Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzulässige Ausübung der Rechte aus einem Versorgungsvertrag
Leitsatz (redaktionell)
Die Ausübung von Rechten aus einem Versorgungsvertrag kann nach Treu und Glauben unzulässig sein, wenn eine sehr günstige Versorgungszusage durch eine Pflichtverletzung verschafft wurde.
Normenkette
ArbGG § 64 Abs. 6; ZPO § 516 aF, §§ 138, 198, 212a aF, § 286
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Urteil vom 02.04.2001; Aktenzeichen 1 (4) Sa 825/98) |
ArbG Leipzig (Urteil vom 20.05.1998; Aktenzeichen 4 Ca 13299/96) |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 2. April 2001 – 1 (4) Sa 825/98 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob der Klägerin eine wirksame Versorgungszusage erteilt wurde, aus der sie Rechte herleiten kann.
Die Vollversammlung zur Gründung der Beklagten fand am 8. März 1990 statt. In der Tagesordnung dieser Vollversammlung heißt es ua.:
„4. geschlossene Sitzung
- Diskussion und Beschlußfassung zur Satzung, Wahlordnung und zum Ergänzungsbeschluß
- Wahldurchführung
- Konstituierende Sitzung des Präsidiums und Wahl des Präsidenten …”
Im Protokoll der Vollversammlung wird die Wahl eines Übergangspräsidiums unter Bezugnahme auf eine Wahlordnung erwähnt, nicht aber eine Beschlußfassung über die Satzung. In der „Niedersächischen Wirtschaft; Leipziger Wirtschaft, Informationen für die Mitglieder der IHK zu Leipzig” Heft 4 aus 1990 wird über die Vollversammlung vom 8. März 1990 ua. berichtet:
„Was geschah am 8. März 1990?
Von den 43 anwesenden Mitgliedern der Vollversammlung wurde zunächst die Satzung der IHK zu Leipzig beschlossen. Sie orientiert sich eng an der Satzung der mit uns befreundeten IHK Hannover-Hildesheim und trägt auch den Bestimmungen der Verordnung über die Industrie- und Handelskammern der DDR vom 1. März 1990 Rechnung. …”
Am 23. Oktober 1991 und am 25. Juni 1992 wurden jedenfalls satzungsändernde Beschlüsse gefaßt. Die Satzungsänderung vom 25. Juni 1992 wurde in der Ausgabe der LEIZPIGR WIRTSCHAFT vom 7. August 1992, die geänderte Satzung selbst nach Genehmigung durch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit am 4. November 1992 in Heft 3/1993 derselben Zeitschrift bekanntgemacht. In der letzten Bekanntmachung heißt es im hier wesentlichen wie folgt:
„Angenommen von der Vollversammlung am 8. März 1990, geändert im § 1 durch die Vollversammlung vom 23. Oktober 1991, geändert in §§ 1, 4, 12, 13 und 18 durch die Vollversammlung vom 25. Juni 1992, genehmigt durch das Sächsische Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit am 4. November 1992.
§ 1
Name, Sitz und Bezirk
…
(3) Die Kammer ist Körperschaft des öffentlichen Rechts und führt ein Dienstsiegel.
…
§ 9
Zusammensetzung des Präsidiums
Das Präsidium besteht aus dem Präsidenten und bis zu 8 Vizepräsidenten, die in geheimer Wahl von der Vollversammlung aus ihrer Mitte auf 4 Jahre gewählt werden. Sie nehmen ihr Amt bis zum Amtsantritt eines Nachfolgers wahr. Wiederwahl ist zulässig, aber auf 2 Wahlperioden begrenzt. …
§ 10
Aufgaben des Präsidiums
(1) Das Präsidium beschließt über die Angelegenheiten der Kammer, soweit Gesetz oder Satzung diese Aufgaben nicht der Vollversammlung vorbehalten. …
(3) Das Präsidium beschließt über die Bestellung der stellvertretenden Hauptgeschäftsführer und über Versorgungsverträge mit Angestellten.
