Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzschutz bei wirtschaftlicher Notlage
Leitsatz (amtlich)
- Der Widerruf einer Versorgungszusage wegen wirtschaftlicher Notlage (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG) setzt voraus, daß der Bestand des Unternehmens aus wirtschaftlichen Gründen gefährdet und die Einstellung oder Kürzung der Versorgungsleistungen ein geeignetes Mittel ist, zur Sanierung beizutragen.
- Die wirtschaftliche Notlage muß durch die Betriebsanalyse eines Sachverständigen unter Darstellung ihrer Ursachen belegt werden. Ferner muß ein Sanierungsplan erstellt werden, der eine gerechte Lastenverteilung unter Heranziehung sämtlicher Beteiligten vorsieht.
- Für die Beurteilung der Frage, ob eine wirtschaftliche Notlage vorliegt, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Versorgungsschuldner den Pensions-Sicherungs-Verein zur Übernahme der Versorgungsschuld auffordert.
- Handelt es sich bei dem notleidenden Unternehmen um eine konzernabhängige Gesellschaft, so ist die wirtschaftliche Notlage dieser Gesellschaft dem herrschenden Unternehmen dann nicht zuzurechnen, wenn bei der Entstehung der Verluste das Konzerninteresse keine Rolle gespielt hat, insbesondere bei der Entstehung der wirtschaftlichen Krise noch keine Leitungsmacht der Konzernobergesellschaft bestand.
- Übernimmt die Konzernobergesellschaft sämtliche Geschäftsanteile eines notleidenden Unternehmens, um dieses weiterzuführen, so muß sich die Obergesellschaft in einem angemessenen Umfang an der Sanierung beteiligen. Sie wird im Regelfall die Hauptlast der Sanierung zu tragen haben. Die Entscheidung für die Sanierung führt aber nicht dazu, daß die Obergesellschaft bis zur eigenen wirtschaftlichen Erschöpfung Finanzierungsbeiträge leisten muß.
- Eine im Sanierungsplan vorzusehende gerechte Lastenverteilung scheitert nicht daran, daß der Versorgungsschuldner es unterlassen hat, außenstehende Unternehmensgläubiger (z.B. Banken, Lieferanten) zu Forderungsverzichten zu veranlassen.
- Der Pensions-Sicherungs-Verein hat dem Versorgungsschuldner die Chance einzuräumen, die Sanierung zu erreichen. Der Pensions-Sicherungs-Verein ist jedoch nicht verpflichtet, dem notleidenden Unternehmen die Versorgungslast auf Dauer abzunehmen. Der Zeitraum, in dem der Pensions-Sicherungs-Verein Sanierungsbeiträge zu leisten hat, sowie die Höhe der Sanierungsbeiträge in dieser Zeit, hängen von den Umständen des einzelnen Falles ab.
Normenkette
BetrAVG § 7 Abs. 1 S. 3 Nr. 5; BGB § 242; AktG § 303; ArbGG §§ 48, 73 Abs. 2, § 65; GVG § 17a Abs. 3-4
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 21.05.1992; Aktenzeichen 5 Sa 105/92) |
ArbG Köln (Urteil vom 27.09.1991; Aktenzeichen 10 b Ca 7544/90) |
Tenor
- Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 21. Mai 1992 – 5 Sa 105/92 – teilweise aufgehoben.
- Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Köln vom 27. September 1991 – 10 b Ca 7544/90 – teilweise abgeändert.
Es wird festgestellt, daß die Klägerin berechtigt ist, ab August 1990 bis einschließlich Juli 1993 ihre laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung um 2/3 zu kürzen; die Kürzung umfaßt sowohl die Leistungen aufgrund unmittelbarer Versorgungszusagen als auch die Leistungen der B… Unterstützungskasse e.V.
Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die weitergehende Revision und die weitergehende Berufung der Klägerin werden zurückgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Klägerin will festgestellt haben, daß sie berechtigt ist, die laufenden Leistungen ihrer betrieblichen Altersversorgung um zwei Drittel zu kürzen.
Die Klägerin produziert und vertreibt Armaturen, Meß- und Regelgeräte. Sie befaßt sich ferner mit dem Handel und dem Service für Gas-, Wasser- und Industriearmaturen, Sicherheits- und Regelarmaturen sowie Meß- und Regeltechnik. Sie ist aufgrund eines Gesellschafterbeschlusses vom 30. Juni 1989 von einer GmbH in eine Aktiengesellschaft umgewandelt worden. Alleinaktionärin der Klägerin ist seit Mai 1990 die … K… AG in K… (IWKA). Die IWKA erwarb die Aktien in der Zeit von Dezember 1989 bis Mai 1990 in mehreren Schritten. Für das Aktienkapital in Höhe von insgesamt 35.090.000,-- DM zahlte sie 57.135.800,-- DM.
Die IWKA ist eine Holdinggesellschaft. Sie hält die mehrheitliche Beteiligung an verschiedenen Unternehmen im In- und Ausland, die im wesentlichen auf den Gebieten Schweißanlagen, Montagetechnik, Roboter, Wehrtechnik, Regler, Armaturen, Kompensatoren, Verpackungstechnik und Werkzeugmaschinen tätig sind. In den Jahren 1986 bis 1990 erzielte die IWKA Jahresüberschüsse in zweistelliger Millionenhöhe.
