Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Befristung nach dem BeschFG
Leitsatz (redaktionell)
1.Die Wirksamkeit einer Befristung nach § 1 BeschFG setzt nicht das Vorliegen eines sachlichen Grundes voraus.
2.Sie ist auch nicht davon abhängig, ob bei Vertragsabschluß klargestellt wird, ob die Befristung aufgrund des BeschFG oder wegen eines sachlichen Grundes vereinbart wird.
3.Eine Neueinstellung im Sinne des § 1 Abs 1 BeschFG ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn ein Arbeitsvertrag erstmalig mit einem Arbeitnehmer abgeschlossen wird, der unmittelbar zuvor im selben Betrieb als Leiharbeitnehmer tätig war.
Orientierungssatz
1. Aufzählung der Literatur zum Problem der befristeten Arbeitsverhältnisse nach dem BeschFG 1985.
2. Bei einer Tätigkeit im Rahmen legaler Arbeitnehmerüberlassung besteht kein Arbeitsverhältnis zu dem Entleiher. Dies ergibt sich aus dem Umkehrschluß aus § 9 AÜG.
Normenkette
BGB § 620; BeschFArbRG § 1; BeschFG 1985 Art. 1 § 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Befristung.
Der im Jahre 1945 geborene, drei Personen unterhaltspflichtige Kläger war vom 28. Mai bis zum 30. August 1985 als Arbeitnehmer der Firma a - Gesellschaft für Zeitpersonal mbH in der Personalverwaltung der Beklagten tätig. Der Beschäftigung lag ein Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zwischen der Beklagten und der Firma a zugrunde, die über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung verfügt.
Für die Zeit vom 1. September 1985 bis zum 31. März 1986 schlossen die Parteien einen befristeten Arbeitsvertrag, der die tariflichen Bestimmungen für die Volksbanken und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken ergänzend in Bezug nahm. Auf Bestimmungen des Beschäftigungsförderungsgesetzes wies die Beklagte bei Vertragsschluß nicht hin. Aufgrund dieses Vertrages wurde der Kläger in der Personalverwaltung zu einem Bruttomonatsgehalt von 3.365,-- DM mit den gleichen Tätigkeiten beschäftigt, die er bereits zuvor bei der Beklagten ausgeübt hatte. Am 5. März 1986 erteilte ihm die Beklagte ein qualifiziertes Zeugnis, in dem sie ausführte, der Kläger sei nach einer Tätigkeit als Leiharbeitnehmer von ihr auf der Basis eines Zeitarbeitsvertrages übernommen worden. Nachdem ihm die Beklagte mit Schreiben vom 13. März 1986 mitgeteilt hatte, daß sein Arbeitsverhältnis zum 31. März enden werde, erhob er am 2. April 1986 Klage auf Feststellung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses.
Der Kläger hat das Vorliegen eines sachlichen Grundes für die Befristung verneint und die Ansicht vertreten, sie sei auch durch das Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 nicht gerechtfertigt. Es liege keine Neueinstellung i. S. von § 1 Abs. 1 BeschFG vor, da er bereits unmittelbar zuvor den gleichen Arbeitsplatz innegehabt habe und ein neuer Arbeitsplatz für ihn nicht geschaffen worden sei. Zwischen dieser Tätigkeit und dem befristeten Arbeitsvertrag bestehe somit ein innerer Zusammenhang. Eine Einstellung liege bereits dann vor, wenn ein Arbeitnehmer aufgrund eines Arbeitnehmerüberlassungsvertrages in einem Betrieb tätig werde. In der Tatsache einer weiteren Tätigkeit bei der Beklagten liege daher keine Neueinstellung. Schließlich belege auch die Formulierung des Zeugnisses, wonach er am 1. September 1985 "übernommen" worden sei, die Beklagte wolle die zuvor erbrachte Dienstzeit gegen sich gelten lassen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis
zwischen den Parteien nicht zum 31. März
1986 geendet habe; sondern auf unbestimmte Zeit
fortbestehe;
die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unver-
änderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäf-
tigen.