…
§ 12
Geschäftsführung
(1) Die Geschäfte der Kammer werden nach den vom Präsidium aufgestellten Grundsätzen von dem Hauptgeschäftsführer und unter seiner Leitung von bis zu 2 stellvertretenden Hauptgeschäftsführern sowie Geschäftsführern und Geschäftsstellenleitern geführt. Diese müssen die für ihre Tätigkeit erforderliche Vorbildung besitzen.
…
§ 13
Anstellungsverträge
Alle Dienstverhältnisse der Kammer sind durch schriftliche Verträge zu regeln. Der Anstellungsvertrag ist vom Präsidenten und von einem Vizepräsidenten, die Verträge der stellvertretenden Hauptgeschäftsführer, Geschäftsführer und Geschäftsstellenleiter sind vom Präsidenten oder seinem Stellvertreter und vom Hauptgeschäftsführer oder seinem Stellvertreter zu unterzeichnen. …
§ 15
Vertretung der Kammer
(1) Der Präsident und der Hauptgeschäftsführer vertreten gemeinsam die Kammer rechtsgeschäftlich und gerichtlich.
(2) Für die Geschäfte der laufenden Verwaltung ist der Hauptgeschäftsführer allein vertretungsberechtigt. Er kann seine Vertretungsmacht auf Geschäftsführer, Geschäftsstellenleiter und weitere Mitarbeiter übertragen.
…
§ 18
Inkrafttreten
Die Satzung tritt mit Wirkung vom 8. März 1990 in Kraft.”
§ 10 Abs. 3 der Satzung war nicht geändert worden. Die Bestimmung über die Kammer als Körperschaft des öffentlichen Rechts war in § 1 Abs. 4 enthalten. § 18 lautete ursprünglich:
„Inkrafttreten
Die Satzung tritt am Tag nach ihrer Veröffentlichung in Kraft.”
Die Klägerin ist am 5. September 1943 geboren. Sie war seit dem 9. Mai 1990 bei der Beklagten zunächst als Verwaltungsangestellte, dann ab 1. Januar 1991 als Referentin Personalwesen, Geschäftsbereich Verwaltung und ab dem 1. Juli 1991 auf Grund eines vorläufigen Anstellungsvertrages als Geschäftsführerin Verwaltung tätig. Erstmals am 2./3. Mai 1991 nahm sie an einem Fachseminar zu Versicherungsfragen in einer Industrie- und Handelskammer und zum Versorgungsschutz teil. Mitte 1991 suchte sie zusammen mit dem damaligen Hauptgeschäftsführer M einen Fachmann für diese Fragen, einen Herrn A, auf, um sich über Einzelheiten von Versorgungsverträgen und deren Folgekosten für den Kammerhaushalt informieren zu lassen.
Durch Anstellungsvertrag vom 1. September 1991 wurde die Klägerin dann förmlich zur Geschäftsführerin Verwaltung berufen. In diesem, vom damaligen Präsidenten der Beklagten und dem damaligen Hauptgeschäftsführer unterschriebenen Vertrag heißt es ua.:
„§ 1
Frau S wird mit Wirkung vom 01.09.1991 bei der Kammer als Geschäftsführerin Verwaltung angestellt.
Ihre Aufgaben und Zuständigkeiten werden durch den Hauptgeschäftsführer geregelt, insbesondere im Rahmen des Geschäftsverteilungsplanes.
…
§ 3
Die Besoldung erfolgt nach Haustarif der IHK zu Leipzig in Anlehnung der für die Beamten des Landes Sachsen geltenden Gesetze und Verordnungen.
Die ruhegeldfähigen Dienstbezüge lehnen sich an das Bundesbesoldungsgesetz in seiner jeweils geltenden Fassung an.
