Entscheidungsstichwort (Thema)
Funktions- und Leistungszulage für Schreibkräfte. Gleichbehandlung
Leitsatz (amtlich)
Nimmt der Arbeitgeber bei außertariflichen Leistungen die Mitarbeiter eines Tarifgebiets von Zulagen aus, die er den Mitarbeitern eines anderen Tarifgebiets gewährt, kann ein sachlicher Grund für diese Ungleichbehandlung nicht allein aus dem Vorliegen unterschiedlicher Tarifgebiete hergeleitet werden.
Maßgeblich ist der Zweck der Zulagengewährung.
Normenkette
BAT §§ 22, 23 Zulagen; BAT Anl. 1a zum BAT VergGr. VII Protokollnotiz Nr. 3 und 4 zu Teil II Abschn. N; Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) vom 10. Dezember 1990 § 1 Abs. 1; Änderungstarifvertrag Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 § 2; GG Art. 3; BGB § 242
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Funktions- und Leistungszulage.
Die Klägerin ist in der Abteilung … mit Dienstsitz in B… als Angestellte im Schreibdienst beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis finden die Vorschriften des BAT-O in der jeweils geltenden Fassung Anwendung. Die Klägerin ist in die VergGr. VII der Anl. 1a zum BAT-O eingruppiert.
Ab dem 1. August 1992 erhielt die Klägerin eine Funktions- und Leistungszulage nach den Protokollnotizen Nr. 3 und 4 des Teils II Abschn. N Unterabschn. 1 der Anl. 1a zum BAT gemäß den Schreiben der Beklagten vom 18. Dezember 1992 und vom 11. Januar 1993. Die Zahlung der Zulage erfolgte, obwohl nach § 2 des Änderungstarifvertrages Nr. 1 zum BAT-O vom 8. Mai 1991 die Zulagenregelung in Teil II Abschn. N der Anl. 1a zum BAT ausdrücklich von der Anwendung in den neuen Bundesländern ausgenommen worden war. Mit Wirkung vom 1. Juni 1994 stellte die Beklagte die Zulagengewährung ein, nachdem die Zahlung von der Vorprüfstelle gerügt worden war.
An die im Geltungsbereich des BAT (alte Bundesländer) tätigen und in die VergGr. VII eingruppierten Schreibkräfte zahlt die beklagte Bundesrepublik die Funktions- und Leistungszulage nach Teil II Abschn. N Unterabschn. 1 der Anl. 1a zum BAT weiterhin, obwohl nach der Kündigung der Anl. 1a zum BAT (Vergütungsordnung) zum 31. Dezember 1983 der Abschn. N bei der Wiederinkraftsetzung der Anl. 1a durch den Tarifvertrag vom 28. Dezember 1990 ausdrücklich ausgenommen und auch später nicht wieder in Kraft gesetzt worden ist. Gemäß dem Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 2. September 1986 erfolgte die Zahlung der Funktions- und Leistungszulage an diese Angestellten im Schreibdienst als außertarifliche Leistung.
Die Klägerin hat die Weiterzahlung der Funktions- und Leistungszulage ab 1. Juni 1994 mit Schreiben vom 7. Juni 1994 und mit ihrer am 31. März 1995 beim Arbeitsgericht Berlin eingegangenen Klage geltend gemacht. Sie ist der Auffassung, die Beklagte sei nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz zur Weiterzahlung der Zulage verpflichtet, da es einen sachlichen Grund für die Nichtzahlung der Funktions- und Leistungszulage im Tarifgebiet Ost gegenüber der Zahlung der Zulage an die Schreibkräfte im Tarifgebiet West nicht gebe. Sofern zur Differenzierung an die unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in den beiden Teilen Deutschlands, insbesondere an die Dienstorte B… und B…, angeknüpft werde, komme diese Unterscheidung bereits in der unterschiedlichen Höhe der zu zahlenden Funktions- und Leistungszulagen zum Ausdruck.