Die Beklagte hat Klagabweisung beantragt. Sie hat geltend gemacht, die Befristung sei wirksam vereinbart worden. Der Kläger habe keinen Kündigungsschutz genossen, der durch die Befristung hätte umgangen werden können. Daß sie sich weder bei Vertragsabschluß noch in der ersten Instanz auf das BeschFG berufen habe, habe rechtlich für sie keine nachteiligen Auswirkungen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung zurückgewiesen und den erstmals in der zweiten Instanz gestellten Beschäftigungsanspruch abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht zum 31. März 1986 geendet habe, sondern darüber hinaus auf unbestimmte Zeit fortbestehe.
Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, das Arbeitsverhältnis der Parteien habe gemäß § 620 Abs. 1 BGB am 31. März 1986 geendet. Die vereinbarte Befristung war durch § 1 Abs. 1 BeschFG 1985 gerechtfertigt. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Revision bleiben ohne Erfolg.
a) Die vereinbarte Befristung war auch ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes nach § 1 Abs. 1 BeschFG gerechtfertigt. § 1 Abs. 1 BeschFG ist eine selbständige, in sich geschlossene Regelung. Bei Erfüllung ihrer tatbestandlichen Voraussetzungen ist die Befristung eines Arbeitsverhältnisses wirksam. Es bedarf nicht zusätzlich eines sachlichen Grundes für die Befristung (BAG Urteil vom 25. September 1987 - 7 AZR 315/86 - EzA § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 Nr. 2 = DB 1988, 1022; Urteil vom 27. April 1988 - 7 AZR 593/87 - EzA § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 Nr. 4 = DB 1988, 1803, zu I 2 der Gründe, beide zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen; KR-Weller, 3. Aufl., § 1 BeschFG Rz 13; Düttmann/Hinrichs/Kehrmann/Oberhofer AiB 1985, 67, 68; Dütz, Anm. in EzA Nr. 1 zu § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz 1985, zu 2 c (2) der Gründe; Hanel, Personal 1987, 44, 45; Hanau, RdA 1987, 25; Heinze, DB 1986, 2327, 2328, 2329; Kohte, BB 1986, 397, 404; Mayer, BlStSozArbR 1985, 225; Wlotzke, NZA 1984, 217, 218; Otto, NJW 1985, 1807, 1808; Schwerdtner, NZA 1985, 577, 580; Plander, DB 1986, 2180, 2183; Rohlfing/Rewolle/ Bader, KSchG, Stand: Juni 1988, Anh. 1 Anm. IX 6; Peiseler, NZA 1985, 238, 241 f.; von Hoyningen-Huene, NJW 1985, 1801; Jobs, PersF 1986, 28; Lörcher, PersR 1986, 32; Löwisch, NZA 1985, 478). Zum gleichen Ergebnis kommen auch diejenigen Autoren, die dem Beschäftigungsförderungsgesetz zu Unrecht einen neuen sachlichen Befristungsgrund, nämlich denjenigen der Beschäftigungsförderung entnehmen (Frey, NZA 1986, 513; Friedhofen/Weber, NZA 1985, 337, 338; Lorenz/Schwedes, DB 1985, 1077, 1078, 1079).
b) Der Gegenmeinung der Revision kann nicht gefolgt werden.
aa) Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 BeschFG deutlich ergibt, sind Befristungsvereinbarungen unter den dort genannten Voraussetzungen ohne weiteres zulässig (vgl. Heinze, DB 1986, 2327, 2328). Der Formulierung: "Vom 1. Mai 1985 bis zum 1. Januar 1990 ist es zulässig, die einmalige Befristung des Arbeitsvertrages zu vereinbaren, wenn ...", folgt eine abschließende Aufzählung der Zulässigkeitsvoraussetzungen. Hätte der Gesetzgeber zusätzliche Voraussetzungen normieren wollen, so hätte das einer anderen Formulierung bedurft, etwa: "Vom 1. Mai 1985 bis zum 1. Januar 1990 ist die Vereinbarung einer Befristung nur zulässig, wenn ...".
