Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifgeltung im Beitrittsgebiet - Gleichbehandlung
Orientierungssatz
1. Hinweise des Senats:
"Fortsetzung der Rechtsprechung des Senats aus dem Urteil vom 26. November 1998 (- 6 AZR 335/97 - AP BAT-O § 1 Nr 11 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr 81). Vgl auch Senatsurteile vom 17. Dezember 1998 (- 6 AZR 411/97 - nv), vom 15. April 1999 (- 6 AZR 570/97 - nv) und vom 24. Juni 1999 (- 6 AZR 639/97 - nv)."
2. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift nur ein bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers, nicht jedoch beim bloßen - auch vermeintlichen - Normenvollzug. Deshalb ist ein Anspruch auf "Gleichbehandlung im Irrtum" zu verneinen.
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des
Landesarbeitsgerichts Berlin vom 11. Februar 1998 - 15 Sa
124/97 - in der Kostenentscheidung und, soweit es der Klage in
Abänderung des arbeitsgerichtlichen Urteils stattgegeben hat,
aufgehoben.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts
Berlin vom 21. August 1997 - 59 Ca 26404/96 - wird auch
insoweit zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu
tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Revisionsinstanz noch darüber, ob auf das Arbeitsverhältnis des Klägers in der Zeit vom 1. Mai 1995 bis zum 31. Dezember 1995 der Bundesmanteltarifvertrag für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe vom 31. Januar 1962 (BMT-G II) oder der Tarifvertrag zur Anpassung des Tarifrechts - Manteltarifliche Vorschriften für Arbeiter gemeindlicher Verwaltungen und Betriebe (BMT-G-O) vom 10. Dezember 1990 Anwendung fand.
Der Kläger war vor dem 3. Oktober 1990 in der ehemaligen DDR bei den Berliner Verkehrsbetrieben (BVB), zunächst als Triebwagenfahrer, später als Zugprüfer der U-Bahn beschäftigt. Nach Herstellung der Einheit Deutschlands wurde die BVB ein Eigenbetrieb des Landes Berlin. Von diesem wurde der Kläger weiterbeschäftigt. Im Arbeitsvertrag vom 18. Dezember 1991 wurde die Geltung des BMT-G-O und der diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträge vereinbart. Der Eigenbetrieb BVB wurde zum 1. Januar 1992 vom Eigenbetrieb Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) übernommen. Mit Wirkung vom 1. Januar 1994 wurde aus diesem Eigenbetrieb eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, die Beklagte.
Der Kläger arbeitete vom 3. Oktober 1990 bis zum 31. Dezember 1995 überwiegend in einer im ehemaligen Ostberlin gelegenen Betriebsgruppe der U-Bahn und verrichtete seine Tätigkeit überwiegend im Beitrittsgebiet.
Die Beklagte wandte auf Grund des sog. "Posturteils" des erkennenden Senats vom 30. Juli 1992 (- 6 AZR 11/92 - BAGE 71, 68) auf im Beitrittsgebiet begründete Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern, die auf Dauer bzw. auf nicht absehbare Zeit im Geltungsbereich des BMT-G II eingesetzt waren, auch nach deren Rückkehr auf Arbeitsplätze im ehemaligen Ostberlin westliches Tarifrecht an. Auf Grund des sog. "Feuerwehrurteils" des erkennenden Senats vom 26. Oktober 1995 (- 6 AZR 125/95 - BAGE 81, 207) teilte die Beklagte diesen Arbeitnehmern mit Schreiben vom 18. Dezember 1995 mit, daß die Leistungen nach BAT bzw. BMT-G II nach Rückkehr in das Beitrittsgebiet irrtümlich weiter gewährt worden seien und sich die Arbeitsverhältnisse nach BAT-O bzw. BMT-G-O richteten. Die Differenz zwischen der Vergütung nach westlichem und östlichem Tarifrecht werde ab sofort nur noch unter dem Vorbehalt der Rückforderung gewährt. Zur Wahrung der tariflichen Ausschlußfristen werde vorsorglich die Rückzahlung der Differenzbeträge für die letzten sechs Monate geltend gemacht. Mit Schreiben vom 22. Juli 1996 informierte die Beklagte diese Arbeitnehmer darüber, daß die Zahlung der Vergütung nach westlichem Tarifrecht eingestellt werde; von der Rückforderung der bis zum 31. Dezember 1995 überzahlten Beträge werde abgesehen, weil davon auszugehen sei, daß die nach Westtarifrecht gewährten Leistungen im Rahmen der Lebensführung verbraucht worden seien und somit ein Wegfall der Bereicherung eingetreten sei. Die ab Januar 1996 überzahlten Beträge forderte die Beklagte in der Folgezeit zurück.
