Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Kommissionierers im Groß- und Außenhandel
Leitsatz (redaktionell)
Fortführung der Rechtsprechung des Vierten Senats (Urteil vom 25. September 1991 – 4 AZR 87/91 – AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel), wonach bei der Auslegung von tariflichen Einstufungskriterien die Oberbegriffe heranzuziehen sind, wenn ein Tätigkeitsbeispiel in mehreren verschiedenen Lohngruppen vorkommt.
Normenkette
TVG § 1 Tarifverträge: Großhandel
Verfahrensgang
LAG Sachsen-Anhalt (Urteil vom 23.05.1995; Aktenzeichen 4 Sa 577/94) |
ArbG Halle (Saale) (Urteil vom 11.01.1994; Aktenzeichen 4 Ca 245/93) |
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Sachsen-Anhalt vom 23. Mai 1995 – 4 Sa 577/94 – aufgehoben.
2. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Halle vom 11. Januar 1994 – 4 Ca 245/93 – wird zurückgewiesen.
3. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung und der Revision.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die tarifgerechte Entlohnung des Klägers für die Zeit von April bis Dezember 1993.
Der Kläger ist seit 1. Oktober 1990 bei der Beklagten beschäftigt. Im Dienstvertrag vom 19. April 1991 ist eine Tätigkeit des Klägers als „Kommissionierer im FG” vereinbart.
Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit – die Beklagte war bis zum 31. Dezember 1993 Mitglied des Landesverbandes des Groß- und Außenhandels Sachsen-Anhalt e.V.; der Kläger gehört der Gewerkschaft HBV an – der Gehalts- und Lohntarifvertrag für den Groß- und Außenhandel Sachsen-Anhalt vom 20. März 1993, in Kraft getreten am 1. Januar 1993 (im folgenden: LTV), Anwendung.
Die Beklagte unterhält ein Lager für Frisch- und Tiefkühlwaren, von dem aus Einzelhandelsgeschäfte und Supermärkte verschiedener Handelsketten mit Frisch- und Tiefkühlwaren beliefert werden. Das Lager, in dem sich ca. 2.000 Lagerplätze befinden, besteht aus insgesamt acht Gängen, die mit den Ziffern 1 bis 8 nummeriert sind. Die angelieferte Ware wird auf den vorgesehenen Lagerplätzen, sog. Lagerfächern, eingelagert. Jedem Lagerfach ist eine dreistellige Lagerfachnummer zugeteilt.
Aufgabe des Klägers ist es, anhand eines mit Hilfe der EDV erstellten Anforderungsscheines (Kommissionierschein) Waren für die einzelnen Aufträge zusammenzustellen, in sog. Alli-Tainer einzulegen und an den dafür vorgesehenen Standorten abzustellen. Neben dem Kläger sind 32 weitere Mitarbeiter mit vergleichbaren Tätigkeiten beschäftigt.
Der Anforderungsschein enthält neun Spalten, in die die vierstellige Lagernummer (Ziffer des entsprechenden Ganges und die Lagerfachnummer), die Artikelnummer, Anzahl der zu entnehmenden Kartons (Umverpackung), maximale Anzahl der in einem Karton enthaltenen Einzelpackungen, die vollständige Artikelbezeichnung und Angaben zum Gewicht und Volumen eingetragen sind. Desweiteren ist auf dem Anforderungsschein die Anzahl der sog. Alli-Tainer vermerkt.
Der Kläger nimmt die im Anforderungsschein aufgeführten Artikel entsprechend der angegebenen Lagernummer aus dem Lagerfach. Dabei hat er weder die Mindesthaltbarkeits- bzw. Verfalldaten zu überprüfen noch, ob die in dem jeweiligen Lagerfach eingelagerte Ware mit der auf dem Anforderungsschein angegebenen Artikelnummer oder Artikelbezeichnung übereinstimmt.
Für bestimmte Warengruppen muß der Kläger folgende Besonderheiten beachten:
- Waren, die noch keinem Lagerfach zugeordnet sind, weil es sich z.B. um Neuzugänge im Sortiment der Beklagten oder um Sonderaktionsware handelt, werden auf einer mit „011” bezeichneten Stellfläche gelagert (sog. „011-er Ware”). Der Kläger muß anhand der im Anforderungsschein aufgeführten Artikelnummer die entsprechende Ware aus einer Vielzahl verschiedenartiger Waren heraussuchen und beim Fehlen der Artikelnummer auf die im Anforderungsschein angegebene Artikelbezeichnung zurückgreifen.
