Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Oberarztes in einer Universitätsklinik
Leitsatz (amtlich)
- Setzt ein Eingruppierungsmerkmal für den Vergütungsanspruch die ständige Unterstellung einer bestimmten Anzahl anderer Angestellter durch ausdrückliche Anordnung voraus, ist erforderlich, daß diese durch das zuständige Organ des jeweiligen öffentlichen Arbeitgebers getroffen worden ist (vgl. BAG Urteil vom 18. Februar 1981 – 4 AZR 993/78 – AP Nr. 3 zu §§ 22, 23 BAT 1975 Sparkassenangestellte; BAG Urteil vom 25. Februar 1987 – 4 AZR 217/86 – AP Nr. 14 zu § 24 BAT).
- Ist ein Universitätsklinikum nicht in Abteilungen, sondern – wie regelmäßig – nach dem Kliniksystem in Kliniken gegliedert, kann nur der ständige Vertreter des leitenden Arztes einer Klinik die Voraussetzungen der Protokollnotiz Nr. 3 erfüllen, nicht hingegen derjenige des Leiters einer Abteilung der Klinik.
- Das Tatbestandsmerkmal der Vertretung des leitenden Arztes (Zahnarztes) “in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben” i.S. der Protokollnotiz Nr. 3 ist dann nicht erfüllt, wenn die Vertretung nicht die Aufgaben des leitenden Arztes als Mitglied des die Klinik leitenden mehrköpfigen Vorstandes umfaßt.
Normenkette
BAT 1975 §§ 22-23; BAT Anlage 1a VergGr. Ia Fallgr. 15, VergGr. I Fallgr. 6; BAT Protokollnotiz Nr. 3; Universitätsgesetz (UG) Baden-Württemberg §§ 29, 29b; Klinikumsverordnung (KlVO) § 5
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Streit der Parteien geht um die tarifgerechte Vergütung des Klägers.
Der am 12. Februar 1959 geborene Kläger ist Zahnarzt. Er trat am 1. November 1985 befristet bis zum 31. Oktober 1987 in die Dienste des beklagten Landes und ist seitdem am Universitätsklinikum T… in der Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (Zentrum für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde) – nachfolgend kurz: ZMK – beschäftigt. Während der Dauer des befristeten Arbeitsvertrages erhielt der Kläger Vergütung nach der VergGr. IIa BAT. Seit dem 1. November 1987 richtete sich das Arbeitsverhältnis der Parteien nach dem unbefristeten Arbeitsvertrag vom 24. September 1987. In § 2 dieses Arbeitsvertrages ist wie auch in den anderen Arbeitsverträgen der Parteien vereinbart, daß sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) vom 23. Februar 1961 einschließlich der Sonderregelungen und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen bestimmt, wobei die Parteien übereinstimmend davon ausgehen, daß die für die Bereiche Bund/Länder (BL) geltende Fassung maßgebend ist. Seit Beginn seiner unbefristeten Anstellung erhielt der Kläger Vergütung nach der VergGr. Ib BAT.
In der Bekanntmachung der Neugliederung der Universitätsklinika des Landes Baden-Württemberg nach dem Stand vom 1. Juni 1991 (W.u.K. 1991 S. 290 ff.) ist unter III die Gliederung des Universitätsklinikums T… dargestellt. Dieses ist in 13 Universitätskliniken und 6 medizinisch-theoretische Institute gegliedert. Das unter Ziff. 8 behandelte ZMK wies seinerseits seinerzeit folgende Gliederung auf:
- Abteilung Poliklinik für Zahnerhaltung
- Abteilung Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik I
- Abteilung Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik II mit Propädeutik
- Abteilung Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Paradontologie
- Abteilung Poliklinik für Kieferorthopädie
- Abteilung Klinik und Poliklinik für Kiefer- und Gesichtschirurgie
Der Kläger war seit Beginn des Arbeitsverhältnisses in der Abteilung Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik II mit Propädeutik – künftig kurz: Abteilung Prothetik II – beschäftigt.
Mit Schreiben vom 17. Februar 1992 teilte der Kläger der “Verwaltung der Universitätsklinik” mit, er sei mit Wirkung vom 12. Februar 1992 von Herrn Prof. W… zum diensttuenden Oberarzt in der Abteilung Prothetik II bestellt worden. Dies habe einerseits eine Mehrbelastung, andererseits eine Einkommensminderung wegen höherer Berufshaftpflichtversicherungsprämie zur Folge. Er wäre daher sehr dankbar, wenn die Verwaltung eine Gehaltszahlung nach BAT Ia prüfen könnte. Unter dem Schreiben befindet sich folgender von dem Ärztlichen Direktor Prof. Dr. W… unterzeichneter Zusatz: “Der Antrag wird befürwortet”.