Die Klägerin hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 1. Juni 1994 die Funktionszulage nach Protokollnotiz Nr. 3 und die Leistungszulage nach Protokollnotiz Nr. 4 des Teils II Abschn. N Unterabschn. I der Anlage 1a zum BAT zu gewähren.
Die beklagte Bundesrepublik hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie meint, der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz gelte nur innerhalb eines Tarifgebiets, jedoch nicht, wenn – wie hier – Angestellte aus verschiedenen Tarifgebieten unterschiedlich behandelt würden. Für die außertarifliche Gewährung der Zulagen im Tarifgebiet West lägen außerdem sachliche Gründe vor. Obwohl die Vorschriften über die Zahlung der Funktions- und Leistungszulage an Angestellte im Schreibdienst bei der Wiederinkraftsetzung der Anl. 1a zum BAT ausgeklammert worden seien, würden diese Regelungen im Wege der Nachwirkung auch für neueingestellte Angestellte in dem Tarifbereich, in dem sie früher gegolten haben, weiterhin angewendet; daraus folge aber nicht, daß sie in einem anderen Tarifgebiet erstmals zur Anwendung kommen müßten. Auch die Parteien des Einigungsvertrages seien davon ausgegangen, daß zwischen den Tarifgebieten Ost und West differenziert werden dürfe. Daraus folge, daß nach dem Willen des Einigungsvertrages die Anpassung der Tarifgebiete der Tarifautonomie habe überlassen werden sollen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der beklagten Bundesrepublik blieb beim Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Mit ihrer Revision verfolgt die beklagte Bundesrepublik ihren Klageabweisungsantrag weiter. Die Klägerin bittet, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Klägerin steht aus dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz ein Anspruch auf Weitergewährung der Funktions- und Leistungszulage für die Zeit ab dem 1. Juni 1994 zu; ein sachlicher Grund, der es rechtfertigen würde, die Klägerin als Schreibkraft im Tarifgebiet Ost gegenüber den Schreibkräften im Tarifgebiet West von der Zahlung der Funktions- und Leistungszulage auszunehmen, ist nicht gegeben.
I. Das Landesarbeitsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im wesentlichen ausgeführt, unter Berücksichtigung des Zwecks der Funktions- und Leistungszulage habe die beklagte Bundesrepublik den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz insoweit verletzt, als sie an die im Geltungsbereich des BAT-West (alte Bundesländer) tätigen Schreibkräfte, soweit sie in die VergGr. VII der Anl. 1a zum BAT eingruppiert sind, die Funktions- und Leistungszulage – wenn auch als übertarifliche Leistung – gewährt habe, an die im Geltungsbereich des BAT-O (neue Bundesländer) beschäftigten Angestellten im Schreibdienst jedoch nicht. Zwar habe der Einigungsvertrag nicht automatisch die Erstreckung der in den alten Bundesländern geltenden Arbeitsbedingungen für den öffentlichen Dienst auf das Beitrittsgebiet geregelt und insoweit den Tarifvertragsparteien ermöglicht, den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen Rechnung zu tragen; die Zahlung einer Funktions- und Leistungszulage an Angestellte im Schreibdienst hätten die Tarifvertragsparteien aber weder für den Geltungsbereich des BAT (West) noch für das Tarifgebiet des BAT-O (neue Bundesländer) mit bindender tariflicher Wirkung vorgesehen. Die beklagte Bundesrepublik verstoße daher gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn sie an die Angestellten im Schreibdienst im