Auf die nicht im Beitrittsgebiet begründeten Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern der Betriebsgruppe III, die im Februar 1996 von Berlin-Moabit in die Rosa-Luxemburg-Straße im ehemaligen Ostberlin verlegt wurde, wandte die Beklagte weiterhin die Bestimmungen des BMT-G II an.
Mit Schreiben vom 9. November 1995 forderte der Kläger die Beklagte vergeblich auf, auf sein Arbeitsverhältnis westliches Tarifrecht anzuwenden.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, auf Grund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes finde seit dem 1. Januar 1992 auf sein Arbeitsverhältnis der BMT-G II Anwendung, weil die Beklagte den in das östliche Tarifgebiet zurückgekehrten Arbeitnehmern mit im Beitrittsgebiet begründeten Arbeitsverhältnissen weiterhin Vergütung nach westlichem Tarifrecht gewährt und diese übertariflichen Leistungen jedenfalls für die Zeit bis zum 31. Dezember 1995 nicht zurückgefordert habe. Außerdem bestehe kein sachlicher Grund, ihn gegenüber den in der Betriebsgruppe III beschäftigten Arbeitnehmern ungleich zu behandeln. Die Beklagte sei deshalb verpflichtet, ihm für die Jahre 1992 bis 1995 Vergütung in Höhe von 62.991,31 DM brutto nebst Zinsen nachzuzahlen.
Der Kläger hat beantragt, 1. die Beklagte zu verurteilen, an
ihn 62.991,31 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus
ergebenden Nettobetrag seit dem 1. April 1994 zu zahlen,
2. festzustellen, daß auf sein Arbeitsverhältnis ab 1. Januar
1992 der BMT-G sowie die diesen ergänzenden und ändernden
Tarifverträge in der jeweils geltenden Fassung Anwendung
finden.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und die Auffassung vertreten, der Kläger könne sich auf den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz nicht stützen. Sie habe den in das ehemalige Ostberlin zurückgekehrten Arbeitnehmern rechtsirrtümlich weiterhin Vergütung nach westlichem Tarifrecht gewährt, weil sie sich auf Grund des "Posturteils" des erkennenden Senats dazu verpflichtet gefühlt habe. Diesen Rechtsirrtum habe sie, nachdem sie davon durch die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts zum "Feuerwehrurteil" und die Veröffentlichung der Entscheidungsgründe dieses Urteils in der NZA 1996, 765 Kenntnis erlangt habe, korrigiert, indem sie die übertariflichen Zahlungen eingestellt und die in der Vergangenheit überzahlten Beträge, soweit rechtlich möglich, zurückgefordert habe. Daß den begünstigten Arbeitnehmern die bis zum 31. Dezember 1995 überzahlten Beträge letztlich verblieben seien, begründe keinen Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung, denn er könne nicht Gleichbehandlung im Unrecht bzw. im Irrtum verlangen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat, nachdem der Kläger die Klage auf die Feststellung beschränkt hat, daß auf sein Arbeitsverhältnis ab dem 1. Mai 1995 der BMT-G II mit allen ergänzenden und ändernden Tarifverträgen in der jeweils geltenden Fassung Anwendung findet, das arbeitsgerichtliche Urteil teilweise abgeändert und diesem Antrag, allerdings nur für die Zeit bis zum 31. Dezember 1995, entsprochen. Mit der Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet und führt unter teilweiser Aufhebung des Berufungsurteils zur Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts.
A. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, auf das Arbeitsverhältnis des Klägers finde zwar der BMT-G-O Anwendung, da es im Beitrittsgebiet begründet sei. Er habe jedoch auf Grund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes für die Zeit vom 1. Mai 1995 bis zum 31. Dezember 1995 Anspruch auf Leistungen nach dem BMT-G II. Die Beklagte habe auf die Arbeitsverhältnisse der in das ehemalige Ostberlin zurückgekehrten Arbeitnehmer rechtsirrtümlich in Verkennung der Reichweite des "Posturteils" des erkennenden Senats weiterhin westliches Tarifrecht angewandt, obwohl ihnen nur Leistungen nach östlichem Tarifrecht zugestanden hätten. Zwar habe sich die Beklagte von diesen rechtsirrtümlich erbrachten Leistungen jederzeit lösen können, was durch die an die betroffenen Arbeitnehmer gerichteten Schreiben vom 18. Dezember 1995 und vom 22. Juli 1996 auch geschehen sei. Sie habe jedoch von der Rückforderung der bis zum 31. Dezember 1995 überzahlten Beträge abgesehen, so daß den begünstigten Arbeitnehmern bis zu diesem Zeitpunkt die übertariflichen Leistungen verblieben seien. Ein sachlicher Grund, den Kläger gegenüber diesen Arbeitnehmern ungleich zu behandeln, bestehe nicht. Der gleichheitswidrige Zustand könne nur dadurch beseitigt werden, daß auch der Kläger bis zum 31. Dezember 1995 Leistungen nach BMT-G II erhalte.
B. Diese Ausführungen halten, soweit sie die Anwendbarkeit des BMT-G II auf das Arbeitsverhältnis des Klägers in der Zeit vom 1. Mai 1995 bis zum 31. Dezember 1995 auf Grund des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes betreffen, einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Dem Kläger steht auch für diese Zeit nur Vergütung nach BMT-G-O zu.
I. Zu Recht hat das Landesarbeitsgericht angenommen, daß auf das Arbeitsverhältnis des Klägers nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen der BMT-G-O anzuwenden ist. Dies ergibt sich aus § 2 des Arbeitsvertrags vom 18. Dezember 1991, der ausdrücklich auf diesen Tarifvertrag verweist. Die arbeitsvertragliche Regelung entspricht der tariflichen Rechtslage, denn das Arbeitsverhältnis des Klägers unterfällt dem Geltungsbereich des BMT-G-O. Er ist in einer der Rentenversicherungspflicht der Arbeiter unterliegenden Beschäftigung tätig. Sein Arbeitsverhältnis ist in dem in Art. 3 des Einigungsvertrags (im folgenden: EV) genannten Gebiet begründet. Damit sind die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 BMT-G-O erfüllt.
1. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist ein Arbeitsverhältnis im Beitrittsgebiet begründet, wenn dort der Grund für die Entstehung des Arbeitsverhältnisses liegt und der Bezug zum Beitrittsgebiet gegenwärtig noch besteht. Wird ein Arbeitnehmer für eine Tätigkeit im Beitrittsgebiet eingestellt und wird er auf unbestimmte Zeit dort beschäftigt, sind diese Voraussetzungen gegeben (BAG 24. Februar 1994 - 6 AZR 588/93 - BAGE 76, 57; 6. Oktober 1994 - 6 AZR 324/94 - BAGE 78, 108). Für den gegenwärtigen Bezug zum Beitrittsgebiet ist grundsätzlich die Lage des Arbeitsplatzes entscheidend (BAG 24. Februar 1994 aaO; 6. Oktober 1994 aaO; 23. Februar 1995 - 6 AZR 614/94 - BAGE 79, 215, 217; 20. März 1997 - 6 AZR 10/96 - BAGE 85, 322, 327 f.; 25. Juni 1998 - 6 AZR 515/97 - AP TV Arb Bundespost § 1 Nr. 2 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 76, zu II 1 a der Gründe und - 6 AZR 475/96 - AP TV Arb Bundespost § 1 Nr. 1 = EzA TVG § 4 Geltungsbereich Nr. 1, zu II 2 b bb der Gründe). Erstreckt sich der Tätigkeitsbereich des Arbeitnehmers sowohl auf das Beitrittsgebiet als auch auf die alten Bundesländer, ist für die tarifliche Zuordnung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich entscheidend, wo sich der Schwerpunkt der Tätigkeit befindet. Dieser liegt im Beitrittsgebiet, wenn der Arbeitnehmer seine tägliche Arbeit dort beginnt und beendet und er mindestens während der Hälfte seiner Arbeitszeit dort arbeitet (BAG 23. Februar 1995 - 6 AZR 614/94 - BAGE 79, 215, 218, zu II 2 c der Gründe; 23. Februar 1995 - 6 AZR 329/94 - BAGE 79, 218, 224, zu III der Gründe; 16. November 1995 - 6 AZR 366/95 - nv., zu I 1 der Gründe; 29. Februar 1996 - 6 AZR 382/95 - nv., zu II 2 der Gründe).
