Entscheidungsstichwort (Thema)
Höchstbegrenzungsklausel und zeitratierliche Kürzung
Normenkette
BetrAVG § 2 Abs. 1, 5-6, §§ 6, 1; ZPO §§ 447-448
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 17. September 1998 – 19 Sa 33/98 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten seiner Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob bei einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis die Höchstgrenze der Betriebsrente vor oder nach der zeitanteiligen Kürzung zu berücksichtigen ist.
Der am 28. Dezember 1936 geborene Kläger war vom 17. September 1962 bis 30. September 1991 beim Trägerunternehmen der beklagten Unterstützungskasse beschäftigt. Am 1. November 1976 wurde durch Betriebsvereinbarung die Versorgungsordnung B 76 (VersO B 76) geschaffen, deren Artikel 6 die Höhe der Rentenleistung wie folgt regelt:
- „Die Höhe der Rentenleistung wird durch die anrechnungsfähige Dienstzeit (Art. 4) sowie das anrechnungsfähige Einkommen (Art. 5) bestimmt.
- Die Rente beträgt nach 25 Jahren anrechnungsfähiger Dienstzeit (Art. 4) 50 % des anrechnungsfähigen Einkommens (Art. 5) abzüglich 50 % der fiktiven Sozialversicherungsrente (Art. 6.4).
- Für jedes an 25 Jahren fehlende Jahr anrechnungsfähiger Dienstzeit wird die gemäß Ziffer 2 errechnete Rente um 4 % gekürzt. Die Höchstrente beträgt 1.000,00 DM monatlich.
- Die fiktive Sozialversicherungsrente beträgt 54 % des letzten sozialversicherungspflichtigen Einkommens. …”
Zur Berechnung der unverfallbaren Anwartschaften vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer heißt es in Art. 15 Nr. 2 VersO B 76:
„Zur Errechnung der unverfallbaren Anwartschaften wird zunächst die Anwartschaft auf Altersrente (Art. 6) ermittelt, die der Mitarbeiter bis zur Altersgrenze (Art. 7.1) auf der Basis seines zuletzt gültigen anrechnungsfähigen Einkommens erworben hätte, wenn er bis zu diesem Zeitpunkt in den Diensten der Firma gestanden hätte.
Die so ermittelte Rente wird als unverfallbare Anwartschaft mit dem Prozentsatz aufrechterhalten, wie er sich aus dem Verhältnis zwischen abgeleisteter und bis zur Altersgrenze (Art. 7.1) möglicher Dienstzeit ergibt.”
Mit Datum vom 12. August 1991 bot die Arbeitgeberin Arbeitnehmern, die im gegenseitigen Einvernehmen durch Vertrag aus dem Arbeitsverhältnis ausschieden und 1935 oder früher geboren waren, Vergünstigungen bei der betrieblichen Altersversorgung an. Unter anderem wurde darauf verzichtet, die Betriebsrente nach § 2 Abs. 1 BetrAVG zeitanteilig zu kürzen, falls der Arbeitnehmer unmittelbar nach Beendigung der Arbeitslosigkeit eine gesetzliche Rente bezog. Dieses Angebot nach dem sogenannten S-Modell galt bis 31. Dezember 1992. Anschließend wurde es für begrenzte Zeiträume erneuert, um ältere Mitarbeiter zu einer einvernehmlichen Aufhebung des Arbeitsverhältnisses zu bewegen.
Der Kläger kündigte sein Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 16. August 1991 zum 30. September 1991 aus persönlichen Gründen. Mit Schreiben vom 31. Oktober 1991 teilte ihm die Beklagte mit:
„Betr.: Betriebliche Altersversorgung
Bestätigung einer unverfallbaren Anwartschaft gemäß § 2 Abs. 6 Betriebsrentengesetz
Sehr geehrter Herr E,
wir bestätigen Ihnen hiermit, daß für Sie nach dem Ausscheiden aus unseren Diensten am 30.09.91 eine unverfallbare Anwartschaft auf betriebliche Altersversorgung nach unserer Versorgungsordnung von
DM 1.000.00 (s. Anlage)
besteht. Änderungen der Versorgungsregelung und der Bemessungsgrundlage (gleich welcher Art) für die betriebliche Altersversorgung, die nach Ihrem Ausscheiden eintreten, berühren die Berechnung ihres vorgenannten Teilanspruchs nicht.