- Bei Waren, die nach Gewicht verkauft werden – überwiegend Geflügel –, enthält der Anforderungsschein hinter der Angabe des Gewichts ein Sternchen (sog. „Sternchenware”). Da das bestellte Gewicht in der Regel nicht dem Gewicht der eingelagerten Ware entspricht, muß der Kläger das tatsächlich vom Hersteller auf der Verpackung angegebene Gewicht auf dem Anforderungsschein eintragen.
- Desweiteren hat der Kläger den Anforderungsschein zu berichtigen, wenn ein Karton (Umverpackung) nicht mehr die maximale und auf dem Anforderungsschein angegebene Menge an Einzelpackungen enthält (sog. Anbrüche – „Bruchware”).
Der Kläger bearbeitet täglich ca. fünf Aufträge und kommissioniert dabei ca. 1.200 Artikel, wobei die besonderen Warengruppen nur einen geringen Teil seiner Tätigkeit umfassen.
Die Entlohnung des Klägers erfolgte nach Lohngruppe 2 LTV. Der Lohn des Klägers betrug von April bis September 1993 monatlich 1.934,00 DM brutto und von Oktober bis Dezember 1993 monatlich 2.031,00 DM brutto.
§ 2 LTV hat – soweit für den Rechtsstreit von Bedeutung – folgenden Wortlaut:
„§ 2 – Lohngruppen
Für die Einstufung sind in erster Linie die Oberbegriffe der einzelnen Lohngruppen maßgebend. Die Tätigkeitsbeispiele wurden ergänzend und nur beispielhaft zugeordnet, sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Ausschlaggebend sind in erster Linie die Oberbegriffe. Für die Einstufung im einzelnen ist die Berufsbezeichnung ohne Bedeutung, maßgebend ist die ausgeübte Tätigkeit. Weder ein bestimmter Ausbildungsgang noch eine Abschlußprüfung für sich allein begründen einen Anspruch auf Einstufung in eine bestimmte Lohngruppe. Werden von Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmern Tätigkeiten verschiedener Lohngruppen ausgeübt, so muß die Einstufung der überwiegenden Tätigkeit entsprechen.
Lohngruppe 1
…
Lohngruppe 2
Tätigkeiten, die gewisse Fertigkeiten, Geschicklichkeiten, Übung oder Erfahrung erfordern.
Tätigkeitsbeispiele:
… Zusammenstellen von Waren nach einfachen Ordnungsmerkmalen (Lagerarbeiterinnen/Lagerarbeiter), …
Lohngruppe 3
Schwierige Tätigkeiten, die besondere Kenntnisse oder Erfahrungen erfordern.
Tätigkeitsbeispiele:
… Zusammenstellen von Waren nach schwierigen Ordnungsmerkmalen und/oder zusätzliche Kontrolltätigkeit, Kommissioniererinnen/Kommissionierer,
…”
Mit seinem Schreiben vom 19. Mai 1993 beantragte der Kläger die Einstufung in die Lohngruppe 3 LTV, was die Beklagte ablehnte. Ab 1. April 1993 betrug der Lohn der Lohngruppe 3 monatlich 2.228,00 DM brutto und ab 1. Oktober 1993 monatlich 2.340,00 DM brutto.
Mit der am 2. Juli 1993 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage begehrt der Kläger von der Beklagten für die Zeit von April bis einschließlich Dezember 1993 die Differenz zwischen der gewährten Bezahlung nach der Lohngruppe 2 und der von ihm als zutreffend angesehenen Lohngruppe 3 des LTV.
Der Kläger ist der Auffassung, er sei in die Lohngruppe 3 einzustufen, da seine im Dienstvertrag bezeichnete Tätigkeit als „Kommissionierer” in den Tätigkeitsbeispielen der Lohngruppe 3 ausdrücklich aufgeführt sei und er im übrigen eine schwierige Tätigkeit ausübe, die besondere Kenntnisse und Erfahrungen erfordere. Darüber hinaus erfülle er auch Kontrollfunktionen.
Der Kläger hat – soweit für die Revision von Bedeutung – beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 2.691,00 DM brutto (Differenz April 1993 bis einschließlich Dezember 1993) nebst 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 1. Januar 1994 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.
Sie ist der Ansicht, der Kläger sei zutreffend in die Lohngruppe 2 eingruppiert. Die Zusammenstellung von Waren erfolge nach einfachen Ordnungsmerkmalen, es handele sich dabei um eine reine Anlerntätigkeit.