Die Universitätsverwaltung teilte dem Kläger unter dem 24. Februar 1992 mit, daß den in einem Angestelltenverhältnis tätigen wissenschaftlichen Mitarbeitern keine Tätigkeiten mehr übertragen werden dürften, die einen Höhergruppierungsanspruch nach VergGr. Ia Fallgr. 8 BAT (= Ärzte, denen mindestens fünf Zahnärzte durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind) nach sich ziehen könnten. In einem Schreiben vom selben Tage wurde dem Ärztlichen Direktor Prof. Dr. W… von der Verwaltung des Universitätsklinikums u. a. mitgeteilt, Planstellen für Angestellte nach der VergGr. Ia BAT stünden nicht mehr zur Verfügung. Sämtliche Planstellen dieser Vergütungsgruppe seien im Rahmen der Überleitung in die neue Personalstruktur in Beamtenstellen der Besoldungsgruppe C 2 umgewandelt worden. Dies bedeute, daß in einem Angestelltenverhältnis stehende Ärzte nicht mehr in der Weise zu Oberärzten bestellt werden dürften, daß damit eine Unterstellung von mehr als vier Ärzten verbunden sei. Sei eine solche Unterstellung unverzichtbar, könne dem prinzipiell nur noch in der Weise entsprochen werden, daß der betreffende Arzt ins Beamtenverhältnis überführt werde. Die Verwaltung bitte, darauf zu achten, daß Herrn Dr. S… auch de facto nicht mehr als vier Ärzte ständig unterstellt seien. Von diesem Schreiben wurde der Kläger abschriftlich unterrichtet.
Mit Wirkung vom 1. Oktober 1992 wurde der Kläger in die Abteilung Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik I – nachfolgend kurz: Abteilung Prothetik I – versetzt. Er trat dort die Nachfolge des am 30. September 1992 ausgeschiedenen Oberarztes Prof. Dr. F… an, der nach der VergGr. Ia BAT vergütet worden war. Der Verwaltung des Klinikums wurde die Stellenumbesetzung, in der die Verwendung des Klägers als “Oberarzt BAT Ia” bezeichnet worden ist, unter dem 22. September 1992 mitgeteilt. Sie antwortete darauf mit Schreiben vom 6. Oktober 1992 an den Ärztlichen Direktor der Abteilung Prothetik I Prof. Dr. K…, gegen den Abteilungswechsel des Klägers selbst bestünden keine Einwände, und führte sodann aus, einer Bestellung zum Oberarzt auf die Weise, daß Herrn Dr. S… dadurch mehr als vier Zahnärzte ständig unterstellt wären, was den beantragten Höhergruppierungsanspruch zur Folge hätte, könne nicht zugestimmt werden.
Der Kläger unterzeichnete zwar den seiner Beschäftigung in der Abteilung Prothetik I zugrunde liegenden Arbeitsvertrag vom 7. Oktober 1992, in dem bestimmt ist, er erhalte Vergütung nach der VergGr. Ib BAT, fügte jedoch handschriftlich hinzu: “Vorbehaltlich der Höhergruppierung nach BAT Ia.”
Nach Abschluß des Habilitationsverfahren wurde der Kläger, nunmehr Privatdozent, durch Beschluß des Klinikumsvorstandes vom 1. Februar 1993 gemäß § 5 Abs. 4 KlVO (Klinikumsverordnung) zum stellvertretenden Abteilungsleiter der Abteilung Prothetik II am ZMK bestellt. Dieser Beschluß wurde dem Ärztlichen Direktor Prof. Dr. W… der Abteilung Prothetik II mit Schreiben vom 16. Februar 1993 mitgeteilt. Bezug genommen wird darin auf einen Antrag, den Kläger zum Oberarzt zu bestellen und in die VergGr. Ia BAT “einzustufen”. In dem Schreiben heißt es im Anschluß an den mitgeteilten Beschluß, der Kläger führe damit die Bezeichnung “Leitender Oberarzt” unter Angabe der Abteilung. Bezüglich der tariflichen Einstufung des Klägers sei die Personalabteilung der Verwaltung um weitere Veranlassung gebeten worden. Von diesem Schreiben erhielt der Kläger eine Abschrift.
Mit Zustimmung des Ministeriums für Wissenschaft und Forschung des beklagten Landes wurden die Abteilungen Prothetik I und Prothetik II der ZMK zusammengelegt und umbenannt in “Abteilung Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik mit Propädeutik” – nachfolgend kurz: Abteilung Prothetik –.