…
§ 5
Frau S hat Anspruch auf Versorgung in Anlehnung an die beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen und auf Unfallfürsorge. Die Einzelheiten ergeben sich aus dem gesonderten Versorgungsvertrag. …”
Ein undatierter, von denselben Beteiligten unterzeichneter Versorgungsvertrag zwischen den Parteien lautet ua.:
„§ 1
Frau S hat Anspruch auf Versorgung nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen und auf Unfallfürsorge. Der Anspruch erstreckt sich auf Versorgung bei verminderter Erwerbsfähigkeit und im Alter sowie auf Hinterbliebenenversorgung. Die jeweiligen Ansprüche sind nach dem Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) in ihrer jeweils geltenden Fassung zu berechnen, und zwar unter besonderer Beachtung des § 3 BeamtVG.
§ 2
Die ruhegehaltsfähigen Dienstbezüge entsprechen den zuletzt bezogenen Dienstbezügen, soweit diese nicht ausdrücklich im Anstellungsvertrag als nicht ruhegehaltfähig bezeichnet sind.
…
§ 4
Als ruhegehaltfähige Dienstzeit gilt die Zeit ab 05.09.1983, d.h. ab Vollendung des 40. Lebensjahres.
…
§ 7
Versorgungsbezüge werden vom Zeitpunkt der Beendigung der Betriebszugehörigkeit an gewährt, wenn die Kammer, ohne daß ein in der Person von Frau S beruhender und von ihr verschuldeter wichtiger Grund (Treupflichtverletzung) vorliegt, den Anstellungsvertrag kündigt.
…
§ 9
Frau S hat zustimmend davon Kenntnis genommen, daß sie beim Versorgungsverband deutscher Wirtschaftsorganisationen angemeldet wird … „
Entsprechende Versorgungsverträge, für deren Vorbereitung die Klägerin zuständig war, wurden auch mit dem Hauptgeschäftsführer M und den weiteren sieben Geschäftsführern der Beklagten abgeschlossen. Mit Schreiben vom 21. November 1991 trat die Beklagte dem Versorgungsverband deutscher Wirtschaftsorganisationen bei, an den sie zwischen dem 1. September 1992 bis zum 31. Dezember 1996 insgesamt 1.539.295,09 DM an Beiträgen zahlte. Die übrigen Mitarbeiter der Beklagten erhielten auf der Grundlage einer mit dem Personalrat vereinbarten Versorgungsordnung das Versprechen, ihnen eine Zusatzversorgung unter Einschaltung der VBLU zu verschaffen.
Ende September 1996 wurde nach dem Vortrag der Beklagten in ihrem Haushaltsausschuß erkannt, daß der Posten „Altersversorgung” des Haushaltes erhebliche Mittel für die Altersversorgung der Geschäftsführer beinhaltete. Nach Aufklärung des Sachverhaltes und weiteren Informationen ua. über die finanziellen Einzelheiten der Mitgliedschaft im Versorgungsverband deutscher Wirtschaftsunternehmen kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin außerordentlich und hilfsweise ordentlich.
Hiergegen hat sich die Klägerin mit einer Kündigungsschutzklage gewendet, die vom Arbeitsgericht abgewiesen und im zweiten Rechtszug durch gerichtlichen Teilvergleich vom 12. September 2000 beendet worden ist. Hiernach wurden die angegriffenen Kündigungen vom 8. November 1996 nicht aufrechterhalten. Die Parteien einigten sich weiter dahin, daß das Arbeitsverhältnis zwischen ihnen durch eine ordentliche betriebsbedingte Kündigung der Beklagten vom 18. Dezember 1996 unter Einhaltung einer sozialen Auslauffrist mit Ablauf des 31. August 1998 aufgelöst worden sei. Bis zum Beendigungszeitpunkt wurde das Gehalt weitergezahlt.
Ausdrücklich vom Vergleich unberührt geblieben ist die Widerklage der Beklagten, mit der diese die Feststellung der Nichtigkeit der Versorgungszusage der Klägerin geltend macht.