Ausweislich einer Betriebsanalyse der Treuarbeit Aktiengesellschaft – Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Frankfurt/Main vom 24. September 1990 erlitt die Klägerin in den Jahren 1980 bis 1989 Verluste in Höhe von insgesamt 46,4 Mio. DM. Das Betriebsergebnis war lediglich in den Jahren 1982, 1983 und 1987 positiv. Insgesamt entstand in den Jahren 1980 bis 1989 ein Fehlbetrag von 60,9 Mio. DM. Ende des Jahres 1989 waren das Eigenkapital und die stillen Reserven aufgezehrt. 1990 war die Klägerin bilanziell überschuldet. Der Personalstand der Klägerin war in der Zeit von 1980 bis 1989 halbiert worden. Im gleichen Zeitraum war die Zahl der Empfänger von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung um 36 % angestiegen. Das rechnerische Verhältnis der Zahl der Arbeitnehmer zu derjenigen der Rentenempfänger betrug im Jahre 1980 1 zu 0,4, im Jahr 1989 1 zu 1,2.
Nach dem Erwerb der Aktien löste die IWKA kurzfristige Bankverbindlichkeiten der Klägerin in Höhe von 20 Mio. DM ab, um einer Kündigung der Kreditlinien zuvorzukommen. Außerdem gewährte sie der Klägerin bis Ende August 1990 zinsgünstige Darlehen in der Gesamthöhe von 40 Mio. DM. Ferner löste sie Fremdfinanzierungen (Leasingverträge) ab.
Bereits am 26. März 1986 hatte die Klägerin beim Beklagten (PSV) um die Zustimmung zur Einstellung sämtlicher Leistungen der betrieblichen Altersversorgung gebeten. Der PSV wies diesen Antrag als unschlüssig zurück, woraufhin die Klägerin die Sache zunächst nicht weiterverfolgte.
Mit Schreiben vom 13. Juli 1990 beantragte die Klägerin beim Beklagten erneut die Zustimmung zur Einstellung sämtlicher von ihr und von ihrer Unterstützungskasse, der B… Unterstützungskasse e.V., zu erbringenden Versorgungsleistungen. Mit Schreiben vom 28. September 1990 begründete sie diesen Antrag. Dem Schreiben war die Betriebsanalyse der Treuarbeit AG vom 24. September 1990 beigefügt. Diese war zu dem Ergebnis gelangt, daß ohne alsbaldige Sanierungsmaßnahmen der Fortbestand der Klägerin ernsthaft bedroht sei. Angesichts der für das Jahr 1990 prognostizierten Verluste in Höhe von 14,9 Mio. DM drohe die Überschuldung mit der Folge der Konkursantragspflicht. Zugleich legte die Klägerin dem PSV einen Sanierungsplan vor. Zusätzlich zu den bis dahin schon erfolgten Stützungsmaßnahmen der IWKA sollte eine nominelle Kapitalherabsetzung bei gleichzeitiger Kapitalerhöhung durch Bar- und Sacheinlagen stattfinden. Ferner wurden vorgesehen: Eine strategische Neuausrichtung des Unternehmens, Rationalisierung der Produktion, Verbesserung der Logistik, Vornahme notwendiger Investitionen, Forcierung wesentlicher Entwicklungsvorhaben, Anpassung der betrieblichen Altersversorgungszusagen an die wirtschaftlichen Rahmendaten unter Ausschluß künftiger Steigerungsbeträge, Reduzierung der Firmenrenten an ehemalige Gesellschafter-Geschäftsführer sowie Kürzung der laufenden Versorgungsleistungen aus der betrieblichen Altersversorgung an die Rentenempfänger. Für Zahlungen der betrieblichen Altersversorgung wurden für das Jahr 1990 6,2 Mio. DM, davon 1.274.028,-- DM für frühere Geschäftsführer, veranschlagt. Der beklagte PSV lehnte mit Schreiben vom 19. November 1990 auch diesen Antrag der Klägerin ab.
In der Folgezeit wurden weitere Maßnahmen zur Sanierung der Klägerin durchgeführt. Das Aktienkapital von 35.090.000,-- DM wurde durch Beschlüsse der Hauptversammlung vom 14. Dezember 1990 zunächst nominell auf 100.000,-- DM herabgesetzt und sodann in zwei Stufen auf 38.150.000,-- DM erhöht. Auf der ersten Stufe der Grundkapitalerhöhung wurden Barmittel i. H. v. 3,7 Mio. DM zugeführt. Auf der zweiten Stufe brachte die IWKA ihre mit insgesamt mit 34,35 Mio. DM bewerteten Geschäftsanteile an der IWKA R… GmbH sowie der RMG … GmbH als Sacheinlage in die Klägerin ein.
Hinsichtlich der betrieblichen Altersversorgung wurden die im Sanierungsplan vorgesehenen Maßnahmen in Angriff genommen: Die Klägerin schloß ihr Versorgungswerk zum 31. Juli 1991 für neueintretende Mitarbeiter. Den vorhandenen Mitarbeitern wurden nur die am 30. Juni 1991 bestehenden unverfallbaren Anwartschaften ohne Zuwächse erhalten. Außerdem kündigte die Klägerin mit Schreiben vom 8. Februar 1991 ihren ehemaligen Gesellschafter-Geschäftsführern und deren Hinterbliebenen die Kürzung ihrer Rentenzahlungen um 2/3 des Bruttobetrages mit Wirkung vom 1. Januar 1991 an. Da hierüber eine Einigung nicht erzielt wurde, kürzte sie diese einseitig. Die aktiven Führungskräfte der Klägerin stimmten einer Kürzung ihrer Versorgungsanwartschaften zu.
Von den Ende des Jahres 1989 noch beschäftigten 1.195 Mitarbeitern verlor seit 1990 nochmals eine größere Anzahl den Arbeitsplatz. Bei 125 Arbeitnehmern sah das Arbeitsamt von der Heranziehung des Arbeitgebers zur Erstattung des Arbeitslosengeldes nach Maßgaben des § 128 Abs. 5 AFG ab. Im November 1990 stimmte der Aufsichtsrat der Klägerin dem Investitionsvolumen für die im Sanierungskonzept vorgesehenen Maßnahmen zu.
