Entscheidungsstichwort (Thema)

Anrechnung von Erwerbseinkünften auf Betriebsrenten

 

Leitsatz (amtlich)

  • Eine Versorgungszusage kann vorsehen, daß Einkünfte des Versorgungsberechtigten aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit auf die Versorgungsleistungen angerechnet werden. Eine solche Zusage verstößt nicht gegen § 5 Abs. 2 BetrAVG.
  • Die Anrechnung von Erwerbsbezügen auf betriebliche Versorgungsleistungen kann im Einzelfall gegen das Verbot der Willkür oder den Grundsatz der Gleichbehandlung verstoßen.
 

Normenkette

BetrAVG § 5 Abs. 2; BGB §§ 133, 157, 242

 

Verfahrensgang

LAG Düsseldorf (Urteil vom 18.05.1990; Aktenzeichen 10 Sa 369/90)

ArbG Düsseldorf (Urteil vom 06.02.1990; Aktenzeichen 10 Ca 6075/89)

 

Tenor

  • Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 18. Mai 1990 – 10 Sa 369/90 – wird zurückgewiesen.
  • Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen !

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte berechtigt ist, Einkünfte des Klägers aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit auf eine von ihr zu zahlende betriebliche Versorgungsleistung anzurechnen.

Der Kläger ist am 4. April 1924 geboren. Er übte die Tätigkeit eines selbständigen Wirtschaftsprüfers aus. Am 1. Mai 1971 trat er, damals 47 Jahre alt, in die Dienste der Beklagten. In Nr. 4 des Anstellungsvertrags vom 30. Oktober 1970 war vorgesehen, ihn später zum Generalbevollmächtigten der Beklagten zu bestellen. Dem Kläger war ein Jahresgehalt von 180.000,-– DM sowie ein jährlicher Bonus von bis zu 170.000,-– DM zugesagt. Außerdem erhielt der Kläger mit Schreiben der Beklagten vom 30. Oktober 1970 eine Versorgungszusage. Darin war u.a. bestimmt:

  • Scheiden Sie nach Vollendung Ihres 65. Lebensjahres oder infolge Berufsunfähigkeit im Sinne des § 23 AnVG vor Erreichung dieses Alters aus unseren Diensten aus, so erhalten Sie ein lebenslängliches Ruhegeld in Höhe von DM 80.000,-– (achtzigtausend DM) jährlich, zahlbar mit je 1/12 zum Schluß eines Kalendermonats.
  • Kündigen wir das Dienstverhältnis vor den in Absatz 1 genannten Zeitpunkten, so erhalten Sie ebenfalls das obengenannte lebenslängliche Ruhegeld, und zwar vom Tage Ihres Ausscheidens aus unseren Diensten an.

    Die Zahlung erfolgt jedoch mit der Maßgabe, daß alle Ihnen aus selbständiger oder unselbständiger Tätigkeit zufließenden Einkünfte auf das Ruhegeld angerechnet werden.

  • Die Zahlung des Ruhegeldes entfällt, wenn Sie das Dienstverhältnis vor Vollendung Ihres 65. Lebensjahres kündigen oder wir von unserem Kündigungsrecht gemäß Ziffer 7 Abs. 2 des Anstellungsvertrages Gebrauch machen.”

Die hier erwähnte Nr. 7 Abs. 2 des Anstellungsvertrags sah ein Recht zur fristlosen Kündigung durch die Beklagte vor, falls sich der Kläger schwere Verfehlungen zuschulden kommen ließe.

Das Arbeitsverhältnis der Parteien entwickelte sich nicht wie erwartet. Der Kläger schied aufgrund einer Kündigung der Beklagten am 31. Dezember 1974, also im Alter von 50 Jahren, aus dem Arbeitsverhältnis aus.

In der Folgezeit kam es zwischen den Parteien zu Meinungsverschiedenheiten über die in der Versorgungszusage vorgesehene Anpassung der betrieblichen Versorgungsleistung an den zwischenzeitlich eingetretenen Kaufkraftverlust. Es wurde eine Einigung erzielt. In dem am 3. und 21. März 1979 von den Parteien unterzeichneten schriftlichen Vergleich heißt es:

  • Die Parteien sind sich einig, daß die Pensionszusage der A. E… GmbH & Co. KG vom 30. Oktober 1970 zum 31. Dezember 1974 wie folgt geändert wird:

    • An die Stelle der Ruhegeldzusage in Höhe von DM 80.000,-– (in Worten: Deutsche Mark achtzigtausend) tritt eine Zusage in Höhe von DM 91.000,-– (in Worten: Deutsche Mark einundneunzigtausend);
    • die Zahlung von Pensionsleistungen aus der Ruhegeldzusage vom 30. Oktober 1970 erfolgt unter Anrechnung aller Einkünfte (§ 2 Abs. 2 EStG), die Herrn Dr. H… F… aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit zufließen; Herr Dr. F… hat über die so anzurechnenden Einkünfte eines jeden Kalenderjahres bis zum 31. Mai des folgenden Jahres abzurechnen.
  • Für die Anpassung der gem. Ziff. 1 a) geänderten Pensionszusage vereinbaren die Parteien folgendes: …”

Die Beklagte zahlt dem Kläger die zugesagte Leistung seit dem 1. Januar 1975. Auf den Jahresbetrag rechnet sie die vom Kläger mitgeteilten Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit an.

Nachdem der Kläger am 4. April 1989 das 65. Lebensjahr vollendet hat, will er diese Anrechnung nicht mehr hinnehmen. Er hat die Auffassung vertreten, die Ruhegeldzusage sehe eine Anrechnung nur für die Zeit vor, in der ein Arbeitnehmer normalerweise im Berufsleben stehe. Bei richtigem Verständnis betreffe Nr. 2 der Ruhegeldzusage vom 30. Oktober 1970 nur diesen Lebensabschnitt. Nichts anderes gelte für den Vergleich vom 3./21. März 1979.

Der Kläger hat beantragt

festzustellen, daß die Beklagte nicht berechtigt ist, auf das von ihr an den Kläger gezahlte Ruhegehalt Einkünfte des Klägers aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit anzurechnen, welche dieser ab dem 1. Mai 1989 erzielt.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, im Falle des vorzeitigen Ausscheidens müsse der Kläger die Anrechnung während der gesamten Laufzeit der Rente hinnehmen, also auch nach Vollendung des 65. Lebensjahres.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage zu Recht abgewiesen.

I. Die Vorinstanzen haben die Zusage vom 30. Oktober 1970 und die ergänzende Regelung in dem Vergleich vom März 1979 zutreffend ausgelegt. Die Revision hat keine Rechtsfehler bei der Auslegung aufgezeigt.

1. Das Berufungsgericht hat die Regelungen in Nr. 1 und Nr. 2 der Versorgungszusage vom 30. Oktober 1970 als sich gegenseitig ausschließende Alternativen einer auf die Versorgung des Klägers hinzielenden Zusage verstanden. Auf Nr. 1 könne der Kläger einen Ruhegeldanspruch nicht stützen, weil er vor Vollendung des 65. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden sei. Für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens sehe aber Nr. 2 die zeitlich unbeschränkte Anrechnung anderer Einkünfte vor; auch nachdem der Kläger das 65. Lebensjahr vollendet habe, solle die Anrechnung gestattet sein. Dasselbe Ergebnis folge aus dem später abgeschlossenen Vergleich. Der Vergleich sei wegen des damals streitigen Kaufkraftausgleichs nötig geworden. Dennoch sei die Anrechnungsklausel ohne zeitliche Begrenzung nochmals bestätigt worden.

2. Die Revision hält diese Auslegung für rechtsfehlerhaft. Sie vertritt die Auffassung, Nr. 2 der Zusage vom 30. Oktober 1970 sehe neben der in Nr. 1 geregelten Altersversorgung einen Anspruch auf eine Zwischenversorgung bis zum Eingreifen der anrechnungsfreien Altersversorgung mit Vollendung des 65. Lebensjahres vor.

Die Auslegung des Berufungsgerichts läßt keinen Rechtsfehler erkennen (§§ 133, 157, 242 BGB).

a) Der Wortlaut der Regelung spricht für die vom Berufungsgericht vertretene Auffassung: Wenn der Kläger aufgrund einer Arbeitgeberkündigung ausscheidet, sollen Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit angerechnet werden. Eine zeitliche Begrenzung der Anrechnung auf die Zeit vom vorzeitigen Ausscheiden an bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres sieht die Zusage nicht vor. Dem Wortlaut nach soll die Anrechenbarkeit für die gesamte Zahlungsdauer gelten.

b) Der Kläger kann nicht geltend machen, mit Vollendung des 65. Lebensjahres setzte das von der Beklagten nach Nr. 1 der Zusage geschuldete anrechnungsfreie Altersruhegeld ein. Einen Anspruch auf dieses Altersruhegeld hat der Kläger nicht erreicht. Er ist nicht erst, wie die Bestimmung voraussetzt, mit Vollendung des 65. Lebensjahres, sondern vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden.

Der Kläger hat auch keine Anwartschaft auf den Bezug des Altersruhegeldes erworben. Die Zusage wurde im Jahre 1970 erteilt. Damals galten Versorgungsanwartschaften noch als uneingeschränkt verfallbar. Im Falle des Klägers ist auch durch die spätere Rechtsentwicklung keine Unverfallbarkeit eingetreten. Sein Arbeitsverhältnis hat nur drei Jahre und acht Monate bestanden. Eine Unverfallbarkeit konnte weder aufgrund des Urteils des Senats vom 10. März 1972 (BAGE 24, 177 = AP Nr. 156 zu § 242 BGB Ruhegehalt) eintreten, das eine Betriebszugehörigkeit von 20 Jahren voraussetzte, noch aufgrund des Betriebsrentengesetzes vom 19. Dezember 1974. Nach § 1 BetrAVG hätte die Zusage bis zum Ausscheiden entweder zehn Jahre bestanden oder bei zwölfjähriger Betriebszugehörigkeit mindestens drei Jahre bestanden haben müssen.

c) Eine an der Systematik sowie an Sinn und Zweck der Regelung orientierte Betrachtungsweise führt ebenfalls nicht zu dem vom Kläger gewünschten Auslegungsergebnis:

Das vorzeitige Ausscheiden des Klägers wird als Versorgungsfall behandelt. Der Kläger wird so gestellt, als sei er bei vorzeitigem Scheitern des Arbeitsverhältnisses gegen Einkommensverluste versichert. Während für diesen Fall alle anderen Modalitäten ebenso gelten sollen wie in den eigentlichen Versorgungsfällen des Alters, der Berufsunfähigkeit und des Todes, ist nur für das vorzeitige Ausscheiden eine abweichende Regelung getroffen, nämlich die zeitlich unbegrenzte Anrechenbarkeit von Erwerbseinkünften vorgesehen worden.

Zuzustimmen ist auch der Auffassung des Berufungsgerichts, es habe durchaus dem wohlverstandenen Interesse beider Vertragsteile entsprochen, für den Fall des vorzeitigen Ausscheidens die zeitlich unbegrenzte Anrechenbarkeit vorzusehen. Wer, wie der Kläger, eine nach eigenem Bekunden gut gehende Praxis als Wirtschaftsprüfer aufgibt, dann in die Dienste eines Unternehmens tritt, dort aber nicht bis zum regelmäßigen Pensionsalter bleibt, sondern vorzeitig mit einem sofort fälligen Versorgungsanspruch ausscheidet, von dem wird regelmäßig erwartet werden können, daß er willens und in der Lage ist, an seine früheren beruflichen Erfahrungen anzuknüpfen und eigene Einkünfte zu erzielen. Von ihm wird auch zu erwarten sein, daß er seine Erfahrungen nutzt und Einkünfte erzielt, die kaum je mit dem Erreichen des 65. Lebensjahres enden. Es macht einen Unterschied, ob jemand zu einer Zeit aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet und wieder freiberuflich tätig wird, zu der er noch seine volle Schaffenskraft entfalten kann, oder erst mit dem Erreichen des allgemeinen Pensionsalters. Wer mit Vollendung des 65. Lebensjahres seine bisher ausgeübte berufliche Tätigkeit beendet, wird anschließend in der Regel von seinen Versorgungsbezügen leben und nicht mehr arbeiten wollen.

Dem Kläger ist einzuräumen, daß die Grenzen fließend sind. Bei Abfassung der Versorgungszusage im Jahre 1970, als der Kläger 47 Jahre alt war, konnte jedoch die tatsächliche Entwicklung nicht vorausgesehen werden. Die Versorgungszusage konnte nur auf typische Erwartungen abstellen: Entweder konnte der Kläger – wie geschehen – infolge eines vorzeitigen Ausscheidens wieder erfolgreich freiberuflich tätig werden oder er erreichte im fortbestehenden Arbeitsverhältnis ein Lebensalter, von dem an nennenswerte Eigeneinkünfte nicht mehr zu erwarten waren.

Nicht zu überzeugen vermag der Einwand des Klägers, eine Anrechnung nach Vollendung des 65. Lebensjahres müsse schon deshalb unterbleiben, weil der Arbeitgeber anderenfalls das Arbeitsverhältnis kurz vorher kündigen und so die Anrechenbarkeit aus ihrer Befristung lösen könne. Ein solches – hypothetisches – Verhalten des Arbeitgebers erschiene indes unter dem Gesichtspunkt der Anrechnung von Erwerbsbezügen wenig sinnvoll und daher auch wenig wahrscheinlich; eine solche in der Versorgungszusage nicht ausgeschlossene Möglichkeit kann daher die Auslegung der Klausel in dem vom Kläger erstrebten Sinn nicht entscheidend beeinflussen. Nennenswerte Zusatzeinkünfte eines früheren Mitarbeiters, dessen Arbeitsverhältnis gegen seinen Willen kurz vor dem Pensionsalter vom Arbeitgeber beendet wird, dürften kaum zu erwarten, geschweige denn Gegenstand finanzieller Überlegungen des Arbeitgebers zu einem sehr viel früheren Zeitpunkt gewesen sein. Der Kläger wäre auch in einem solchen Falle ohnehin nicht verpflichtet gewesen, Zusatzeinkünfte zu erzielen. Seine Grundsicherung war auf jeden Fall gewährleistet. Auf eine Tätigkeit, die wirtschaftlich vornehmlich oder gar ausschließlich zugunsten eines früheren Arbeitgebers wirkte, brauchte er sich nicht einzulassen. Die Bereitschaft dazu, dies in dem vom Kläger erwogenen hypothetischen Fall zu tun, kann ebenfalls nicht hoch eingeschätzt werden.

II. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Anrechnungsklausel verstoße nicht gegen das Anrechnungsverbot des § 5 Abs. 2 BetrAVG, sie sei auch nicht wegen eines Verstoßes gegen eine andere Verbotsnorm nichtig. Der Kläger bekämpft diese Auffassung unter Hinweis auf die in der Literatur verschiedentlich vertretene Gegenmeinung. Der Ansicht des Berufungsgerichts ist zu folgen.

1. Die Anrechnung von Einkünften aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit ist nicht durch § 5 Abs. 2 BetrAVG verboten. Die Vorschrift ist nicht anwendbar, weil sie nur Leistungen der betrieblichen Altersversorgung betrifft, die durch bestimmte andere Versorgungsbezüge nicht geschmälert werden dürfen. Die in Nr. 2 der Zusage vom 30. Oktober 1970 vorgesehene Leistung ist keine Versorgungsleistung im Sinne des § 5 BetrAVG. Sie erfüllt nicht die Merkmale des § 1 BetrAVG, weil sie keine Leistung der Alters-, Invaliditäts- oder Hinterbliebenenversorgung vorsieht. Sie wird ohne Rücksicht auf die Vollendung eines bestimmten Lebensalters, Invalidität oder Tod gewährt. Sie dient ausschließlich der Sicherstellung des Klägers bei vorzeitigem Verlust des Arbeitsplatzes und im Todesfall seiner Witwe.

2. Aber selbst wenn man diese Leistung mit dem Berufungsgericht von der Vollendung des 65. Lebensjahres an als Ruhegeld behandelt, trifft § 5 Abs. 2 BetrAVG unmittelbar nicht zu.

Wie auch die Revision nicht verkennt, ist § 5 Abs. 2 BetrAVG unmittelbar nicht einschlägig. Die Vorschrift regelt die Anrechenbarkeit von Versorgungsbezügen auf betriebliche Ruhegelder, nicht von Arbeitseinkünften oder Einkünften aus selbständiger Tätigkeit (Höfer/Abt, BetrAVG, Bd. I, 2. Aufl., § 5 Rz 30; Höhne in Heubeck/Höhne/Paulsdorff/Rau/Weinert, BetrAVG, Bd. I, 2. Aufl., § 5 Rz 59).

3. § 5 Abs. 2 BetrAVG enthält jedoch keine abschließende Regelung möglicher Anrechnungsverbote (ständige Rechtsprechung des Senats, zuletzt Urteil vom 20, November 1999 – 3 AZR 31/90 – zur, Veröffentlichung vorgesehen, zu II 2a der Gründe; ferner Urteil vom 24. März 1987 – 3 AZR 344/85 – AP Nr. 24 zu § 5 BetrAVG; BAGE 59, 217, 221 = AP Nr. 28 zu § 5 BetrAVG). Der Gesetzgeber hat keine abschließende Regelung gewollt; er hat in den Beratungen zum Betriebsrentengesetz die Auffassung vertreten, die Vielzahl unterschiedlicher Sozialleistungen und sonstiger Bezüge, des für eine Anrechnung in Frage kämen, sowie die Vielgestaltigkeit möglicher Anrechnungsregelungen ließen eine erschöpfende Aufzählung und eine Umschreibung verbotener Anrechnungsfälle nicht zu (BT-Drucks. 7/2843 S. 8)

Die im Streitfall vorgesehene Anrechnung von Einkünften aus selbständiger und nichtselbständiger Tätigkeit unterliegt keinem Anrechnungsverbot.