Die Beklagte, deren Präsidium im Jahre 2000 die Genehmigung der getroffenen Versorgungsvereinbarungen endgültig verweigert hat, hat den Standpunkt eingenommen, der Versorgungsvertrag sei wegen eines Verstoßes gegen § 10 Abs. 3 der Satzung der Beklagten rechtsunwirksam, weil es keinen zustimmenden Beschluß des Präsidiums hierzu gebe. Die Satzung sei am 8. März 1990 durch die Vollversammlung wirksam beschlossen worden. Das Protokoll der Vollversammlung gebe deren Verlauf nicht vollständig wieder. Aus Presseveröffentlichungen ergebe sich, daß es einen Beschluß gegeben habe, mit dem die Satzung verabschiedet worden sei. Auf dessen Protokollierung könne es nicht ankommen, weil die Satzung einstimmig verabschiedet worden sei. Darüber hinaus habe sie, die Beklagte, am 25. Juni 1992 mit Genehmigung der Aufsichtbehörde beschlossen, daß ihre Satzung rückwirkend zum 8. März 1990 in Kraft trete. In der Zeit bis zur ihrer Veröffentlichung habe die Satzung vom 8. März 1990 jedenfalls im Verhältnis zu den Beschäftigten Gültigkeit gehabt, denen aus erster Hand die Satzung bekannt gewesen sei.
Die Beklagte hat behauptet, ihr Präsidium habe dem Versorgungsvertrag mit der Klägerin weder ausdrücklich noch konkludent zugestimmt. Es sei überhaupt erst seit August 1991, nachdem die Klägerin vorläufige Geschäftsführerin geworden sei, von solchen Versorgungsverträgen mit Mitarbeitern die Rede gewesen. Auch inhaltlich seien die außerordentlich belastenden Versorgungsvereinbarungen, über die die Klägerin den Präsidenten pflichtwidrig nicht im einzelnen informiert habe, auch angesichts der rückwirkenden Anerkennung und Berücksichtigung von Anwartschaftszeiten nicht zustimmungsfähig gewesen. Die Klägerin, der die Kammersatzung wie allen Beschäftigten bekannt gewesen sei, habe auch nicht auf eine wirksame Versorgungszusage vertrauen können. Im übrigen habe es gerade auch der Klägerin oblegen, sich mit den geplanten Versorgungszusagen zu befassen. Sie habe die entsprechenden Beschlüsse vorzubereiten und die Gremien, damit eine ordnungsgemäße Beschlußfassung ermöglicht werde, voll und ganz über die Tragweite solcher Beschlüsse zu informieren gehabt. Auch der damalige Präsident habe davon ausgehen müssen, daß die in einem beamtenähnlichen Verhältnis stehenden Geschäftsführer redlich handelten, ihn voll informierten, entsprechende Beschlüsse, soweit sie erforderlich seien, herbeiführten und die Satzung einhielten. Dies sei aber nicht geschehen.
Die Beklagte hat zuletzt widerklagend beantragt
festzustellen, daß die Versorgungszusage gemäß § 5 des Anstellungsvertrages vom 1. September 1991 und der Versorgungsvertrag mit Wirkung ab 1. September 1991 nichtig ist.
Die Klägerin hat beantragt, die Widerklage abzuweisen. Nach ihrer Auffassung ist der Versorgungsvertrag wirksam. Die Satzung der Beklagten sei zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht verkündet und deshalb unwirksam gewesen. Es habe deshalb eines Präsidiumsbeschlusses nach § 10 Abs. 3 der Satzung nicht bedurft. Eine Rückwirkung der Satzung durch die Veröffentlichung im Jahre 1993 komme nicht in Betracht. Sie, die Klägerin, habe auch darauf vertrauen dürfen, daß der Präsident und der Hauptgeschäftsführer einen etwa erforderlichen Verfahrensweg einhalten. Im übrigen beruhten die abgeschlossenen Versorgungsverträge auf einem intensiven Informationsgespräch, das der Präsident und der Hauptgeschäftsführer M der Beklagten mit dem Zeugen A geführt hätten.