Durch Verfügung der Verwaltung des Universitätsklinikums vom 26. Juli 1993, dem Kläger ausgehändigt am 29. Juli 1993, wurden ihm ab dem Zeitpunkt der Aushändigung dieser Verfügung in der Abteilung Prothetik die Aufsicht über den Funktionsbereich “Klinische Prothetik” übertragen und ihm die in diesem Bereich tätigen Zahnärzte durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt. In der Verfügung ist weiter ausgeführt, mit ihrer Aushändigung sei der Kläger in die VergGr. Ia BAT Fallgr. 15 im Teil I der Vergütungsordnung eingruppiert.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ab 12. Februar 1992 Vergütung nach der VergGr. Ia BAT und ab 1. April 1993 Vergütung nach der VergGr. I BAT zu. Seit dem 12. Februar 1992 seien ihm in der Funktion des Oberarztes in der Abteilung Prothetik II ständig sechs Zahnärzte unterstellt gewesen, wie der Ärztliche Direktor Prof. Dr. W… ihm am 14. Oktober 1992 schriftlich bestätigt habe. Seit seiner Versetzung in die Abteilung Prothetik I ab 1. Oktober 1992 seien ihm als Oberarzt zehn Zahnärzte unterstellt gewesen, wie der Ärztliche Direktor Prof. Dr. K… ihm am 20. Oktober 1992 schriftlich bescheinigt habe. Seit der Zusammenlegung der beiden Abteilungen mit Wirkung vom 1. April 1993 erfülle er das Eingruppierungsmerkmal der VergGr. I Fallgr. 6 BAT, denn er sei als ständiger Vertreter des leitenden Zahnarztes, dem mindestens neun Zahnärzte unterstellt seien, durch ausdrückliche Anordnung bestellt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Ärztlichen Direktoren Prof. Dr. W… und Prof. Dr. K… seien zu den Unterstellungsanordnungen in ihren Abteilungen befugt gewesen. Anordnungen dieses Inhalts müßten bei der Leitung einer Abteilung getroffen werden. Jedenfalls habe er darauf vertrauen dürfen, daß die von ihnen getroffenen Unterstellungsanordnungen rechtmäßig gewesen seien. Die Klinikumsverwaltung habe die Dienstpläne nie beanstandet. Deshalb habe sie die Unterstellungsanordnungen gebilligt. Bei der Abteilung Prothetik handele es sich um eine Abteilung (Klinik) im Sinne der Protokollnotiz Nr. 3. Da dem Abteilungsleiter Prof. Dr. K… mindestens neun Zahnärzte ständig unterstellt seien, stehe ihm als dessen ständiger Vertreter Vergütung nach der Vergütungsgruppe I BAT zu.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, daß das beklagte Land verpflichtet ist, dem Kläger ab dem 12. Februar 1992 Vergütung nach Vergütungsgruppe Ia BAT und ab dem 1. April 1993 Vergütung nach der Vergütungsgruppe I BAT zu bezahlen.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat vorgetragen, vor dem 26. Juli 1993 sei keine wirksame Unterstellung von mindestens fünf Zahnärzten erfolgt, worauf der Kläger und die Ärztlichen Direktoren Prof. Dr. W… und Prof. Dr. K… auch hingewiesen worden seien. Daher sei für die Annahme einer wirksamen Unterstellungsanordnung kraft Duldungs- und Anscheinsvollmacht kein Raum. Dem Kläger stehe auch nicht ab 1. April 1993 Vergütung nach der VergGr. I BAT zu. Es gebe an keiner Universitätsklinik des Landes Baden-Württemberg den leitenden Arzt oder leitenden Zahnarzt im Sinne des Tarifrechts. Dies liege an der Struktur der Universitätsklinika in Baden-Württemberg. Dort werde jede Universitätsklinik nicht durch einen leitenden Arzt oder Zahnarzt geführt, sondern durch einen mehrköpfigen Vorstand. Der Kläger sei als leitender Oberarzt der Stellvertreter des Abteilungsleiters der zusammengelegten neubenannten Abteilung und damit zwar dessen Vertreter in medizinischer Hinsicht. Soweit der Abteilungsleiter, den er vertrete, Mitglied des Klinikvorstandes sei, habe der jeweilige Stellvertreter des Abteilungsleiters keine Befugnis. Zum anderen handele es sich bei der ihm zugeordneten “Abteilung” nicht um die “Anstalt” (Klinik oder Abteilung) im Sinn des Eingruppierungsmerkmals der VergGr. I Fallgr. 6 BAT in Verb. mit der Protokollnotiz Nr. 3, sondern um die unselbständige Untergliederung einer solchen Organisationseinheit.
Das Arbeitsgericht hat unter Abweisung der Klage im übrigen festgestellt, daß der Kläger ab dem 16. Februar 1993 in die VergGr. Ia BAT und ab 1. April 1993 in die VergGr. I BAT einzugruppieren sei. Dieses Urteil haben das beklagte Land mit der Berufung und der Kläger mit einer unselbständigen Anschlußberufung angegriffen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Berufung des beklagten Landes das Urteil des Arbeitsgerichts – teilweise – abgeändert, die Klage vollen Umfangs abgewiesen, die Anschlußberufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Mit der Revision erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils, soweit es der Klage stattgegeben hat, und seine teilweise Abänderung dahin, daß der Anspruch auf Vergütung nach VergGr. Ia BAT ab 12. Februar 1992 festgestellt werde. Das beklagte Land beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, daß es für das Klagebegehren keine Rechtsgrundlage gibt.
I. In der Revisionsinstanz hat der Kläger seinen Antrag dahin klargestellt, daß er die Feststellung des Bestehens der Ansprüche auf die von ihm geforderte Vergütung erstrebt. Bei seiner Klage handelt es sich somit um eine Eingruppierungsfeststellungsklage, die im öffentlichen Dienst allgemein üblich ist und gegen deren Zulässigkeit nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts keine Bedenken bestehen (z. B. Senatsurteil vom 19. März 1986 – 4 AZR 470/84 – AP Nr. 114 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
II. Die danach zulässige Klage ist jedoch nicht begründet. Der Kläger kann weder für die Zeit vom 12. Februar 1992 bis zum 26. Juli 1993 Vergütung nach der VergGr. Ia BAT noch für die Zeit seit dem 1. April 1993 nach der VergGr. I BAT verlangen, denn seine Tätigkeit erfüllt für diese Zeiträume kein Tätigkeitsmerkmal der genannten Vergütungsgruppen.
1. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Vereinbarung der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) einschließlich der Sonderregelungen und der diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen Anwendung, wobei die Parteien übereinstimmend davon ausgehen, daß die für die Bereiche BL geltende Fassung maßgebend ist.