2. Der Grund für die Entstehung des Arbeitsverhältnisses des Klägers lag im Beitrittsgebiet. Das Arbeitsverhältnis bestand bereits in der ehemaligen DDR zur BVB und wurde nach Herstellung der Einheit Deutschlands von der Beklagten und ihren Rechtsvorgängern fortgeführt. Der Bezug zum Beitrittsgebiet besteht auch gegenwärtig fort. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts befindet sich der Arbeitsplatz des Klägers "überwiegend im räumlichen Geltungsbereich des BMT-G-O", dh. im Beitrittsgebiet. Nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, beginnt und endet die tägliche Arbeit des Klägers überwiegend im Beitrittsgebiet. Der Kläger ist dort mindestens während der Hälfte der Arbeitszeit eingesetzt. Damit liegt der Schwerpunkt seiner Tätigkeit im Beitrittsgebiet.
II. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts wird der Kläger durch die Anwendung des BMT-G-O in der Zeit vom 1. Mai 1995 bis zum 31. Dezember 1995 gegenüber anderen Arbeitnehmern der Beklagten nicht ohne sachlichen Grund ungleich behandelt.
1. Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz verbietet sowohl die sachfremde Schlechterstellung einzelner Arbeitnehmer gegenüber anderen Arbeitnehmern in vergleichbarer Lage als auch die sachfremde Differenzierung zwischen Arbeitnehmern einer bestimmten Ordnung. Sachfremd ist eine Differenzierung, wenn es für die unterschiedliche Behandlung keine billigenswerten Gründe gibt, wenn also für eine am Gleichheitsgedanken orientierte Betrachtungsweise die Regelung als willkürlich anzusehen ist (vgl. BVerfG 15. Oktober 1985 - 2 BvR 4/83 - BVerfGE 71, 39, 58). Im Bereich der Vergütung gilt der Gleichbehandlungsgrundsatz zwar nur eingeschränkt, weil der Grundsatz der Vertragsfreiheit Vorrang hat. Anders ist dies jedoch, wenn der Arbeitgeber Leistungen nach einem erkennbar generalisierenden Prinzip auf Grund einer abstrakten Regelung gewährt. Von einer solchen Regelung darf er Arbeitnehmer nur aus sachlichen Gründen ausschließen (st. Rspr., vgl. BAG 19. August 1992 - 5 AZR 513/91 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 102 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 52, zu II 3 a der Gründe; 26. Oktober 1995 - 6 AZR 125/95 - BAGE 81, 207, 210, zu I 2 a der Gründe).
2. Zwar wurde der Kläger gegenüber Arbeitnehmern, die nach einem Einsatz im westlichen Tarifgebiet auf Arbeitsplätze im Beitrittsgebiet zurückgekehrt sind, ungleich behandelt, denn diese Arbeitnehmer haben zunächst bis zum 31. Juli 1996 Leistungen nach westlichem Tarifrecht erhalten, obwohl sie nach Rückkehr in das Beitrittsgebiet nur Leistungen nach östlichem Tarifrecht zu beanspruchen hatten. Der Kläger kann jedoch nicht verlangen, für die Zeit bis zum 31. Dezember 1995 mit diesen Arbeitnehmern gleichbehandelt zu werden. Ein solcher Anspruch ergibt sich entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht aus den Grundsätzen, die der Senat im sog. "Feuerwehrurteil" vom 26. Oktober 1995 (- 6 AZR 125/95 - BAGE 81, 207) angewandt hat.
a) Nach diesen Grundsätzen muß ein Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes, der einem Arbeitnehmer nach einer Tätigkeit im westlichen Tarifgebiet weiterhin Leistungen nach westlichem Tarifrecht und nicht nach dem auf das Arbeitsverhältnis nunmehr wieder anzuwendenden östlichen Tarifrecht gewährt, andere Arbeitnehmer auf vergleichbaren Arbeitsplätzen gleichbehandeln. Hat er die Leistungen nach westlichem Tarifrecht weitergewährt, weil er sich dazu rechtlich verpflichtet hielt, kann er diese Praxis jederzeit beenden mit der Folge, daß ab diesem Zeitpunkt keiner der vergleichbaren Arbeitnehmer die Anwendung westlichen Tarifrechts verlangen kann. Bis dahin besteht ein Anspruch auf Gleichbehandlung, wenn der Arbeitgeber die zu Unrecht gewährten Leistungen nicht zurückfordert.