Es ist außerdem gesetzgeberisch unüblich, von mehreren kumulativen Voraussetzungen einer Norm nur einige ausdrücklich im Gesetz zu regeln. Dies gilt um so mehr, als es sich bei dem Erfordernis des Sachgrundes um ein ungeschriebenes, von der Rechtsprechung zur Vermeidung der Umgehung des Kündigungsschutzes (vgl. BAGE - GS - 10, 65 = AP Nr. 16 zu § 620 BGB Befristeter Arbeitsvertrag) entwickeltes Merkmal handelt (vgl. KR-Weller, aaO, Rz 5). Nach der von der Revision vertretenen Auffassung würde das BeschFG den Abschluß befristeter Arbeitsverhältnisse nicht erleichtern, sondern gegenüber der Rechtslage bis zu seinem Inkrafttreten durch die Einführung von - neben dem Erfordernis des sachlichen Grundes geltenden - Höchstgrenzen für die Befristung und den Ausschluß von mehrfachen Befristungen ausschließlich einschränken und erschweren.
bb) Die überwiegend vorgenommene Auslegung wird durch die Entstehungsgeschichte des Gesetzes bestätigt.
Der Referentenentwurf vom 23. März 1984 (RdA 1984, 169) beabsichtigte, die in vielen Einzelentscheidungen des Bundesarbeitsgerichts enthaltenen Rechtsgrundsätze zur Zulässigkeit befristeter Arbeitsverträge übersichtlich zusammenzufassen (Abs. I 1 der Begründung, RdA 1984, 169, 176). Für eine Übergangszeit sollte darüber hinaus, "um eine besondere beschäftigungspolitische Schubwirkung zu erreichen, die einmalige Befristung von Arbeitsverträgen bis zu einem Jahr ohne weiteres zulässig sein, wenn ein Arbeitsloser eingestellt wird ..." (so die Begründung aaO).
Zur Umsetzung dieser Absicht sah der Entwurf in § 11 Abs. 1 für den genannten Zeitraum eine Ausnahme von dem in § 2 verankerten Erfordernis des sachlichen Grundes vor. In dem später verabschiedeten Gesetz blieb allein der Ausnahmetatbestand - nunmehr als § 1 BeschFG 1985 - übrig. Hierzu heißt es in der Amtlichen Begründung des Regierungsentwurfes (BT-Drucks. 10/2102) unter A I 1: "In der Phase konjunktureller Wiederbelebung sollen die Arbeitgeber veranlaßt werden, eine Verbesserung ihrer Auftragslage auch den Arbeitslosen zugute kommen zu lassen, indem sie mit ihnen zumindest befristete Arbeitsverträge abschließen. Es soll verhindert werden, daß die Arbeitgeber eine Stabilisierung der Auftragslage abwarten und zunächst in Überstunden ausweichen. Befristete Arbeitsverträge werden zudem in vielen Fällen in unbefristete Arbeitsverträge münden. Aus diesem Grund soll für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1991 die einmalige Befristung von Arbeitsverträgen bis zu einem Jahr ohne weitere Voraussetzungen zulässig sein, wenn ein arbeitslos gemeldeter Arbeitnehmer eingestellt oder ein Arbeitnehmer im Anschluß an seine Berufsausbildung weiterbeschäftigt wird, obwohl kein Dauerarbeitsplatz zur Verfügung steht; ...".
Noch deutlicher ist die Begründung unter II 1 a. Dort heißt es: "Bisher ist die Befristung eines Arbeitsvertrages, die über sechs Monate hinausgeht, im allgemeinen nur dann zulässig, wenn ein besonderer sachlicher Grund vorliegt. Der Gesetzentwurf sieht vor, daß für die Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1991 ergänzend hierzu der Abschluß eines befristeten Arbeitsvertrages vor allem auch dann zulässig ist, wenn ein arbeitslos gemeldeter Arbeitnehmer eingestellt wird."
Somit ist erkenntlich, daß § 1 BeschFG auf eine ausdrückliche Zurücknahme des Sachgrunderfordernisses nur deshalb verzichtet, weil diese Befristungsvoraussetzung selbst im Gesetz nicht genannt, sondern - außerhalb seines Regelungsbereiches - nur logisch vorausgesetzt wird.
