Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenz nach verschlechternder Betriebsvereinbarung
Leitsatz (amtlich)
- Der unverfallbare Teil einer Versorgungsanwartschaft ist gegen Insolvenz des Arbeitgebers geschützt. Dieser Schutz wird nicht dadurch geschmälert, daß eine ablösende Betriebsvereinbarung schon vor dem Insolvenzfall verringerte Steigerungsraten und dadurch eine gekürzte Vollrente einführt (Bestätigung von BAGE 56, 138 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Besitzstand).
- Die ablösende Betriebsvereinbarung muß die Grundsätze der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes beachten (Bestätigung von BAGE 54, 261 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Ablösung).
- Eine ablösende Betriebsvereinbarung braucht jedenfalls dann keine besonderen Regelungen für rentennahe Jahrgänge zu enthalten, wenn eine allgemeine Härteklausel vorgesehen ist.
- Die Verweisung im Arbeitsvertrag eines leitenden Angestellten auf eine in einer Betriebsvereinbarung niedergelegte Versorgungsordnung ist im Zweifel als dynamische Verweisung auf die jeweils für die Arbeitnehmer des Betriebs geltende Betriebsvereinbarung (Versorgungsordnung) zu verstehen. Eine solche Verweisung wird in der Regel den Interessen beider Parteien eher gerecht als eine Verweisung auf einen im Zeitpunkt der Vereinbarung bestehenden Rechtszustand (im Anschluß an das Urteil des Senats vom 16. August 1988 – 3 AZR 61/87 – AP Nr. 8 zu § 1 BetrAVG Beamtenversorgung).
Normenkette
BetrAVG § 1 Ablösung, § 1 Besitzstand, § 2; BetrVG § 5 Abs. 3, § 77 Abs. 4
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 25.10.1990; Aktenzeichen 10 Sa 444/90) |
ArbG Köln (Urteil vom 06.04.1990; Aktenzeichen 2 Ca 3419/89) |
Tenor
- Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 25. Oktober 1990 – 10 Sa 444/90 – wird zurückgewiesen.
- Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, wie das betriebliche Ruhegeld des wegen Insolvenz seines Arbeitgebers vorzeitig aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschiedenen Klägers zu berechnen ist.
Der Kläger, geboren im April 1930, war vom 1. April 1959 bis zum 15. Juni 1984 bei der B… GmbH & Co. KG, … D…, beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete am 15. Juni 1984; über das Vermögen der Gesellschaft wurde an diesem Tage das Konkursverfahren eröffnet.
Der Kläger war seit 1969 Leiter des Einkaufs und hatte Handlungsvollmacht. Er erhielt im Dezember 1969 folgende Zusage:
“Betr.: Altersversorgung
Nach den Bestimmungen der Ihren gleichzeitig ausgehändigten Versorgungsordnung habe ich Sie in Anerkennung Ihrer beruflichen Leistungen und weil ich Sie zur Stammbelegschaft der Firma B. Fischer rechne, mit Wirkung vom 1. Dezember 1969 in die betriebliche Altersversorgung aufgenommen.
Die in dieser Versorgungsordnung aufgeführte Rentenstaffel hat zum Ziel, daß Sie bei einer eigenen normal verlaufenden Invaliden- bzw. Angestelltenversicherung im günstigsten Fall 75 % Ihres letzten Arbeitsverdienstes erreichen können.
Hierbei ist berücksichtigt, daß sich Ihre späteren Rentenbezüge zusammensetzen werden aus Sozialrente + Betriebsrente + Rente aus der Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes. Die aus dieser Quelle herrührende Rente von DM 45,-- je Monat wird von der Betriebsrente in Abzug gebracht gemäß § 7 des Tarifvertrages über eine zusätzliche Alters- und Invalidenrente im Baugewerbe vom 28. Okt. 1957. Es liegt in Ihrem Interesse, bei eintretendem Rentenfall diese Zusatzrente zu beantragen.