Tarifgebiet des BAT-West die Funktions- und Leistungszulage außertariflich zahle, die Angestellten im Schreibdienst im Tarifgebiet BAT-Ost von der Gewährung der Zulage jedoch ausnehme, da diese Unterscheidung vom Zweck der Zulagengewährung her sachlich nicht gerechtfertigt sei. Die Anknüpfung an die verschiedenen Tarifgebiete rechtfertige es nicht, die im Geltungsbereich des BAT-Ost beschäftigten Schreibkräfte von der Zahlung der Zulagen gänzlich auszunehmen. Eine Differenzierung nach den verschiedenen Tarifgebieten sei lediglich insoweit sachlich gerechtfertigt, als die im Geltungsbereich des BAT-Ost beschäftigten Schreibkräfte der Höhe nach geringere Funktions- und Leistungszulagen erhielten, da sich diese Zulagen prozentual nach dem zu zahlenden Gehalt – das im Geltungsbereich des BAT-Ost geringer sei – berechneten. Der Zweck der Funktionszulage, die Verrichtung einer Arbeit in einer bestimmten Funktion (Arbeit an Textverarbeitungsautomaten) und der Zweck der Leistungszulage, die besondere Leistungsbereitschaft und Zuverlässigkeit durch eine zusätzliche Vergütung abzugelten, gelte sowohl für die im Geltungsbereich des BAT (West) beschäftigten Schreibkräfte wie für die im Geltungsbereich des BAT-Ost tätigen Angestellten im Schreibdienst. Solange die beklagte Bundesrepublik die Funktions- und Leistungszulagen an die im Tarifgebiet des BAT (West) beschäftigten Schreibkräfte als außertarifliche Leistungen zahle, sei sie auch verpflichtet, an die im Geltungsbereich des BAT-Ost tätigen Angestellten im Schreibdienst die entsprechenden Zulagen dem Grunde nach zu gewähren.
Der Senat folgt dem Landesarbeitsgericht sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung.
II. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Zahlung der Funktionszulage nach der Protokollnotiz Nr. 3 und der Leistungszulage nach der Protokollnotiz Nr. 4 des Teils II Abschn. N Unterabschn. I der Anl. 1a zum BAT ab dem 1. Juni 1994 aus der Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes.
1. Wie die Vorinstanzen zu Recht erkannt haben, ist die Klage in Form der Feststellungsklage zulässig. Obwohl die Klägerin den Anspruch auf Zahlung der Zulagen auch beziffern und im Wege der Leistungsklage zumindest für die Vergangenheit hätte verfolgen können, liegt das für die Feststellungsklage erforderliche besondere Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO vor. Das folgt daraus, daß die von der Klägerin erhobene Feststellungsklage geeignet ist, auch für die Zukunft eine Klärung über die geltend gemachten Ansprüche herbeizuführen; außerdem ist davon auszugehen, daß die beklagte Bundesrepublik einem Feststellungsurteil folgen wird.
2. Zutreffend haben die Vorinstanzen angenommen, daß die beklagte Bundesrepublik Deutschland verpflichtet ist, der Klägerin die verlangten Zulagen ab dem 1. Juni 1994 zu gewähren.
a) Der Anspruch der Klägerin ergibt sich zwar nicht aus dem BAT-Ost, da der Änderungstarifvertrag Nr. 1 vom 8. Mai 1991 zum Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts – Manteltarifliche Vorschriften – (BAT-O) die Zulagenregelung in Teil II Abschn. N ausdrücklich von der Anwendung in den neuen Bundesländern ausnimmt. Ein Anspruch der Klägerin folgt auch nicht aus dem BAT-West, da dieser auf die Dienststelle, in der die Klägerin beschäftigt ist, nicht anwendbar ist.
b) Der Klägerin steht der Anspruch auf die Funktions- und Leistungszulage jedoch nach dem arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz zu.
