Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsausschluß für Berufskrankheiten
Orientierungssatz
1. Gleichgestellt sind in § 545 S 2 RVO aF Unfall und schädigende Einwirkung. Die Haftung entfällt somit nach § 898 RVO aF für den Ersatz des Schadens, den eine schädigende Einwirkung verursacht hat. Gehört dazu eine Folge der schädigenden Einwirkung, die in einem Verfahren nach der RVO nicht als Berufskrankheit anerkannt wurde, greift der Haftungsausschluß des Unternehmers trotzdem ein. Ob die Bindung der Gerichte nach § 901 RVO aF dem § 638 RVO nF entspricht, auch die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfall (hier: die schädigende Einwirkung - § 545 S 2 RVO aF) und dem eingetretenen Schaden ergreift, ist streitig.
2. Vorsätzliche Mißachtung von Unfallverhütungsvorschriften und sonstigen Arbeitsanweisungen reichen nicht aus, um Vorsatz anzunehmen.
Normenkette
BKVO § 3; RVO §§ 898-899, 545; ZPO §§ 253, 286-287, 561; BKVO 3 § 3; UVNG Art. 4 §§ 1, 16; RVO § 901 Fassung 1924-12-15, § 638 Fassung 1963-04-30
Verfahrensgang
LAG Rheinland-Pfalz (Entscheidung vom 15.01.1986; Aktenzeichen 2 Sa 894/85) |
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 29.03.1985; Aktenzeichen 3 Ca 3451/84) |
Tatbestand
Der am 7. Juni 1919 geborene Kläger war im Jahr 1953 als Schlosser bei der Firma A Stahl- und Rohrleitungsbau- GmbH in L beschäftigt. Diese unterhielt keine eigene Werkstatt. Sie setzte ihre Arbeitnehmer überwiegend für Arbeiten im Betrieb der Beklagten ein.
Am 17. November 1953 kam es auf dem Betriebsgelände der Beklagten zu einer unvorhergesehenen chemischen Reaktion. Temperatur und Druck eines Kessels (Autoklav) stiegen so sehr an, daß aus den Sicherheitsventilen Dämpfe austraten, die sich als Ablagerung (Sublimat) im Kesselraum niederschlugen. Nachdem der Autoklav abgekühlt war, ließ ihn die Beklagte ebenso wie den gesamten Kesselraum reinigen. Einige der dafür eingesetzten Arbeitnehmer erlitten Hauterkrankungen. Die Beklagte ließ daraufhin vom 28. bis zum 30. November 1953 verschiedene Tiere in Käfigen in den Raum setzen, um zu prüfen, ob noch giftige Dämpfe vorhanden seien. Nachdem am Morgen des 30. November 1953 festgestellt worden war, daß die Tiere äußerlich keinen Krankheitsbefund aufwiesen, begannen der Kläger und andere Arbeiter auf Weisung des Betriebsschlossermeisters S der Beklagten mit der Reparatur des Kessels. Am 4. Dezember 1953 wurde es dem Kläger und einigen seiner Arbeitskollegen während der Reparaturarbeiten schlecht. Der Kläger hatte sich Vergiftungen zugezogen, die dazu führten, daß er 17 Monate arbeitsunfähig krank war und seither ärztlich behandelt wird. Erst im Jahr 1956 stellte sich heraus, daß es sich bei dem Gift, mit dem der Kläger in Berührung gekommen war, um Dioxin gehandelt hatte. Vom 7. Juni 1954 bis zum Eintritt in den Ruhestand am 3. Oktober 1977 war der Kläger bei der Beklagten beschäftigt, zunächst als Betriebsschlosser (bis 1964), später als Kontrolleur.
Die Süddeutsche Eisen- und Stahlberufsgenossenschaft hat mit Bescheid vom 25. Oktober 1955 eine Halogenkohlenwasserstoffvergiftung als Berufskrankheit des Klägers anerkannt und als Zeitpunkt des Versicherungsfalls den 4. Dezember 1953 angenommen. Dem Kläger wurden Leistungen der Unfallversicherung zugesprochen.