Die Versorgungsordnung ist das Ergebnis langer Überlegungen. Ich war bemüht, Ihnen für das Alter eine wirkliche Hilfe zu geben. Andererseits ist es klar, daß ich nur dann dieses Versprechen erfüllen kann, wenn es die wirtschaftliche Lage erlaubt. Wie sich diese gestaltet, ist nicht zuletzt abhängig von Ihrer Einsatzfreudigkeit und von dem Erfolg Ihrer Mitarbeit.
Zum Zeichen Ihrer Anerkenntnis bitte ich Sie, die Zweitschrift dieser Rentenzusage mit der Unterschrift von Ihnen und Ihrer Frau an mein Büro zurückzugeben.
Wenn Sie noch zusätzliche Auskünfte wünschen, steht Ihnen mein Büro zur Verfügung.”
Ab Dezember 1976 wurden die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung in einer Betriebsvereinbarung geregelt. Dadurch wurden frühere Versorgungsregelungen ersetzt. Vorgesehen waren in dieser Betriebsvereinbarung Altersrenten, vorgezogene Altersrenten, Erwerbsunfähigkeits- und Hinterbliebenenrenten. Die Hohe der Rente war dienstzeit- und endgehaltsabhängig ausgestattet. Der Steigerungssatz betrug 0,8 % pro rentenfähiges Dienstjahr bis zum Höchstsatz von 24 % bei 30 Dienstjahren.
Im März 1977 schrieb der Arbeitgeber dem Kläger:
“Betr.: Ihre betriebliche Altersversorgung.
Sehr geehrter Herr J
Wir haben uns entschlossen, Ihre betriebliche Altersversorgung aufgrund der allgemeinen Versorgungsordnung vom 1. Dez. 1976 zu verbessern.
Ziffer VI Absatz 1 wird hierzu um folgenden Absatz ergänzt:
‘Für den Teil des rentenfähigen Arbeitsverdienstes, der die im Feststellungszeitpunkt (Abschnitt X Absatz 1) gültige Beitragsbemessungsgrenze für Monatsbezüge in der Rentenversicherung der Angestellten und Arbeiter (§ 112 Absatz 2 AVG, § 1385 Absatz 2 RVO) übersteigt, werden die im Absatz 1 genannten Prozentsätze um die Hälfte erhöht’.”
Wegen der sich verschlechternden wirtschaftlichen Lage des Unternehmens wurden zur Abwendung eines Konkurses die vorgesehenen Versorgungsleistungen durch eine Betriebsvereinbarung vom 24. Juli 1978 mit Wirkung vom 1. August 1978 gekürzt. Der jährliche Steigerungssatz wurde auf 0,5 % des ruhegeldfähigen Einkommens und der mit 30 Dienstjahren erreichbare Höchstsatz auf 15 % herabgesetzt. Diese abändernde Betriebsvereinbarung enthält ausdrücklich keine Übergangsregelung oder besitzstandswahrende Klauseln.
Nach Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen des Arbeitgebers am 15. Juni 1984 trat der beklagte Pensions-Sicherungs-Verein, Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit (PSV), in die bestehenden Versorgungsverbindlichkeiten ein. Mit einem Bescheid vom 17. Januar 1985 berechnete er die Anwartschaft des Klägers bei Vollendung des 65. Lebensjahres unter Berücksichtigung des “Versorgungswerks der Firma B… GmbH & Co. KG, …, vom 1. Dezember 1976 sowie Änderungsvereinbarung vom 24. Juli 1978, gültig ab 1. August 1978” auf 547,80 DM.