Dem aus der Begründung erkennbaren Zweck des BeschFG, die Befristung von Arbeitsverträgen zu erleichtern, stünde die Ergänzung durch zusätzliche Anforderungen diametral entgegen.
cc) Die von der Revision aufgegriffene Kritik Herschels (AuR 1985, 265), das Beschäftigungsförderungsgesetz sei ein in Form eines Gesetzes gekleideter Rechtsentscheid, enthält sachlich keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen, sondern nur rechtspolitische Bedenken und Zweifel (vgl. KR-Weller, aa0, § 1 BeschFG 1985 Rz 111).
Herschel meint offenbar, das Gesetz konstituiere einen neuen Sachgrund. Daher werde der Richter genötigt, fortbestehende Gesetze nunmehr entgegen seiner Überzeugung anders auszulegen (so Herschel, aaO). Selbst wenn man dem folgen und das BeschFG zudem als "ein auffälliges Normengefüge werten wollte, das nicht auf Fakten, sondern auf gewagten Hypothesen beruht, die sich ihrerseits auf zweifelhafte Spekulationen stützen" (Herschel, aa0), kann angesichts der in Art. 20 GG verankerten Gewaltenteilung die Kompetenz des Gesetzgebers, die bestehende Rechtslage auch gegen eine gefestigte Rechtsprechung zu verändern, nicht bezweifelt werden (vgl. KR-Weller, aa0, § 1 BeschFG 1985 Rz 111 ff.).
2. Die Wirksamkeit einer Befristung nach § 1 BeschFG ist entgegen der Meinung der Revision nicht davon abhängig, daß der Arbeitgeber bei Vertragsschluß auf diese Norm zur Rechtfertigung der vereinbarten Befristung hinweist (Hanau, RdA 1987, 25; Heenen, AR-Blattei (D) Beschäftigungsförderung I BeschFG 1985, A V; Jobs, PersF 1986, 28, 30; Sowka, DB 1988, 2457). Dem Gesetz ist diese zusätzliche Voraussetzung nicht zu entnehmen. Sie ergibt sich auch nicht aus den allgemeinen Grundsätzen der Befristungskontrolle. Bei der Zeitbefristung bedarf es (anders als bei der Zweckbefristung) soweit nicht tarifliche Formvorschriften eingreifen, weder einer Vereinbarung über den Befristungsgrund noch eines entsprechenden Hinweises (KR-Hillebrecht, 3. Aufl., § 620 Rz 151; Rohlfing/Rewolle/Bader, aaO, § 620 BGB Anm. II 5 c). Das Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bei Befristungen außerhalb des Anwendungsbereiches des BeschFG keine formale, sondern eine objektive Wirksamkeitsvoraussetzung.
Von dieser Rechtslage ist auch der Siebte Senat in seinem Urteil vom 24. Februar 1988 (- 7 AZR 454/87 - EzA § 1 Beschäftigungsförderungsgesetz 1985 Nr. 3) ausgegangen, indem er den Ausschluß des BeSchFG trotz Vorliegens seiner tatbestandlichen Voraussetzungen von einem vom Arbeitnehmer zumindest konkludent angenommen "Verzicht" des Arbeitgebers auf die Anwendung der gesetzlichen Befristungserleichterungen abhängig gemacht hat (zu I 2, 3 der Gründe).
3. Das Berufungsgericht ist auch zu Recht von einer Neueinstellung des Klägers i. S. des § 1 Abs. 1 BeschFG ausgegangen.
a) Der Begriff der Neueinstellung setzt die Schaffung eines neuen Arbeitsplatzes nicht voraus (Senatsurteil vom 10. Juni 1988 - 2 AZR 7/88 -, DB 1988, 2004, zu III der Gründe; BAG Urteil vom 27. April 1988 - 7 AZR 593/87 -, EzA, aaO, zu I 1 b der Gründe; LAG Berlin Urteil vom 22. Juli 1987 - 12 Sa 35/87 - LAGE Nr. 1 zu § 1 BeschFG; LAG Düsseldorf Urteil vom 27. August 1987 - 7 Sa 859/87 - LAGE Nr. 3 zu § 1 BeschFG; LAG Rheinland-Pfalz Urteil vom 16. November 1987 - 9 Sa 662/87 - LAGE Nr. 4 zu § 1 BeschFG; Frey, NZA 1986, 513, 514; Hanau, RdA 1987, 25; Halbach, BeschFG, 1985 S. 12; KR-Weller, aaO, Rz 46; Löwisch, BB 1985, 1200).