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ersatz des erlittenen Vermögensschadens und Schmerzensgeld. Er hat vorgetragen, die Beklagte habe seine Erkrankung zumindest mit bedingtem Vorsatz herbeigeführt. Obwohl ihr bekannt gewesen sei, daß bereits bei den Reinigungsarbeiten mehrere Arbeitnehmer erkrankt waren, habe sie ihn beauftragt, die Reparaturarbeiten im Kesselraum durchzuführen. Sie habe wohlweislich verhindert, daß die Tiere mit dem Boden und den im Raum befindlichen Gegenständen in Berührung kamen. Die Beklagte habe versäumt, die Tiere vor seinem Einsatz im Kesselraum eingehend veterinärmedizinisch untersuchen zu lassen. Bereits 1953 sei bekannt gewesen, daß Verunreinigungen bei der Herstellung von Chlorphenolen die sogenannte "Chlorakne" auslösen. Wenn man auch das ausströmende Gift damals noch nicht als Dioxin erkannt habe, sei für die Beklagte doch erkennbar gewesen, daß sich hochgiftige Verunreinigungen in dem Autoklavenraum niedergeschlagen hatten. Für ein vorsätzliches Verhalten der Beklagten spreche auch, daß sie versucht habe, den Vorfall vom 17. November 1953 der Öffentlichkeit zu verheimlichen. Die gesetzlichen Bestimmungen über den Haftungsausschluß des Arbeitgebers bei Arbeitsunfällen seien somit nicht anzuwenden. Die Berufsgenossenschaft habe die Erkrankung nicht als Arbeitsunfall, sondern als Berufskrankheit anerkannt. Zahlreiche nicht im Bescheid der Berufsgenossenschaft genannte Erkrankungen, die sich später gezeigt hätten, seien auf die erlittenen Vergiftungen zurückzuführen, ohne inzwischen als Berufskrankheit anerkannt worden zu sein; jedenfalls insoweit könne die Beklagte sich auf den Haftungsausschluß des Arbeitgebers nicht berufen. Erst durch Veröffentlichungen im Jahr 1983 über den Unglücksfall in Seveso habe er erfahren, daß die Erkrankungen, die er in der Zeit zwischen dem 30. November und dem 4. Dezember 1953 erlitten habe, auf eine Dioxinvergiftung zurückzuführen seien.
Mit der am 30. November 1983 beim Arbeitsgericht eingegangenen und am 5. Dezember 1983 der Beklagten zugestellten Klage hat der Kläger beantragt,
1. die Beklagte zu verurteilen, ein ange-
messenes in das Ermessen des Gerichts
gestelltes Schmerzensgeld für den Zeit-
raum vom 30. November 1953 bis zum 30.
November 1983 nebst 4 % Zinsen hieraus
seit Klagezustellung an ihn zu zahlen,
2. festzustellen, daß die Beklagte ver-
pflichtet ist, ihm sämtliche materiel-
len und immateriellen Schäden - letz-
tere soweit sie nach dem 30. November
1983 entstehen - aus dem Unfallereig-
nis im Bau E 206 der B zu erset-
zen, soweit die Ansprüche nicht auf
Sozialversicherungsträger oder sonsti-
ge Dritte übergehen,
3. die Beklagte zu verurteilen,
a) ihm Auskunft darüber zu erteilen,
welchen Verdienst er in der Zeit
vom 30. November 1953 bis zum 7.
Juni 1984 erzielt hätte, wenn er
nicht erkrankt wäre,
b) an ihn Schadenersatz in einer nach
Erteilung der Auskunft noch zu be-
stimmenden Höhe nebst 4 % Zinsen
seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die Ansprüche seien verjährt. Außerdem hat sie vorgetragen, damals habe niemand mit den beim Kläger eingetretenen Folgen der chemischen Fehlreaktion vom 17. November 1953 rechnen können. Nachdem die Arbeiter der Reinigungskolonne erkrankt gewesen seien, habe sie alle damals in Betracht zu ziehenden Vorkehrungen getroffen, um weitere Arbeiter vor Gesundheitsschäden zu bewahren. Sie habe nach dem Wissensstand der damaligen Zeit angenommen, die Erkrankungen seien durch Dämpfe verursacht worden. Deshalb sei ihr kein Vorwurf daraus zu machen, daß sie die Versuchstiere in den Käfigen gelassen und nicht mit den Gegenständen oder Wänden des Autoklavenraums in Berührung gebracht habe. Auch sei damals nicht zu erkennen gewesen, daß außer Hauterkrankungen weitere schwere Gesundheitsschäden entstehen könnten.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt der Kläger die Klageanträge weiter, wobei er in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erklärt hat, daß er ein Schmerzensgeld von 20.000,-- DM für angemessen halte.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
A. Antrag auf Zahlung von Schmerzensgeld (Klageantrag zu 1)
Im Gegensatz zur Auffassung des Berufungsgerichts ist dieser Klageantrag nicht unbegründet, sondern bereits unzulässig. Es fehlt ihm an der auch im Revisionsverfahren von Amts wegen zu berücksichtigenden Bestimmtheit (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
Zwar kann bei einem Antrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes die Bestimmung der genauen Höhe des Anspruchs dem Ermessen des Gerichts überlassen werden (§ 287 ZPO). Aber auch bei einem unbezifferten Antrag hat der Kläger nicht nur die tatsächlichen Feststellungen und Schätzungsgrundlagen, sondern auch die ungefähre Größenordnung des geltend gemachten Anspruchs anzugeben (vgl. Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 44. Aufl., § 253 Anm. 5 B Bezifferung b) Unbezifferter Leistungsantrag). Daran hat der Kläger es fehlen lassen.