b) Die Beklagte hat die in das Beitrittsgebiet zurückgekehrten Arbeitnehmer nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nicht weiterhin nach westlichem Tarifrecht vergütet, weil sie ihnen bewußt übertarifliche Leistungen gewähren wollte, sondern rechtsirrtümlich, weil sie sich aufgrund des "Posturteils", so wie sie es verstand, dazu rechtlich verpflichtet fühlte. Diesen Rechtsirrtum hat die Beklagte - anders als in dem tatrichterlich festgestellten Sachverhalt, der dem "Feuerwehrurteil" (aaO) zugrunde lag - korrigiert, indem sie mit Schreiben vom 18. Dezember 1995 zunächst die Weiterzahlung der Vergütung nach westlichem Tarifrecht unter den Vorbehalt der Rückforderung stellte, die übertariflichen Zahlungen ab August 1996 endgültig einstellte und die überzahlten Beträge, soweit rechtlich möglich, zurückforderte. Zwar verblieben den begünstigten Arbeitnehmern die bis zum 31. Dezember 1995 gewährten übertariflichen Leistungen endgültig. Dies begründet jedoch keinen Anspruch des Klägers auf Gleichbehandlung.
Der arbeitsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz greift nur ein bei einem gestaltenden Verhalten des Arbeitgebers, nicht jedoch beim bloßen - auch vermeintlichen - Normenvollzug. Deshalb ist ein Anspruch auf "Gleichbehandlung im Irrtum" zu verneinen (so im Ergebnis auch BAG 13. Dezember 1972 - 4 AZR 147/72 - AP BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 37; 13. August 1980 - 5 AZR 325/78 - AP BetrVG 1972 § 77 Nr. 2 = EzA BetrVG 1972 § 77 Nr. 8, zu III 2 b der Gründe; 19. August 1987 - 5 AZR 222/86 - nv., zu II 2 der Gründe; BGH 26. März 1985 - VI ZR 245/83 - LM KO § 61 Nr. 16, zu II 3 b der Gründe). Anders verhält es sich, wenn der Arbeitgeber nach Kenntnis von seinem Irrtum die bis dahin ohne Rechtsgrund erbrachten Leistungen weitergewährt und rechtlich mögliche Rückforderungsansprüche nicht geltend macht. Ab diesem Zeitpunkt erbringt er bewußt zusätzliche freiwillige Leistungen. Dabei muß er die vergleichbaren Arbeitnehmer gleichbehandeln. Stellt er hingegen die rechtsgrundlosen Zahlungen nach Kenntniserlangung von seinem Irrtum ein und ergreift alle rechtlich möglichen Maßnahmen zur nachträglichen Korrektur seines Irrtums, ist für die Anwendung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes kein Raum (BAG 26. November 1998 - 6 AZR 335/97 - AP BAT-O § 1 Nr. 11 = EzA BGB § 242 Gleichbehandlung Nr. 81).
