Entscheidungsstichwort (Thema)
Abwicklung nach Einigungsvertrag
Leitsatz (amtlich)
Wird eine Einrichtung abgewickelt, setzt die Weiterverwendung des Arbeitnehmers, die eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs 2 Satz 5 zum Einigungsvertrag ausschließt, voraus, daß das Arbeitsverhältnis über den gesetzlichen Beendigungszeitpunkt hinaus einverständlich unbefristet fortgesetzt wird (im Anschluß an Urteil des Senats vom 23. September 1993 – 8 AZR 268/92 – AP Nr. 4 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung bestimmt).
Normenkette
Einigungsvertrag Art. 13, 20 Abs. 1; Einigungsvertrag Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschn. III Nr. 1 Abs. 2; BGB § 620
Verfahrensgang
BezirksG Leipzig (Urteil vom 27.05.1992; Aktenzeichen 2 Sa 8/92) |
KreisG Leipzig-Stadt (Urteil vom 07.11.1991; Aktenzeichen 8 Ca 5594/91) |
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Bezirksgerichts Leipzig vom 27. Mai 1992 – 2 Sa 8/92 – aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis der Klägerin gemäß Art. 20 Abs. 1 Einigungsvertrag in Verbindung mit Anlage I Kapitel XIX Sachgebiet A Abschnitt III Nr. 1 Abs. 2 Einigungsvertrag (fortan: Nr. 1 Abs. 2 EV) ab 1. Januar 1991 geruht und am 30. September 1991 geendet hat.
Die 1936 geborene Klägerin war seit Januar 1987 an der Deutschen Hochschule für K… in L… (DHfK) als Technische Assistentin beschäftigt.
Die Sächsische Staatsregierung beschloß am 11. Dezember 1990 die Abwicklung der DHfK L… sowie die “Gründung einer Struktureinheit innerhalb der Universität L… zur Weiterführung der Studiengänge und zur Fortführung der sportpädagogischen und sportwissenschaftlichen Arbeiten”.
Mit Schreiben vom 18. Dezember 1990 teilte der Rektor der DHfK der Klägerin unter Hinweis auf die Abwicklungsentscheidung des Sächsischen Kabinetts mit, daß ihr Arbeitsverhältnis aufgrund des Einigungsvertrages ab 1. Januar 1991 ruhe und mit Ablauf des 30. September 1991 ende, wenn innerhalb der Ruhenszeit keine endgültige Entscheidung über eine dauernde Weiterbeschäftigung getroffen werde.
Am 18. Januar 1991 schloß der beklagte Freistaat, vertreten durch die K… Universität L… als Arbeitgeber, mit der Klägerin einen bis 30. Juni 1991 befristeten Arbeitsvertrag. Am 1./4. Juli 1991 vereinbarte die Universität L… mit der Klägerin eine bis 31. März 1992 befristete Beschäftigung. In dem Vertrag wurde darauf hingewiesen, daß die Klägerin den Weisungen des Gründungsdekans unterstehe und folgende Aufgaben habe:
- technische und organisatorische Absicherung des Studien-, Lehr- und Trainingsbetriebes und Mitarbeit beim Aufbau der Fakultät Sportwissenschaft.
An der ab Januar 1991 überwiegend in den Räumen der früheren DHfK eingerichteten sportwissenschaftlichen Fakultät der Universität L… wurde entgegen der Studienordnung der DHfK neben der Sportwissenschaft ein Studiengang für Schulamtsbewerber eingeführt. Im Gegensatz zu der früheren Ausrichtung auf eine leistungsorientierte Trainerausbildung wurde nunmehr größerer Wert auf die Ausbildung von Diplomsportlehrern im Rahmen von Breiten- und Behindertensport gelegt.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte habe mit dem Kabinettsbeschluß vom 11. Dezember 1990 nicht die Abwicklung der DHfK, sondern deren Fortführung beschlossen. Die DHfK sei auch nicht aufgelöst, sondern als Fakultät Sportwissenschaft mit verringerter Belegschaft der Universität L… angegliedert worden und werde dort fortgeführt. Mangels Abwicklung der DHfK gelte der ursprüngliche Arbeitsvertrag zwischen den Parteien fort.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht mit Wirkung vom 1. Januar 1991 geruht und am 30. September 1991 geendet habe, sondern über den 31. Dezember 1990 zu unveränderten Bedingungen fortbestehe.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die Auffassung vertreten, die DHfK sei aufgelöst worden. Der Neuaufbau einer Fakultät für Sportwissenschaft an der Universität L… mit struktureller, personeller und inhaltlicher Neuordnung stehe der beschlossenen Abwicklung der DHfK nicht entgegen. Die Art und Weise, in der die DDR unter anderem mittels der DHfK allein und ausschließlich den Spitzensport gefördert habe, sei mit den grundgesetzlichen und politischen Vorgaben der Bundesrepublik Deutschland nicht in Einklang zu bringen. Die DHfK sei systematisch darauf ausgerichtet worden, die wissenschaftlichen und persönlichen Voraussetzungen für die erfolgreiche Darstellung der ehemaligen DDR auf dem Gebiet des Leistungssports zu schaffen. Unter intensiver Forschung zum Beispiel auf den Gebieten Biomechanik, Biochemie usw. sei es darum gegangen, die besten Trainingsmethoden für Spitzensportler zu entwickeln. Dagegen sei für den Breiten- und Behindertensport kein Platz gewesen. Der normale Schulsportlehrer sei an der DHfK nicht ausgebildet worden. Durch die geänderte Aufgabenstellung sei die Auflösung der DHfK erforderlich gewesen.
Das Kreisgericht hat der Klage stattgegeben. Das Bezirksgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Beklagten ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben und die Sache ist zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen (§ 565 Abs. 1 ZPO).
A. Das Bezirksgericht hat im wesentlichen ausgeführt:
Die DHfK sei nicht ingesamt aufgelöst, sondern zum Teil fortgeführt worden. Die Landesregierung habe im Kabinettsbeschluß vom 11. Dezember 1990 bereits festgelegt, daß bisherige Studiengänge und Ausbildungen mit vorzunehmenden Änderungen aufgrund der nunmehr fehlenden ideologischen Ausrichtung in der Substanz erhalten und fortgesetzt werden sollten. Gleiches gelte für den Bereich der sportpädagogischen und sportwissenschaftlichen Arbeiten. Damit seien, bezogen auf die Organisation der DHfK, die Bereiche Sportausbildung in Theorie und Praxis mit wissenschaftlicher Begleitung angesprochen, die einen abgrenzbaren Teilbereich der Einrichtung DHfK umfaßten. Der Begriff der Einrichtung sei funktional zu begreifen, so daß die Einrichtung so lange bestehe, wie die Aufgabenstellung unabhängig von austauschbarem Personalbestand vorhanden sei und fortgeführt werde.
B. Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Bezirksgericht verkennt die Voraussetzungen der Überführung einer Teileinrichtung.
I. Der Senat hat die Voraussetzungen des Ruhens und der Beendigung von Arbeitsverhältnissen nach Nr. 1 Abs. 2 EV wie folgt konkretisiert:
1. Wurde bis zu dem nach dem Einigungsvertrag vorgesehenen letztmöglichen Zeitpunkt keine positive, ggf. auch konkludente Überführungsentscheidung getroffen, trat kraft Gesetzes die Auflösung der Einrichtung oder der nicht überführten Teile ein. Wurde ein überführungsfähiger Teil überführt, erfaßte die Abwicklung den Rest der früheren Gesamteinrichtung. Die Abwicklung diente der Umsetzung dieser Auflösung und war auf die Liquidation der Einrichtung oder der nicht überführten Teile gerichtet. Mit dem Eintritt der Abwicklung war kraft Gesetzes das Ruhen der Arbeitsverhältnisse gem. Nr. 1 Abs. 2 EV verbunden. Der Übergang eines aktiven Arbeitsverhältnisses konnte nur als gesetzliche Folge der Überführung der Beschäftigungseinrichtung eintreten (BAG Urteil vom 3. September 1992 – 8 AZR 45/92 – AP Nr. 1 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
Die Überführung einer Einrichtung oder Teileinrichtung gem. Art. 13 EV bedurfte einer auf den verwaltungsinternen Bereich zielenden Organisationsentscheidung der zuständigen Stelle. Die Überführungsentscheidung war mangels außenwirksamer Regelung kein Verwaltungsakt (BAG, aaO; BVerwG Urteil vom 12. Juni 1992 – 7 C 5/92 – ZIP 1992, 1275). Eine Einrichtung oder Teileinrichtung wurde im Sinne von Art. 13 EV überführt, wenn der Träger öffentlicher Verwaltung die (Teil-)Einrichtung unverändert fortführte oder er sie unter Erhaltung der Aufgaben, der bisherigen Strukturen sowie des Bestandes an sächlichen Mitteln in die neue Verwaltung eingliederte (BAG Urteil vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 – AP Nr. 3 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen). Die Überführung erforderte nicht nur die vorübergehende, sondern eine auf Dauer angelegte Fortsetzung der Verwaltungstätigkeit. Wurde die (Teil-) Einrichtung nur vorläufig mit dem Ziele der Auflösung fortgeführt, lag hierin keine Überführung im Sinne von Art. 13 EV (BAG Urteil vom 28. Januar 1993, aaO).
2. Eine Teileinrichtung setzte eine organisatorisch abgrenzbare Funktionseinheit mit eigener Aufgabenstellung und der Fähigkeit zu einer aufgabenbezogenen Eigensteuerung voraus. Bei der Feststellung einer organisatorischen Abgrenzbarkeit der Teileinrichtung ist nicht abzustellen auf die für jede öffentliche Einrichtung typischen internen Untergliederungen wie Abteilung, Referat oder Dezernat, die lediglich zu Zwecken der Geschäftsverteilung gebildet werden. Entscheidend ist vielmehr, daß der betroffene Teil als organisatorisch abgrenzbare Funktionseinheit auch nach außen mit einem gewissen Grad an Selbständigkeit erscheint, ohne daß ihm damit zugleich eine eigene Rechtspersönlichkeit oder ein Behördencharakter zukommen müßte (vgl. BVerfGE 84, 133, 151 = AP Nr. 70 zu Art. 12 GG, zu C III 3b der Gründe). Auf eine organisatorische Eigenständigkeit lassen eine eigene interne Geschäftsverteilung sowie eine zumindest teilweise selbständige Wahrnehmung von Dienst- und Organisationsangelegenheiten innerhalb des der betroffenen Einheit zugewiesenen Aufgabenbereichs schließen (BAG Urteil vom 3. September 1992 – 8 AZR 45/92 –, aaO, zu I 2 der Gründe).
3. Die ruhenden Arbeitsverhältnisse endeten kraft Gesetzes nach Ablauf von sechs bzw. neun Monaten Wartezeit, wenn nicht der einzelne Arbeitnehmer weiterverwendet wurde. Macht ein Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes der ehemaligen DDR geltend, sein Arbeitsverhältnis sei gem. Nr. 1 Abs. 2 Satz 1 EV auf die Bundesrepublik Deutschland übergegangen und bestehe als aktives fort, hat er die Überführung seiner Beschäftigungs(teil-)einrichtung darzulegen und ggf. zu beweisen (BAG Urteil vom 15. Oktober 1992 – 8 AZR 145/92 – AP Nr. 2 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
II. Diese Grundsätze hat das Bezirksgericht nicht beachtet. Nach den bisher getroffenen Feststellungen kann nicht abschließend entschieden werden, ob der Beklagte die DHfK in seine Trägerschaft überführt hat.
1. Zu Unrecht nimmt das Bezirksgericht an, der Beklagte habe einen Teil der DHfK als Teileinrichtung im Sinne von Art. 13 EV überführt. Der Bereich “Sportausbildung in Theorie und Praxis” ist keine überführungsfähige Teileinrichtung der DHfK. Eine überführungsfähige Teileinrichtung setzt eine organisatorisch abgrenzbare Funktionseinheit mit eigener Aufgabenstellung und der Fähigkeit zu einer aufgabenbezogenen Eigensteuerung voraus (Urteil des Senats vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 –, aaO, zu I 2 der Gründe). Der Bereich “Sportausbildung in Theorie und Praxis” ist allenfalls ein Fachbereich mit einer bestimmten Aufgabenstellung. Eine organisatorische Selbständigkeit dieses Fachbereichs ist nicht ersichtlich. Die insoweit darlegungs- und beweispflichtige Klägerin hat hierzu auch keinerlei Tatsachen vorgetragen. Das Bezirksgericht verkennt den Begriff der Teileinrichtung im Sinne des Art. 13 EV, indem es lediglich funktional auf eine bestimmte Aufgabenstellung abstellt. Der Fortbestand einzelner Aufgaben und deren Erledigung reicht nicht für die Annahme einer Überführung einer Teileinrichtung. Damit kann aus dem Umstand, daß die früheren Studenten der DHfK die Möglichkeit erhalten, ihr Studium an der Fakultät Sportwissenschaft der Universität L… fortzusetzen, nicht auf die Überführung einer Teileinrichtung geschlossen werden.
2. Damit ist aber noch nicht die Frage entschieden, ob die DHfK nicht insgesamt als Einrichtung überführt wurde. Dies wäre dann der Fall, wenn der Beklagte die DHfK unter Erhaltung der Aufgaben, der bisherigen Strukturen sowie des Bestandes an sächlichen Mitteln in die Fakultät Sportwissenschaft eingliederte. Die Feststellungen des Bezirksgerichts reichen nicht aus, diese Frage zu entscheiden. Nach den bisher getroffenen Feststellungen hat die Fakultät Sportwissenschaft “ähnliche Aufgaben” wie die frühere DHfK, wobei nunmehr “größerer Wert” auf die Ausbildung von Diplomsportlehrern im Rahmen des Breiten- und Behindertensports gelegt werde. Demgegenüber hat der Beklagte vorgetragen, die DHfK habe als zentrale Einrichtung der DDR im wesentlichen Trainer für Spitzensportler ausgebildet, während es nunmehr um die Ausbildung von Sportlehrern für den Breiten- und Schulsport gehe; die geänderte Aufgabenstellung habe eine strukturelle, personelle und inhaltliche Neuordnung verlangt. Die Institute und Labors der DHfK, die sich ausschließlich mit der Verfeinerung von Trainingsmethoden für Leistungssportler befaßten, seien jetzt überflüssig. Das Personalkonzept der DHfK, wonach auf einen wissenschaftlichen Mitarbeiter zwei Studenten entfielen, sei nicht mehr aufrechtzuerhalten.
Diesen Sachvortrag des Beklagten wird das Landesarbeitsgericht zu überprüfen und gegebenenfalls nach Beweisaufnahme zu entscheiden haben, ob der Beklagte die DHfK aufgelöst oder unter Erhaltung der wesentlichen Aufgaben und bisherigen Strukturen fortgeführt hat. Dabei wird das Landesarbeitsgericht zu beachten haben, daß die vorübergehende Fortführung der bisherigen Ausbildung der DHfK, um den an der DHfK immatrikulierten Studenten an der neuen Sportfakultät einen Studienabschluß zu ermöglichen, für eine Abwicklung dieser Einrichtung spricht (vgl. Urteil des Senats vom 23. September 1993 – 8 AZR 268/93 – AP Nr. 4 zu Art. 13 Einigungsvertrag, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen).
In einem vergleichbaren Fall hat das Landesarbeitsgericht Chemnitz mit Urteil vom 14. April 1993 (– 3 Sa 78/92 L. – nicht rechtskräftig) eine Überführung der DHfK verneint und dabei ausgeführt, der Charakter der DHfK als zentrale Lehr- und Forschungseinrichtung des Sports in der DDR sei weggefallen, die Ausbildung von Sportlehrern an der Fakultät Sportwissenschaft bedinge gänzlich andere Strukturen.
III. Für den Fall, daß das Landesarbeitsgericht eine Abwicklung der DHfK annimmt, ist rechtlich folgendes zu beachten:
1. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, die Ruhens- und Befristungsregelungen des Einigungsvertrages seien ihr gegenüber unwirksam. Zwar gehört die Klägerin als “ältere Arbeitnehmerin” zu dem Kreis der Betroffenen, für deren Wiedereingliederung der Staat besondere Bemühungen unternehmen muß (BVerfGE 84, 133 = AP Nr. 70 zu Art. 12 GG). Hieraus folgt nicht ohne weiteres ein Anspruch des im Wartestand befindlichen Beschäftigten auf Abschluß eines Arbeitsvertrages. Der Eintritt des Ruhens und die Beendigung des vor dem 3. Oktober 1990 begründeten Arbeitsverhältnisses nach Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 EV wird – mit Ausnahme des hier nicht vorliegenden Falles des Mutterschutzes – nicht berührt (Urteil des Senats vom 28. Januar 1993 – 8 AZR 169/92 –, aaO, zu III der Gründe).
2. Gegen die Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann die Klägerin auch nicht einwenden, sie sei nach Abwicklung der Einrichtung jedenfalls “weiterverwendet” worden.
Nach Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 EV endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Ruhenszeitraumes, wenn der Arbeitnehmer nicht weiterverwendet wird. Da die Klägerin 1990 ihr 54. Lebensjahr vollendete, würde ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf der neunmonatigen Wartezeit (Nr. 1 Abs. 2 Satz 5, 2. Halbsatz EV) am 30. September 1991 enden. Die Klägerin wurde vom Beklagten über diesen Zeitpunkt hinaus aufgrund eines befristeten Arbeitsvertrages bis zum 31. März 1992 weiterbeschäftigt. Die befristete Weiterbeschäftigung ist keine Weiterverwendung.
Nach der Rechtsprechung des Senats setzt die Weiterverwendung des Arbeitnehmers im Sinne von Nr. 1 Abs. 2 Satz 5 EV eine Einigung der Arbeitsvertragsparteien über die (ggf. inhaltlichveränderte) Fortsetzung des alten Arbeitsverhältnisses aus der Zeit vor dem 3. Oktober 1990 voraus (vgl. Urteil des Senats vom 23. September 1993 – 8 AZR 268/92 –, aaO). Da das alte Arbeitsverhältnis unbefristet war, liegt eine Fortsetzung dieses Arbeitsverhältnisses nur in einer unbefristeten Weiterbeschäftigung. Nur der Arbeitnehmer, der über die Wartezeit hinaus unbefristet weiterbeschäftigt wird, kann darauf vertrauen, daß trotz der Abwicklung die gesetzliche Beendigungsregelung für ihn nicht gilt.
Von dieser Rechtslage ist auch der Beklagte ausgegangen, wie sich aus seinem Schreiben vom 18. Dezember 1990 ergibt. Darin wurde der Klägerin mitgeteilt, ihr Arbeitsverhältnis ende mit Ablauf des 30. September 1991, “wenn innerhalb der Ruhenszeit keine endgültige Entscheidung über ihre dauernde Weiterbeschäftigung getroffen wurde”. Eine dauernde Weiterbeschäftigung der Klägerin wurde mit den befristeten Verträgen vom 18. Januar 1991 und 1./4. Juli 1991 nicht vereinbart.
3. Der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien könnte allerdings eine Unwirksamkeit der Befristung des Arbeitsvertrages vom 1./4. Juli 1991 entgegenstehen.
a) Dazu wird das Landesarbeitsgericht zunächst zu prüfen haben, ob der Antrag der Klägerin auch dahingehend zu verstehen ist, daß die Feststellung begehrt werde, es bestehe zwischen den Parteien über den 31. März 1992 hinaus ein unbefristetes Arbeitsverhältnis.
b) Weiter kommt es auf die Wirksamkeit der Befristung nur dann an, wenn der Vertrag vom 1./4. Juli 1991 mit dem Beklagten selbst geschlossen wurde. Nach dem Wortlaut des Vertrages könnte die Universität L… den Vertrag auch im eigenen Namen geschlossen haben, so daß es auf diesen Vertrag mit einem “Dritten” im vorliegenden Rechtsstreit nicht ankäme. Die Universität könnte den Vertrag aber, wie schon den ersten befristeten Vertrag vom 18. Januar 1991, auch im Auftrag und im Namen des Beklagten geschlossen haben. Dafür könnte sprechen, daß nach § 95 Nr. 1 des Sächsischen Hochschulerneuerungsgesetzes vom 25. Juli 1991 (Sächs. GVBl. S. 261) die Personalverwaltung grundsätzlich staatliche Aufgabe der Hochschule ist, die diese im Auftrag des Freistaates ausübt.
c) Schließlich wird das Landesarbeitsgericht zu prüfen haben, ob ein sachlich rechtfertigender Befristungsgrund vorliegt. Dabei kann es darauf ankommen, ob die Klägerin lediglich mit Abwicklungsaufgaben oder auch mit Aufgaben zum Neuaufbau der Fakultät Sportwissenschaft an der Universität L… beauftragt wurde.
Unterschriften
Dr. Ascheid, Dr. Wittek, Dr. Müller-Glöge, Dr. Weiss, Schmitzberger
Fundstellen
Haufe-Index 856780 |
BAGE, 244 |
BB 1994, 2500 |
NZA 1995, 737 |