Das Arbeitsgericht hat die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht der Klage im wesentlichen entsprochen. Mit der aufgrund einer Nichtzulassungsbeschwerde zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet.
Die Klage ist abzuweisen, weil der Kläger die tarifvertraglichen Voraussetzungen der Lohngruppe 3 LTV nicht erfüllt. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts ist daher aufzuheben.
I. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im wesentlichen damit begründet, der Kläger übe die Tätigkeit eines Kommissionierers aus, die als Tätigkeitsbeispiel in der Lohngruppe 3 aufgeführt sei. Er könne daher für die Monate April bis Dezember 1993 Lohn nach Lohngruppe 3 LTV verlangen. Mit der Aufnahme des Tätigkeitsbeispiels „Kommissioniererinnen/Kommissionierer” zum 1. Januar 1993 in den LTV hätten die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck gebracht, daß sie die Tätigkeit eines Kommissionierers als sich nicht erschöpfend in dem Zusammenstellen von Waren nach Ordnungsmerkmalen angesehen haben. „Kommissionierer” im Sinne der Lohngruppe 3 seien Arbeitnehmer, die das Zusammenstellen von Waren nicht ausschließlich anhand von Ordnungsmerkmalen vornehmen, sondern dabei zumindest teilweise andere Gesichtspunkte zugrunde zu legen haben. Der Kläger stelle zwar die meisten Waren ausschließlich anhand der ihnen zugeteilten Lagernummern und damit nach Ordnungsmerkmalen zusammen. Da es aber ausreiche, wenn der Arbeitnehmer überhaupt eine Tätigkeit ausübe, die unter das betreffende Tätigkeitsbeispiel falle, sei dies unerheblich. Entscheidend sei vielmehr, daß der Kläger hinsichtlich der Bruch-, Sternchen- und 011-er-Ware eine darüber hinausgehende Kontrolltätigkeit ausübe. Er erfülle somit das Tätigkeitsbeispiel „Kommissionierer” im Sinne der Lohngruppe 3. Eines Rückgriffs auf die abstrakten Oberbegriffe des LTV bedürfe es nicht mehr.
Der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann weder im Ergebnis noch in der Begründung gefolgt werden.
II. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Entlohnung nach der Lohngruppe 3 LTV und somit auch nicht auf Zahlung des Differenzbetrages zwischen der gewährten Bezahlung nach Lohngruppe 2 und der von ihm geltend gemachten Lohngruppe 3. Die von dem Kläger überwiegend ausgeübte Tätigkeit erfüllt nicht das Tätigkeitsbeispiel „Kommissionierer” der Lohngruppe 3 LTV. Sie erfordert insbesondere keine besonderen Kenntnisse und Erfahrungen.
a) Das Arbeitsverhältnis der Parteien richtet sich kraft beiderseitiger Tarifgebundenheit im streitigen Zeitraum unmittelbar und zwingend nach dem LTV (§ 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG).
Nach § 2 Satz 4 LTV ist für die tarifliche Einstufung die vom Arbeitnehmer ausgeübte Tätigkeit maßgebend, die Berufsbezeichnung ist ohne Bedeutung. Entscheidend ist die Tätigkeit, die mehr als die Hälfte der Gesamtarbeitszeit in Anspruch nimmt (BAG Urteil vom 25. September 1991 – 4 AZR 87/91 – AP Nr. 7 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel). Die Einstufung erfolgt unter Verwendung von allgemeinen Tätigkeitsmerkmalen (Oberbegriffen) und Beispielen. Nach § 2 Satz 1 LTV sind in erster Linie die Oberbegriffe der einzelnen Lohngruppen maßgebend (vgl. BAG Urteil vom 20. Juni 1984 – 4 AZR 208/82 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel). Die Tätigkeitsbeispiele haben gem. § 2 Satz 2 LTV ergänzenden Charakter. Ihnen kommt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann ausschlaggebende Bedeutung zu, wenn sie nur einmal in einer bestimmten Lohngruppe erscheinen. In diesen Fällen ist davon auszugehen, daß bei