Sie, die Klägerin, bestreite auch mit Nichtwissen, daß das Präsidium der Beklagten ihrem Versorgungsvertrag nicht zugestimmt habe. Es müsse berücksichtigt werden, daß in dem vom Präsidium jährlich erstellten Haushaltsplan unter dem Titel 4400 „Beiträge an Ruhegehaltskassen und Versorgungsträger” die Beiträge zum Versorgungsverband gesondert aufgeführt und jeweils auch in den Prüfberichten besonders genannt wurden. In dem für das Jahr 1992 erstellten Prüfbericht sei ausdrücklich darauf hingewiesen worden, daß „im Vorjahr 9 leitenden Angestellten eine Versorgungszusage gegeben und die Verpflichtung beim Versorgungsverband deutscher Wirtschaftsorganisationen, Mühlheim (Ruhr), rückgedeckt” worden sei. Im April 1993 habe es im Präsidium eine Diskussion über Gehälter gegeben, in deren Verlauf es auch um die Versorgung der Geschäftsführer gegangen sei. Bei dieser Gelegenheit habe sie, die Klägerin, Ausführungen zu den Versorgungsverträgen gemacht und sei vom Vizepräsidenten und anderen hierzu befragt worden. Schließlich habe die Beklagte selbst beim Sozialgericht Leipzig einen Prozeß gegen den Freistaat Sachsen auf Feststellung der Versicherungsfreiheit der Klägerin und der übrigen Geschäftsführer in der gesetzlichen Rentenversicherung im Hinblick auf deren Versorgungsanwartschaft nach beamtenrechtlichen Grundsätzen geführt, der mit einem Anerkenntnis des Freistaates geendet habe.
Das Arbeitsgericht hat der Widerklage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat sie abgewiesen. Mit ihrer Revision strebt die Beklagte insoweit die Wiederherstellung des Urteils erster Instanz an.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann die Widerklage nicht abgewiesen werden. Zwar ist die Versorgungsvereinbarung wirksam zustande gekommen und ist auch nicht nach § 138 BGB nichtig. Auf Grund der bisherigen Feststellungen läßt sich jedoch noch nicht beurteilen, ob die Berufung der Klägerin auf den Versorgungsvertrag gegen § 242 BGB verstößt.
A. Die Revision ist allerdings nicht bereits deshalb begründet, weil die Berufung der Klägerin verfristet und deshalb unzulässig gewesen wäre, so daß eine Prozeßfortsetzungsvoraussetzung in der Berufungsinstanz gefehlt hätte und eine Sachentscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht hätte ergehen dürfen.
Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend festgestellt, daß die Klägerin innerhalb einer am 7. Juli 1998 beginnenden Berufungsfrist Berufung gegen das arbeitsgerichtliche Urteil eingelegt hat. Das Landesarbeitsgericht durfte von einem Fristbeginn 7. Juli 1998 ausgehen. Die Berufungsfrist beginnt nach § 64 Abs. 6 ArbGG, § 516 ZPO aF mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefaßten Entscheidung zu laufen. Bei der Zustellung an einen Anwalt genügt zum Nachweis der Zustellung das mit Datum und Unterschrift versehene schriftliche Empfangsbekenntnis des Anwalts, das Beweis erbringt für die Entgegennahme des bezeichneten Schriftstücks als zugestellt und für den Zeitpunkt dieser Entgegennahme (Zöller/Stöber ZPO 22. Aufl. § 212 a Rn. 10, § 198 Rn. 15 mwN). Der Klägervertreter hat das ihm zusammen mit dem Urteil erster Instanz zugestellte Empfangsbekenntnis unterzeichnet, wonach er dieses Urteil am 7. Juli 1998 erhalten habe.