aa) Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verlangt vom Arbeitgeber die Gleichbehandlung der Arbeitnehmer in vergleichbarer Lage; er verbietet nicht nur die willkürliche Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer in der Gruppe, sondern auch eine sachfremde Gruppenbildung (BAG Urteile vom 20. November 1996 – 5 AZR 645/95 – zur Veröffentlichung vorgesehen; vom 8. März 1995 – 5 AZR 869/93 – AP Nr. 123 zu § 242 BGB Gleichbehandlung). Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz ist daher verletzt, wenn der Arbeitgeber einzelne Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage sachfremd schlechter stellt; bildet der Arbeitgeber Gruppen von begünstigten und benachteiligten Arbeitnehmern, muß diese Gruppenbildung sachlichen Kriterien entsprechen (BAG Urteil vom 25. April 1995 – 3 AZR 446/94 – AP Nr. 25 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung). Dabei kommt es darauf an, ob sich nach dem Zweck der Leistung Gründe ergeben, die es unter Berücksichtigung aller Umstände rechtfertigen, der einen Arbeitnehmergruppe Leistungen vorzuenthalten, die der anderen Gruppe eingeräumt worden sind (BAG Urteile vom 20. Juni 1995 – 3 AZR 539/93 – AP Nr. 1 zu § 1 TVG Tarifverträge: Nährmittelindustrie; vom 7. November 1995 – 3 AZR 870/94 – AP Nr. 138 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie; vom 28. Mai 1996 – 3 AZR 752/95 – AP Nr. 143 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie). Eine unterschiedliche Behandlung der Arbeitnehmer ist dann mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz vereinbar, wenn die Unterscheidung gerade nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist (BAG Urteil vom 8. März 1995 – 5 AZR 869/93 – aaO; BAG Urteil vom 25. November 1993 – 2 AZR 324/93 – BAGE 75, 143 = AP Nr. 114 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).
Sachfremd ist eine Differenzierung dann, wenn es keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist (BAG Urteil vom 26. Oktober 1995 – 6 AZR 125/95 – AP Nr. 7 zu § 1 BAT-O). Gewährt der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip aufgrund einer abstrakten Regelung, darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (BAG Urteil vom 19. August 1992 – 5 AZR 513/91 – AP Nr. 102 zu § 242 BGB Gleichbehandlung).
bb) Der Ausschluß der Klägerin von der Gewährung der Funktions- und Leistungszulage nach Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anl. 1a zum BAT verstößt nach diesen Grundsätzen gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz.
Die beklagte Bundesrepublik Deutschland zahlte an die Schreibkräfte im Geltungsbereich des BAT (West) im streitigen Zeitraum die Funktions- und Leistungszulage, obwohl sie tarifvertraglich dazu nicht verpflichtet war. Nach der Kündigung der Vergütungsordnung zum BAT (Anl. 1a) zum 31. Dezember 1983 ist die Zulagenregelung des Teils II Abschn. N der Anl. 1a zum BAT im Tarifgebiet West nicht mehr in Kraft gesetzt worden; der Tarifvertrag vom 28. Dezember 1990 nimmt sie ausdrücklich aus.
Die beklagte Bundesrepublik kann sich auch nicht darauf stützen, daß sie im Tarifgebiet West verpflichtet war, die Zulagenregelung im Wege der Nachwirkung anzuwenden. Nach der Kündigung der Vergütungsordnung zum BAT mit Wirkung zum 31. Dezember 1983 erfaßt die tarifliche Nachwirkung jedenfalls nicht diejenigen Beschäftigten, die nach dem 31. Dezember 1983 eingestellt worden sind. Die beklagte Bundesrepublik zahlt aber gerade auch diesen Beschäftigten die Funktions- und Leistungszulage nach der Zulagenregelung im Teil II Abschn. N der Anl. 1a zum BAT.
Es kann daher dahingestellt bleiben, ob nicht in der Entscheidung der Tarifvertragsparteien im Tarifvertrag vom 28. Dezember 1990, den Abschnitt N nicht wieder in Kraft zu setzen, eine andere Abmachung im Sinne von § 4 Abs. 5 TVG liegt, die die Nachwirkung auch für die früher eingestellten Angestellten beendet hat.