Der Kläger ist mit der Berechnung nicht einverstanden. Er will sein zur Zeit der Insolvenz maßgebliches Gehalt von 5.150,-- DM und die ihm mit Schreiben vom 23. März 1977 mitgeteilten Steigerungssätze berücksichtigt wissen. Er berechnet seine unverfallbare Anwartschaft auf 876,47 DM monatlich.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die ablösende Betriebsvereinbarung vom 24. Juli 1978 sei unwirksam, da sie keine besonderen Regelungen für rentennahe Jahrgänge enthalte. Diese Betriebsvereinbarung habe auch deshalb seinen Anspruch nicht schmälern können, weil er leitender Angestellter gewesen sei. Dazu hat der Kläger behauptet, er sei zuständig und verantwortlich gewesen für die umfassende Abwicklung der Geschäfte im Bereich des Rinkaufs. Er habe das Unternehmen in kaufmännischen Fragen bei der Durchführung von Projekten in Arbeitsgemeinschaften vertreten. Er habe Unterschriftsberechtigung für alle Banken gehabt. Über den Einkauf seien ca. 40 % des durchschnittlichen Jahresumsatzes von 24 bis 30 Millionen DM abgewickelt worden. Er habe Leistungen an Fremdfirmen vergehen dürfen und sei zuständig und verantwortlich gewesen für die Einstellung von Leiharbeitnehmern
Der Kläger hat beantragt
- festzustellen, daß ihm bei Vollendung des 65. Lebensjahres eine unverfallbare Versorgungsanwartschaft in Höhe von 876,47 DM zustehe;
- hilfsweise festzustellen, daß er bei Eintritt des Versorgungsfalls wegen Vollendung des 65. Lebensjahres gegen den Beklagten einen Anspruch auf Versorgungsleistung habe, die sich aus den von ihm erdienten Anwartschaftsteilen bis zum Abschluß der Betriebsvereinbarung 1978 nach den ursprünglichen Bestimmungen der Versorgungsordnung 1976 der Firma B… berechnen (Steigerungsrate 0,8 % seines rentenfähigen Arbeitsverdienstes für jedes abgeleistete rentenfähige Dienstjahr) und die sich für die Zeit danach aus den Anwartschaftsteilen bis zum Insolvenzfall nach den Bestimmungen der Versorgungsordnung 1978 berechnen.
Der beklagte PSV hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die abändernde Betriebsvereinbarung vom 24. Juli 1978 sei wirksam. Der Kläger falle unter den persönlichen Geltungsbereich dieser Betriebsvereinbarung. Er sei nach seinem eigenen Vorbringen kein leitender Angestellter gewesen. Vorsorglich hat der beklagte PSV die dazu vom Kläger aufgestellten Behauptungen bestritten.
Das Arbeitsgericht hat dem Hilfsantrag des Klägers stattgegeben. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Die Berufung des Klägers wurde zurückgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten wurde das erstinstanzliche Urteil abgeändert: Die Klage wurde abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er seine Sachanträge weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers hat keinen Erfolg. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Anwartschaft des Klägers richtet sich nach den Vorschriften der Betriebsvereinbarung vom 1. Dezember 1976 mit den Abänderungen in der Betriebsvereinbarung vom 24. Juli 1978. Dabei kann offenbleiben, ob der Kläger leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG war.
I. War der Kläger kein leitender Angestellter, hat er einen Anspruch auf Altersversorgung unmittelbar aus den Betriebsvereinbarungen.
1. Die Betriebsvereinbarung vom 1. Dezember 1976 konnte durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung geändert werden (BAGE 54, 261 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Ablösung). Die Versorgungsordnung vom 1. Dezember 1976, die zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat vereinbart worden war, war eine Betriebsvereinbarung. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Der Kläger hat diese rechtliche Würdigung in der Revisionsinstanz nicht mehr angegriffen.