Erfüllung eines konkreten Tätigkeitsbeispiels auch die allgemeinen Tätigkeitsmerkmale als erfüllt anzusehen sind (Urteil vom 8. Februar 1984, BAGE 45, 121 = AP Nr. 134 zu § 1 TVG Tarifverträge: Auslegung; Urteil vom 7. November 1984 – 4 AZR 286/83 – AP Nr. 6 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel; Urteil vom 25. September 1991 – 4 AZR 87/91 – a.a.O.). Übt der Arbeitnehmer eine der Beispielstätigkeiten aus, sind nach dem Willen der Tarifvertragsparteien die Merkmale der betreffenden Vergütungsgruppe erfüllt. Verrichtet der Arbeitnehmer keine Beispielstätigkeit oder erfaßt die Beispielstätigkeit nur einen Ausschnitt der überwiegend ausgeübten Tätigkeit, ist wiederum zu prüfen, ob die allgemeinen Merkmale der begehrten Vergütungs-/Lohngruppe erfüllt sind (BAG Urteil vom 15. Juni 1994 – 4 AZR 327/93 – AP Nr. 9 zu §§ 22, 23 BAT Krankenkassen; BAG Urteil vom 25. September 1991 – 4 AZR 87/91 – a.a.O.). Ist die Tätigkeit als Richtbeispiel in einer niedrigeren Lohngruppe aufgeführt, kann sie nach dem tariflichen Gesamt Zusammenhang nicht unter die abstrakten Tätigkeitsmerkmale einer höheren Lohngruppe subsumiert werden (BAG Urteil vom 21. Oktober 1987 – 4 AZR 49/87 – AP Nr. 19 zu § 1 TVG Tarifverträge: Druckindustrie). Das Tätigkeitsbeispiel „Kommissioniererinnen/Kommissionierer” wurde erstmals in den LTV vom 20. März 1993 aufgenommen.
b) Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger nicht nach Lohngruppe 3 LTV einzugruppieren. Das ergibt die Auslegung der tarifvertraglichen Eingruppierungsmerkmale.
Wenn die Tarifvertragsparteien in jeweils selbständigen Tätigkeitsbeispielen zwischen dem „Zusammenstellen von Waren nach einfachen Ordnungsmerkmalen” (Lohngruppe 2), dem „Zusammenstellen von Waren nach schwierigen Ordnungsmerkmalen und/oder zusätzliche Kontrolltätigkeit” (Lohngruppe 3) und „Kommissioniererinnen/Kommissionierer” (Lohngruppe 3) unterscheiden, dann geben sie damit sowohl nach dem Tarifwortlaut als auch nach dem tariflichen Gesamt Zusammenhang (BAG Urteil vom 23. Februar 1994 – 4 AZR 224/93 – AP Nr. 2 zu § 1 TVG Tarifverträge: Kirchen; BAGE 60, 219, 224 = AP Nr. 127 zu § 611 BGB Gratifikation, m.w.N.; BAG Urteil vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel; Schaub, Auslegung und Regelungsmacht von Tarifverträgen, NZA 1994, 597 ff.) zu verstehen, daß nach der Lohngruppe 2 LTV aufgrund der dort vorgesehenen Erleichterung solche Arbeitnehmer vergütet werden, die im wesentlichen nach einfachen Symbolen Waren zusammenzustellen haben, während Arbeitnehmer nach der Lohngruppe 3 LTV vergütet werden sollen, wenn sie die Waren nach schwierigen Merkmalen herauszusuchen haben oder beim Zusammenstellen der Waren darüber hinaus noch andere Gesichtspunkte beachten, weitere Kenntnisse und Erfahrungen einsetzen und nach sonstigen Kriterien fachlich differenzieren müssen (BAG Urteil vom 20. Juni 1984 – 4 AZR 208/82 – a.a.O.; BAG Urteil vom 20. März 1985 – 4 AZR 332/83 – n.v.).
Dies gilt auch für das Tarifmerkmal „Kommissioniererinnen/Kommissionierer”. Mit der Aufnahme des Tätigkeitsbeispiels „Kommissioniererinnen/Kommissionierer” in den LTV vom 20. März 1993 bringen die Tarifvertragsparteien zum Ausdruck, daß das Zusammenstellen von Kommissionen grundsätzlich eine Tätigkeit der Lohngruppe 3 ist, die nur dann einer niedrigeren Lohngruppe zugeordnet werden soll, wenn nach einfachen Ordnungsmerkmalen, also unter vereinfachenden Bedingungen zu verfahren ist. Damit wird zugleich dem Grundsatz Rechnung getragen, daß nach der Tarifsystematik Tätigkeiten der Lohngruppe 3 LTV einen höheren Schwierigkeitsgrad haben als solche der Lohngruppe 2 LTV.