…
Anlagen
Kopie des Berechnungsbogens
…”
Im beigefügten Berechnungsbogen wurde zuerst die zeitratierliche Kürzung vorgenommen und erst danach die Höchstgrenze angewandt. So verfuhr die Beklagte zumindest von 1987 bis 1995. Ihr neuer Berater übersandte dem Kläger mit Schreiben vom 11. September 1995 eine berichtigte Berechnung. Darin wurde die Höchstgrenze bereits vor der zeitratierlichen Kürzung berücksichtigt. Danach belief sich die unverfallbare Versorgungsanwartschaft des Klägers nicht auf 1.000,00 DM, sondern nur auf 740,98 DM.
Seit dem 1. Januar 1997 bezog der Kläger vorgezogene Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung. Von der Beklagten erhielt er eine monatliche Betriebsrente von 740,98 DM.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stehe eine monatliche Betriebsrente in Höhe von 1.000,00 DM zu. Die Berechnung der Beklagten im Schreiben vom 31. Oktober 1991 sei richtig gewesen. Sie habe sowohl der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Bedeutung von Höchstbegrenzungsklauseln als auch der Unklarheitenregel Rechnung getragen. Art. 6 Nr. 3 VersO B 76 enthalte eine pauschale, für alle gleiche, von Dienstzeiten und Einkommensverhältnissen unabhängige Obergrenze, die erst nach Abschluß aller üblichen Berechnungen angewandt werden dürfe. Dementsprechend sei die Beklagte jahrelang verfahren. Dadurch sei eine betriebliche Übung entstanden, die nicht ohne Mitwirkung des Betriebsrats geändert werden könne. Zudem müsse sich die Beklagte an der im Schreiben vom 31. Oktober 1991 enthaltenen Willenserklärung festhalten lassen. Die Änderung der Berechnungsmethode sei weder mit § 2 Abs. 5 BetrAVG zu vereinbaren noch halte sie der gebotenen Billigkeitskontrolle stand. Im übrigen habe die Beklagte gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen. Der Kläger hat behauptet, die Beklagte habe die Betriebsrente anderer Arbeitnehmer, die vorzeitig in Ruhestand getreten seien, wie bisher berechnet.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn 4.662,36 DM für den Zeitraum von Januar 1997 bis Juni 1998 nebst 4 % Zinsen aus der in dieser Zeit jeden Monat jeweils rückständigen Gesamtsumme aus dem geltend gemachten, jeweils zum 1. des laufenden Monats fälligen, monatlichen Rentendifferenzbetrag in Höhe von 259,02 DM zu zahlen,
- über den Monat Juni 1998 hinaus neben der bereits zu zahlenden Betriebsrente von 740,98 DM weitere 259,02 DM, also insgesamt 1.000,00 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, dem Kläger stehe nach Art. 15 Nr. 2 VersO B 76 keine höhere Betriebsrente zu. Die Versorgungsordnung sei durch keine betriebliche Übung geändert worden. Die Klageforderung könne auch nicht auf das Schreiben der Beklagten vom 31. Oktober 1991 gestützt werden. Es enthalte keine Willenserklärung, sondern nur eine Auskunft nach § 2 Abs. 6 BetrAVG. Die fehlerhafte Berechnung habe korrigiert werden dürfen. Der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt worden. Die Beklagte hat behauptet, daß die Neuberechnung nur bei den Versorgungsberechtigten unterblieben sei, mit denen eine Vereinbarung nach dem sogenannten S-Modell getroffen worden sei.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat der Klage auf rückständige Betriebsrente für die Zeit vom 1. Januar 1997 bis 30. Juni 1998 in Höhe von 89,10 DM und der Klage auf eine zusätzliche monatliche Betriebsrente ab 1. Juli 1998 in Höhe von 4,95 DM stattgegeben. Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Er möchte mit der Revision erreichen, daß seiner Klage in vollem Umfang stattgegeben wird.
