Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristetes Arbeitsverhältnis nach dem HRG – Drittmittelforschung
Leitsatz (amtlich)
Die Befristung des Arbeitsverhältnisses eines wissenschaftlichen Mitarbeiters, der nicht in einem Forschungsvorhaben eingesetzt wird, kann nicht auf den in § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG geregelten Sachgrund der Drittmittelfinanzierung gestützt werden.
Normenkette
HRG § 25 Abs. 1, 5, § 57b Abs. 2 Nr. 4
Verfahrensgang
Tenor
Das Versäumnisurteil vom 12. Mai 1999 bleibt aufrechterhalten.
Die Beklagte hat die weiteren Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die wirksame Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30. September 1996.
Der Kläger war zunächst vom 1. Dezember 1989 bis zum 30. November 1994 als wissenschaftlicher Mitarbeiter in dem als Forschungsprojekt bezeichneten „Weiterbildungsprogramm Energieberatung/Energiemanagement” bzw. „zeitvariable lineare Stromtarife” aufgrund mehrfach befristeter Arbeitsverträge tätig. In den Verträgen war als Befristungsgrund § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG sowie die Möglichkeit zur Promotion vereinbart.
Am 9. November 1994 schlossen die Parteien unter Hinweis auf § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG einen weiteren bis zum 30. Juni 1995 befristeten Arbeitsvertrag, nach dem der Kläger ohne die Möglichkeit zur Promotion dem „drittmittelfinanzierten Forschungsprojekt Weiterbildungsprogramm Energieberatung/Energiemanagement” zugeordnet wurde. Dieses Arbeitsverhältnis wurde in der Folgezeit verlängert, zuletzt mit Schreiben vom 10. Januar 1996 bis zum 30. September 1996.
Das Weiterbildungsprogramm Energieberatung/Energiemanagement wurde von der beklagten Universität regelmäßig in der Zeit vom 1. Juli bis zum 30. Juni des Folgejahres durchgeführt. An dem Programm nahmen jeweils 80 bis 120 Personen teil, die dafür eine Teilnahmegebühr von jeweils 4.950,00 DM entrichteten. Die Teilnahmegebühren wurden ab dem 1. Januar 1991 in den Haushalt der Beklagten eingestellt. Aus ihr wurde die Stelle des Klägers finanziert; Überschüsse wurden anderweitig verwendet.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Befristung sei unwirksam. Der Sachgrund des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG liege nicht vor. Bei den Teilnahmegebühren handele es sich nicht um Drittmittel.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Befristung seines Arbeitsverhältnisses zum 30. September 1996 unwirksam ist,
hilfsweise, ihn im Falle des Obsiegens weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Der Senat hat die Revision der Beklagten durch Versäumnisurteil vom 12. Mai 1999 zurückgewiesen. Mit ihrem dagegen gerichteten Einspruch erstrebt die Beklagte die Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, das Versäumnisurteil aufrechtzuerhalten.
Entscheidungsgründe
Das Versäumnisurteil des Senats vom 12. Mai 1999 war aufrechtzuerhalten. Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben.
1. Zutreffend hat das Landesarbeitsgericht den zuletzt mit Schreiben vom 10. Januar 1996 bis zum 30. September 1996 verlängerten Arbeitsvertrag in der Fassung des Vertrags vom 9. November 1994 der Befristungskontrolle unterzogen. Danach haben die Parteien den Sachgrund des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG vereinbart.
2. Das Landesarbeitsgericht hat die Befristung des Arbeitsverhältnisses für unwirksam gehalten, weil die Gebühren für das Weiterbildungsprogramm von den jeweiligen Teilnehmern nicht zur Finanzierung der Stelle des Klägers bestimmt worden seien. Ob diese Rechtsauffassung zutreffend ist, bedarf keiner Entscheidung. Die Beklagte kann sich auf den in § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG geregelten Sachgrund der Drittmittelfinanzierung bereits deshalb nicht berufen, weil es sich bei dem Weiterbildungsprogramm nicht um ein Projekt der Drittmittelforschung handelt. Außerhalb von Forschungsvorhaben kann der Sachgrund des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG nicht zur Befristung der Arbeitsverhältnisse wissenschaftlicher Mitarbeiter herangezogen werden. Das folgt aus der Systematik und dem Zweck der Regelung.