Dem Klagevortrag läßt sich nicht entnehmen, wie hoch das Schmerzensgeld nach Ansicht des Klägers sein müßte, das die Beklagte zahlen soll. Auch im Berufungsrechtszug hat der Kläger dazu nichts vorgetragen. Zwar hat er gegen die erstinstanzliche Festsetzung des Streitwerts auf 20.000,-- DM keine Einwände erhoben und damit möglicherweise zu erkennen gegeben, daß er sich für die Höhe des Schmerzensgeldanspruchs der Schätzung des Arbeitsgerichts anschließen wollte (vgl. dazu BGH Urteil vom 28. Februar 1984 - VI ZR 70/82 - NJW 1984, 1807, 1809 f.). Dadurch wurde der Klageantrag jedoch nicht bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Welcher Teil des Streitwerts auf den Schmerzensgeldanspruch entfällt, ist dem erstinstanzlichen Urteil nicht zu entnehmen. Auch aus der stillschweigenden Hinnahme der erstinstanzlichen Wertschätzung durch den Kläger ergibt sich somit kein Hinweis auf dessen Vorstellungen zur Höhe des Schmerzensgeldanspruchs. Die Klage ist daher, soweit sie auf Schmerzensgeld gerichtet ist, im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Landesarbeitsgericht unzulässig gewesen.
Dieser Mangel wurde im Revisionsverfahren nicht geheilt. Die Erklärung des Klägers vor dem Senat, er halte ein Schmerzensgeld von 20.000,-- DM für angemessen, durfte nicht berücksichtigt werden. Durch sie gab der Kläger den Tatsachen, mit denen er bisher den Schmerzensgeldanspruch begründet hatte, ein bestimmtes Gewicht. Unter diesem Gesichtspunkt hätten sie zwischen den Parteien erstmals erörtert werden müssen. Dieses Parteivorbringen hätte jedoch nach § 561 Abs. 1 Satz 1 ZPO vom Senat nicht berücksichtigt werden dürfen (vgl. BAGE 9, 273 = AP Nr. 2 zu § 253 ZPO).
B. Feststellungsantrag (Klageantrag zu 2) und Leistungsanträge (Klageanträge zu 3)
Zu Recht hat das Berufungsgericht angenommen, daß die Klage hinsichtlich dieser Anträge unbegründet ist. Die Haftung der Beklagten ist nach § 898 RVO a.F. ausgeschlossen.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend die Bestimmungen über den Haftungsausschluß des Arbeitgebers in der Fassung angewendet, die im Jahr 1953 galt. Dies ergibt sich aus Art. 4 § 1 und § 16 UVNG (so bereits in einem vergleichbaren Fall: BAG Urteil vom 12. September 1966 - 1 AZR 481/65 - AP Nr. 46 zu §§ 898, 899 RVO).
II. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die Voraussetzungen für die Haftung der Beklagten nicht gegeben sind.
Nach § 898 RVO a.F. ist der Unternehmer dem Versicherten nach anderen gesetzlichen Vorschriften zum Ersatz des Schadens nur verpflichtet, wenn strafgerichtlich festgestellt worden ist, daß der Unternehmer den Arbeitsunfall vorsätzlich herbeigeführt hat. Dieser Haftungsausschluß gilt im Gegensatz zur Auffassung der Revision auch, wenn der Schaden, wie hier, durch eine Berufskrankheit entstanden ist. Nach § 545 Satz 2 RVO a.F. sind auf Berufskrankheiten die Vorschriften der Unfallversicherung ohne Rücksicht darauf anzuwenden, ob die Krankheit durch einen Unfall oder durch eine schädigende Einwirkung verursacht ist, die nicht den Tatbestand eines Unfalls erfüllt. Zeitlicher Anknüpfungspunkt ist der Beginn der Krankheit im Sinne der Krankenversicherung (vgl. § 3 Abs. 2 Satz 1 der Dritten Verordnung über Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten vom 16. Dezember 1936 - RGBl. I S. 1117). Als Beginn der Krankheit hat die Berufsgenossenschaft den 4. Dezember 1953 festgestellt.
