Leitsatz (redaktionell)
Der Ortszuschlag eines verheirateten Angestellten des öffentlichen Dienstes erhöht sich nicht, wenn in die häusliche Gemeinschaft eine unterhaltsberechtigte Person aufgenommen wird. Das gilt auch dann, wenn der Angestellte den Unterschiedsbetrag der Stufen 1 und 2 nur zur Hälfte bezieht, weil sein Ehegatte ebenfalls im öffentlichen Dienst arbeitet.
Normenkette
BAT § 29; BBesG § 40 Fassung 1975-12-18
Verfahrensgang
LAG Schleswig-Holstein (Entscheidung vom 13.07.1979; Aktenzeichen 4 Sa 140/79) |
ArbG Kiel (Entscheidung vom 20.02.1979; Aktenzeichen 2b Ca 2254/78) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Höhe des dem Kläger zustehenden Ortszuschlages.
Der Kläger ist seit 1964 bei der Beklagten als Verwaltungsangestellter beschäftigt. Seine ebenfalls im öffentlichen Dienst stehende Ehefrau hat ein Kind aus erster Ehe, das in dem gemeinsamen Haushalt aufwächst. Mit in der häuslichen Gemeinschaft lebt die Mutter des Klägers, die eine Rente von nur 44,-- DM monatlich bezieht und an die der Kläger deshalb einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 240,-- DM zahlt.
Der Kläger erhält seit dem 1. Januar 1976 nach dem auf das Arbeitsverhältnis der Parteien kraft Tarifbindung anzuwendenden § 29 Satz 1 BAT in Verbindung mit § 40 Abs. 2 Nr. 1 und Abs. 5 BBesG in der Fassung des Art. 1 § 1 Nr. 5 des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur vom 18. Dezember 1975 (HStruktG, BGBl I S. 3091) Ortszuschlag nach Stufe 1 sowie den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 (sogenannter Ehegattenbestandteil) zur Hälfte.
Die für den Rechtsstreit maßgeblichen Bestimmungen des § 40 BBesG über den Ortszuschlag lauten in der seit dem 1. Januar 1976 gültigen Fassung (Art. 5 § 1 HStruktG):
"(1) Zur Stufe 1 gehören die ledigen und die geschiedenen Beamten, Richter und Soldaten sowie Beamte, Richter und Soldaten, deren Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt ist.
(2) Zur Stufe 2 gehören
1. verheiratete Beamte, Richter und Soldaten,
2. verwitwete Beamte, Richter und Soldaten,
3. geschiedene Beamte, Richter und Soldaten und Beamte, Richter und Soldaten, deren Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt ist, wenn sie aus der Ehe zum Unterhalt verpflichtet sind,
4. andere Beamte, Richter und Soldaten, die eine andere Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedürfen. .....
.....
(5) Steht der Ehegatte eines Beamten, Richters oder Soldaten als Beamter, Richter oder Soldat oder Angestellter im öffentlichen Dienst ....., so erhält der Beamte, Richter oder Soldat den Unterschiedsbetrag zwischen der Stufe 1 und der Stufe 2 des für ihn maßgebenden Ortszuschlages zur Hälfte. ..... ....."
Mit seiner Klage macht der Kläger den vollen Ortszuschlag der Stufe 2 ab 1. März 1976 geltend. Er hat vorgetragen, nach § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG stehe denjenigen Beschäftigten, die eine andere Person nicht nur vorübergehend in die Wohnung aufgenommen hätten und ihr Unterhalt gewährten, der volle Ortszuschlag der Stufe 2 zu. Diese Voraussetzungen seien in seinem Fall erfüllt. Wie sich aus dem mit der Gesetzesänderung ab 1. Januar 1976 erfolgten Fortfall des Wortes "ledig" in § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG zwischen den beiden Eingangsworten "andere Beamte" ergebe, habe der Gesetzgeber bei dieser Empfängergruppe eine Unterscheidung hinsichtlich des Familienstandes nicht vorgenommen. Bei dieser Sachlage komme es nicht darauf an, daß seine Ehefrau ebenfalls im öffentlichen Dienst stehe.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet sei, ihm Ortszuschlag nach Stufe 2 gemäß § 40 Abs. 2 BBesG zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, der Kläger rechne als Verheirateter nicht zu den "anderen" Angestellten im Sinne des § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG. Anzuwenden sei vielmehr die Konkurrenzregelung des § 40 Abs. 5 BBesG, die den Fall betrifft, daß beide Eheleute im öffentlichen Dienst beschäftigt sind. Demzufolge stehe dem Kläger nur der Ortszuschlag der Stufe 1 und der sogenannte Ehegattenbestandteil zur Hälfte zu. Die Unterhaltsverpflichtung des Klägers gegenüber seiner Mutter bleibe bei der Regelung des Ortszuschlages ohne Einfluß.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, der sein Klageziel weiterverfolgt. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Dem Kläger steht der verlangte volle Ortszuschlag der Stufe 2 nicht zu, weil ein solcher Anspruch sich weder aus unmittelbarer noch aus analoger Anwendung des § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG herleiten läßt.