a) Nach § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG liegt ein Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter vor, wenn seine Vergütung überwiegend aus Mitteln Dritter erfolgt und er der Zweckbestimmung dieser Mittel entsprechend beschäftigt wird. Dieser Sachgrund steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den Vorschriften des § 25 Abs. 1 und Abs. 4 HRG. Danach sind die in der Forschung tätigen Hochschulmitglieder zur Durchführung auch solcher Forschungsvorhaben berechtigt, die nicht aus Mitteln der Hochschule, sondern von Dritten zur Verfügung gestellt werden. Mit dem für die Mitarbeit an diesem Forschungsvorhaben einzustellenden Personal wird nach § 25 Abs. 5 Satz 1 HRG ein Arbeitsverhältnis zur Hochschule begründet. Damit weist § 25 Abs. 5 Satz 1 HRG der Hochschule für den Forschungsbereich zusätzlich die arbeitsrechtlichen Risiken eines Vertragsschlusses mit wissenschaftlichen Mitarbeitern zu, obwohl dafür keine Haushaltsmittel zur Verfügung stehen.
b) Mit der Einführung des Sachgrunds des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG wollte der Gesetzgeber die Anforderungen der Rechtsprechung an den Abschluß von Zeitverträgen mit wissenschaftlichen Mitarbeitern in drittmittelfinanzierten Forschungsvorhaben beseitigen. Dazu hat er die von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts für den Sachgrund der Drittmittelfinanzierung verlangte Ausrichtung der Befristung an der Dauer des Forschungsprojekts und einer negativen Prognose zur Weiterbewilligung der Drittmittel aufgehoben (vgl. BAG Urteil vom 22. November 1995 – 7 AZR 248/95 – BAGE 81, 300 = AP Nr. 8 zu § 57 b HRG). Dadurch sollte die Bereitschaft gesteigert werden, Drittmittel für die Durchführung von Forschungsprojekten einzuwerben, um auf diese Weise der Drittmittelforschung neue Impulse zu verleihen (BT-Drucks. 10/2283 S. 10; vgl. BVerfG Beschluß vom 24. April 1996 – 1 BvR 712/86 – AP Nr. 2 zu § 57 a HRG). Mit § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG wurde demnach ein Sachgrund geschaffen, der den besonderen Finanzierungsbedingungen von Forschungsvorhaben und der Abhängigkeit von Forschungsaufträgen Dritter Rechnung trägt.
c) Dieser Zweckbestimmung widerspricht es, den Sachgrund des § 57 b Abs. 2 Nr. 4 HRG auf die Befristung der Arbeitsverhältnisse wissenschaftlicher Mitarbeiter außerhalb von Forschungsvorhaben anzuwenden (ErfK/Müller-Glöge, § 57 b HRG Rz 20, 21; KR-Lipke, 5. Aufl., § 57 b HRG Rz 24; a.A. Reich, HRG, 5. Aufl. Rn 6). Für die Erfüllung ihrer sonstigen, durch § 2 HRG vorgegebenen Aufgaben, haben die Hochschulen wissenschaftliche Mitarbeiter ohnehin als eigenes Personal einzustellen und aus Haushaltsmitteln und sonstigen Einnahmen zu bezahlen. Die damit verbundenen Unsicherheiten zur Dauer der Aufgabe und deren Finanzierungsmöglichkeiten sind allgemeiner Art und mit den besonderen Unwägbarkeiten drittmittelfinanzierter Forschungsvorhaben nicht vergleichbar.
3. Nach den bindenden Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war der Kläger nicht in einem Forschungsvorhaben eingesetzt. Vielmehr war er als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit der Projektierung und der Durchführung eines Weiterbildungsprogramms für externe Teilnehmer betraut. Die Durchführung des Weiterbildungsprogramms war abhängig von der Teilnehmerzahl und dem daraus resultierenden Gebührenaufkommen. Die damit einhergehende Ungewißheit zum Arbeitskräftebedarf und zur Finanzierung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt keine Befristung.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 343 ZPO i.V.m. § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Schmidt zugleich für den wegen Urlaubs an der Unterschriftsleistung verhinderten Richter Prof. Dr. Steckhan, Nottelmann, Herbst
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 25.08.1999 durch Schiege, Justizsekretär z. A. als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 436088 |
BB 2000, 465 |
DB 2000, 523 |
EWiR 2000, 497 |
FA 2000, 98 |
JR 2000, 396 |
NZA 2000, 317 |
AP, 0 |
PersR 2000, 89 |
AUR 2000, 115 |