Die Beklagte hat die hierauf beruhende Feststellung des Landesarbeitsgerichts unter Hinweis auf §§ 138, 286 ZPO gerügt und darauf hingewiesen, sie habe Beweis für die Zustellung vor dem 7. Juli 1998 durch Vernehmung der Justizangestellten Leuschner-Rothe angeboten. Bei einer Vernehmung dieser benannten Zeugin wäre zur Überzeugung des Gerichts ausgesagt worden, daß diese die Zustellung an den Prozeßbevollmächtigten der Klägerin am 25. Juni 1998 veranlaßt habe. Unter diesen Umständen wäre bei einer üblicherweise zu erwartenden Postlaufzeit das Urteil weit vor dem 7. Juli 1998 in der Kanzlei der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin eingegangen und dem Prozeßbevollmächtigten zur Kenntnis gelangt. Diese Rüge ist unbegründet. Zwar ist der Gegenbeweis der Unrichtigkeit der Angaben auf dem Empfangsbekenntnis nicht von vornherein ausgeschlossen. Es genügt jedoch nicht, wenn auf Grund festgestellter Tatsachen nur die Möglichkeit unrichtiger Angaben besteht, die Richtigkeit der Angaben also erschüttert ist (Zöller/Stöber aaO § 198 Rn. 15 mwN). Vielmehr sind an den Nachweis eines falschen Datums strenge Anforderungen zu stellen (BGH 29. Oktober 1986 – IVa ZR 120/85 – NJW 1987, 1335). Es muß die Beweiswirkung des § 198 und § 212 a ZPO aF vollständig entkräftet, also jede Möglichkeit der Richtigkeit der Empfangsbestätigung ausgeschlossen werden (BGH 7. Juni 1990 – III ZR 216/89 – NJW 1990, 2125, 2126). Dies wäre aber auch dann nicht der Fall, wenn die benannte Zeugin die in ihr Wissen gestellten Tatsachen zur Überzeugung des Gerichts ausgesagt hätte. Damit stünde zwar fest, daß die Urteilsausfertigung längere Zeit vor dem 7. Juli 1998 auf den Postweg gekommen und die normale Postlaufzeit mehrere Tage vor dem 7. Juli 1998 ausgelaufen wäre. Es würde aber nicht feststehen, daß das Urteil bereits vor dem 7. Juli 1998 vom Prozeßbevollmächtigten der Klägerin mit dem Willen entgegengenommen worden ist, es als zugestellt gegen sich gelten zu lassen.
B. Die Revision ist jedoch begründet, weil entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts noch nicht abschließend beurteilt werden kann, ob die Klägerin aus der ihr vertraglich erteilten Versorgungszusage Rechte herleiten kann.
I. Nach dem Wortlaut ihres Widerklageantrages macht die Beklagte zwar nur die Feststellung der Nichtigkeit des Versorgungsvertrages geltend. Aus ihrem gesamten Prozeßvortrag ergibt sich jedoch, daß es der Beklagten zugleich auch allgemein um eine Feststellung geht, daß sich die Klägerin auf die ihr gegebene Versorgungszusage nicht berufen kann, weil sie nach Treu und Glauben keine Wirkung hat. Die Beklagte strebt erkennbar unter jedem rechtlichen Gesichtspunkt die Feststellung an, daß sie gegenüber der Klägerin keine Versorgungsverbindlichkeiten aus dem Versorgungsvertrag hat.
II. Das Landesarbeitsgericht hat sich zwar mit der Frage befaßt, ob der Versorgungsvertrag mit der Klägerin wirksam zustande gekommen ist und hat sie im Ergebnis zu Recht bejaht. Es ist indes nicht darauf eingegangen, ob es der Klägerin nach Treu und Glauben versagt ist, sich auf diesen Vertrag zu berufen. Insoweit fehlen noch die nach dem Vortrag der Parteien gebotenen tatsächlichen Feststellungen; diese sind nach der Zurückverweisung des Rechtsstreits nachzuholen.