1. Der Kläger war im Betrieb der Firma A Stahl- und und Rohrleitungsbau-GmbH unfallversichert. Dies hat die Berufsgenossenschaft im Bescheid vom 25. Oktober 1955 festgestellt. Daran sind die Gerichte für Arbeitssachen gebunden (vgl. Lauterbach, Unfallversicherung, 2. Aufl., 1962, § 901 Anm. 5). Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht aber angenommen, daß Schadenersatzansprüche von Arbeitnehmern aus Berufskrankheiten auch gegen einen anderen Unternehmer nach § 898 RVO a.F. ausgeschlossen sein können. Voraussetzung ist, daß der Arbeitnehmer in den Betrieb dieses Unternehmers nach Art eines eigenen Arbeitnehmers eingegliedert ist (ständige Rechtsprechung, statt aller: BGH Urteil vom 22. Oktober 1963 - VI ZR 213/62 und 267/62 - AP Nr. 45 zu §§ 898, 899 RVO, mit weiteren Nachweisen). Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, daß der Kläger ausschließlich im Betrieb der Beklagten tätig war und seine Arbeitsanweisungen von dem bei der Beklagten angestellten Betriebsschlossermeister S erhielt. Der Kläger hat dies nicht mit Revisionsrügen angegriffen. Es steht somit fest, daß er in den Betrieb der Beklagten wie ein Arbeitnehmer eingegliedert war.
2. Die Schäden, für die der Kläger Ersatz begehrt, beruhen auf der anerkannten Berufskrankheit.
Die Süddeutsche Eisen- und Stahlberufsgenossenschaft hat mit Bescheid vom 25. Oktober 1955 die Halogenkohlenwasserstoffvergiftung, die der Kläger in der Zeit vom 30. November bis zum 4. Dezember 1953 erlitten hat, als Berufskrankheit anerkannt. Daran war das Landesarbeitsgericht nach § 901 Abs. 1 RVO a.F. in Verb. mit § 545 Satz 2 RVO a.F. gebunden. Die dagegen gerichteten Revisionsrügen des Klägers greifen nicht durch.
Die Revision meint, das Landesarbeitsgericht habe sich zu Unrecht an die Anerkennung einer Halogenkohlenwasserstoffvergiftung als Berufskrankheit gebunden gesehen. Die Vergiftung sei nicht die Krankheit, sondern das schädigende Ereignis. Die Berufsgenossenschaft habe nicht alle durch dieses Ereignis verursachten Krankheiten anerkannt. Für die nicht anerkannten Krankheiten bestehe der Haftungsausschluß nach den §§ 898, 899 RVO a.F. nicht. Die Beklagte hafte insoweit für jedes Verschulden.
Dies trifft nicht zu. Gleichgestellt sind in § 545 Satz 2 RVO a.F. Unfall und schädigende Einwirkung. Die Haftung entfällt somit nach § 898 RVO a.F. für den Ersatz des Schadens, den eine schädigende Einwirkung verursacht hat. Gehört dazu eine Folge der schädigenden Einwirkung, die in einem Verfahren nach der RVO nicht als Berufskrankheit anerkannt wurde, greift der Haftungsausschluß des Unternehmers trotzdem ein. Ob die Bindung der Gerichte nach § 901 RVO a.F. dem § 638 RVO n.F. entspricht, auch die Frage des ursächlichen Zusammenhangs zwischen dem Unfall (hier: die schädigende Einwirkung - § 545 Satz 2 RVO a.F.) und dem eingetretenen Schaden ergreift, ist streitig (zum Streitstand: Lauterbach, Unfallversicherung, 2. Aufl., § 901 Anm. 5; Lauterbach, Unfallversicherung, 3. Aufl., § 638 Anm. 11). Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausgeht, daß die Gerichte für Arbeitssachen durch die genannte Bindungswirkung nicht gehindert sind, nachzuprüfen, ob die Erkrankung des Klägers auf anderen Ursachen als der schädigenden Einwirkung beruht, könnte die Klage keinen Erfolg haben. Der Kläger hat es an jeglichem Tatsachenvortrag dafür fehlen lassen, daß andere Ursachen, die die Beklagte außerhalb des Wirkungsbereichs der schädigenden Einwirkung zu vertreten hat, zu den Schäden des Klägers geführt haben.