Die Klägerin hat behauptet, trotz der Sanierungsbeiträge der IWKA befinde sie sich weiterhin in einer wirtschaftlichen Notlage. Für 1990 sei ein Verlust in Höhe von 29,2 Mio. DM, für 1991 ein solcher in Höhe von 16,4 Mio. DM zu erwarten. Mit den Darlehen der IWKA sei lediglich die Fremdfinanzierung umgeschichtet worden. Die Darlehen der IWKA seien als Passiva in der Bilanz aufzuführen und belasteten durch ihre Verzinsung auch die Ertragslage. Auf den eventuellen Eigenkapitalcharakter dieser Darlehen komme es nicht an. Insbesondere erschwerten die Belastungen aus der betrieblichen Altersversorgung eine erfolgreiche und dauerhafte Wiederherstellung ihrer Ertragskraft. Die Rentenzahlungen für 1990 in Höhe von 6,2 Mio. DM erreichten 2,6 % des Umsatzes, während allgemein in der Metallindustrie der Aufwand bei 1 % liege. Durch den mit der Sanierung verbundenen Personalabbau und der damit einhergehenden zeitweisen Umsatzreduzierung werde dieses ohnehin ungünstige Verhältnis in Zukunft noch verschlechtert. Die Fülle der Sanierungsmaßnahmen mache deutlich, daß den Pensionären kein Sonderopfer abverlangt werde.
Weiter hat die Klägerin die Auffassung vertreten, es komme auf ihre eigene wirtschaftliche Lage an und nicht auf die des Konzerns. Zwischen IWKA und ihr bestünden weder Organschaftsverträge, noch sei sie in die IWKA eingegliedert. Sie treffe selbst eigenverantwortlich alle Entscheidungen in den Bereichen Entwicklung, Konstruktion, Produktion, Vertrieb, Rechnungswesen, Finanz- und Personalverwaltung. Sie sei weder auf Zulieferungen aus den übrigen Konzernunternehmen angewiesen, noch vertreibe sie ihre Erzeugnisse überwiegend an diese. Die IWKA erteile ihrem Vorstand auch keine nachteiligen Weisungen.
Bei der Übernahme der Aktien sei der IWKA die desolate wirtschaftliche Lage der Klägerin nicht bekannt gewesen.
Die IWKA habe durch ihren Sanierungsbeitrag den beklagten PSV erheblich entlastet. Ohne deren Stützungsmaßnahmen sei ein Konkurs unvermeidlich gewesen. Der PSV hätte dann in jedem Fall eintreten müssen, und zwar zeitlich unbegrenzt und in vollem Umfang.
Die Klägerin hat, soweit für die Revisionsinstanz von Bedeutung, beantragt
festzustellen, daß sie berechtigt sei, ab August 1990 und auf unbestimmte Dauer – hilfsweise für einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Zeitraum – ihre laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung um 2/3 zu kürzen, und zwar sowohl die Leistungen aufgrund unmittelbarer Versorgungszusagen als auch die Leistungen der Bopp u. Reuther Unterstützungskasse e.V.
Der beklagte PSV hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die Klage sei unzulässig, da der Antrag nicht hinreichend bestimmt sei. Weder sei die Höhe des zu übernehmenden monatlichen Betrages dargetan, noch habe die Klägerin die Dauer der Übernahme bestimmt. Zur Entscheidung über die Renten für frühere Gesellschafter-Geschäftsführer seien die Arbeitsgerichte nicht zuständig.
Die Klägerin befinde sich nicht in einer wirtschaftlichen Notlage. Sie habe eine wirtschaftliche Notlage jedenfalls nicht dargelegt. Es fehle schon ein testierter Jahresabschluß für das Jahr 1989. Die Klägerin habe auch kein Zahlenwerk über die eingebrachten Beteiligungsgesellschaften vorgelegt. Die Ursachen für die zeitweilige Ertragsschwäche der Klägerin lägen, insbesondere infolge der Wiedervereinigung, nicht mehr vor. Die Klägerin sei zudem durch die umfangreichen Stützungsmaßnahmen seitens der IWKA bereits saniert. Die von der Alleinaktionärin gewährten Darlehen wirkten im Konkurs kapitalersetzend; eine Überschuldung scheide daher aus.
Überdies komme es nicht auf die wirtschaftliche Lage der Klägerin, sondern auf die der IWKA an. Mit ihr bestehe eine enge wirtschaftliche Verflechtung, die Klägerin sei von ihr vollständig abhängig. Als Konzernobergesellschaft sei die IWKA verpflichtet, die Verluste der von ihr beherrschten Tochtergesellschaft auszugleichen.
Die Sanierungskosten dürften auch deshalb nicht auf die gesetzliche Insolvenzsicherung überwälzt werden, weil die IWKA die Aktien der Klägerin in Kenntnis der wirtschaftlichen Lage und mit der Absicht der Sanierung der Klägerin erworben habe. Die schlechte wirtschaftliche Lage der Klägerin habe den Übernahmepreis maßgeblich beeinflußt.
Schließlich sei der Sanierungsplan nicht ausgewogen. Er sehe keine Beiträge von Lieferanten oder Banken vor. Den Pensionären werde ein Sonderopfer abverlangt. Insgesamt gehe es zu weit, die Versorgungsleistungen unbefristet zu kürzen. Eine Dauersubventionierung der Klägerin müsse ausscheiden.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zum Teil begründet. Die Klägerin ist berechtigt, ihre Versorgungsleistungen ab August 1990 für die Dauer von drei Jahren um zwei Drittel zu kürzen. In diesem Umfang hat der Beklagte einzustehen.