Entscheidungsgründe
Das Landesarbeitsgericht hat die noch anhängige Klage zu Recht abgewiesen. Dem Kläger steht keine höhere als die ihm vom Berufungsgericht zugesprochene Betriebsrente zu. Die Klageforderung kann weder auf die Versorgungsordnung noch auf eine einzelvertragliche Zusage, eine betriebliche Übung, den Gleichbehandlungsgrundsatz oder einen Schadenersatzanspruch gestützt werden.
1. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß die für die Betriebsrente vorgesehene Höchstgrenze sowohl nach der Versorgungsordnung als auch nach dem Betriebsrentengesetz vor der zeitratierlichen Kürzung zu berücksichtigen ist.
a) Der Senat hat zu § 6 BetrAVG folgende Auslegungsregel entwickelt: Eine Höchstbegrenzungsklausel ist im Zweifel so auszulegen, daß Teilrenten zunächst unabhängig von der Höchstbegrenzungsklausel zu berechnen sind und die so ermittelten Renten erst bei Überschreiten der Höchstgrenzen zu kürzen sind(vgl. ua. BAG 24. Juni 1986 – 3 AZR 630/84 – AP BetrAVG § 6 Nr. 12, zu II 2 c der Gründe; 8. Mai 1990 – 3 AZR 341/88 – AP BetrAVG § 6 Nr. 18 = EzA BetrAVG § 6 Nr. 14, zu I 2 b der Gründe mwN). Bereits in den Urteilen vom 12. November 1991(– 3 AZR 520/90 – BAGE 69, 19, 25) und vom 28. Juli 1998(– 3 AZR 100/98 – BAGE 89, 262, 278 f.) hat der Senat darauf hingewiesen, daß diese Auslegungsregel die Berechnung von Teilrenten bei vorgezogenem Ruhestand betrifft und sich nicht auf das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vor Eintritt eines Versorgungsfalls bezieht.
Die Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist nach § 6 BetrAVG ein Versorgungsfall. § 6 BetrAVG sieht von einer Berechnungsregelung für vorgezogene Betriebsrenten ab und überläßt sie den Versorgungsordnungen. Dagegen enthält § 2 Abs. 1 BetrAVG für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses vor Eintritt eines Versorgungsfalls eine gesetzliche Berechnungsvorschrift. Nach ihr ist zunächst die Rente zu ermitteln, die dem Versorgungsberechtigten ohne das vorzeitige Ausscheiden zustünde. In diese Berechnungen sind sämtliche Bemessungsgrundlagen einzubeziehen. Nach § 2 Abs. 1 BetrAVG sollen Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis vor Eintritt eines Versorgungsfalls endet, eine geringere Betriebsrente erhalten. Sie müssen eine zeitanteilige Kürzung der Betriebsrente hinnehmen. Von § 2 Abs. 1 BetrAVG kann zwar zugunsten des Anwartschaftsberechtigten abgewichen werden. Von dieser Möglichkeit hat aber die VersO B 76 keinen Gebrauch gemacht.
b) Auf die Unklarheitenregel kann sich der Kläger nicht berufen. Sie kommt nur dann zum Zuge, wenn nach Ausschöpfung aller in Betracht kommenden Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel bestehen bleibt(BAG 16. April 1997 – 3 AZR 28/96 – AP BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 16 = EzA BetrAVG § 1 Hinterbliebenenversorgung Nr. 5, zu II 2 der Gründe). Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht erfüllt.
c) Wortlaut und Systematik der Versorgungsordnung führen zu einem zweifelsfreien Auslegungsergebnis. Art. 15 Nr. 2 VersO B 76 schreibt ebenso wie § 2 Abs. 1 BetrAVG eine Berechnung in zwei Schritten vor. Zunächst ist die Vollrente zu errechnen, die dem Versorgungsberechtigten ohne sein vorzeitiges Ausscheiden zustehen würde (Art. 15 Nr. 2 Satz 1 VersO B 76). Diese Vollrente ist dann mit dem Unverfallbarkeitsfaktor zu multiplizieren, der dem Verhältnis zwischen abgeleisteter und bis zur Altersgrenze möglicher Dienstzeit entspricht (Art. 15 Nr. 2 Satz 2 VersO B 76). Die Berechnung der Vollrente umfaßt alle Rechenschritte. Art. 15 Nr. 2 Satz 1 VersO B 76 verweist ohne Einschränkung auf „Art. 6” und klammert nicht den Art. 6 Nr. 2 Satz 2 aus. Diese Regelung berücksichtigt, daß bereits die Vollrente auf einen Höchstbetrag begrenzt ist.