3. Die Beklagte hat nicht vorsätzlich gehandelt. Auch dies hat das Landesarbeitsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise angenommen.
Der Begriff des Vorsatzes ist ein Rechtsbegriff. Ein hier allein in Betracht kommendes bedingt vorsätzliches Handeln setzt voraus, daß der Handelnde den möglichen Erfolg seines Handelns kennt und für den Fall seines Eintritts billigend in Kauf nimmt (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 47. Aufl., § 276 Anm. 3; BAG Urteil vom 8. Dezember 1970 - 1 AZR 81/70 - AP Nr. 4 zu § 636 RVO). Der Senat kann als Revisionsgericht nachprüfen, ob bei Einordnung des festgestellten Sachverhalts unter den Rechtsbegriff alle für die Beurteilung wesentlichen Umstände berücksichtigt wurden und ob der Rechtsbegriff nicht verkannt wurde (Zöller/Schneider, ZPO, 13. Aufl., § 550 Anm. III 2).
Die Ausführungen des Landesarbeitsgerichts lassen keinen Rechtsfehler erkennen. Das Landesarbeitsgericht hat den Vorsatz der Beklagten mit der Begründung verneint, die vorsätzliche Mißachtung von Unfallverhütungsvorschriften und sonstigen Arbeitsanweisungen reiche nicht aus. Die Angestellten der Beklagten hätten die Vergiftung vielmehr billigend in Kauf nehmen müssen, als sie den Kläger mit der Reparatur des Autoklaven beauftragten. Selbst wenn dem werksärztlichen Dienst der Beklagten schon im Jahr 1953 die Folgen einer Berührung mit Halogenkohlenwasserstoff bekannt gewesen seien, könne daraus nicht geschlossen werden, die Beklagte habe die Schädigung des Klägers vorsätzlich herbeigeführt. Beiden Parteien sei damals unbekannt gewesen, daß Dioxin sich im Kesselraum ablagere. Entstehung und Zusammensetzung von Dioxin seien erst Jahre später von der Wissenschaft entdeckt worden. Die zuständigen Angestellten der Beklagten hätten nach dem Vorfall die aufgrund des damaligen Wissenstands erforderlichen und möglichen Vorsichtsmaßnahmen eingeleitet. Sie hätten davon ausgehen können, daß eine Vergiftungsgefahr nur durch Dämpfe ausgelöst werde und nach dem schadlosen Überleben der Versuchstiere nicht mehr bestehe. Diese Ausführungen lassen erkennen, daß das Berufungsgericht den Rechtsbegriff des bedingten Vorsatzes nicht verkannt und bei der Einordnung des Sachverhalts unter den Begriff keine wesentlichen Umstände unberücksichtigt gelassen hat.
Zu Unrecht rügt die Revision, das Landesarbeitsgericht habe § 286 ZPO verletzt. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, daß das Landesarbeitsgericht nicht den gesamten Inhalt der Verhandlung gewürdigt hat. Es hat keine Tatsachen unberücksichtigt gelassen, aus denen auf den Vorsatz der Beklagten hätte geschlossen werden können. Dieser ergab sich aus den vom Kläger vorgetragenen Tatsachen nicht. Auch wenn die Beklagte die Versuchstiere am Morgen des 30. November 1953 nur auf äußerliche Krankheitserscheinungen untersuchen ließ, bevor sie den Kläger zu den Reparaturarbeiten einteilte, läßt dies nicht darauf schließen, daß die Beklagte eine gesundheitliche Schädigung des Klägers für möglich hielt und diese billigend in Kauf nahm. Die Erkennbarkeit der Verunreinigung des Autoklavenraums reichte im Gegensatz zur Auffassung des Klägers für die Annahme des bedingten Vorsatzes der Beklagten nicht aus.
III. Das Schreiben der Beklagten an den Kläger vom 21. Dezember 1954 enthielt keine verbindliche Schadenersatzzusage. Gegen diese zutreffende Annahme des Berufungsgerichts wendet die Revision sich nicht.
IV. Darauf, ob der Anspruch des Klägers verjährt wäre, kommt es nicht an.
Michels-Holl Dr. Peifer Dr. Wittek
Wittendorfer Schömburg
Fundstellen