2. Damit kommt es für die Eingruppierung des Klägers nach § 22 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 BAT darauf an, ob in seiner Tätigkeit zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale der vom Kläger in Anspruch genommenen Vergütung nach der VergGr. Ia BAT für die Zeit bis zum 26. Juli 1993 und VergGr. I BAT für die Zeit seit dem 1. April 1993 erfüllen.
2.1 Dabei ist von dem in der Senatsrechtsprechung entwickelten Begriff des Arbeitsvorgangs auszugehen, also von einer unter Hinzurechnung der Zusammenhangstätigkeiten und bei Berücksichtigung einer sinnvollen, vernünftigen Verwaltungsübung nach tatsächlichen Gesichtspunkten abgrenzbaren und rechtlich selbständig zu bewertenden Arbeitseinheit der zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führenden Tätigkeit eines Angestellten (Urteil des Senats vom 21. Oktober 1992 – 4 AZR 69/92 – AP Nr. 164 zu §§ 22, 23 BAT 1975, m.w.N.).
2.2 Das Arbeitsgericht hat keine Arbeitsvorgänge gebildet. Das Landesarbeitsgericht ist unter Hinweis auf die von ihm herangezogene Rechtsprechung des Senats vom zutreffenden Begriff des Arbeitsvorgangs ausgegangen und hat ausgeführt, der Kläger habe seine Tätigkeit einschließlich derjenigen eines stellvertretenden Abteilungsleiters nicht geschildert. Insbesondere sei zu – etwaigen – Aufgaben im Bereich der Forschung und der Lehre, also nicht der Krankenversorgung, nichts vorgetragen. Es könne nach dem Parteivortrag jedenfalls nicht ausgeschlossen werden, es seien ein oder zwei weitere Arbeitsvorgänge gegeben, die – gegebenenfalls “zusammen” – mehr als die Hälfte der Regelarbeitszeit des Klägers beanspruchten. Bereits das müsse die Abweisung der Klage zur Folge haben.
2.3 Diesen Ausführungen ist zwar zuzustimmen. Etwaige Aufgaben des Klägers im Bereich der Forschung und Lehre könnten einen oder mehrere selbständige Arbeitsvorgänge bilden (vgl. Urteil des Senats vom 14. August 1991 – 4 AZR 25/91 – AP Nr. 159 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Gleichwohl muß die Revision des Klägers nicht bereits aus diesem Grund erfolglos bleiben, denn die Parteien haben in der Revisionsverhandlung unstreitig gestellt, daß der Kläger zu mehr als der Hälfte seiner Arbeitszeit in der Krankenversorgung tätig ist. Auf der Grundlage dieses ergänzend vorgetragenen unstreitigen Sachverhalts richtet sich die Eingruppierung des Klägers nach seiner Tätigkeit als Zahnarzt im ZMK. Die Tätigkeit des Klägers als Zahnarzt in den früheren Abteilungen Prothetik II und Prothetik I und der neuen Abteilung Prothetik dienten/dienen einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich dem der gesamten pflegerischen und ärztlichen Versorgung der Patienten in den genannten Abteilungen des ZMK. Die Tarifvertragsparteien betrachten in aller Regel die Tätigkeit von Ärzten ohne Rücksicht auf die Einzelaufgaben rechtlich einheitlich, indem sie beispielsweise in VergGr. IIa Fallgr. 4 BAT die entsprechende tarifliche Mindestvergütung “Ärzten” zuerkennen. Dieses rechtliche Prinzip wenden die Tarifvertragsparteien auch in den vorliegend heranzuziehenden höheren Vergütungsgruppen – z. B. VergGr. Ia Fallgr. 8, VergGr. I Fallgr. 4 BAT – an. Daher sind nach dem erkennbaren Willen der Tarifvertragsparteien, die insoweit auch eine Fachfunktion umschreiben, die Tätigkeiten eines Arztes regelmäßig als ein Arbeitsvorgang anzusehen (Urteil des Senats vom 5. Dezember 1990 – 4 AZR 285/90 – BAGE 66, 306 = AP Nr. 153 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
2.4 Da die Tätigkeit des Klägers als Zahnarzt in der Krankenversorgung mehr als die Hälfte seiner Gesamtarbeitszeit belegt, bestimmt sie seine Eingruppierung, gleich ob ihm etwa in der Forschung und Lehre übertragene Aufgaben als Zusammenhangstätigkeiten seiner Tätigkeit als Zahnarzt in der Universitätszahnklinik zugeordnet werden können oder ob sie einen oder mehrere selbständige Arbeitsvorgänge bilden.
2.5 Letztlich bedarf es jedoch keiner abschließenden Entscheidung, ob die Tätigkeit des Klägers einen oder mehrere Arbeitsvorgänge bildet. Dem Kläger steht bei jedem denkbaren Zuschnitt der Arbeitsvorgänge nach seinem eigenen Tatsachenvortrag kein Anspruch auf die geforderte Vergütung zu. Seine zahnärztliche Tätigkeit entspricht nicht den Merkmalen der VergGr. Ia Fallgr. 15, VergGr. I Fallgr. 6 BAT; zu seiner etwaigen sonstigen Tätigkeit fehlt jeder Vortrag des Klägers dazu, daß sie einem Eingruppierungsmerkmal der VergGr. Ia und Ib BAT entspricht.