Das in den LTV vom 20. März 1993 aufgenommene Tätigkeitsbeispiel „Kommissioniererinnen/Kommissionierer” entspricht nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unter Berücksichtigung branchenspezifischer Besonderheiten (vgl. Gabler, Wirtschaftslexikon, … 13. Aufl., F-K, S. 1856, Stichwort „Kommissionierung”) sowohl dem Tätigkeitsbeispiel „Zusammenstellen von Waren nach einfachen Ordnungsmerkmalen” der Lohngruppe 2 LTV wie auch dem in Lohngruppe 3 aufgeführten Tätigkeitsbeispiel „Zusammenstellen von Waren nach schwierigen Ordnungsmerkmalen und/oder zusätzliche Kontrolltätigkeit”. Alle Arbeitnehmer, die Waren nach Aufträgen aus einem Lagerbestand zusammenstellen, werden davon erfaßt. Zu unterscheiden ist jeweils – entsprechend den Oberbegriffen – nach dem Schwierigkeitsgrad der jeweiligen Tätigkeit. Da die Tätigkeit des „Kommissionierens” im Sinne des Zusammenstellens von Waren aus einem Lagerbestand nach vorgegebenen Aufträgen von den Lohngruppen 2 und 3 erfaßt wird, sind nach den von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelten Auslegungsregeln (Urteil vom 25. September 1991 – 4 AZR 87/91 – a.a.O.) nämlich die tariflichen Oberbegriffe heranzuziehen; das ist in der vom Kläger begehrten Lohngruppe 3 das Kriterium der „… schwierigen Ordnungsmerkmale …”. Diese Voraussetzung erfüllt der Kläger nicht.
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts besteht die Arbeitsaufgabe des Klägers überwiegend im Zusammenstellen der eingelagerten Tiefkühlerzeugnisse anhand vierstelliger Lagernummern. Er hat die Waren nach logisch aufgebauten und daher leicht zu handhabenden Lagernummern herauszusuchen und in sog. Alli-Tainer einzubinden. Zutreffend ist das Landesarbeitsgericht davon ausgegangen, daß es sich bei den Lagernummern um Ordnungsmerkmale im Tarifsinne handelt. Im Wirtschaftsleben und nach dem Handelsbrauch werden unter Lagernummern Kennzeichen zur einheitlichen Berechnung auch von Inventurbestandteilen verstanden und demgemäß als „Ordnungsmerkmale” insbesondere Buchstaben, Ziffern, Farben und sonstige Kennzeichen angesehen (Gabler, Wirtschaftslexikon, 9. Aufl., Spalte 591). Bei einer vierstelligen Lagernummer handelt es sich um ein einfaches Ordnungsmerkmal. Für das Zusammenstellen der Waren sind danach weder besondere Kenntnisse oder Erfahrungen im Sinne der Lohngruppe 3 noch eine besonders große Konzentration erforderlich. Der Kläger hat weder die Mindeshaltbarkeits- bzw. Verfalldaten zu überprüfen noch, ob die in dem jeweiligen Lagerfach eingelagerte Ware mit der auf dem Anforderungsschein angegebenen Artikelnummer oder Artikelbezeichnung übereinstimmt.
Soweit die Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit der „Sternchen-”, „Bruch-” und „011-er-Ware” über die bloße Selbstkontrolle nach einfachen Ordnungsmerkmalen hinausgeht, kann dies die Eingruppierung des Klägers nicht begründen, da es sich aufgrund des geringen Umfangs nicht um die überwiegende Tätigkeit des Klägers handelt.
Die von dem Kläger überwiegend ausgeübte Tätigkeit entspricht dem Tätigkeitsbeispiel „Zusammenstellen von Waren nach einfachen Ordnungsmerkmalen”, welches in der Lohngruppe 2 aufgeführt ist. Der Kläger ist somit zutreffend in Lohngruppe 2 LTV eingruppiert.
Ein Anspruch des Klägers auf Eingruppierung in die Lohngruppe 3 LTV ergibt sich auch nicht aus dem Dienstvertrag vom 19. April 1991, wonach die Parteien eine Einstellung des Klägers als „Kommissionierer im FG” vereinbart haben. Nach § 2 Satz 4 LTV ist für die Einstufung eines Arbeitnehmers in die Tätigkeitsgruppen die Berufsbezeichnung ohne Bedeutung und allein die ausgeübte Tätigkeit maßgebend.
Somit hat die Revision der Beklagten Erfolg. Das klagestattgebende Urteil des Landesarbeitsgerichts ist aufzuheben und dieBerufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückzuweisen.
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Fundstellen