2. Die ablösende Betriebsvereinbarung hält der gebotenen Rechtskontrolle stand. Ablösende Betriebsvereinbarungen unterliegen inhaltlich einer gerichtlichen Kontrolle. Sie müssen den Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des Vertrauensschutzes gerecht werden. Werden Anwartschaften der Arbeitnehmer durch eine nachfolgende Betriebsvereinbarung gekürzt, so sind die Änderungsgründe gegen die Bestandsschutzinteressen der Arbeitnehmer abzuwägen. Je stärker in Besitzstände eingegriffen wird, desto schwerer müssen die Änderungsgründe wiegen (BAGE 54, 261 = AP Nr. 9 zu § 1 BetrAVG Ablösung).
a) Die nachfolgende Betriebsvereinbarung greift nicht in den bereits erdienten und nach den Grundsätzen des § 2 BetrAVG errechneten Teilbetrag ein. Das Landesarbeitsgericht hat errechnet, daß dem Kläger der bereits erdiente Besitzstand bleibt. Dagegen hat der Kläger keine Einwendungen erhoben.
b) Das Landesarbeitsgericht meint, die Betriebsvereinbarung 1978 habe nur die weiteren noch zu verdienenden Steigerungsbeträge gekürzt. Das ist fraglich. Der Senat ist in einem schon entschiedenen Verfahren mit vergleichbarem Streitgegenstand (Urteil vom 12. März 1991 – 3 AZR 99/90 –, n.v.) davon ausgegangen, daß die ablösende Betriebsvereinbarung vom 24. Juli 1978 sowohl in die Gehaltsdynamik als auch in die dienstzeitabhängigen Zuwächse eingreift. Für Eingriffe in die Gehaltsdynamik sind triftige Gründe erforderlich. Diese hat das Landesarbeitsgericht auch festgestellt. Nach diesen Feststellungen befand sich das Unternehmen des Arbeitgebers 1978 in einer schwierigen wirtschaftlichen Lage. Die Absenkung der Versorgungslast war zur Abwendung eines Konkurses erforderlich. Das hat auch der Betriebsrat erkannt. Darauf deutet auch der weitere Niedergang des Unternehmens hin.
c) Besondere Regelungen für rentennahe Jahrgänge brauchte die abändernde Betriebsvereinbarung vom 24. Juli 1978 nicht zu enthalten. Die ablösende Betriebsvereinbarung beschränkt sich darauf, die Steigerungssätze der alten Regelung herabzusetzen. Alle anderen Bestimmungen der Versorgungsordnung vom 1. Dezember 1976 gelten fort. Das gilt auch für Abschnitt XV.1, der vorsieht, daß “in Härtefällen und bei Vorliegen besonderer Voraussetzungen” die Firma “über die zugesagten Leistungen hinaus Sonderregelungen treffen” kann. Damit ist auch dem Bedürfnis Rechnung getragen, in Einzelfällen Härten zu mildern, die durch die generelle Absenkung der Leistungskurve der alten Versorgungsordnung entstehen können.
Daß außerdem stets Sonderregelungen für sogenannte rentennahe Jahrgänge getroffen werden müßten, hat der Senat nicht gefordert und ist auch nicht anzuerkennen. Der besonderen Schutzbedürftigkeit dieser Arbeitnehmergruppe wird vielfach schon durch die allgemeine Härteklausel Rechnung getragen. Es geht darum, daß ältere Arbeitnehmer oft nicht in der Lage sein werden, sich anstelle der durch die kürzende Maßnahme wegfallenden Versorgungsaussicht ersatzweise eine andere Zusatzversorgung aufzubauen. Es wird vielfach auf den Umfang der Kürzung ankommen. Schon die allgemeine Härteklausel kann daher zu dem Ergebnis führen, daß im Einzelfall die generell vorgesehene Kürzung völlig unterbleiben muß oder nur in einem geringeren Umfang eingreifen darf, als bei einem weniger schutzwürdigen Arbeitnehmer.