3. Für die Eingruppierung des Klägers sind folgende Tätigkeitsmerkmale des Teils I Allgemeiner Teil der Anl. 1a zum BAT/BL heranzuziehen:
Vergütungsgruppe I
- …
Zahnärzte in Anstalten und Heimen gemäß SR 2a und SR 2e III, die als ständige Vertreter des leitenden Zahnarztes durch ausdrückliche Anordnung bestellt sind, wenn dem leitendem Zahnarzt mindestens neun Zahnärzte ständig unterstellt sind.
(Hierzu Protokollnotizen Nr. 3 und 4)
Vergütungsgruppe Ia
- …
Zahnärzte, denen mindestens fünf Zahnärzte durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt sind.
(Hierzu Protokollnotiz Nr. 4)
Die Protokollnotiz Nr. 3 lautet:
Ständiger Vertreter im Sinne des Tätigkeitsmerkmals ist nur der Arzt (Zahnarzt), der den leitenden Arzt (Zahnarzt) in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben vertritt. Das Tätigkeitsmerkmal kann daher innerhalb einer Abteilung (Klinik) nur von einem Arzt (Zahnarzt) erfüllt werden.
4. Der Kläger kann nicht für die Zeit vor dem 29. Juli 1993 Vergütung nach der Vergütungsgruppe Ia BAT – der Kläger selbst fordert – hilfsweise – diese nur bis zum 26. Juli 1993 – verlangen, denn ihm waren in dieser Zeit nicht mindestens fünf Zahnärzte durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellt.
4.1 Die Anordnung des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. W…, dem Kläger seien als Oberarzt der Abteilung Prothetik II ständig fünf Zahnärzte unterstellt, ist für den Anspruch des Klägers auf die geforderte Vergütung unbeachtlich.
4.1.1 Das Tariferfordernis der fünf durch ausdrückliche Anordnung ständig unterstellten Zahnärzte bedeutet, daß der nach der VergGr. Ia Fallgr. 15 BAT zu vergütende Zahnarzt den anderen Zahnärzten gegenüber eine Weisungs- und Aufsichtsbefugnis auszuüben hat (vgl. Urteil des Senats vom 11. November 1987 – 4 AZR 336/87 – AP Nr. 140 zu §§ 22, 23 BAT 1975). Die Übertragung der Weisungs- und Aufsichtsbefugnis muß durch ausdrückliche Anordnung erfolgen. Sie muß von dem zuständigen Organ des jeweiligen öffentlichen Arbeitgebers getroffen werden. Die Unterstellungsanordnung bewirkt eine Änderung des Arbeitsvertrages nach zivilrechtlichen Grundsätzen (Urteil des Senats vom 11. November 1987 – 4 AZR 336/87 –, aaO) bezüglich des Inhalts der Arbeitspflicht und kann im Einzelfall zu einem höheren Vergütungsanspruch führen. Der Senat hat für die ausdrückliche Bestellung als “ständiger Vertreter” eines Gruppenleiters etc. im Sparkassenbereich entschieden, diese Bestellung habe durch das organisatorisch “zuständige Organ” der Sparkasse, im entschiedenen Fall durch den Vorstand zu erfolgen (Urteil des Senats vom 18. Februar 1981 – 4 AZR 993/78 – AP Nr. 3 zu §§ 22, 23 BAT 1975 Sparkassenangestellte). Er hat daran für die Bestellung eines Arztes als ständiger Vertreter des leitenden Arztes festgehalten (Urteil des Senats vom 25. Februar 1987 – 4 AZR 217/86 – AP Nr. 14 zu § 24 BAT). Für das Merkmal der “ausdrücklichen Anordnung” einer ständigen Unterstellung kann nichts anderes gelten. Von diesem Grundsatz geht auch das Landesarbeitsgericht aus, wenn es annimmt, der die ausdrückliche Anordnung der ständigen Unterstellung Treffende müsse über die erforderliche Vertretungsmacht im Verhältnis zum beklagten Land verfügen.
4.1.2 Zuzustimmen ist dem Landesarbeitsgericht auch darin, daß der Ärztliche Direktor Prof. Dr. W… nicht befugt war, dem Kläger durch ausdrückliche Anordnung mit Wirkung vom 12. Februar 1992 sechs Zahnärzte zu unterstellen. Dies folgt aus § 29b des Gesetzes über die Universitäten im Lande Baden-Württemberg (Universitätsgesetz – UG –, seinerzeit in der Fassung vom 4. Dezember 1989). Nach Absatz 1 Satz 1 dieser Vorschrift vertritt der Leitende Ärztliche Direktor die Universität in den Angelegenheiten des Universitätsklinikums als Vertreter des Präsidenten oder des Rektors. Das Gesetz sieht dort nicht vor, Ärztliche Direktoren einer Abteilung einer Klinik seien für Angelegenheiten, insbesondere Personalangelegenheiten, ihrer Abteilung vertretungsbefugt. Selbst wenn es “denkbar” wäre, daß der Geschäftsführende Direktor oder die Leitung der Klinik zur ausdrücklichen Anordnung einer Unterstellung im Sinne des Tarifrechts befugt seien, wenn dies zum laufenden Geschäft der Klinik gehöre, wirkt sich dies nicht zugunsten des Klägers aus, denn nicht diese, sondern der Abteilungsleiter der Abteilung Prothetik II, der Ärztliche Direktor Prof. Dr. W…, hat die Unterstellungsanordnung getroffen. Der “Abteilungsleiter (Ärztlicher Direktor)” hingegen ist aber nach § 5 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst über die Organisation der Universitätsklinika (Klinikumsverordnung-KlVO) vom 26. September 1986 (GBl Baden-Württemberg S. 373 f.) lediglich gegenüber dem Personal der Abteilung weisungsbefugt und aufsichtspflichtig. Die Unterstellungsanordnung, die bei Oberärzten zu Stellen der VergGr. Ia BAT führt, ist davon nicht abgedeckt. Diese gehört nicht einmal zu den laufenden Geschäften des Verwaltungsdirektors, nachdem sich das “MWK” die Entscheidung über die Eingruppierung von Oberärzten in diese Vergütungsgruppe vorbehalten hat.
