Entscheidungsstichwort (Thema)

Eingruppierung. Lehrerin mit achtjähriger Lehrtätigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

Kein Anspruch auf Höhergruppierung nach achtjähriger Lehrtätigkeit bei Fehlen der haushaltsmäßigen Voraussetzungen (Fortsetzung der bisherigen Rechtsprechung, zuletzt Urteile des Senats vom 7. August 1997 – 6 AZR 54 und 82/96 –, n.v.).

 

Normenkette

BAT §§ 22, 23 Lehrer; BAT-O § 11

 

Verfahrensgang

Thüringer LAG (Urteil vom 13.11.1995; Aktenzeichen 8 Sa 1504/94)

ArbG Erfurt (Urteil vom 26.10.1994; Aktenzeichen 4 Ca 104/93)

 

Tenor

1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Thüringer Landesarbeitsgerichts vom 13. November 1995 – 8 Sa 1504/94 – wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.

Von Rechts wegen!

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin erwarb nach einem Studium an dem Institut für Lehrerbildung in Nordhausen am 30. Juni 1978 die Lehrbefähigung für den Unterricht in den unteren Klassen der allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule für die Fächer Deutsch, Mathematik und Körpererziehung und ist damit berechtigt, die Berufsbezeichnung „Lehrer für untere Klassen” zu führen. Aufgrund Arbeitsvertrags vom 10. November 1977 mit dem Rat des Kreises Worbis, Bezirk Erfurt (Abteilung Volksbildung), war sie seit dem 1. August 1978 als Lehrerin beschäftigt. Gemäß einem Überleitungsvertrag vom 1. Mai 1990 wurde sie vom Rat der Stadt Erfurt als Lehrerin weiterbeschäftigt und ist seitdem als Lehrerin an einer Grundschule in Erfurt tätig.

Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet aufgrund beiderseitiger Organisationszugehörigkeit der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) – vom 10. Dezember 1990 Anwendung. Mit Schreiben vom 13. November 1991 teilte das Staatliche Schulamt Erfurt-Stadt der Klägerin mit, daß sie mit Wirkung vom 1. Juli 1991 Vergütung nach VergGr. IV b/6 BAT-O erhalte. Nachdem der Beklagte seit 1994 einige tausend Beförderungsplanstellen für Grundschullehrer im Haushaltsplan ausweist, erhält die Klägerin ab dem 1. Januar 1994 Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O.

Mit der Klage begehrt die Klägerin auch für die Zeit vor dem 1. Januar 1994 Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O. Dabei bittet sie für die Zeit vom 1. Dezember 1991 bis zum 30. April 1993 um Zahlung der unstreitigen Differenz in Höhe von DM 4.863,66 und für die Zeit ab dem 1. Mai 1993 um Feststellung.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, sie habe auch für die Zeit vor dem 1. Januar 1994 einen tariflichen Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O. Die Voraussetzungen eines Bewährungsaufstiegs von der VergGr. IV b in die VergGr. IV a BAT-O hätten vorgelegen, weil sie mehr als acht Jahre unbeanstandet als Lehrerin in den Klassen eins bis vier tätig gewesen sei und sich deshalb bewährt habe.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin als Vergütungsrückstand für die Zeit vom 1. Dezember 1991 bis 30. April 1993 4.863,66 DM brutto nebst 4 % Zinsen ab dem 14. Mai 1993 zu zahlen.
  2. festzustellen, daß der Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin vom Mai bis Dezember 1993 Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O zuzüglich 4 % Zinsen auf die Nettodifferenzbeträge ab jeweiliger Fälligkeit zu zahlen.

Der Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, die Voraussetzungen für eine Höhergruppierung seien nicht gegeben. Die Klägerin hätte als Beamtin unter Berücksichtigung der üblichen Bewährungs-, Probe- und Sperrzeiten frühestens ab dem 1. Februar 1996 nach Besoldungsgruppe A 11, die der VergGr. IV a BAT-O entspreche, befördert werden können, ohne allerdings einen Anspruch auf diese Beförderung gehabt zu haben. Der Beklagte habe sein Ermessen auf Beförderung der angestellten Klägerin auch nicht vor dem Jahr 1994 ausüben müssen, weil für Grundschullehrer im Stellenplan des Haushalts des Beklagten für das Jahr 1993 keine Stellen nach VergGr. IV a BAT-O ausgebracht gewesen seien.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihren Klageanspruch weiter. Der Beklagte bittet, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision hat keinen Erfolg. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Klage als unbegründet abgewiesen.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O für die Zeit vor dem 1. Januar 1994 nicht zu.