d) Mit Hilfe des Zwecks der Höchstgrenze läßt sich keine Unklarheit in die Versorgungsordnung hineininterpretieren. Der Zweck muß im Wortlaut und in der Systematik der Versorgungsordnung einen hinreichenden Ausdruck finden. Da die Höchstgrenze nicht an das jeweilige Arbeitsentgelt anknüpft, dient sie jedenfalls nicht ausschließlich der Vermeidung einer Überversorgung. Die Versorgungsordnung gewährleistet dem Arbeitnehmer, der die erwartete Betriebstreue voll erbringt, den Lebensstandard nur bis zu einem verdienstunabhängigen Höchstniveau. Die Absenkung der Höchstrente bei vorzeitigem Ausscheiden ist folgerichtig. Die Anwendung der Höchstgrenze erst nach der zeitratierlichen Kürzung würde häufig dazu führen – so auch im Fall des Klägers –, daß sich das vorzeitige Ausscheiden auf die Höhe der Betriebsrente überhaupt nicht auswirken würde. Der VersO B 76 läßt sich nicht entnehmen, daß dies gewollt war. Art. 15 Nr. 2 VersO B 76 besagt unmißverständlich das Gegenteil.
e) Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht das Vorbringen des Klägers zum wirklichen Regelungswillen der Betriebspartner nicht berücksichtigt. Der Kläger hat behauptet, bei der Vorstellung der VersO B 76 hätten der damalige Geschäftsführer der Arbeitgeberin und der Betriebsrat die Rentenberechnung erläutert. Dabei hätten sie darauf hingewiesen, daß auch bei vorzeitiger Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Begrenzung auf eine Höchstrente erst am Ende der Berechnung erfolgen solle. Das Landesarbeitsgericht hat diese Behauptung für nicht entscheidungserheblich angesehen. Ob dieser Auffassung zu folgen ist, kann offen bleiben. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht in seiner Hilfsbegründung ausgeführt, daß der Kläger für seine Behauptung keinen geeigneten Beweis angetreten hat.
Der Kläger hat beantragt, ihn als Partei zu vernehmen. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Voraussetzungen einer Parteieinvernahme verneint. Die beweispflichtige Partei, hier der Kläger, kann nach § 447 ZPO auf Antrag einer Partei vernommen werden, wenn die andere damit einverstanden ist. Das erforderliche Einverständnis der Beklagten hat jedoch gefehlt.
Die in § 448 ZPO vorgesehene Parteieinvernahme von Amts wegen dient lediglich der Ergänzung der Beweisführung. Auch im Falle der Beweisnot muß für die zu beweisende Tatsache eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehen(vgl. ua. BAG 18. Juni 1980 – 4 AZR 463/78 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 68; BGH 2. Dezember 1997 – VI ZR 386/96 – NJW 1998, 814, 815). Eine derartige Wahrscheinlichkeit hat das Landesarbeitsgericht auf Grund einer rechtlich nicht zu beanstandenden Tatsachenwürdigung verneint. § 448 ZPO ist nicht anwendbar, wenn sich die Parteibehauptungen gänzlich beweislos gegenüberstehen(vgl. ua. BAG 20. Oktober 1967 – 3 AZR 385/66 – AP BGB § 138 Nr. 27, zu III 1 c der Gründe; BGH 18. Dezember 1968 – IV ZR 522/68 – VersR 1969, 220).
2. Abgesehen davon daß eine über die Versorgungsordnung hinausgehende Zusage der Arbeitgeberin nicht ohne weiteres die beklagte Unterstützungskasse binden würde, hat der Kläger ein derartiges Versorgungsversprechen nicht schlüssig vorgetragen. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß die vom Kläger behauptete Erläuterung der Versorgungsordnung durch den Geschäftsführer der Arbeitgeberin keine Willenserklärung enthält, sondern lediglich die Äußerung einer Rechtsansicht. Zudem fehlt – wie bereits ausgeführt – ein geeignetes Beweisangebot.