Deshalb kommt es auf die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit denen es das Fehlen einer allgemeinen Härteklausel oder von Sonderregelungen für rentennahe Jahrgänge rechtfertigen will, nicht an.
d) Der Kläger selbst ist von den Änderungen nicht unbillig betroffen worden. Er war im Zeitpunkt der Ablösung (1. August 1978) erst 48 Jahre alt. Sonstige Gründe hat er nicht vorgetragen.
II. Die Entscheidung kann nicht anders ausfallen, wenn der Kläger leitender Angestellter im Sinne von § 5 Abs. 3 BetrVG war.
1. War der Kläger leitender Angestellter, wurde er nicht unmittelbar vom persönlichen Geltungsbereich der Betriebsvereinbarung 1976 erfaßt. Auf leitende Angestellte findet das Betriebsverfassungsgesetz keine Anwendung, soweit nicht ausdrücklich etwas anderes bestimmt ist (§ 5 Abs. 3 BetrVG). Das ist für Betriebsvereinbarungen nicht der Fall (§ 77 Abs. 4 BetrVG). Betriebsvereinbarungen gelten unmittelbar und zwingend nur für Arbeitnehmer des Betriebs, die nicht leitende Angestellte sind.
Das schließt nicht aus, daß Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Versorgungsvertrag nach Maßgabe der Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung schließen. Das ist hier geschehen. Der Arbeitgeber hat dem Kläger, immer unterstellt, er sei leitender Angestellter gewesen, angeboten, seine betriebliche Altersversorgung “aufgrund der allgemeinen Versorgungsordnung vom 1. Dezember 1976 zu verbessern”. Für ihn sollte diese Versorgungsordnung maßgebend sein. Auf sie wird ausdrücklich Bezug genommen. Alle Bestimmungen sollten gelten. Die Versorgungsordnung sollte nur um eine weitere Bestimmung (Erhöhung der Prozentsätze für Gehaltsbestandteile über der Beitragsbemessungsgrenze) ergänzt werden. Dieses Angebot hat der Kläger angenommen.
2. An die Stelle der Betriebsvereinbarung 1976 ist die Betriebsvereinbarung 1978 getreten. Maßgebend für die Versorgung des Klägers sollten die jeweils im Betrieb gültigen allgemeinen Versorgungsbestimmungen sein. So hat das Landesarbeitsgericht die Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vom März 1977 ausgelegt. Diese Auslegung des Landesarbeitsgerichts ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Der Kläger hat nicht dargelegt, daß das Landesarbeitsgericht die gebotenen Auslegungsregeln verletzt hätte. Die Annahme des Landesarbeitsgerichts ist jedenfalls vertretbar und auch vernünftig. Eine dynamische Verweisung auf die jeweils geltende allgemeine Versorgungsordnung ist sachgerecht und wird in der Regel den Interessen beider Parteien eher gerecht als die statische Verweisung auf einen im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bestehenden Rechtszustand. Hätte der Arbeitgeber dem Kläger eine Versorgung unabhängig von der jeweiligen allgemeinen Versorgungsordnung zusagen wollen, hätte er dies deutlicher zum Ausdruck bringen müssen (Urteil des Senats vom 16. August 1988 – 3 AZR 61/87 – AP Nr.8 zu § 1 BetrAVG Beamtenversorgung, zu 2b der Gründe). Auch in der Vergangenheit war der Kläger insoweit mit den übrigen Arbeitnehmern des Betriebs gleichbehandelt worden. Darauf hat das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen.
Wenn der Arbeitnehmer eine Zusage auf Versorgung nach den jeweils allgemeinen Versorgungsgrundsätzen hatte. muß er auch die Einschränkungen in Kauf nehmen, die die übrigen Arbeitnehmer des Betriebs hinnehmen müssen. Eine solche Vereinbarung verhindert eine unterschiedliche Behandlung einzelner Arbeitnehmergruppen, die, abgesehen von der Begünstigung bezüglich der Gehaltsbestandteile oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze, auch nicht gerechtfertigt wäre.