Wie im Rundschreiben des Bundesministers des Innern vom 2. September 1986 ausgeführt, erfolgt die Zahlung der Funktions- und Leistungszulage an die nach dem 31. Dezember 1983 eingestellten Schreibkräfte als außertarifliche Leistung. Bei der Entscheidung der beklagten Bundesrepublik über die außertarifliche Zahlung der Funktions- und Leistungszulage ist aber der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten. Eine Ungleichbehandlung verschiedener Arbeitnehmergruppen bei der außertariflichen Zahlung der Funktions- und Leistungszulage ist mit dem Gleichbehandlungsgrundsatz nur vereinbar, wenn die Unterscheidung nach dem Zweck der Leistung gerechtfertigt ist (BAG Urteile vom 20. Juli 1993 – 3 AZR 52/93 – BAGE 73, 343 = AP Nr. 11 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung; vom 13. Dezember 1994 – 3 AZR 367/94 – AP Nr. 23 zu § 1 BetrAVG Gleichbehandlung).
Danach durfte die beklagte Bundesrepublik die Schreibkräfte im Tarifgebiet Ost nicht von der – auf einer Arbeitgeberentscheidung beruhenden – Zahlung der Funktions- und Leistungszulage ausnehmen, da ein sachlicher Grund hierfür nicht gegeben ist.
Der Zweck der Zahlung der Funktions- und Leistungszulage ist in den unterschiedlichen Tarifgebieten (BAT-West und BAT-Ost) der gleiche. Die Funktionszulage dient der Vergütung einer Arbeit in einer bestimmten Funktion, bei der Leistungszulage handelt es sich um eine zusätzliche Vergütung, die im Hinblick auf eine herausragende Leistung und besondere Zuverlässigkeit des einzelnen Arbeitnehmers gewährt wird. Diese Leistungszwecke rechtfertigen – wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat – eine Unterscheidung zwischen den im Geltungsbereich des BAT (West) und den im Geltungsbereich des BAT-Ost beschäftigten Schreibkräften dahin, die eine Gruppe – Schreibkräfte im Tarifgebiet des BAT-O – von der Zulage vollständig auszuschließen, nicht.
Die beklagte Bundesrepublik kann sich zur Rechtfertigung der Ungleichbehandlung nicht darauf stützen, bei der Zahlung der Funktions- und Leistungszulage an die Schreibkräfte im Tarifgebiet des BAT-West ergebe sich der sachliche Grund für die unterschiedliche Behandlung gegenüber den Schreibkräften im Tarifgebiet des BAT-Ost aus der Anknüpfung an die unterschiedlichen Tarifgebiete. Zwar hat die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts gerade im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung Deutschlands grundsätzlich anerkannt, daß die Tarifvertragsparteien bei der Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen in beiden Teilen Deutschlands Rechnung tragen dürfen (BAG Urteil vom 30. Juli 1992 – 6 AZR 11/92 – BAGE 71, 68 = AP Nr. 1 zu § 1 TV-Ang Bundespost); die Tarifvertragsparteien sind rechtlich nicht gehindert, regional unterschiedliche Arbeitsbedingungen zu vereinbaren, um unterschiedlichen wirtschaftlichen Umständen Rechnung zu tragen. Im vorliegenden Fall beruht die Unterscheidung, den Schreibkräften im Geltungsbereich des BAT-West die Funktions- und Leistungszulagen weiterhin nach der Regelung im Teil II Abschn. N Unterabschn. I der Anl. 1a zum BAT zu gewähren, den Schreibkräften im Tarifgebiet des BAT-Ost jedoch nicht, aber nicht auf einer Entscheidung der Tarifvertragsparteien. Tarifvertraglich sind die Funktions- und Leistungszulagen weder im Tarifgebiet des BAT-West noch im Tarifgebiet des BAT-Ost zu zahlen. Gerade im Hinblick auf den Leistungszweck der Funktions- und Leistungszulage ist daher die von der beklagten Bundesrepublik als Arbeitgeberin getroffene Unterscheidung nach den unterschiedlichen Tarifgebieten nicht gerechtfertigt. Weitere sachliche Gesichtspunkte, an die Schreibkräfte im Tarifgebiet West die Funktions- und Leistungszulage auch weiterhin – außertariflich – zu zahlen, an die Angestellten im Schreibdienst im Geltungsbereich des BAT-Ost aber nicht, hat die beklagte Bundesrepublik nicht vorgetragen.