3. Ebensowenig läßt sich die Klageforderung auf das Schreiben der beklagten Unterstützungskasse vom 31. Oktober 1991 stützen.
a) Die Unterstützungskasse hat sich in diesem Schreiben nicht verpflichtet, dem Kläger eine höhere Betriebsrente zu zahlen als in der Versorgungsordnung vorgesehen. Im „Betreff” wird der Inhalt des Schreibens als „Bestätigung … gemäß § 2 Abs. 6 Betriebsrentengesetz” bezeichnet. Nach dieser Vorschrift hat der Arbeitgeber dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer Auskunft darüber zu erteilen, ob für ihn die Voraussetzungen einer unverfallbaren betrieblichen Altersversorgung erfüllt sind und in welcher Höhe er Versorgungsleistungen bei Erreichen der in der Versorgungsordnung vorgesehenen Altersgrenze beanspruchen kann. Dabei handelt es sich weder um ein abstraktes noch um ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis, sondern lediglich um eine Wissenserklärung, an deren Inhalt der Arbeitgeber nicht gebunden ist(ständige Rechtsprechung des Senats 8. November 1983 – 3 AZR 511/81 – AP BetrAVG § 2 Nr. 3, zu II der Gründe; vgl. ua. 9. Dezember 1997 – 3 AZR 695/96 – BAGE 87, 249, 255 f.). Er ist berechtigt und verpflichtet, die Betriebsrente im Versorgungsfall nach den maßgeblichen Versorgungsbestimmungen korrekt zu berechnen(BAG 9. Dezember 1997 – 3 AZR 695/96 – BAGE 87, 249, 256). Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, daß dem Schreiben vom 31. Oktober 1991 eine über § 2 Abs. 6 BetrAVG hinausgehende Bedeutung zukommen sollte. Dagegen sprechen sowohl der ausdrückliche Hinweis auf § 2 Abs. 6 BetrAVG im Betreff des Schreibens als auch der Zusatz im Berechnungsbogen: „Verbindlich ist nur unser Versorgungswerk A 76 oder B 76”.
b) Eine unrichtige Auskunft nach § 2 Abs. 6 BetrAVG kann allenfalls zu Schadenersatzansprüchen des Arbeitnehmers führen. Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits sind jedoch nur Betriebsrentenansprüche. Bei einem Schadenersatzanspruch wegen unrichtiger Auskunftserteilung würde es sich, wie das Landesarbeitsgericht richtig erkannt hat, um einen anderen Streitgegenstand handeln. Erst im Revisionsverfahren hat der Kläger durch Ergänzung seines Sachvortrags versucht, die Klageforderung auch auf Schadenersatzansprüche zu stützen. Die Revisionsbegründung enthält jedoch keine Klageerweiterung. Sie wäre im Revisionsverfahren nach § 561 Abs. 1 ZPO auch unzulässig(vgl. ua. BAG 10. April 1957 – 4 AZR 384/54 – BAGE 4, 149, 152; 16. November 1982 – 3 AZR 177/82 – BAGE 40, 355, 357).
4. Nach § 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG können Versorgungspflichten auf einer betrieblichen Übung beruhen. Zu Recht haben die Vorinstanzen die Voraussetzungen einer betrieblichen Übung verneint. Sie ist ein rechtsgeschäftlicher Verpflichtungstatbestand. Dementsprechend muß das Verhalten des Arbeitgebers auf einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen schließen lassen. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn der Arbeitgeber lediglich eine tatsächliche oder vermeintliche Pflicht erfüllen wollte(vgl. ua. BAG 7. August 1967 – 3 AZR 493/65 – BGB § 242 Ruhegehalt Nr. 121, zu 2 a der Gründe; 13. August 1980 – 5 AZR 325/78 – AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 2 = EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 8, zu III 1 a der Gründe; 26. August 1987 – 4 AZR 155/87 – AP TVG § 1 Tarifverträge: Brotindustrie Nr. 1). Im vorliegenden Fall haben weder die Arbeitgeberin noch die beklagte Unterstützungskasse durch ihr Verhalten den Eindruck erweckt, sie wollten über die Versorgungsordnung hinausgehen und den vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern höhere Betriebsrenten zahlen. Dem von den Parteien geschilderten Verhalten der Arbeitgeberin und der Unterstützungskasse war zu entnehmen, daß lediglich die Versorgungsordnung vollzogen werden sollte. Die vorgelegten, für die Versorgungsberechtigten bestimmten Berechnungsbögen enthielten den Hinweis: „Verbindlich ist nur unser Versorgungswerk A 76 oder B 76”. Das Arbeitsgericht hat darin zutreffend einen „Richtigkeitsvorbehalt” gesehen. Die Versorgungsberechtigten konnten nicht auf eine irrtümliche Anwendungspraxis der Beklagten vertrauen, sondern mußten mit einer Korrektur rechnen.