1. Auf das Arbeitsverhältnis finden aufgrund beiderseitiger Tarifgebundenheit der BAT-O und die diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge in ihrer jeweiligen Fassung Anwendung. Damit gelten für die Eingruppierung der Klägerin folgende Bestimmungen:

a) § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum

BAT-O vom 8. Mai 1991

3. Die Anlage 1 a ist, soweit sie keine besonderen Tätigkeitsmerkmale enthält, nicht auf Angestellte anzuwenden, die

als Lehrkräfte, auch wenn sie nicht unter die SR 2 l I fallen,

beschäftigt sind. Diese Angestellten sind – gegebenenfalls nach näherer Maßgabe von Richtlinien – in der Vergütungsgruppe eingruppiert, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingestuft wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. …

b) Sonderregelungen für Angestellte als Lehrkräfte (SR 21 I BAT-O)

Nr. 1

Zu §§ 1 und 2 – Geltungsbereich –

Diese Sonderregelungen gelten für Angestellte als Lehrkräfte an allgemeinbildenden Schulen und berufsbildenden Schulen (Berufs-, Berufsfach- und Fachschulen).

Protokollnotiz:

Lehrkräfte im Sinne dieser Sonderregelungen sind Personen, bei denen die Vermittlung von Kenntnissen und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebes der Tätigkeit das Gepräge gibt.

Nr. 3 a

Zu §§ 22 bis 25 – Eingruppierung –

Die Lehrkräfte werden nach § 11 Satz 2 in die Vergütungsgruppen eingruppiert, die sich bei Anwendung der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung ergeben.

Soweit in der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung Ämter für entsprechende Lehrkräfte nicht ausgebracht sind, ist die Vergütung unter Berücksichtigung der Ausbildung der Lehrkraft auf der Grundlage der Zweiten Besoldungs-Übergangsverordnung arbeitsvertraglich zu regeln.

c) Zweite Verordnung über besoldungsrechtliche Übergangsregelungen nach Herstellung der Einheit Deutschlands (2. BesÜV) vom 21. Juni 1991 (BGBl. I S. 1345)

§ 7

Besoldungsordnungen

1) Für Beamte an allgemeinbildenden und beruflichen Schulen sowie an Sonderschulen gilt ergänzend Anlage 1 dieser Verordnung. …

Anlage 1

Besoldungsgruppe A 11

Lehrer 1) 2)

– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –

Lehrer 1) 3) 4) 5)

– als Lehrer für untere Klassen im Unterricht der Klassen 1 bis 4 an einer allgemeinbildenden Schule –

1) Mit abgeschlossener pädagogischer Fachschulausbildung.

2) In diese Besoldungsgruppe können nur Lehrer eingestuft werden, die nach Abschluß der Fachschulausbildung eine achtjährige Lehrertätigkeit oder eine dreijährige Dienstzeit seit Anstellung als Lehrer in der Besoldungsgruppe A 10 verbracht haben.

3) Als Eingangsamt.

4) In dieses Amt können nur Lehrer eingestuft werden, die das ergänzende Studium nach § 10 der Verordnung des Ministerrates der DDR vom 18. September 1990 (GBl. I Nr. 63 S. 1584) oder einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung erfolgreich abgeschlossen haben.

5) Soweit nicht in der Besoldungsgruppe A 12.

2. Die Klägerin war im streitgegenständlichen Zeitraum Lehrkraft im Sinne der tariflichen Bestimmungen, da sie an einer allgemeinbildenden Schule des Beklagten Kenntnisse und Fertigkeiten im Rahmen eines Schulbetriebs vermittelte. Deshalb ist für ihre Eingruppierung nach § 2 Nr. 3 Satz 1 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 die Anlage 1 a zum BAT-O nicht anzuwenden.

Die Eingruppierung erfolgt gemäß § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 vielmehr in die Vergütungsgruppe, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe entspricht, in welcher der Angestellte eingruppiert wäre, wenn er im Beamtenverhältnis stünde. Dabei verweisen die Tarifvertragsparteien in Nr. 3 a Unterabs. 1 SR 2 l I BAT-O auf die Vorschriften der 2. BesÜV. Diese tarifliche Verweisung auf die beamtenrechtlichen Vorschriften ist nach der Rechtsprechung des Vierten Senats und des erkennenden Senats zulässig (BAG Urteil vom 24. November 1993 – 4 AZR 16/93 – AP Nr. 1 zu § 2 BAT-O, zu II 2 b der Gründe; BAG Urteile vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 858/94 – AP Nr. 45 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt, zu II 2 a der Gründe und Urteil vom 21. November 1996 – 6 AZR 451/95 – AP Nr. 53 zu §§ 22, 23 BAT Lehrer, zu II 2 der Gründe).

3. Nach den Vorschriften der 2. BesÜV stand der Klägerin ein Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O, die nach § 11 Satz 2 BAT-O der Besoldungsgruppe A 11 entspricht, nicht zu.

a) Die Klägerin erfüllte nicht die Voraussetzungen für eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 im Eingangsamt (Fußnoten 3 u. 4), da sie das ergänzende Studium nach § 10 der Verordnung des Ministerrats der DDR vom 18. September 1990 oder einer entsprechenden landesrechtlichen Regelung nicht abgeschlossen hat.

b) Die Klägerin erfüllte auch nicht die Voraussetzungen der Fußnote 2 für eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 im Aufstiegsamt.

