sanierungsplan voraus und gibt dem Arbeitgeber nicht die Möglichkeit, einzelne Arbeitnehmer herauszugreifen und von ihnen einen überproportionalen Sanierungsbeitrag zu verlangen. Hierzu fehlt, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausführt, hinreichend konkreter Sachvortrag der Beklagten.
b) Zu Unrecht macht die Revision geltend, das Landesarbeitsgericht habe nicht den Vortrag der Beklagten gewürdigt, die öffentliche Hand als Auftraggeber bestehe nunmehr mit Nachdruck auf der Einhaltung des Besserstellungsverbotes nach der Landeshaushaltsordnung, weshalb eine Umstellung der Verträge auf den BAT gleichfalls erforderlich sei. Die Beklagte nimmt insoweit Bezug auf ein in den Tatsacheninstanzen vorgelegtes Schreiben der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport vom 4. Februar 1998, das die der Senatsverwaltung offenbar von der Beklagten mitgeteilte Tarifumstellung auf den BAT ab 1. Januar 1998 für „unumgänglich” erklärt. Dieser Schriftwechsel erfolgte jedoch lange Zeit nach Ausspruch der Kündigung und ist deshalb, weil für die Wirksamkeit der Kündigung ohne Belang, vom Landesarbeitsgericht zu Recht unberücksichtigt geblieben. Im übrigen nimmt auch das Schreiben der Senatsverwaltung darauf Bezug, nur die „Mehrzahl” der übrigen Anbieter wendeten den BAT an. Offenbar hat die Beklagte auch bis zum Ausspruch der Kündigung in ausreichendem Umfang Aufträge der öffentlichen Hand erhalten. Das Berufungsgericht ist deshalb zu Recht unausgesprochen davon ausgegangen, daß ein hinreichend starker Druck der öffentlichen Auftraggeber, die Bezüge des Klägers an den BAT anzugleichen, der ein dringendes betriebliches Erfordernis hätte darstellen können, von der Beklagten nicht substantiiert vorgetragen worden ist.
c) Auch bezogen auf den konkreten Arbeitsplatz des Klägers reicht das Vorbringen der Beklagten nicht aus, ein dringendes Erfordernis für eine zur Vermeidung einer Beendigungskündigung auszusprechende Änderungskündigung darzulegen. Die vorgelegte Modellrechnung aus einem anderen Arbeitsbereich (Gas – Wasser – Installation) ist für den konkreten Arbeitsplatz des Klägers nichtssagend. Ob und ggf. wann für die vom Kläger betreuten Kurse wegen zu hoher Personalkosten keine Anschlußaufträge mehr zu erwarten sind, läßt sich aus dem Vorbringen der Beklagten nicht entnehmen. Das Berufungsgericht weist zutreffend darauf hin, daß die Beklagte nicht einmal schlüssig dargelegt hat, daß und ggf. in welchem Umfang konkret beim Kläger durch die Anwendbarkeit des Metalltarifvertrags bezogen auf das jeweilige Gesamtprojekt nicht mehr zu erwirtschaftende Personalmehrkosten entstehen. Wenn der Kläger durch die Ablehnung einer einzelvertraglichen Vereinbarung des BAT das naheliegende Risiko eingegangen ist, beim Wegfall von Anschlußaufträgen u.U. von der Beklagten mit einer Beendigungskündigung überzogen zu werden, so kann er dieses Risiko gerade deshalb übernommen haben, weil aus seiner Sicht in seinem konkreten Arbeitsbereich die derzeitige Kostensituation und die Zukunftsprognose verhältnismäßig günstig sind. Das Gegenteil hat die Beklagte jedenfalls nicht mit konkretem Zahlenmaterial belegt.
4. Auf die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts zu einer möglichen Verletzung des Mitbestimmungsrechts des im Betrieb bestehenden Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG kommt es damit nicht mehr an. Die Revision weist insoweit zu Recht darauf hin, daß nach der neueren Rechtsprechung des Senats eine nicht mitbestimmte, aber sozial gerechtfertigte Änderung der Vertragsbedingungen nicht zur Unwirksamkeit der entsprechenden Änderungskündigung, sondern nur dazu führt, daß der Arbeitgeber die neuen Vertragsbedingungen so lange nicht durchsetzen kann, bis die Mitbestimmung durchgeführt ist (Senatsurteil vom 17. Juni 1998 – 2 AZR 336/97 – AP Nr. 49 zu § 2 KSchG 1969, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; vgl. Senatsurteil vom 30. September 1993 – 2 AZR 283/93 – BAGE 74, 291 = AP Nr. 33 zu § 2 KSchG 1969 zu § 99 BetrVG).
5. Ebensowenig kommt es auf die Frage an, ob die Wirksamkeit der Kündigung auch an einer fehlerhaften Anhörung des Betriebsrats gemäß § 102 Abs. 1 BetrVG scheitert.
Unterschriften
Etzel, Bröhl, Fischermeier, Röder, Nipperdey
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 01.07.1999 durch Anderl, Amtsinspektorin als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436232 |
BB 1999, 2562 |
DB 1999, 2320 |
DStR 2000, 291 |
DStZ 2000, 67 |
NJW 2000, 756 |
NWB 2000, 639 |
ARST 2000, 104 |
JR 2000, 131 |
NZA 1999, 1336 |
ZAP 1999, 1239 |
ZTR 1999, 567 |
AP, 0 |
AuA 2000, 234 |
ZfPR 2000, 116 |
Consultant 2000, 10 |
KHuR 2000, 13 |
KHuR 2000, 75 |
RdW 2000, 90 |
ApoR 2000, 144 |
ApoR 2000, 21 |
AusR 2000, 50 |
AusR 2000, 64 |
ZAuR 2000, 108 |
ZAuR 2000, 43 |