Wie der Senat in der Entscheidung vom 10. Juni 1988 (aaO) ausgeführt hat, ergibt sich bereits aus dem Gesetzeswortlaut eindeutig, daß es für den Begriff der Neueinstellung nur auf die Person des Arbeitnehmers ankommt. Eine Neueinstellung liegt vor, wenn der eingestellte Arbeitnehmer überhaupt noch nicht bei diesem Arbeitgeber beschäftigt war oder zwischen einem früheren Arbeitsverhältnis mit diesem Arbeitgeber und dem neu begründeten kein sachlicher Zusammenhang besteht. Weitere sachliche Voraussetzungen für eine Neueinstellung sind im Gesetz nicht vorgesehen.
Die vom Senat vertretene Ansicht wird auch durch den Zusammenhang mit der in § 1 Abs. 1 Nr. 2 BeschFG 1985 enthaltenen Regelung über die befristete Einstellung nach Abschluß der Berufsausbildung bestätigt.
Diese Norm stellt ausdrücklich nicht nur auf die Person des Arbeitnehmers, sondern auch auf die Art des Arbeitsplatzes ab, auf den er eingestellt werden soll. Dies spricht dafür, daß der Gesetzgeber, hätte er auch für die Neueinstellung nach Abs. 1 Nr. 1 Anforderungen an den Arbeitsplatz stellen wollen, dies auch in der Norm zum Ausdruck gebracht hätte.
Die gegenteilige Auffassung kann auch nicht auf die Entstehungsgeschichte des Gesetzes und den sich daraus ergebenden Gesetzeszweck gestützt werden (so aber das LAG Niedersachsen im Urteil vom 6. August 1987 - 3 Sa 218/87 - DB 1988, 1654). Dies haben sowohl der Zweite als auch der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts in den Entscheidungen vom 27. April und 10. Juni 1988 (aaO) ausführlich begründet. Die Gerichte für Arbeitssachen sind nicht befugt, ihre eigene Prognose über die beschäftigungspolitische Wirkung des BeschFG an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers zu setzen.
b) Eine Neueinstellung i. S. des BeschFG ist auch nicht ausgeschlossen, wenn ein Arbeitsvertrag erstmalig mit einem Arbeitnehmer abgeschlossen wird, der unmittelbar zuvor als Leiharbeitnehmer im selben Betrieb tätig war (KR-Weller, aaO, Rz 48 - 49; Halbach, aaO, S. 16 f.; Hanau, RdA 1987, 25, 26; Löwisch, BB 1985, 1200).
aa) Wie der Revision zuzugeben ist, besteht mit diesem früheren Beschäftigungsverhältnis ein unmittelbarer Zusammenhang. Das schließt die Neueinstellung aber nicht aus, denn das vorhergehende Arbeitsverhältnis bestand nicht mit demselben Arbeitgeber. Der unmittelbare Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis zu einem anderen Arbeitgeber steht der Neueinstellung nicht entgegen.
bb) Das BeschFG stellt auf den rechtlichen Arbeitgeberbegriff ab (Düttmann/Hinrichs/Kehrmann/Oberhofer, aaO, S. 69; Mager/Winterfeld/Göbel/Seelmann, BeschFG 1985, Rz 96 a; Halbach, aa0, S. 16; Hanau, RdA 1987, 25, 26; Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 6. Aufl., § 39 III 2 a, S. 177; KR-Weller, aaO, Rz 48; Löwisch, BB 1985, 1200). Entscheidend ist, ob ein Arbeitsverhältnis zu derselben natürlichen oder juristischen Person bereits bestand. Bei einer Tätigkeit im Rahmen legaler Arbeitnehmerüberlassung besteht kein Arbeitsverhältnis zu dem Entleiher. Das ergibt sich im Umkehrschluß aus § 9 AÜG.
cc) Ohne Erfolg verweist die Revision insoweit darauf, die Beschäftigung eines Leiharbeitnehmers stelle eine Einstellung im Sinne von § 99 Abs. 1 BetrVG dar (BAGE 26, 149, 154 = AP Nr. 2 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 4 der Gründe; Beschluß vom 6. Juni 1979 - 1 ABR 66/75 - AP Nr. 6 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 1 b der Gründe).