Unerheblich ist der Einwand des Klägers, der Arbeitgeber habe ihn nicht persönlich vom Inhalt der abändernden Betriebsvereinbarung unterrichtet. Die abändernden Bestimmungen wurden Vertragsbestandteil, ohne daß es weiterer rechtsgeschäftlicher Erklärungen bedurfte.
III. Der beklagte PSV hat die Anwartschaft des Klägers richtig berechnet.
1. Der unverfallbare Teil einer nach einer abgelösten Versorgungsordnung berechneten Anwartschaft bleibt auch dann insolvenzgesichert, wenn der Sicherungsfall später eintritt und der Arbeitnehmer nach der neuen, zur Zeit des Sicherungsfalls geltenden Versorgungsregelung nur eine niedrigere Vollrente erreichen kann (Urteil des Senats vom 22. September 1987, BAGE 56, 138 = AP Nr. 5 zu § 1 BetrAVG Besitzstand). Der PSV hatte deshalb eine Vergleichsberechnung anzustellen. Er mußte feststellen, wie hoch die am Ablösungsstichtag vom Kläger erdiente Anwartschaft war. Nach den Berechnungen des PSV war sie nicht höher als der bei Konkurseröffnung nach der neuen Versorgungsregelung erdiente Anwartschaftswert
2. Dieser erforderlichen Vergleichsberechnung hat der PSV zu Recht das zur Zeit der Ablösung (1. August 1978) maßgebliche rentenfähige Gehalt des Klägers zugrunde gelegt. Nach § 2 Abs. 1 BetrAVG ist der Teilwert nach dem Verhältnis von erreichter zu erreichbarer Dienstzeit zu ermitteln. Der Arbeitnehmer wird so behandelt, als sei er am maßgeblichen Stichtag, hier im Zeitpunkt der Ablösung, aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden. Das bedeutet im Fall des Klägers, daß er eine zeitanteilige Kürzung der nach der Versorgungsordnung vom 1. Dezember 1976 erreichbaren Vollrente im Verhältnis von 19 zu 36 Dienstjahren hinnehmen muß.
Bemessungsgrundlage für die Kürzung ist bei einer endgehaltsabhängigen Versorgungszusage das am maßgeblichen Stichtag erreichte Gehalt. Stichtag ist – entgegen der Auffassung des Klägers – auch insoweit der Zeitpunkt der Ablösung. Spätere Veränderungen der Bemessungsgrundlage bleiben kraft ausdrücklicher gesetzlicher Regelung (§ 7 Abs. 2 Satz 4, § 2 Abs. 5 BetrAVG) außer Betracht.
Hier gilt nicht deshalb etwas anderes. weil der Kläger sein Gehalt bis zum Eintritt des Insolvenzfalls noch steigern konnte. Der Kläger hat das Urteil des Senats vom 22. September 1987 mißverstanden: Es geht ausschließlich darum, in der Insolvenz des Arbeitgebers mindestens den Besitzstand der Arbeitnehmer zu schützen, der bis zu der verschlechternden Neuregelung schon erdient war. Erst wenn die abgesenkte Leistungskurve trotz der geringeren Steigerungsraten dazu führt, daß der bei der Ablösung erdiente Besitzstand überschritten wird, ist der im Zeitpunkt der Insolvenz erreichte höhere Besitzstand zu sichern.
Das Berufungsgericht hat diese Rechtsgrundsätze erkannt und richtig angewendet. Der Hinweis des Klägers auf die akzessorische Haftung des PSV rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Auch der frühere Arbeitgeber des Klägers hätte dem Kläger nur die bis zum 1. August 1978 erdiente Anwartschaft erhalten müssen.
Unterschriften
Dr. Heither, Griebeling, Dr. Wittek, Dr. Bächle, Matthiessen
Fundstellen
BB 1992, 860 |
JR 1992, 440 |
NZA 1992, 659 |
RdA 1992, 160 |
ZIP 1992, 637 |