Zwar verfügt die Klägerin, die eine abgeschlossene Fachschulausbildung besitzt, über eine achtjährige Lehrtätigkeit. Der tarifliche Anspruch auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O, dem eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 Fußnote 2 entspricht, ist aber nicht allein davon abhängig.

aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (BAG Urteil vom 13. Juni 1996 – 6 AZR 858/94 – a.a.O., zu II 2 c aa der Gründe; BAG Urteil vom 21. November 1996 – 6 AZR 451/95 – a.a.O., zu II 3 b aa der Gründe; zuletzt BAG Urteile vom 7. August 1997 – 6 AZR 54/96 – und – 6 AZR 82/96 – beide nicht veröffentlicht; vgl. auch BAG Urteil vom 20. April 1994 – 4 AZR 312/93BAGE 76, 264, 270 f. = AP Nr. 1 zu § 11 BAT-O, zu III 2 b der Gründe) müssen die angestellten Lehrkräfte nach der tariflichen Regelung in § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 nicht nur die in den Besoldungsgruppen genannten fachlichen und pädagogischen Anforderungen erfüllen. Außerdem ist erforderlich, wie insbesondere in den letzten beiden Halbsätzen von Satz 2 zum Ausdruck kommt, daß sie in die Besoldungsgruppe auch tatsächlich eingestuft worden wären, wenn sie im Beamtenverhältnis stünden.

bb) Im Beamtenrecht ist ein Aufstieg von Besoldungsgruppe A 10 nach Besoldungsgruppe A 11 nicht nur von fachlichen und pädagogischen Voraussetzungen und einer achtjährigen Lehrtätigkeit abhängig. Vielmehr muß der Bewerber aufgrund seiner bisherigen Leistung für das Beförderungsamt geeignet erscheinen und eine Planstelle tatsächlich im Haushalt zur Verfügung stehen. Selbst dann jedoch besteht kein Anspruch des Beamten auf Übertragung des Beförderungsamtes, sondern lediglich auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung des Dienstherrn in dieser Hinsicht. Einen der Tarifautomatik des BAT-O entsprechenden Aufstieg in ein höher besoldetes Amt kennt das Beamtenrecht nicht.

Die tarifliche Regelung in § 2 Nr. 3 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 dient der vergütungsrechtlichen Gleichbehandlung der bei dem Beklagten beschäftigten Lehrkräfte, unabhängig davon, ob sie im Beamten- oder im Angestelltenverhältnis stehen. Eine automatische Höhergruppierung nach achtjähriger Lehrtätigkeit würde zu einer in der Tarifnorm nicht vorgesehenen und deshalb nicht gerechtfertigten Besserstellung der Angestellten gegenüber den beamteten Lehrkräften führen.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß Nr. 3 a Unterabs. 1 SR 2 l I BAT-O anders als § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrags Nr. 1 nicht nur allgemein auf die Besoldung abstellt, die gegeben wäre, wenn der Angestellte im Beamtenverhältnis stünde, sondern ausdrücklich auf die Vorschriften der 2. BesÜV verweist. In Besoldungsgruppe A 11 der Anlage 1 zur 2. BesÜV ist die Einstufung gemäß Fußnote 2 nach einer achtjährigen Lehrtätigkeit als „Kann-Bestimmung” ausgestaltet. Daraus folgt, daß diese Einstufung in das pflichtgemäße Ermessen des Dienstherrn gestellt ist, wenn die beamtenrechtlichen Voraussetzungen vorliegen. Damit fordert die tarifliche Verweisung in Nr. 3 a Unterabs. 1 SR 2 l I BAT-O die gleichen Voraussetzungen für eine Eingruppierung nach den Vorschriften der 2. BesÜV wie § 2 Nr. 3 Satz 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 (BAG Urteil vom 21. November 1996 – 6 AZR 451/95 – a.a.O., zu II 3 c der Gründe).

cc) In Anwendung dieser Grundsätze bestand im streitgegenständlichen Zeitraum kein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach VergGr. IV a BAT-O. Nach den mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts waren im Haushaltsplan des Beklagten Beförderungsplanstellen der VergGr. IV a BAT-O erst ab 1994 ausgewiesen worden. Da somit eine entsprechende Planstelle im Haushalt vor dem 1. Januar 1994 nicht zur Verfügung stand, hätte eine Einstufung in die Besoldungsgruppe A 11 nach den Voraussetzungen der Fußnote 2 deshalb nicht erfolgen können. Demgemäß kam eine Höhergruppierung von VergGr. IV b BAT-O nach VergGr. IV a BAT-O nicht in Betracht.

4. Die Entscheidung über die Kosten der Revision folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

 

Unterschriften

Dr. Peifer, Dr. Freitag, Dr. Armbrüster, H. Schmidt, K.-H. Reimann

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1086942

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