A. Die Klage ist zulässig.
1. Seit dem Gesetz zur Neuregelung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (Viertes Gesetz zur Änderung der VwGO vom 17. Dezember 1990, BGBl. I S. 2809) ist das Verhältnis zwischen den Gerichten für Arbeitssachen und den ordentlichen Gerichten als eine Frage der Zulässigkeit des Rechtswegs zu beurteilen (BAG Urteil vom 26. März 1992 – 2 AZR 443/91 – AP Nr. 7 zu § 48 ArbGG 1979, zu II 1a bb der Gründe, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Die §§ 73 Abs. 2, 65 ArbGG n. F. verwehren dem Revisionsgericht die Prüfung, ob der von der klagenden Partei beschrittene Rechtsweg gegeben ist. Diese Bestimmungen sind am 1. Januar 1991, also vor der Verkündung der vorinstanzlichen Entscheidungen, in Kraft getreten.
Zwar hätte das Arbeitsgericht gemäß § 17a Abs. 3 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 GVG n.F. vorab durch Beschluß über den Rechtsweg entscheiden müssen und nicht in den Gründen des zur Hauptsache ergangenen Urteils. Der Beklagte hat die verfahrensfehlerhafte Entscheidung des Arbeitsgerichts aber hingenommen.
2. Dem Berufungsgericht ist darin zuzustimmen, daß der Feststellungsantrag genügend bestimmt ist (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Hauptantrag ist auf Kürzung um zwei Drittel ohne zeitliche Begrenzung gerichtet und damit bestimmt. Der Hilfsantrag, der den Zeitraum der Kürzung in das Ermessen des Gerichts stellt, ist ebenfalls hinreichend bestimmt. Die Klägerin selbst hat als angemessen einen Zeitraum von drei Jahren angegeben. Die Klägerin hat damit das Ausmaß und die Dauer der erstrebten Kürzung der Versorgungsleistungen angegeben. Die Höhe der zu kürzenden Versorgungsleistungen braucht im Rahmen einer Feststellungsklage nicht beziffert zu werden.
3. An der beantragten Feststellung hat die Klägerin ein rechtliches Interesse (§ 256 ZPO). Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, daß ein Arbeitgeber, der die Kürzung oder Einstellung von Versorgungsleistungen wegen wirtschaftlicher Notlage anstrebt, vor der Kürzung oder Einstellung den Träger der Insolvenzsicherung einschalten und, wenn dieser nicht zustimmt, im Wege der Feststellungsklage klären lassen muß, ob er zur Kürzung oder Einstellung berechtigt ist (BAGE 32, 220 = AP Nr. 4 zu § 7 BetrAVG). Diese Rechtsprechung hat weitgehende Zustimmung gefunden (statt aller: Blomeyer/Otto, BetrAVG, 1984, Vorbem. § 7 Rz 70, m.w.N. und § 7 Rz 134). An ihr ist festzuhalten. Die gegen diese Rechtsprechung erhobenen verfassungsrechtlichen Bedenken hat der Senat ausdrücklich zurückgewiesen (Urteil vom 20. Januar 1987 – 3 AZR 313/85 – AP Nr. 12 zu § 7 BetrAVG Widerruf, zu II 1b der Gründe). Auch hieran ist festzuhalten (vgl. zuletzt Urteil vom 17. September 1991 – 3 AZR 413/90 – AP Nr. 16 zu § 7 BetrAVG Widerruf, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
B. Das Feststellungsbegehren der Klägerin ist zum Teil begründet.
I. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei von den Voraussetzungen ausgegangen, die vorliegen müssen, um Versorgungszusagen wegen wirtschaftlicher Notlage widerrufen zu dürfen: Die Anerkennung einer wirtschaftlichen Notlage, die den Widerruf einer Versorgungszusage rechtfertigt, setzt voraus, daß der Bestand des Unternehmens wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten gefährdet und die Einstellung oder Kürzung der Versorgungsleistungen ein geeignetes Mittel ist, zur Sanierung beizutragen. Die wirtschaftliche Notlage muß durch die Betriebsanalyse eines Sachverständigen unter Darstellung ihrer Ursachen belegt werden; es muß ein Sanierungsplan erstellt werden, der eine gerechte Lastenverteilung unter Heranziehung sämtlicher Beteiligten vorsieht (ständige Rechtsprechung des Senats, BAGE 24, 63 = AP Nr. 154 zu § 242 BGB Ruhegehalt, mit Anm. von G. Hueck; 29, 169 = AP Nr. 175 zu § 242 BGB Ruhegehalt; Urteil vom 26. November 1985– 3 AZR 105/84 – BAGE 50, 210, 218 = AP Nr. 8 zu § 7 BetrAVG Widerruf, zu II 1 der Gründe; Urteil vom 26. April 1988– 3 AZR 277/87 – BAGE 58, 167, 173 ff. = AP Nr. 3 zu § 1 BetrAVG Geschäftsgrundlage, zu III der Gründe; vgl. im übrigen die Nachweise bei Blomeyer/Otto, BetrAVG, Vorbem. § 7 Rz 72). Nach der Größe des Betriebes und den Umständen des Einzelfalls kann auch ein Sanierungskonzept, an das geringere Anforderungen zu stellen sind, ausreichen (Urteil vom 20. Januar 1987 – 3 AZR 313/85 – AP Nr. 12 zu § 7 BetrAVG Widerruf, zu III der Gründe).
II. Das Berufungsgericht hat die Abweisung der Klage allein damit begründet, daß der Sanierungsplan der Klägerin nicht den Anforderungen einer gerechten Lastenverteilung genüge. Es hat nicht zu der Frage Stellung genommen, ob eine wirtschaftliche Notlage vorliegt. Demgemäß hat es auch offengelassen, ob die Klägerin inzwischen bereits saniert ist. Der Senat kann diese Frage auf der für ihn maßgebenden tatsächlichen Grundlage (§ 561 ZPO) selbst entscheiden.