1. Nach § 29 Satz 1 BAT in Verbindung mit § 40 Abs. 2 BBesG erhalten Ortszuschlag der Stufe 2 verheiratete (Nr. 1), verwitwete (Nr. 2) und unterhaltspflichtige geschiedene Angestellte (Nr. 3) sowie andere Angestellte, die eine Person nicht nur vorübergehend in ihre Wohnung aufgenommen haben und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind oder aus beruflichen oder gesundheitlichen Gründen ihrer Hilfe bedürfen (Nr. 4). "Andere" Angestellte im Sinne dieser Vorschriften sind diejenigen Personen, die in der vorangehenden Aufzählung der Nummern 1 bis 3 nicht genannt sind, nämlich Personen, die weder verheiratet noch verwitwet noch geschieden und unterhaltspflichtig sind. Die Tatbestände des § 40 Abs. 2 BBesG in den Nummern 1 bis 3 einerseits und der Nr. 4 andererseits schließen einander aus, weil sie alternative und nicht, wie der Kläger meint, kumulative Aufzählungen sind. Das zeigen der Wortlaut und die Entstehungsgeschichte des § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG.
a) Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, drückt die Vorschrift des § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG bereits nach ihrem Wortlaut einen Gegensatz zu den vorher genannten Gruppen aus. Das unbestimmte Fürwort "andere" besagt, daß sich die damit gekennzeichnete Arbeitnehmergruppe von den Anspruchsberechtigten der vorangehenden Tatbestände unterscheidet.
Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift bestätigt dieses Ergebnis. § 40 Abs. 2 Nr. 4 des Zweiten Gesetzes zur Vereinheitlichung und Neuregelung des Besoldungsrechts in Bund und Ländern vom 23. Mai 1975 (BGBl I S. 1173, 1183) nannte noch "andere ledige Beamte". In dem Entwurf der Bundesregierung zum Haushaltsstrukturgesetz war in diesem Zusammenhang das Wort "andere" gestrichen und demnach nur von "ledigen Beamten" die Rede (BT-Drucks. 7/4127 S. 6). In seiner Stellungnahme zu dem Entwurf hat der Bundesrat vorgeschlagen, das Wort "ledige" durch das Wort "andere" zu ersetzen, und diesen Vorschlag damit begründet, die Änderung sichere die aus Gründen der Gleichbehandlung erforderliche Einbeziehung der geschiedenen Beamten, Richter und Soldaten sowie der Beamten, Richter und Soldaten, deren Ehe aufgehoben oder für nichtig erklärt worden ist, in die Spezialregelung der Nr. 4 (BT-Drucks. 7/4193 S. 2, 3). Die Bundesregierung hat diesem Vorschlag zugestimmt (S. 2 aaO). Er ist dann in das Gesetz übernommen worden.
b) Sinn und Zweck des § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG in der Fassung des Haushaltsstrukturgesetzes liegen darin, die Unverheirateten oder ohne Unterhaltsverpflichtung Geschiedenen - und nur diese - wegen ihrer erhöhten Aufwendungen durch die Aufnahme einer unterhaltsberechtigten Person wie Verheiratete zu behandeln. Dagegen sollten ledige Beamte, Richter und Soldaten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben, und geschiedene Beamte, Richter und Soldaten ohne Unterhaltsverpflichtung im Gegensatz zur bisherigen Regelung nicht mehr denselben Ortszuschlag erhalten wie die verheirateten Bediensteten (BT-Drucks. 7/4127 S. 40).
c) Verheiratete Angestellte erhalten den Ortszuschlag der Stufe 2 allerdings nur dann, wenn ihr Ehegatte nicht gleichfalls im öffentlichen Dienst beschäftigt ist. Der neu eingefügte § 40 Abs. 5 grenzt den Anspruch nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 ein. Steht der Ehegatte eines Angestellten ebenfalls im öffentlichen Dienst, so erhält der Angestellte nur den Ortszuschlag der Stufe 1 sowie den Unterschiedsbetrag zwischen dieser Stufe und der Stufe 2 zur Hälfte. Mit dieser Regelung sollte die seit 1963 übliche Doppelgewährung von Ortszuschlägen an Verheiratete, die beide im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, aus Gründen der Haushaltsersparnis abgeschafft werden (BT-Drucks. 7/4127 S. 39, 40).