4.1.3 Dem Landesarbeitsgericht ist auch darin beizupflichten, daß die Wirksamkeit der Unterstellungsanordnung des Prof. Dr. W… nicht mit den Grundsätzen der Duldungs- und Anscheinsvollmacht begründet werden kann. Dies bedarf deshalb hier keiner Begründung mehr, weil der Kläger in der Revisionsverhandlung ausgeführt hat, sich darauf nicht mehr berufen zu wollen.
4.1.4 Eine Genehmigung im Sinne von § 185 Abs. 2 BGB der mangels Vertretungsmacht unwirksamen Unterstellungsanordnung des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. W… durch den Verwaltungsdirektor des Universitätsklinikums ist nicht erklärt worden. Dies wird vom Kläger auch nicht behauptet.
4.1.5 Dem beklagten Land ist es auch nicht kraft Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich auf die Unwirksamkeit der Unterstellungsanordnung zu berufen, weil es, wie der Kläger begründend ausführt, in Kenntnis der Dienstpläne den Ärztlichen Direktor Prof. Dr. W… nicht angewiesen habe, die Unterstellung aufzuheben, sondern stattdessen seine – des Klägers – damit verbundene und auch notwendige Arbeitsleistung entgegengenommen habe. Das beklagte Land hat in seinem Schreiben vom 24. Februar 1992 an den Ärztlichen Direktor Prof. Dr. W…, dem Kläger zur Kenntnisnahme übersandt, klare Verhältnisse geschaffen. Danach konnten die Beteiligten sich richten. Abgesehen davon hat das beklagte Land in demselben Schreiben einen Weg gewiesen, wie die Bestellung zum Oberarzt durch Unterstellung von mehr als vier Zahnärzten zu verwirklichen sei, nämlich durch Überführung des betreffenden Arztes in das Beamtenverhältnis. Auf diese Anregung sind der Kläger und der Ärztliche Direktor Prof. Dr. W… nicht eingegangen.
4.2 Die Ausführungen zur Unwirksamkeit der Unterstellungsanordnung des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. W… (vorstehend 4.1) gelten entsprechend auch für diejenige des Ärztlichen Direktors Prof. Dr. K… vom 1. Oktober 1992. Auch diese ist aus den dargelegten Gründen für den tariflichen Vergütungsanspruch des Klägers unbeachtlich.
4.3 Dem Kläger steht auch nicht kraft des Beschlusses des Klinikumsvorstandes vom 1. Februar 1993 ab diesem Zeitpunkt Vergütung nach VergGr. Ia BAT zu.
4.3.1 Durch den Beschluß hat der Klinikumsvorstand der Bestellung des Klägers “zum stellvertretenden Abteilungsleiter der Abteilung Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik II” des ZMK zugestimmt. Der Kläger ist jedoch am 1. Oktober 1992 in die Abteilung Prothetik I des ZMK versetzt worden und seitdem dort tätig gewesen. Die Stelle des stellvertretenden Abteilungsleiters und der Abteilung Prothetik II hat er daher in der Zeit ab 1. Februar 1993 nicht mehr besetzt.
4.3.2 Auch wenn man zugunsten des Klägers annimmt, nach der Zusammenlegung der Abteilungen Prothetik I und Prothetik II mit Wirkung vom 1. April 1993 beinhalte der Beschluß vom 1. Februar 1993 die Zustimmung zu seiner Bestellung zum stellvertretenden Abteilungsleiter der neugebildeten Abteilung Prothetik im ZMK, führt der Beschluß selbst noch nicht zu dem Anspruch auf Vergütung nach der VergGr. Ia BAT. Zutreffend hat das beklagte Land geltend gemacht, dieser Beschluß sei ein Akt der internen Willensbildung, der noch Umsetzung nach außen bedurft habe. Zur Übertragung einer nach der VergGr. Ia BAT vergüteten Tätigkeit mußte die Verwaltung die Zustimmung des Ministers für Wissenschaft und Forschung einholen. Diese hat sie ausweislich der Personalakte mit Schreiben vom 25. Mai 1993 für den Kläger und einen weiteren Zahnarzt beantragt. Das Ministerium für Wissenschaft und Forschung hat mit Schreiben vom 8. Juni 1993 die Zustimmung erteilt und das Universitätsklinikum T… gebeten, “das Weitere zu veranlassen und die Unterstellungen der Zahnärzte schriftlich anzuordnen.” Dies ist hinsichtlich des Klägers durch Verfügung vom 26. Juli 1993, ihm ausgehändigt am 29. Juli 1993, geschehen. Erst zu diesem Zeitpunkt ist der Beschluß des Klinikumsvorstandes vom 1. Februar 1993 im Außenverhältnis vollzogen worden.
5. Der Kläger kann auch nicht seit dem 1. April 1993 Vergütung nach der VergGr. I BAT verlangen. Er ist nicht Vertreter eines Zahnarztes, der eine “Abteilung (Klinik)” im Sinne der Protokollnotiz Nr. 3 leitet. Darüber hinaus vertritt er diesen nicht, wie die Protokollnotiz außerdem fordert, in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben. In beidem niruist dem Landesarbeitsgericht zuzustimmen.
5.1 Nach Satz 2 der Protokollnotiz Nr. 3 kann das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. I Fallgr. 6 BAT in einer “Abteilung (Klinik)” nur von einem Arzt (Zahnarzt) erfüllt werden. Das Tatbestandsmerkmal “Abteilung (Klinik)” bedarf, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, der Auslegung.
5.1.1 Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Auszugehen ist zunächst vom Tarifwortlaut. Dabei ist der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen, ohne am Buchstaben zu haften (§ 133 BGB). Der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien ist über den reinen Wortlaut hinaus mitzuberücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat (Urteil des Senats vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Großhandel, m.w.N., unter I 2a der Gründe). Abzustellen ist ferner auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefern und nur so der Sinn und Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden kann. Läßt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, gegebenenfalls auch eine praktische Tarifübung ergänzend heranziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen; im Zweifel gebührt derjenigen Tarifauslegung der Vorrang, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Regelung führt (Urteil des Senats vom 23. September 1992 – 4 AZR 66/92 – AP, aaO).
5.1.2 Von diesen Grundsätzen ist das Landesarbeitsgericht bei der Auslegung des Tatbestandsmerkmals ausgegangen. Es hat ausgeführt, der Wortlaut der Protokollnotiz Nr. 3 verwende in Satz 2 den Begriff “Abteilung (Klinik).” Dabei diene der Klammerzusatz der Erläuterung, und zwar im Hinblick auf unterschiedliche Organisationsformen im kommunalen und im universitären Bereich. Im ersteren spreche man z. B. von einem Kreiskrankenhaus und meine damit die organisatorische Gesamtheit der der Krankenversorgung dienenden Einrichtungen, die je nach Versorgungsauftrag z. B. eine chirurgische, innere oder sonstige Abteilung umfasse, von denen gelegentlich, z. B. im städtischen Bereich, auch als Kinder-, Frauen- u.a. -klinik gesprochen werde. Die dem entsprechende Einheit sei im universitären Bereich des Bundeslandes Baden-Württemberg das Universitätsklinikum. Es verfüge über ein eigenes Leitungs- und Vertretungsorgan und über einen technischen Leitungsapparat. Das Universitätsklinikum T… umfasse eine Reihe von Kliniken, darunter die Universitätsklinik für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde. Sie habe, wie die anderen Kliniken, ein eigenes kollegiales Leitungsorgan und insoweit auch einen eigenen Leitungsapparat. Diese Klinik bestehe aus fachlich oder funktionsmäßig zusammengehörenden Abteilungen, hier von Interesse also der Abteilung (Poliklinik) für Zahnärztliche Prothetik mit Propädeutik. Auf dieser – vernachlässige man Rektor/Präsident – dritten Entscheidungsebene sei der Abteilungsleiter (§ 5 Abs. 1 KlVO) angesiedelt. Er könne nicht als der leitende Zahnarzt im Sinne von VergGr. I Fallgr. 6 BAT angesehen werden.