1. Die Klägerin befand sich Ende des Jahres 1990 in einer wirtschaftlichen Notlage i.S.d. § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG.
a) Aufgrund der Betriebsanalyse der Treuarbeit AG vom 24. September 1990 ist davon auszugehen, daß die Klägerin in den Jahren 1980 bis 1989 einen Fehlbetrag von 60,9 Mio. DM erwirtschaftet hatte. Damit waren bereits zum Ende des Jahres 1989 das gesamte Eigenkapital und die stillen Reserven der Klägerin aufgezehrt. Die Klägerin war im Jahre 1990 bilanziell überschuldet. Ihr drohte der Konkurs. Diese Feststellungen des Sachverständigen rechtfertigen den Schluß, daß sich die Klägerin damals in einer existenzbedrohenden wirtschaftlichen Krise befand.
b) Der PSV hält das Gutachten der Treuarbeit AG nicht für zutreffend. Er beanstandet einzelne Bilanzdaten; bestimmte Vermögenspositionen seien unzutreffend bewertet worden. Die Einwendungen des Beklagten sind nicht überzeugend. Selbst wenn es zuträfe, daß der Sachverständige einzelne Vermögenswerte zu ungünstig angesetzt haben sollte, wäre damit das Gutachten in seinem Gesamtergebnis nicht erschüttert. Die Schlußfolgerung des Sachverständigen, die Klägerin stehe am Rande des Zusammenbruchs und ihr drohe der wirtschaftliche Ruin, ist nicht zu beanstanden. Die Ausführungen des Sachverständigen sind im ganzen nachvollziehbar, sie sind in sich schlüssig, und, insbesondere im Bezug auf das Ergebnis der Untersuchung, überzeugend.
Das Gutachten der Treuarbeit AG enthält auch, wie in der Rechtsprechung des Senats gefordert, ausführliche Darlegungen zu den Ursachen der wirtschaftlichen Notlage der Klägerin (strukturelle Marktveränderungen, betriebliche Fehlentwicklungen). Als einer der Faktoren, die wesentlich zu dem Niedergang des Unternehmens beigetragen haben, wird auch die gestiegene finanzielle Belastung durch die betriebliche Altersversorgung genannt, die sich u.a. in dem ungünstigen Verhältnis von aktiven Arbeitnehmern und Betriebsrentnern niederschlägt.
2. Im vorliegenden Fall kommt es allein auf die wirtschaftliche Lage der Klägerin an. Die Annahme einer wirtschaftlichen Notlage i.S.v. § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG scheitert nicht daran, daß die IWKA als wirtschaftliche gesunde Muttergesellschaft die hier streitigen Verpflichtungen erfüllen könnte. Der Senat kann der gegenteiligen Auffassung des PSV nicht folgen.
a) Die konzerndimensionale Betrachtung ist zwar nicht von vornherein auszuschließen.
Aus § 303 AktG können sich Zahlungsansprüche des Gläubigers eines beherrschten Unternehmens gegen das herrschende Unternehmen ergeben. Der Bundesgerichtshof hat diese Haftungsregeln auf Unternehmen angewendet, die andere Unternehmen auch ohne Vereinbarung eines Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrages faktisch in einer qualifizierten Form beherrschen. Voraussetzung der Haftung des herrschenden Unternehmens für Verbindlichkeiten des beherrschten Unternehmens ist, daß das herrschende Unternehmen die Geschäfte des beherrschten Unternehmens dauernd und umfassend geführt hat (BGHZ 95, 330, 346 – Autokran; BGHZ 107, 7, 15 – Tiefbau – und BGH Urteil vom 23. September 1991 – II ZR 135/90 – Video – AP Nr. 1 zu § 303 AktG und BGH Urteil vom 29. März 1993 – II ZR 165/91 – TBB – ZIP 1993, 589). Der Erste Senat des Bundesarbeitsgerichts und der erkennende Senat haben diese Haftungsgrundsätze übernommen (Urteile vom 15. Januar 1991 – 1 AZR 94/90 – AP Nr. 21 zu § 113 BetrVG 1972 und vom 6. Oktober 1992 – 3 AZR 242/91 –, zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). Ferner hat der Senat diese konzernrechtlichen Haftungsregeln im Rahmen der Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Konzernunternehmens bei der Anpassung von Betriebsrenten nach § 16 BetrAVG berücksichtigt (Urteil vom 28. April 1992 – 3 AZR 244/91 – AP Nr. 25 zu § 16 BetrAVG, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
Auch bei dem Widerruf von Versorgungszusagen im Rahmen der Altersversorgung über eine Unterstützungskasse hat der Senat hinsichtlich der Beurteilung der Gründe auf die wirtschaftliche Lage des Konzerns dann abgestellt, wenn das Trägerunternehmen mit seiner wirtschaftlichen Betätigung in einen Konzern eingebunden und speziell auf die Bedürfnisse des Konzerns zugeschnitten ist (Urteil vom 18. April 1989 – 3 AZR 299/87 – BAGE 61, 273, 282 = AP Nr. 23 zu § 1 BetrAVG Unterstützungskassen, zu B 3b der Gründe). Auch Lutter/Timm gehen in ihrem Gutachten vom 27. November 1992 davon aus, daß sich eine isolierte Anknüpfung beim einzelnen abhängigen Konzernunternehmen verbietet, wenn sich die wirtschaftliche Lage des Arbeitgebers ohne Erfassung des Konzernzusammenhangs nicht zutreffend beurteilen läßt.
b) Im vorliegenden Fall scheidet aber eine konzerndimensionale Betrachtung der “wirtschaftlichen Notlage” i. S. des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG aus. Sie kommt nicht in Betracht, weil die schlechte Lage der Tochtergesellschaft dem Konzern nicht zurechenbar ist:
Zunächst gilt ganz allgemein, daß die konzernrechtlichen Haftungsregelungen keine Anwendung finden und demgemäß das herrschende Unternehmen nicht für Verluste einzustehen hat, wenn bei deren Entstehung das Konzerninteresse keine Rolle gespielt hat (BGH Urteil vom 23. September 1991 – II ZR 135/90 – AP Nr. 1 zu § 303 AktG, zu 2c bb der Gründe; Urteil des Senats vom 6. Oktober 1992 – 3 AZR 242/91 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen, zu II 4 der Gründe). Die wirtschaftliche Notlage der Klägerin, die zumindestens im Zeitpunkt der Untersuchung der Treuarbeit AG und der Antragstellung beim PSV im September 1990 noch bestand, hatte jedenfalls bis dahin nichts mit der Leitungsmacht der IWKA zu tun.