Der Kläger ist verheiratet, seine Ehefrau ist ebenfalls im öffentlichen Dienst tätig. Ihm steht daher nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 in Verbindung mit § 40 Abs. 5 BBesG der Ortszuschlag der Stufe 1 und der Unterschiedsbetrag zwischen dieser Stufe und der Stufe 2 lediglich zur Hälfte zu. Dagegen ist der Kläger nicht gleichzeitig noch "anderer" Angestellter im Sinne des § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG.
2. Eine andere Rechtsgrundlage für das Verlangen des Klägers ist nicht ersichtlich, insbesondere kommt eine entsprechende Anwendung des § 40 Abs. 2 Nr. 4 BBesG nicht in Betracht.
a) Die Revision wehrt sich dagegen, daß die Beklagte dem Kläger aufgrund der Konkurrenzregelung des § 40 Abs. 5 BBesG nur den halben Ehegattenbestandteil gewährt. Es müsse berücksichtigt werden, daß der Kläger seine Mutter in die eheliche Wohnung aufgenommen habe und ihr Unterhalt gewähre. Der Ortszuschlag solle zu den Kosten beitragen, die zur Bestreitung eines angemessenen Unterhalts erforderlich sind, und diene dazu, die Unterhaltspflicht des Bediensteten seiner Familie gegenüber aufzufangen. Die Mutter des Klägers gehöre aber zur Familie des Klägers. Daher stehe dem Kläger der volle Ortszuschlag der Stufe 2 zu. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
b) Die Höhe des Ortszuschlages richtet sich nach der Tarifklasse, der die Besoldungsgruppe (Vergütungsgruppe) des Anspruchsberechtigten zugeteilt ist, und nach der Stufe, die den Familienverhältnissen des Berechtigten entspricht (§ 39 Abs. 1 BBesG). Das Gesetz berücksichtigt die tatsächliche Unterhaltsgewährung und die Aufnahme in die Wohnung nur bei ledigen und geschiedenen Beamten ohne Unterhaltsverpflichtung aus der geschiedenen Ehe. Sie werden nicht als Ledige behandelt, sondern erhalten den Ortszuschlag wie Verheiratete. Bei allen anderen Tatbeständen läßt der Gesetzgeber die Aufnahme in die Wohnung und die Unterhaltsgewährung außer Betracht. Wenn verheiratete, verwitwete oder unterhaltspflichtig geschiedene Beamte eine Person in die Wohnung aufnehmen und ihr Unterhalt gewähren, weil sie gesetzlich oder sittlich dazu verpflichtet sind, berücksichtigt das Gesetz diese Tatsache nicht. Die Betroffenen erhalten keinen höheren Ortszuschlag, als sie ohne die Aufnahme und Unterhaltsgewährung erhalten hätten. Auch verheirateten Beamten, deren Ehegatte überhaupt nicht berufstätig oder außerhalb des öffentlichen Dienstes tätig ist und die einen bedürftigen Elternteil in die Wohnung aufgenommen haben und unterhalten, räumt das Gesetz keinen höheren Ortszuschlag ein.
Zwar ist zutreffend, daß der Kläger gegenüber einem Kollegen, der seine Mutter nicht zu unterhalten braucht, schlechter gestellt ist, weil er höhere Aufwendungen tragen muß als dieser. Diese Schlechterstellung wirkt sich aber nur insoweit aus, als der Kläger und seine Ehefrau zusammen nur einmal den sogenannten Ehegattenbestandteil des Ortszuschlages erhalten, während sie nach der früheren Regelung beide jeweils diesen Bestandteil beanspruchen konnten. Eine unzumutbare Härte liegt in dieser Neuregelung entgegen der Ansicht der Revision nicht.
c) § 40 BBesG stellt mit seiner Gruppenbildung und seinen eng umschriebenen Tatbestandsmerkmalen eine abschließende Regelung der Anspruchsberechtigung für den Ortszuschlag dar. Die Bestimmung will den Kreis der Berechtigten durch genaue Aufzählung erfassen und abgrenzen. Diese erkennbare Absicht des Gesetzgebers steht einer analogen Anwendung auf ähnliche Tatbestände entgegen und verlangt den Umkehrschluß, daß die angeordnete Rechtsfolge für andere als die aufgezählten Fälle nicht gelten soll. Entgegen der Ansicht der Revision enthält § 40 BBesG keine Lücke. In den nicht geregelten Fällen soll ein Anspruch nicht eingeräumt werden.
Dr. Dieterich Dr. Gehring Griebeling Engel Kynast
Fundstellen
AP § 29 BAT (Leitsatz 1 und Gründe), Nr 2 |
AR-Blattei, Öffentlicher Dienst Entsch 249 (Leitsatz 1 und Gründe) |
PersV 1983, 117-188 (Leitsatz 1 und Gründe) |