5.1.3 Diesen Ausführungen ist zuzustimmen. Der Begriff der “Abteilung” in der Protokollnotiz Nr. 3 Satz 2 ist ohne einen Zusatz, der die Art der gesamten Organisationseinheit beschreibt – z. B. Museums-, Lebensmittel- oder Krankenhausabteilung –, ohne beschreibenden Begriffsinhalt und in dieser Form nur als Teil eines gegliederten Ganzen zu definieren (Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, 1. Bd., S. 97). Mehr Aussagegehalt hat der in Klammern beigefügte Begriff “Klinik”. Darunter wird in der Umgangssprache eine öffentliche oder private Krankenanstalt, besonders ein Krankenhaus für bestimmte Krankheiten verstanden (Brockhaus/Wahrig, aaO, 4. Bd., S. 167). In der Rechtssprache wird der Begriff der “Klinik” als Wortbestandteil speziell für Krankenhäuser im Universitätsbereich verwandt. Krankenhäuser sind nach der Legaldefinition des § 2 Nr. 1 KHG (Krankenhausfinanzierungsgesetz – BGBl I 1986 S. 33 f.) “Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten, Leiden, Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht und verpflegt werden können. ” Diese Einrichtungen werden beispielsweise in den Krankenhausgesetzen der Länder generell als “Krankenhaus” bezeichnet, gleich ob nun Träger eine öffentliche Körperschaft, Anstalt oder Stiftung, eine religiöse, humanitäre oder soziale Vereinigung oder eine juristische Person des Privatrechts ist. Hingegen wird für Krankenhäuser im Universitätsbereich in diesen Gesetzen die Bezeichnung “Universitätskliniken” verwandt (z. B. § 2 Abs. 2 Baden-Württembergisches KHG, § 2 Abs. 1 Hessisches KHG, § 2 Abs. 3 Saarländisches KHG). Dies spricht dafür, daß der Begriff der “Klinik” in Satz 2 der Protokollnotiz Nr. 3 diejenige Bedeutung hat, wie bei seiner Verwendung als Bestandteil in dem Begriff “Universitätsklinik”. Klinik im Sinne des Klammerzusatzes sind somit – bezogen auf die Gliederung des Universitätsklinikums T… – beispielsweise die Universitäts-Hautklinik, die Orthopädische Universitätsklinik, die Universitäts-Augenklinik und auch das ZMK. Die tarifliche Gleichwertigkeit des Begriffs der Abteilung mit dem in Klammern genannten Begriff der Klinik in der Protokollnotiz Nr. 3 Satz 2 setzt daher für die Abteilung als gesamte Organisationseinheit ein Krankenhaus mit einem in der Breite der behandelten Krankheiten umfassenden oder jedenfalls weitergespannten Versorgungsangebot als demjenigen einer lediglich auf ein Fachgebiet begrenzten Universitätsklinik voraus, dessen Abteilung dann von der Breite des Versorgungsangebotes her dem einer Universitätsklinik entspricht. Die Abteilung einer Universitätsklinik ist daher ihrerseits nicht “Abteilung” im Sinne der Protokollnotiz.
Der Entscheidung des Senats vom 14. August 1991 – 4 AZR 25/91 –, aaO ist entgegen der Auffassung des Klägers keine davon abweichende Auslegung dieses Tatbestandsmerkmals zu entnehmen. Der Kläger jenes Rechtsstreits war zwar ständiger Vertreter eines leitenden Arztes, der seinerseits “Abteilungsleiter” war. Bei der Abteilung handelte es sich allerdings um die “Klinik für Allgemeinchirurgie”. Diese wird in jener Entscheidung nicht als Teil einer Klinik, sondern des gesamten Universitätsklinikums verstanden.
5.1.4 Kann das Tätigkeitsmerkmal der VergGr. I Fallgr. 6 BAT aber gemäß Satz 2 der Protokollnotiz Nr. 3 in einer Abteilung (Klinik) nur von einem Arzt (Zahnarzt) erfüllt werden, dann nur von demjenigen, der ständiger Vertreter des die Abteilung (Klinik) im vorstehend dargelegten Sinne leitenden Arztes/Zahnarztes ist, also bei einer Universitätsklinik desjenigen Arztes (Zahnarztes), der die gesamte Klinik leitet. Da der Ärztliche Direktor Prof. Dr. W… nicht Leiter des ZMK ist – dieses wird von einem Vorstand geleitet –, sondern Leiter der neugebildeten Abteilung Prothetik, ist der Kläger nicht zum ständigen Vertreter eines leitenden Zahnarztes bestellt, dessen Leitungsfunktion sich auf eine “Abteilung (Klinik)” im Sinne der Protokollnotiz Nr. 3 Satz 2 bezieht.
5.2 Der Kläger vertritt den Ärztlichen Direktor Prof. Dr. W… im übrigen nicht in der Gesamtheit seiner Dienstaufgaben, wie dies nach Satz 1 der Protokollnotiz Nr. 3 weiter erforderlich ist. Soweit der Prof. Dr. W… als Leiter der Abteilung Prothetik gemäß § 2 Abs. 3 Ziff. 2 KlVO dem Vorstand des ZMK angehört, wird er nicht vom Kläger vertreten. Dieser vertritt ihn nur in seinen ärztlichen Aufgaben.
5.3 Offenbar entspricht es auch der Auffassung des Klinikumsvorstandes, daß ein Arzt/Zahnarzt, der ständiger Vertreter eines Abteilungsleiters in einer Universitätsklinik mit mindestens neun unterstellten Ärzten/Zahnärzten ist, nicht das Eingruppierungsmerkmal der VergGr. I Fallgr. 6 BAT erfüllt, denn bei seinem Beschluß vom 1. Februar 1993 geht er davon aus, daß die Bestellung des Klägers zum stellvertretenden Abteilungsleiter der Abteilung Prothetik II des ZMK, in dem dem Abteilungsleiter seinerzeit zehn Zahnärzte unterstellt waren, nur zu einem Anspruch des Klägers auf Vergütung nach der VergGr. Ia BAT führt.
5.4 Es kann somit dahinstehen, ob der Beschluß des Klinikumsvorstandes vom 1. Februar 1993 eindeutig die Bestellung des Klägers zum Anwesenheitsvertreter des leitenden Zahnarztes beinhaltet. Nur dann und nicht bei Bestellung lediglich zu dessen Abwesenheitsvertreter wäre er nach der Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 14. August 1991 – 4 AZR 25/91 – AP Nr. 159 zu §§ 22, 23 BAT 1975) in VergGr. I eingruppiert.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Schaub, Friedrich, Bott, Kiefer, Pfeil
Fundstellen
Haufe-Index 871626 |
BB 1996, 384 |
NZA 1996, 710 |