Im Schrifttum ist im einzelnen umstritten, ob und inwieweit es auf die Frage der “Verursachung” ankommt, wenn es darum geht, die wirtschaftliche Lage i. S. von § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 BetrAVG auf die Ausübung von Leitungsmacht zurückzuführen (vgl. dazu Lutter/Timm, ZGR 1983, 269, 282 f. und Windbichler, Arbeitsrecht im Konzern, 1989, S. 238 f.). Jedenfalls dann, wenn das notleidende Unternehmen in Kenntnis der Erforderlichkeit einer Sanierung erworben worden ist, beruht die schlechte Lage nicht auf Umständen, die auf die Leitungsmacht der Konzernmutter zurückgeführt werden können (Windbichler, aaO, S. 239, im Anschluß an Hanau, ZGR 1984, 468, 490). Hinsichtlich der vergleichbaren Problematik einer konzernweiten Arbeitsplatzzurechnung in Sozialplänen hat Hanau (aaO, S. 490 unter Hinweis auf Wiedemann) auf den Fall aufmerksam gemacht, daß ein schlechtgehendes Unternehmen in einen Konzernverband aufgenommen wird. Werde dann eine sozialplanpflichtige Betriebsänderung vorgenommen, entspreche es nicht der Billigkeit, von der schlechten Finanzlage des betroffenen Unternehmens abzusehen und statt dessen auf die Finanzlage des Konzerns abzustellen. Die schlechte Lage des Unternehmens sei dem Konzern dann nicht zurechenbar; anderenfalls würde auch die Bereitschaft geschwächt, an der Sanierung unrentabler Unternehmen mitzuwirken.
3. Für die Beurteilung der wirtschaftlichen Notlage ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Versorgungsschuldner beim PSV die Übernahme der Versorgungsschuld beantragt. Deshalb ist es unerheblich, daß im September 1990 die Sanierungsbemühungen der Konzernmutter bereits angelaufen waren. Zum einen sind die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des notleidenden Unternehmens und die Ausfallhaftung eines herrschenden Unternehmens aus Anlaß der aktuellen Situation verschiedene rechtliche Gesichtspunkte (Wiedemann, Die Unternehmensgruppe im Privatrecht, 1988, S. 111). Zum anderen kommt es auf den Zweck dieser Regelung an. Die Sicherung der Einstandspflicht des PSV ist Voraussetzung für den Widerruf der Zusagen insolvenzgeschützter Versorgungsrechte, also der Kürzung oder Einstellung laufender Rentenzahlungen und unverfallbarer Anwartschaften (§ 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 und Satz 4 BetrAVG). Der Streit über die Berechtigung einer Kürzung oder Einstellung von Versorgungsleistungen soll nicht auf den Rücken der Versorgungsberechtigten ausgetragen werden. Darum muß für die Beurteilung der wirtschaftlichen Lage des Versorgungsschuldners der Zeitpunkt der Antragstellung das maßgebliche Datum sein. Gerade die vorliegende Fallgestaltung zeigt, daß es nicht auf spätere Veränderungen der wirtschaftlichen Lage im Zeitablauf ankommen kann. Der PSV hat die Möglichkeit, auf positive Veränderungen zu reagieren, indem er, ggf. vorbehaltlich einer Wende zum Besseren, die insolvenzgesicherte Versorgungslast befristet übernimmt. Die Klägerin weist zu Recht darauf hin, daß ein Konkurs oder ein gerichtlicher Vergleich zur zeitlich unbegrenzten Übernahmepflicht des PSV führen kann (§ 7 Abs. 1 Satz 1 und Satz 3 Nr. 2 BetrAVG).
III. Die Kürzung oder Einstellung von Leistungen der betrieblichen Altersversorgung wegen wirtschaflticher Notlage setzt weiter voraus, daß der Arbeitgeber einen Sanierungsplan vorlegt, der geeignete Wege zur Überwindung der Unternehmenskrise aufzeigt und eine gerechte Lastenverteilung vorsieht. Die Bezieher von Betriebsrenten dürfen nicht einseitig benachteiligt werden. Der Sanierungsplan der Klägerin genügt diesen Anforderungen.
1. Daß die Klägerin mit ihrem dem PSV vorgelegten Sanierungsplan geeignete Wege aufgezeigt hat, die Sanierung des Unternehmens zu erreichen, wird vom Beklagten nicht grundsätzlich in Abrede gestellt. Da die Versorgungslast die wirtschaftliche Notlage der Klägerin wesentlich beeinflußt, erscheint die Kürzung der Versorgungslast als ein geeignetes Sanierungsmittel. Auch die weiter vorgesehenen Maßnahmen wie die Beseitigung von Fehlentwicklungen in Produktion und Vertrieb sowie die Senkung der Personalkosten lassen die Annahme zu, daß die wirtschaftliche Krise der Klägerin dauerhaft überwunden werden kann.