5. Die Berichtigung der fehlerhaften Betriebsrentenberechnung verstößt weder gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen betriebsrentenrechtliche Vorschriften.
a) Der Gleichbehandlungsgrundsatz, der nach § 1 Abs. 1 Satz 4 BetrAVG einen Betriebsrentenanspruch begründen kann, ist im vorliegenden Fall nicht verletzt.
aa) Für die zeitratierliche Kürzung der Höchstrente vorzeitig ausgeschiedener Arbeitnehmer bestehen sachliche Gründe. Diese Minderung der Betriebsrente ist in § 2 Abs. 1 BetrAVG vorgesehen. Die Beklagte hat lediglich eine betriebsrentenrechtliche Wertung übernommen und berücksichtigt, daß der Kläger die erwartete Betriebstreue nicht voll erbracht hat. Die auf monatlich 1.000,00 DM begrenzte Vollrente setzte das Weiterbestehen des Arbeitsverhältnisses bis zum Eintritt des Versorgungsfalls voraus. Die Betriebstreue ist ein sachgerechtes Differenzierungsmerkmal, das dem Zweck der betrieblichen Altersversorgung Rechnung trägt.
bb) Der Kläger hat nicht substantiiert vorgetragen, daß die beklagte Unterstützungskasse bei anderen vorzeitig ausgeschiedenen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage von einer Korrektur absah und ihnen weiterhin die Höchstrente von monatlich 1.000,00 DM gewährte. Die Beklagte hat behauptet, daß sie lediglich den Arbeitnehmern, deren Arbeitsverhältnis im gegenseitigen Einvernehmen nach dem sogenannten S-Modell vorzeitig endete, eine ungekürzte Höchstrente weiterzahle. Den unter das sogenannte S-Modell fallenden Arbeitnehmern waren Verbesserungen bei der betrieblichen Altersversorgung zugesagt worden. Dafür gab es einleuchtende Gründe. Die Arbeitgeberin bot zur Durchsetzung ihrer Rationalisierungsziele Arbeitnehmern ab einem bestimmten Lebensalter einen Anreiz zum vorzeitigen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis. Die betrieblichen Interessen bilden einen sachlichen Grund für die Differenzierung.
Der Kläger hatte das nach dem sogenannten S-Modell erforderliche Alter nicht erreicht und schied durch Eigenkündigung aus persönlichen Gründen aus. Er hat nicht vorgetragen, bei welchen nicht vom S-Modell erfaßten Arbeitnehmergruppen die beklagte Unterstützungskasse von einer Berichtigung absah.
b) Entgegen der Ansicht des Klägers verstößt die Neufestsetzung der Betriebsrente nicht gegen die Unverfallbarkeitsvorschrift des § 2 Abs. 1 BetrAVG, sondern übernimmt diese Regelung. Der Kläger hatte weder nach der Versorgungsordnung noch aus sonstigen Rechtsgründen einen Anspruch auf die volle Höchstrente von monatlich 1.000,00 DM. Mit der Berichtigung teilte die Beklagte dem Kläger lediglich mit, was objektiv schon galt. Da die Korrektur eines Fehlers weder die Versorgungsregelungen noch die Bemessungsgrundlagen verändert, kommt die Veränderungssperre des § 2 Abs. 5 BetrAVG nicht zum Zuge. Der Hinweis auf die bestehende Rechtslage unterliegt nicht dem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats. Ebensowenig kommt eine Billigkeitskontrolle in Betracht.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Bepler, Schoden, Auerbach
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 21.03.2000 durch Schneider, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen