Entscheidungsstichwort (Thema)
Jahressonderzahlung im gekündigten Arbeitsverhältnis
Normenkette
BGB § 242
Verfahrensgang
LAG Nürnberg (Urteil vom 26.02.1996; Aktenzeichen 7 Sa 416/95) |
ArbG Würzburg (Urteil vom 10.04.1995; Aktenzeichen 7 Ca 449/95) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Nürnberg vom 26. Februar 1996 – 7 Sa 419/95 – wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin war seit dem Jahre 1991 bei der Beklagten beschäftigt. Sie wurde am 22. September 1993 von ihrem ersten Kind entbunden und hatte bis zum 21. September 1996 Erziehungsurlaub. Das Gewerbeaufsichtsamt hat mit Bescheid vom 13. Mai 1994 eine Kündigung der Klägerin zum Ende des Erziehungsurlaubs zugelassen, weil sie im August 1993 einen Scheck der Beklagten auf ihrem Privatkonto eingelöst hatte. Wegen dieses Sachverhalts hat die Beklagte dann das Arbeitsverhältnis der Parteien am 10. Juni 1994 zum 21. September 1996 gekündigt. Die Klägerin hat dagegen keine Kündigungsschutzklage erhoben.
Mit der Klage macht die Klägerin einen Anspruch auf Weihnachtsgeld für das Jahr 1994 gemäß § 12 Abs. 1 des Manteltarifvertrages für das Gaststätten- und Beherbergungsgewerbe geltend. § 12 Abs. 1 des Manteltarifvertrages hat folgenden Wortlaut:
„Arbeitnehmer, die am 30. November und seit Januar des laufenden Jahres als Vollzeitbeschäftigte in ungekündigter Stellung ununterbrochen im selben Betrieb oder beim gleichen Arbeitgeber beschäftigt sind, erhalten spätestens im Dezember des jeweiligen Jahres ein Weihnachtsgeld von 50 % der tariflich vorgesehenen Vergütung … an die Ausbildungszeit vom Betrieb übernommen werden oder die nach Ableistung des Grundwehrdienstes/Ersatzdienstes in den Betrieb zurückkehren.”
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, durch die Kündigung könne der Anspruch auf das Weihnachtsgeld nicht entfallen. Tarifliche Ansprüche auf Weihnachtsgeld konnten durch den willkürlich gewählten Kündigungszeitpunkt nicht vereitelt werden.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zur verurteilen, an die Klägerin 1.450,00 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 17. Januar 1995 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Mit der durch Beschluß des Bundesarbeitsgerichts zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet.
I. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Zahlung des Weihnachtsgelds für das Jahr 1994 gemäß § 12 Abs. 1 Satz 1 MTV-Gaststätten. Danach erhalten Arbeitnehmer ein Weihnachtsgeld, die am 30. November und seit Januar des laufenden Jahres in ungekündigter Stellung ununterbrochen im selben Betrieb beschäftigt sind.
1.a) Es kann dahingestellt bleiben, ob der Ausschluß der tariflichen Sonderzuwendung bei Erziehungsurlaub aus dem Tarifbegriff „beschäftigt” hergleitet werden kann, wie das Landesarbeitsgericht es angenommen hat oder ob die Tarifvertragsparteien damit nur den Bestand des Arbeitsverhältnisses im Bezugszeitraum nicht aber eine tatsächliche Arbeitsleistung fordern (vgl. dazu Urteile des Senats vom 14. Juni 1995 – 10 AZR 394/94 – und vom 6. Dezember 1995 – 10 AZR 210/95 – beide n.v.). Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich im Ergebnis schon deshalb als zutreffend, weil sich die Klägerin am 30. November 1994 nicht „in ungekündigter Stellung” befunden hat, so daß ein Anspruch auf Weihnachtsgeld nicht bestand und damit die Revision aus diesem Grunde zurückzuweisen war (§ 563 ZPO).
b) § 12 Abs. 1 Satz 1 MTV-Gaststätten setzt voraus, daß der Arbeitnehmer am 30. November in ungekündigter Stellung beschäftigt ist. Eine solche tarifliche Regelung, daß der Arbeitnehmer im Zeitpunkt der Auszahlung der Gratifikation (vgl. dazu BAG Urteil vom 14. August 1996 – 10 AZR 70/96 – AP Nr. 19 zu § 15 BErzGG) in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen muß, um den Anspruch nicht zu verlieren, ist rechtlich unbedenklich (vgl. ständige Rechtsprechung des BAG Urteil vom 25. April 1991 – 6 AZR 532/89 – BAGE 68, 32, 39 = AP Nr. 137 zu § 611 BGB Gratifikation und BAG Urteil vom 5. August 1992 – 10 AZR 88/90 – BAGE 71, 78 = AP Nr. 143 zu § 611 BGB Gratifikation).
Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hat die Beklagte, nachdem das Gewerbeaufsichtsamt mit Bescheid vom 13. Mai 1994 die Kündigung zum Zeitpunkt der Beendigung des Erziehungsurlaubes zugelassen hat, das Arbeitsverhältnis am 10. Juni 1994 gekündigt. Die Klägerin hat dagegen keine Kündigungsschutzklage dagegen erhoben; die Kündigung gilt somit als rechtswirksam (§§ 4, 7 KSchG). Damit war die Klägerin am 30. November 1994 nicht in ungekündigter Stellung im Betrieb der Beklagten beschäftigt. Der Anspruch auf die begehrte Jahressonderzuwendung für das Jahr 1994 war aus diesem Grunde nicht gegeben.
2. Die Beklagte hat durch den Ausspruch der Kündigung den Anspruch der Klägerin auf die tarifliche Jahressonderzuwendung auch nicht treuewidrig vereitelt (vgl. § 162 BGB). Eine gegen Treu und Glauben verstoßende Vereitelung eines Gratifikationsanspruchs kann nur dann angenommen werden, wenn die Beklagte allein deshalb die Kündigung ausgesprochen hätte, um diesen Anspruch auszuschließen (vgl. BAGE 49, 281, 289; 68, 32, 40). Davon kann im vorliegenden Fall jedoch nicht ausgegangen werden. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist die Kündigung deshalb ausgesprochen worden, weil die Klägerin einen für die Beklagte bestimmten Scheck auf ihr Privatkonto eingelöst und aus diesem Grund auch das Gewerbeaufsichtsamt gemäß §§ 18, 19 BErzGG die Kündigung der Klägerin erst zum Ende des Erziehungsurlaubs am 21. September 1996 zugelassen hatte. Damit haben Gründe für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses schon zu diesem Zeitpunkt vorgelegen. Die Kündigung erfolgte nicht allein zur Vereitelung des Anspruchs auf die Jahressondervergütung. Die Tatsache, daß die Kündigung der Beklagten schon am 10. Juni 1994, aber erst zum Ende des Erziehungsurlaubes am 21. September 1996 erfolgte, so daß die Klägerin sich deshalb am 1. November 1994 in einem noch bestehenden jedoch gekündigten Arbeitsverhältnis befand, genügt nicht, der Beklagten ein widersprüchliches Verhalten vorzuwerfen. Die Beklagte hätte die Kündigungsmöglichkeit auslassen müssen, wenn der Anspruch der Klägerin hätte erhalten bleiben sollen. Dies kann aber von der Beklagten nicht erwartet werden, wenn die Klägerin einen Scheck auf ihr Privatkonto eingelöst hat.
II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Dr. Jobs, Hauck, Schlaefke, Lindemann
Fundstellen