2. Der Sanierungsplan genügt entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dem Erfordernis einer gerechten Lastenverteilung.
a) Das Berufungsgericht hat angenommen, die beabsichtigte Rentenkürzung führe zu einem Sonderopfer der Betriebsrentner. Es hat ausgeführt: Auch wenn berücksichtigt werde, daß der Sanierungsplan nicht nur Opfer der Betriebsrentner vorsehe, sondern auch solche der ehemaligen Geschäftsführer sowie der aktiven Arbeitnehmer und außerdem die Alleinaktionärin IWKA nicht unbeträchtliche Sanierungsbeiträge aufgewendet habe, seien im Hinblick auf das Engagement der IWKA die zur Sanierung erforderlichen Einbußen nicht gerecht verteilt. Vor einer Kürzung der Renten hätte die IWKA alle ihr zur Verfügung stehenden Mittel zur Sanierung der Klägerin einsetzen müssen. Entscheide sich eine Konzernobergesellschaft dazu, eine Sanierung des von ihr abhängigen Unternehmens durchzuführen statt dieses Unternehmen zu liquidieren, so müsse sie auch die hieraus entstehenden Lasten jedenfalls insoweit ohne Inanspruchnahme der Betriebsrentner der Konzerntochter tragen, als sie durch die Sanierung nicht selbst in die Gefahr einer wirtschaftlichen Notlage gerate. Die Entscheidung, die Sanierung durchzuführen, treffe sie in erster Linie in ihrem eigenen Interesse. Wer sich von der Unternehmensfortführung trotz drohender Insolvenz einen Vorteil verspreche, der müsse auch zur Vorleistung und zum Risiko bereit sein. Mit dem Sanierungsbeschluß schaffe das herrschende Unternehmen einen “Konzernvertrauenstatbestand”, der es erlaube, dem herrschenden Unternehmen eine Einstandspflicht für das abhängige Unternehmen bis zur Grenze der eigenen wirtschaftlichen Belastbarkeit aufzuerlegen. Die erfolgreiche Sanierung würde nicht nur zu einer Wertsteigerung der Anteile der Klägerin führen, sondern auch dazu, daß die IWKA die von ihr aufgewendeten Beiträge zum größten Teil zurückerhalten würde. Entsprechende Vorteile hätten die Betriebsrentner der Klägerin nicht.
b) Die Erwägungen des Berufungsgerichts verdienen nur im Ausgangspunkt Zustimmung, nicht im Ergebnis: Es trifft zu, daß der Kapitaleigner grundsätzlich nicht verpflichtet ist, ein Unternehmen zu sanieren, also weiteres Kapital einzusetzen (BAG Urteil vom 18. Mai 1977, BAGE 29, 169, 176 = AP Nr. 175 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu II 3b der Gründe; zustimmend Lutter/Timm, ZGR 1983, 269, 285 und Windbichler, aaO, S. 239). Jedoch führt auch der Sanierungsentschluß nicht zu der Pflicht der Konzernspitze, als Kapitaleigner so lange weitere Mittel zur Verfügung zu stellen, bis das herrschende Unternehmen selbst in wirtschaftliche Schwierigkeiten zu geraten droht (so Lutter/Timm, aaO, S. 290, 292).
(1) Die bisherige Rechtsprechung hat eine so weitgehende Finanzierungspflicht der Kapitalgesellschafter oder der Konzernobergesellschaft nicht angenommen. Die Urteile, in denen zu den Voraussetzungen eines Sanierungsplans und einer angemessenen Lastenverteilung Stellung genommen wurde, bezogen sich ganz überwiegend auf Einzelkaufleute oder persönlich haftende Gesellschafter. Soweit sie Kapitalgesellschaften betrafen, wurde eine umfassende Sanierungspflicht der Kapitalgesellschafter nicht angenommen (vgl. die Nachweise bis zum Jahre 1988 bei Wiedemann, aaO, S. 113 Fußn. 80). Im Schrifttum wird überzeugend die Auffassung vertreten, daß eine so weitgehende Verpflichtung des herrschenden Unternehmens eine “Existenzgarantie” der im beherrschten Unternehmen bestehenden betrieblichen Altersversorgung zur Folge hätte; dies sei aus dem geltenden Gesetz nicht zu begründen. Selbst wenn ein Sanierungsbeschluß einen entsprechenden “Konzernvertrauenstatbestand” begründe (Lutter/Timm, aaO, S. 290), folge daraus noch nicht die Pflicht zur andauernden Zusatzfinanzierung (Wiedemann, aaO, S. 114). Auch Windbichler (aaO, S. 239) hat zu Recht darauf hingewiesen, daß nicht verlangt werden kann, die “gesamte Finanzkraft einer Unternehmensgruppe zur Rettung einer kleinen Enkelgesellschaft zur Verfügung zu stellen”. In ihrem von der Klägerin vorgelegten Gutachten vom 27. November 1992 haben Lutter/Timm ihren in ZGR 1983, 269 eingenommenen Standpunkt modifiziert: Von dem herrschenden Unternehmen könne vernünftigerweise kein unbegrenzter Sanierungsbeitrag verlangt werden. Die Einstandspflicht des herrschenden Unternehmens bis zur Grenze seiner eigenen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit gelte nicht für alle Fälle der Sanierung abhängiger Gesellschaften. Für das herrschende Unternehmen, das sich – wie im vorliegenden Fall – jeder schädlichen Einflußnahme auf die Tochtergesellschaft enthalten habe, müßten andere Maßstäbe gelten. Könne das herrschende Unternehmen ohne haftungsmäßige Nachteile von einer Sanierungsentscheidung gänzlich absehen, dann müsse es ihm, wenn es sich zur Sanierung entschließe, auch gestattet sein, seinen Beitrag zu begrenzen.