Wie die Vorinstanzen zutreffend angenommen haben, ergäbe sich eine Berücksichtigung der unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse in den beiden Tarifgebieten auch dann, wenn an die Schreibkräfte im Tarifgebiet des BAT-Ost die Funktions- und Leistungszulage – wie an die Schreibkräfte im Tarifgebiet des BAT-West – gezahlt würden, da sich die Berechnung der Funktions- und Leistungszulage prozentual nach dem gezahlten Gehalt richtet. Da die Gehälter – in Anknüpfung an die unterschiedliche wirtschaftliche Lage in den beiden Tarifgebieten – unterschiedlich hoch sind, folgt daraus bei der Berechnung der Funktions- und Leistungszulage ohnehin ein – an den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen in den Tarifgebieten orientierter – unterschiedlicher Zulagenbetrag.
Das Vorliegen unterschiedlicher Tarifgebiete kann aber den völligen Ausschluß der Schreibkräfte im Geltungsbereich des BAT-Ost nicht sachlich rechtfertigen, da die Tarifvertragsparteien selbst eine solche Differenzierung nicht vorgesehen haben. Im Hinblick auf die Zahlung der Funktions- und Leistungszulagen dem Grunde nach haben die Tarifvertragsparteien gerade keine unterschiedlichen Rechtsfolgen an das Vorliegen der unterschiedlichen Tarifgebiete geknüpft.
Soweit eine sachliche Differenzierung im Hinblick auf die unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnisse der Tarifgebiete demnach gerechtferigt wäre, könnte sie nur dahin gehen, an die Schreibkräfte in den beiden Tarifgebieten des BAT-West und BAT-Ost die Funktions- und Leistungszulage in unterschiedlicher Höhe auszuzahlen; das zulässige Differenzierungskriterium der unterschiedlichen wirtschaftlichen Lage in den beiden Tarifgebieten kann nicht den vollständigen Ausschluß der Schreibkräfte im Tarifgebiet des BAT-Ost von der Gewährung der Funktions- und Leistungszulage rechtfertigen, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Zahlung der Zulagen gegeben sind. Der vollständige Ausschluß der Schreibkräfte im Tarifgebiet des BAT-Ost von der Zahlung der Funktions- und Leistungszulage – wie ihn die beklagte Bundesrepublik praktiziert – ist daher sachlich nicht gerechtfertigt und verstößt somit gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz.
Die Tarifautonomie wird entgegen der Auffassung der beklagten Bundesrepublik nicht beeinträchtigt, weil die Zahlung der Funktions- und Leistungszulage an die Schreibkräfte im Tarifgebiet des BAT-West nicht auf einer tariflichen Regelung beruht und es daher auch nicht auf den Willen der Tarifvertragsparteien zurückzuführen ist, daß an die Schreibkräfte im Tarifgebiet des BAT-Ost – gleichheitswidrig – keine Funktions- und Leistungszulagen gezahlt werden.
Ein unter Verstoß gegen den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz aus dem Kreis der Begünstigten ausgeschlossenen Arbeitnehmer, hier die Klägerin, hat einen Anspruch auf die gleichheitssatzwidrig erfolgten Leistungen (BAG Urteil vom 28. Mai 1996 – 3 AZR 752/95 – AP Nr. 143 zu § 1 TVG Tarifverträge: Metallindustrie). Aus der Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes ergibt sich somit ein Erfüllungsanspruch für die Klägerin (BAG Urteil vom 25. April 1995 – 3 AZR 446/94 – aaO).
III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Matthes, Hauck, Böck, Trümner, Schaeff
Fundstellen
Haufe-Index 884885 |
NZA 1997, 1177 |