Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsauslegung. Höhe der Ausbildungsvergütung. Auslegung der Vergütungsabrede. Eigenständigkeit der im Berufsausbildungsvertrag getroffenen Vergütungsvereinbarung. tarifliche Ausbildungssätze als Mindestvergütung. Berufsbildung
Leitsatz (amtlich)
Sind in einem Berufsausbildungsvertrag konkret bezifferte Vergütungssätze für das jeweilige Ausbildungsjahr als angemessene Ausbildungsvergütung vereinbart, liegt eine hierauf bezogene eigenständige Vergütungsvereinbarung auch dann vor, wenn abschließend bestimmt ist, daß mindestens die jeweils gültigen Tarifsätze gelten. Eine nach Vertragsschluß erfolgte Absenkung der Tarifsätze mindert nicht die vertraglich geschuldete Ausbildungsvergütung.
Orientierungssatz
- Entsprechen die im Berufsausbildungsvertrag genannten Vergütungssätze der bei Vertragsschluß geltenden tariflichen Ausbildungsvergütung, spricht das nicht gegen das Vorliegen einer eigenständigen Vergütungsvereinbarung, wenn Tarifsätze ausdrücklich als Mindestvergütung verabredet werden.
- Bei der Auslegung einer Vergütungsvereinbarung in einem Berufsausbildungsvertrag, ob es sich um eine eigenständige Vergütungsregelung oder lediglich eine deklaratorische Übernahme der tariflichen Sätze handelt, sind der Wortlaut der Vereinbarung und alle tatsächlichen Begleitumstände zu berücksichtigen. Dabei kann maßgebend sein, welche Absprache die Parteien als Grundregel vorangestellt haben.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; BBiG § 10 Abs. 1 S. 1; AGBG § 5
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Bremen vom 31. März 2000 – 3 Sa 293/99 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten noch über die Höhe der Ausbildungsvergütung des Klägers.
Die Beklagte bildete den Kläger vom 1. Dezember 1996 bis zum 31. Januar 1999 zum Brunnenbauer aus. Dem Berufsausbildungsvertrag vom 9. Dezember 1996 lag ein von der Handwerkskammer Bremen herausgegebener Formularvertrag zugrunde. In dem Vertrag heißt es ua.:
“
Der Ausbildende zahlt dem Lehrling (Auszubildenden) eine angemessene Vergütung, sie beträgt z.Zt. monatlich
DM 1.044,50 |
brutto im 1. Ausbildungsjahr |
DM 1.624,70 |
brutto im 2. Ausbildungsjahr |
DM 2.050,30 |
brutto im 3. Ausbildungsjahr |
DM |
brutto im 4. Ausbildungsjahr |
Soweit Vergütungen tariflich geregelt sind, gelten mindestens die jeweils gültigen Sätze.
…
”
Die in die Vertragsurkunde maschinenschriftlich eingefügten Vergütungsbeträge entsprachen den bei Vertragsschluß für gewerbliche Auszubildende geltenden tariflichen Sätzen. Durch Tarifvertrag vom 28. Februar 1997 wurden diese mit Wirkung zum 1. April 1997 um 9,5 % gekürzt. Seitdem zahlte die Beklagte die Ausbildungsvergütung in Höhe der verminderten Tarifsätze.
Der Kläger hat der Beklagten das Kürzungsrecht bestritten und für die Zeit vom 1. April 1997 bis zum 31. Januar 1999 in rechnerisch unstreitiger Höhe die Differenz zu den im Berufsausbildungsvertrag aufgeführten Beträgen geltend gemacht.
Der Kläger hat – soweit für das Revisionsverfahren von Bedeutung – beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.423,64 Euro (2.784,40 DM) brutto nebst 4 % Zinsen auf den verbleibenden Nettobetrag seit dem 1. Februar 1999 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat die Ansicht vertreten, sie habe mit dem Kläger im Berufsausbildungsvertrag Ausbildungsvergütung nur in Höhe der jeweils geltenden tariflichen Sätze vereinbart. Ab April 1997 habe sie lediglich die verminderte tarifliche Vergütung geschuldet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen; das Landesarbeitsgericht hat dem noch streitgegenständlichen Antrag stattgegeben. Die Beklagte erstrebt die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Die Beklagte ist verpflichtet, an den Kläger die Differenz zwischen der tariflich geregelten und der im Berufsausbildungsvertrag vereinbarten höheren Ausbildungsvergütung zu zahlen.
Unterschriften
Schmidt, Dr. Armbrüster, Brühler, Kapitza, G. Helmlinger
Fundstellen
Haufe-Index 874894 |
BB 2003, 1235 |
BB 2003, 428 |
DB 2003, 286 |
EBE/BAG 2003, 19 |
ARST 2003, 188 |
FA 2003, 86 |
NZA 2003, 435 |
SAE 2003, 273 |
AP, 0 |
EzA-SD 2003, 6 |
EzA |
MDR 2003, 274 |
PERSONAL 2003, 56 |