Der betriebsverfassungsrechtliche Begriff der Einstellung und derjenige in § 1 BeschFG sind nicht identisch. Das ergibt sich aus dem jeweils unterschiedlichen Gesetzeszweck. Das Mitbestimmungsrecht bei der Einstellung soll die Interessen der bereits im Betrieb vorhandenen Arbeitnehmer wahren (BAGE 26, 149, 156 = AP, aaO; BAG Beschluß vom 16. Dezember 1986 - 1 ABR 52/85 - AP Nr. 40 zu § 99 BetrVG 1972, zu B II der Gründe). Daher ist Einstellung im Sinne von § 99 BetrVG der Vorgang, aufgrund dessen Personen auf bestimmte Zeit in den Betrieb eingegliedert werden, um zusammen mit den im Betrieb schon beschäftigten Arbeitnehmern den arbeitstechnischen Zweck des Betriebes durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zu einem Arbeitgeber stehen, kommt es nicht an (Urteil vom 16. Dezember 1986, aaO; BAGE 51, 337, 342 = AP Nr. 35 zu § 99 BetrVG 1972, zu II 2 b der Gründe; BAG Beschluß vom 17. Juli 1988 - 1 ABR 85/86 -, zu B I 3 der Gründe, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Die Interessen der anderen Arbeitnehmer werden durch die tatsächliche Beschäftigung, nicht durch das Rechtsverhältnis berührt.
Für den Begriff der Neueinstellung im Sinne von § 1 Abs. 1 BeschFG kommt es demgegenüber gerade darauf an, ob mit dem Arbeitgeber bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis im Sinne eines Rechtsverhältnisses bestanden hat.
Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG. Danach liegt eine Neueinstellung nicht vor, wenn zu einem vorhergehenden ... Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Noch deutlicher ist Satz 3 der gleichen Vorschrift, wonach ein solcher Zusammenhang insbesondere dann anzunehmen ist, wenn zwischen den Arbeitsverträgen ein Zeitraum von weniger als vier Monaten liegt.
Es besteht zwar Einigkeit darüber, daß die Formulierung ungenau ist, da es nicht auf die Arbeitsverträge, sondern auf die Arbeitsverhältnisse ankommt. Gemeint sind damit aber die Rechtsverhältnisse, nicht etwa die tatsächliche Beschäftigung (KR-Weller, aaO, Rz 51 m. w. N.).
dd) Diese Auslegung ist auch nicht deswegen zu bezweifeln, weil in § 1 Abs. 2 Nr. 2 in anderem Zusammenhang der Begriff des "Tätigseins" verwendet wird.
Auch der Zweck des Beschäftigungsförderungsgesetzes, die Massenarbeitslosigkeit abzubauen und möglichst vielen Arbeitnehmern (letztlich) unbefristete Arbeitsverhältnisse zu verschaffen, spricht eindeutig dafür, Neueinstellung im Sinne von § 1 Abs. 1 BeschFG auf die neue Begründung einer Rechtsbeziehung zu beziehen. Das schließt auch das Gebot der Rechtseinheitlichkeit nicht aus, bei dem es sich nicht um ein selbständiges Auslegungskriterium handelt. Es kommt auch sonst gelegentlich vor, daß identische Begriffe - je nach ihrem Gesamtzusammenhang - unterschiedliche Bedeutung haben (vgl. etwa zum Begriff des Arbeitnehmers BAG Beschluß vom 26. November 1987 - 6 ABR 8/83 -, zu III 1 a der Gründe, zur Veröffentlichung vorgesehen).
cc) Schließlich bestätigt auch der sachliche Zusammenhang von Befristung und Kündigungsschutz dieses Auslegungsergebnis (so auch Heenen, aaO, A I). § 1 BeschFG führt in seinem Anwendungsbereich zu einem zeitlich befristeten Verzicht auf die von der Rechtsprechung entwickelte Anforderung des Sachgrundes. Dieses Merkmal dient allein dazu, die objektive Umgehung zwingender kündigungsschutzrechtlicher Bestimmungen zu verhindern (ständige Rechtsprechung seit der Grundsatzentscheidung des Großen Senats vom 12. Oktober 1960, BAGE - GS - 10, 65 = AP, aa0). Der allgemeine und der besondere Kündigungsschutz knüpft aber an den rechtlichen Bestand des Arbeitsverhältnisses, nicht an die tatsächliche Beschäftigung an (vgl. KR-Becker, 2. Aufl., § 1 KSchG Rz 21 u. 41).
Die Tatsache, daß der Leiharbeitnehmer auch in rechtlichen Beziehungen zum Entleiher steht (vgl. Becker/Wulfgram, AÜG, 3. Aufl., Art. 1 § 1 Rz 60, Art. 1 § 11 Rz 34, 35) rechtfertigt keine andere Beurteilung. § 1 Abs. 1 Satz 2 BeschFG spricht ausdrücklich vom Erfordernis aufeinanderfolgender Arbeitsverträge und nicht von anderweitig bestehenden Rechtsbeziehungen. Anhaltspunkte für eine mißbräuchliche Ausnutzung der gesetzlichen Gestaltungsmöglichkeiten sind vorliegend nicht gegeben, weil der Entleihe nur ein Arbeitsvertrag folgte und nicht eine mehrfache Koppelung von Einsätzen eines Arbeitnehmers im Betrieb des Arbeitgebers.
4. Der Wirksamkeit der Befristung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BeschFG steht auch keine für den Kläger günstigere tarifliche Regelung entgegen. Der Manteltarifvertrag für die Volks- und Raiffeisenbanken sowie die genossenschaftlichen Zentralbanken vom 18. April 1980 enthält keine besondere Regelung der Befristungsvoraussetzungen.
5. Schließlich läßt sich auch aus dem Zeugnis vom 5. März 1986 nicht entnehmen, die Beklagte sei bereit gewesen, die Zeit vom 28. Mai bis 30. August 1985 als in ihrem Unternehmen zurückgelegte Beschäftigungszeit anzurechnen. Aus der Formulierung ergibt sich das Gegenteil. Eine entsprechende Erklärung in dem Zeugnis könnte die Wirksamkeit der bereits zuvor am 23. August 1985 getroffenen Befristungsvereinbarung im übrigen nicht berühren.
Hillebrecht Schliemann Ascheid
Schulze Nipperdey
Fundstellen
Haufe-Index 437748 |
BAGE 60, 282-291 (LT1-3) |
BAGE, 282 |
BB 1989, 912-914 (LT1-3) |
DB 1989, 1034-1035 (LT1-3) |
NJW 1989, 1756 |
NJW 1989, 1756-1758 (LT1-3) |
DRsp, VI (602) 1749 (T) |
ARST 1989, 122-122 (LT1-3) |
ASP 1989, 165 (K) |
EWiR 1989, 641 (L1-3) |
JR 1989, 528 |
JR 1989, 528 (L1-3) |
NZA 1989, 459-461 (LT1-3) |
RdA 1989, 135 |
RzK, I 9b Nr 12 (LT1-3) |
ZIP 1989, 662-665 (LT1-3) |
ZTR 1989, 278-280 (LT1-3) |
AP § 1 BeschFG 1985 (LT1-3), Nr 6 |
AR-Blattei, Beschäftigungsförderung Entsch 3 (LT1-3) |
AR-Blattei, ES 430 Nr 3 (LT1-3) |
EzAÜG, Nr 308 (LT1-3) |
EzA § 1 BeschFG 1985, Nr 6 (LT1-3) |
VR 1989, 423 (K) |