(2) Im Streitfall kann nicht unberücksichtigt bleiben, daß die schlechte wirtschaftliche Lage der Klägerin der Konzernobergesellschaft nicht zugerechnet werden kann. Die wirtschaftliche Krise der Klägerin ist ungeachtet des Eingreifens der IWKA eingetreten. Dann aber kann auch im Zusammenhang mit der Beteiligung der IWKA an den Sanierungsaufwendungen nicht gefordert werden, sie müsse fortgesetzt bis zur eigenen Erschöpfung finanzielle Mittel einsetzen. Angemessen erscheint es, von dem ermittelten Finanzbedarf für die Sanierung auszugehen. Er bildet die Grundlage für die Sanierungsentscheidung des herrschenden Unternehmens und ist damit auch die Grundlage für eine gerechte Verteilung der Sanierungsbeiträge. Das herrschende Unternehmen, das sich zur Sanierung entschließt, wird die Hauptlast zu tragen haben. Hat das herrschende Unternehmen mit der Sanierungsentscheidung ein nachteiliges Geschäft abgeschlossen, dann können die Kosten nicht vorrangig auf die Arbeitnehmer und Betriebsrentner abgewälzt werden.
Im vorliegenden Fall hat die IWKA die ganz überwiegende Hauptlast der Sanierung zu tragen. Sie hat mit der Übernahme der Anteilsmehrheit bis Ende 1990 ca. 100 Mio. DM zur Sanierung der Klägerin aufgewendet. Von den zur Verfügung gestellten Darlehen war nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zumindestens ein Teil “zinsgünstig” gewährt worden.
c) Die Lastenverteilung zwischen den übrigen am Unternehmen beteiligten Gruppen erscheint ebenfalls ausgewogen. Es sollen nach dem Sanierungsplan von allen Beteiligten Beiträge geleistet werden. Es werden nicht nur von den Ruheständlern und Anwartschaftsberechtigten der Klägerin Opfer verlangt. Auch die leitenden Angestellten sollen einen Beitrag zur Konsolidierung leisten; sie haben einer Reduzierung ihrer Versorgungsanwartschaften bereits zugestimmt. Inwieweit die Vorstandsmitglieder und die Aufsichtsratsmitglieder im einzelnen Beiträge zur Sanierung geleistet haben, ist im einzelnen nicht festgestellt worden. Die Angaben im Gutachten von Lutter/Timm enthalten zum Teil neues Vorbringen, das der Senat nicht berücksichtigen kann. Die noch aktiven Arbeitnehmer der Klägerin sind ebenfalls zur Sanierung herangezogen worden. Im Jahre 1990 wurde die Belegschaft nochmals erheblich verringert. Zum 31. Juli 1991 ist das Versorgungswerk geschlossen worden. Für die Arbeitnehmer mit einer unverfallbaren Anwartschaft wurde die Dynamisierung beseitigt und der Anwartschaftswert auf den 31. Juli 1991 festgeschrieben.
d) Eine gerechte Leistungsverteilung kann nicht deshalb verneint werden, weil die Klägerin nicht versucht hat, Forderungsverzichte der Unternehmensgläubiger durchzusetzen. Insoweit ist den Erwägungen von Lutter/Timm zuzustimmen, daß die Waren- und Kreditgläubiger des Unternehmens nicht zu dem Kreis derjenigen gehören, die sich an der Lastenverteilung zu beteiligen haben. Diese Unternehmensgläubiger befinden sich nicht in der “Dispositionsbefugnis” des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber kann Forderungsverzichte nicht erzwingen.
IV. Hiernach ist die Klägerin zur Überwindung ihrer wirtschaftlichen Notlage berechtigt, die Ansprüche der Betriebsrentner auf Zahlung ihrer Renten zu kürzen. Allerdings gilt auch hinsichtlich des Eingriffsumfangs der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Hieran müssen sich die Höhe der Kürzung wie auch deren Dauer messen lassen. Ein endgültiger Widerruf kommt nur dann in Betracht, wenn auch die sanierte Kapitalgesellschaft auf Dauer unfähig bleibt, die vollen Sanierungslasten zu tragen (BAGE 29, 169, 177 = AP Nr. 175 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu III 1a der Gründe). Diese Voraussetzung hat die Klägerin nicht dargelegt. Der Hauptantrag der Klägerin, der auf eine zeitlich unbefristete Entlastung zielt, muß daher abgewiesen werden.
Andererseits muß die Klägerin eine Chance zur Sanierung erhalten. Die Auswirkungen der eingeleiteten Sanierungsmaßnahmen müssen abgewartet werden. In Übereinstimmung mit der Auffassung der Klägerin kann nach den vorliegenden Umständen ein Sanierungszeitraum von drei Jahren als angemessen angesehen werden. Dann steht dem Sanierungsbeitrag der Gesellschafter i.H.v. ca. 100 Mio. DM ein solcher der Betriebsrentner i.H.v. ca. 12 Mio. DM gegenüber. Dies Verhältnis entspricht dem Grundsatz der gerechten Lastenverteilung. Da ein Sanierungszeitraum von drei Jahren angemessen erscheint, braucht nicht festgestellt zu werden, wie hoch die Verluste der Klägerin in den Jahren 1990 und 1991 im einzelnen tatsächlich gewesen sind.
V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO. Die Klägerin hat insoweit obsiegt, als die Einstandspflicht des PSV im Grundsatz und für einen begrenzten Zeiraum bejaht wurde. Sie ist unterlegen, soweit sie mit ihrem Hauptantrag eine zeitlich unbefristete Entlastung erstrebte. Obsiegen und Unterliegen halten sich die Waage.
Unterschriften
Dr. Heither, Griebeling, Dr. Wittek, Dr. Schwarze, Großmann
Fundstellen
Haufe-Index 845823 |
BAGE, 329 |
BB 1993, 2090 |
JR 1994, 88 |
NZA 1993, 941 |
ZIP 1993, 1330 |