Die Beklagte hat, nachdem sie Kenntnis von ihrem Rechtsirrtum erlangt hatte, die gebotenen und rechtlich möglichen Maßnahmen zur Korrektur dieses Irrtums ergriffen. Nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts, auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, erhielt die Beklagte von der vollständig abgefaßten Entscheidung des erkennenden Senats vom 23. Februar 1995 (- 6 AZR 667/94 - BAGE 79, 244) im April 1996, vom "Feuerwehrurteil" vom 26. Oktober 1995 (aaO) zunächst durch die Pressemitteilung im Oktober 1995, in vollständig abgefaßter Form im Juli 1996 Kenntnis. Durch Urteil vom 23. Februar 1995 hatte der Senat erstmals entschieden, daß auf das im Beitrittsgebiet begründete Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers nach einem auf Dauer beabsichtigten Einsatz im Geltungsbereich westlichen Tarifrechts ab dem Zeitpunkt seiner Rückkehr auf einen Arbeitsplatz im Beitrittsgebiet wieder die Bestimmungen des östlichen Tarifrechts anzuwenden sind. Zuvor war die Rechtslage in Bezug auf diese konkrete Fallgestaltung ungeklärt. Die Beklagte hat daher innerhalb angemessener Zeit nach Kenntniserlangung von den maßgeblichen Entscheidungen mit Schreiben vom 18. Dezember 1995 und 22. Juli 1996 die ihr zu Gebote stehenden und rechtlich möglichen Maßnahmen zur Korrektur ihres Irrtums ergriffen. Daß den begünstigten Arbeitnehmern letztlich die bis zum 31. Dezember 1995 geleisteten Überzahlungen verblieben, beruht darauf, daß die Rückforderung dieser Beträge aus Rechtsgründen nicht möglich war. Am Jahresende 1995, als die Beklagte ihren Rechtsirrtum erkannte, scheiterte die Rückforderung von Überzahlungen, die länger als sechs Monate zurücklagen, an den tariflichen Ausschlußfristen (§ 63 BMT-G-O bzw. § 70 BAT-O). Für die nicht verfallenen Überzahlungen bis zum 31. Dezember 1995 hat die Beklagte den Wegfall der Bereicherung unterstellt und damit letztlich von einer Geltendmachung abgesehen. Dies begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Damit ist die Beklagte entsprechend der beim Land Berlin bestehenden Verwaltungsvorschrift verfahren, nach der der Wegfall der Bereicherung im Falle von Gehaltsüberzahlungen bis zu 10 vH, im Höchstfall 200,-- DM, vermutet wird. Da die Vergütungsdifferenz zwischen BMT-G II und BMT-G-O bis Oktober 1995 10 vH, in der Zeit danach 6 vH betragen hat, konnte der Höchstbetrag von 200,-- DM allenfalls geringfügig überschritten sein. Auch in diesen Fällen konnte die Bereicherung weggefallen sein. Deshalb wären die Rückforderungsansprüche nur in Einzelfällen tatsächlich realisierbar gewesen. Diese durfte die Beklagte angesichts des ansonsten erforderlichen - bei einer wirtschaftlichen Betrachtung unangemessenen - Verwaltungsaufwands vernachlässigen (vgl. Senatsurteil 26. November 1998, aaO, zu B II 2 c der Gründe). Daß die Beklagte die übertarifliche Vergütung vom 1. Januar 1996 bis zum 31. Juli 1996 zunächst noch unter Vorbehalt gezahlt und erst später zurückgefordert hat, ist im Hinblick auf die damals vom Land Berlin erhobene, im Ergebnis erfolglos gebliebene Verfassungsbeschwerde gegen das "Feuerwehrurteil" rechtlich nicht zu beanstanden (Senatsurteil 26. November 1998, aaO).
3. Der Kläger hat entgegen seiner Auffassung keinen Anspruch darauf, mit den in der Betriebsgruppe III beschäftigten Arbeitnehmern gleichbehandelt zu werden, deren Arbeitsverhältnisse nicht im Beitrittsgebiet begründet sind und die auch dann Vergütung nach BMT-G II erhalten, wenn sie ihre Arbeitsleistung überwiegend im ehemaligen Ostberlin erbringen. Die Ungleichbehandlung des Klägers gegenüber diesen Arbeitnehmern beruht nicht auf sachfremden Erwägungen der Beklagten, sondern auf den unterschiedlichen Geltungsbereichen von BMT-G II und BMT-G-O.
Diese Arbeitnehmer unterfallen nicht dem Geltungsbereich des BMT-G-O, denn der Entstehungsgrund für ihre Arbeitsverhältnisse liegt nicht im Beitrittsgebiet. Sie wurden nicht für eine Tätigkeit in dem in Art. 3 EV genannten Gebiet eingestellt, sondern für eine Tätigkeit in den alten Bundesländern. Deshalb gelten für sie ausschließlich die Bestimmungen des BMT-G II, und zwar auch dann, wenn sie später im Beitrittsgebiet eingesetzt werden. Demgegenüber ist das Arbeitsverhältnis des Klägers im Beitrittsgebiet begründet, da der Entstehungsgrund für sein Arbeitsverhältnis in der ehemaligen DDR lag.
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Dr. Peifer
Dr. ArmbrüstGräfR. Kamm
Matiaske
Fundstellen