Die Revision macht geltend, der Normzweck des § 5 Abs. 2 BetrAVG treffe auch auf Einkünfte aus selbständiger und unselbständiger Tätigkeit zu, die Vorschrift müsse daher entsprechend angewendet werden. Die Vergütung eines Arbeitnehmers dürfe nicht punktuell gesehen werden, etwa bezogen auf einen Monat oder ein Jahr. Vielmehr sei die dem Arbeitnehmer zufließende Gegenleistung für seine Arbeit insgesamt zu betrachten; die Einkünfte des aktiven Arbeitnehmers und des Ruheständlers bildeten eine Einheit so wie die Vergütung der aktiv Beschäftigten mit Rücksicht auf eine großzügige Versorgung niedrig sein könne, so könne auch die hohe Entlohnung eines Aktiven gerade dazu gedacht sein, ihm die Möglichkeit zu eröffnen, eine private Altersvorsorge zu finanzieren. Die Altersversorgung beruhe auf einem Konsumverzicht. Diesen zu honorieren, indem eine durch Verzicht erworbene Leistung nicht wieder durch Anrechnung zunichte gemacht werden könne, sei der Zweck des § 5 Abs. 2 BetrAVG. Deswegen müsse auch das Erwerbseinkommen eines Rentners geschützt werden; eigene Arbeit dürfe nicht schlechter gestellt werden. Die Erwerbseinkünfte seien damit so zu behandeln wie die nichtanrechenbaren, durch Eigenvorsorge erreichten Versorgungsleistungen.

Die Ausführungen, die auf den Überlegungen von Steindorff (BB 1973, 1129 1133 f.) zu Anrechnungsklauseln in einer Gesamtversorgung beruhen (vgl. ferner Gröbing, AuR 1977, 42 ff., Blomeyer, DB 1982, 952, 956 und Schoden, Betriebliche Altersversorgung, 2. Aufl., S. 326 f.), gründen sich auf die Annahme, daß betriebliche Altersversorgung als “aufgeschobene Arbeitsvergütung”, für die der Arbeitnehmer schon die Vorleistung erbracht hat, nicht nachträglich wieder entzogen werden darf. Diese Auffassung bedarf einer näheren Differenzierung; sie rechtfertigt in dem vorliegenden Fall nicht das Ergebnis, Erwerbseinkünfte seien nicht anrechenbar.

b) Aus dem Entgeltcharakter der betrieblichen Altersversorgung kann ein Verbot der Anrechnung anderer Einkünfte nicht abgeleitet werden (zutreffend Steinmeyer, Betriebliche Altersversorgung und Arbeitsverhältnis, Schriften des Instituts für Arbeits- und Wirtschaftsrecht der Universität zu Köln, Bd. 59, S. 201, dessen Auffassung im Ergebnis mit der von Blomeyer, DB 1982, 952, 955 f. übereinstimmt). Als Ergebnis der Vertragsfreiheit könnte eine Lohnvereinbarung vorsehen, daß andere Erwerbseinkünfte angerechnet werden (so BGH Urteil vom 16. März 1981 – II ZR 222/79 – AP Nr. 10 zu § 7 BetrAVG, zu III der Gründe). Eine solche Regelung fände ihre Grenze erst in dem Verbot der Willkür und der unsachlichen Ungleichbehandlung von Arbeitnehmern (zur Ungleichbehandlung bei der Anrechnung von Unfallrenten vgl. BAGE 32, 297 = AP Nr. 3 zu § 5 BetrAVG; 43, 173 = AP Nr. 8 zu § 5 BetrAVG und seither ständig, zuletzt Urteil vom 6. Juni 1989 – 3 AZR 668/87 – AP Nr. 30 zu § 5 BetrAVG).

c) Von einer willkürlichen oder den Kläger unsachlich benachteiligenden Regelung kann im vorliegenden Fall keine Rede sein. Dem Kläger war eine individuelle, auf seine persönlichen Verhältnisse abgestimmte Versorgungszusage erteilt worden, die ihn in großzügiger Weise sicherstellte und ihm eine Art Ausfallgarantie für den Fall verschaffte, daß sich das Arbeitsverhältnis mit der Beklagten nicht wie erwartet entwickelte. Eine Verbotsnorm, die es dem Arbeitgeber gleichwohl untersagt, Einkünfte aus einer Erwerbstätigkeit ab Vollendung des 65. Lebensjahres anzurechnen, besteht nicht.

 

Unterschriften

Griebeling, Dr. Wittek, Kremhelmer, Grimm, Prof. Dr. Hromadka

 

Fundstellen

Haufe-Index 839178

BAGE, 119

NZA 1992, 65

RdA 1991, 383

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