1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, zwischen den Parteien sei ein wirksamer Versorgungsvertrag zustande gekommen. Die Satzung der Beklagten und deren § 10 Abs. 3 stehe dem nicht entgegen. Es sei schon zweifelhaft, ob die Satzung überhaupt wirksam beschlossen worden sei. Jedenfalls sei sie zum Zeitpunkt des Abschlusses des Versorgungsvertrages nicht wirksam gewesen, weil sie entgegen den Anforderungen ihres § 18 selbst und entgegen dem damals geltenden Recht der DDR nicht ordnungsgemäß veröffentlicht worden sei. Auch die rückwirkende Inkraftsetzung der Satzung zum 8. März 1990 durch die Satzung in der Fassung vom 25. Juni 1992 ändere hieran nichts. Die Rückwirkung habe sich nicht auf individualrechtliche Vereinbarungen bezogen, die bereits vor rückwirkender Inkraftsetzung der Satzung getroffen worden seien. Auch der Umstand, daß die Beklagte möglicherweise erst mit der rechtsgültigen Inkraftsetzung der Satzung im Jahre 1993 rechtsfähig entstanden sei, ändere an der Wirksamkeit des Versorgungsvertrages nichts. Zwar komme deshalb in Betracht, daß bis dahin nur ein faktisches Arbeitsverhältnis bestanden habe. Dieses sei aber in der Folgezeit ohne jede Einschränkung, auch einschließlich des vertraglichen Versorgungsversprechens, fortgesetzt worden. Wenn die Beklagte das Arbeitsverhältnis fortsetze, nachdem sie selbst die Satzung vom 8. März 1990 nochmals rückwirkend beschlossen habe, müsse davon ausgegangen werden, daß die Beklagte und auch deren Präsidium zu diesem Zeitpunkt über die bestehenden Verträge und die sich daraus ergebenden Verpflichtungen Kenntnis gehabt hätten. Die Beklagte treffe nach den Grundsätzen der Beweisnähe die Darlegungs- und Beweislast für das Gegenteil. Dem sei die Beklagte nicht nachgekommen. Auf Grund der feststehenden vielfachen Befassung der Organe der Beklagten mit den Versorgungsverträgen der Geschäftsführer spreche alles dafür, daß die Beklagte als Körperschaft des öffentlichen Rechts, vertreten durch ihre Organe, die Versorgungsregelung mit der Klägerin, wie sie im Rahmen des Anstellungsvertrages getroffen worden sei, habe fortsetzen und aufrecht erhalten wollen. Dabei sei von dem Vorbringen der Klägerin als richtig auszugehen, daß im April 1993 eine Diskussion über die Gehälter im Präsidium der Beklagten stattgefunden habe, in dessen Verlauf auch über die Versorgung der Geschäftsführer gesprochen worden sei. Das allgemeine Bestreiten der Beklagten sei nicht ausreichend.
2. Dem folgt der Senat nur im Ergebnis. Der Versorgungsvertrag zwischen den Parteien ist wirksam zustande gekommen. Dabei kommt es allerdings entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts nicht darauf an, ob die Organe der Beklagten nach Bekanntmachung der Satzung die zuvor abgeschlossenen Verträge einschließlich der Versorgungsverträge bewußt fortgesetzt haben.
a) Der Annahme, daß der Versorgungsvertrag mit der Klägerin wirksam zustande gekommen ist, steht nicht entgegen, daß die Satzung der Beklagten bei Vertragsschluß noch nicht veröffentlicht worden war. Dies bedeutete nicht, daß die Beklagte nicht auch schon im Jahre 1991 in der Lage war, Verträge zu schließen. Die Beklagte war schon damals eine in Vollzug gesetzte, körperschaftlich organisierte Einheit. Ob es zu ihrer vollwirksamen Entstehung als Körperschaft des öffentlichen Rechts im Jahre 1990 einer ordnungsgemäß bekannt gemachten Satzung bedurfte, kann dahinstehen. Auch eine in Vollzug gesetzte fehlerhafte Körperschaft des öffentlichen Rechts kann jedenfalls im Innenverhältnis zu den bei ihr Beschäftigten, wo es auf ihre öffentlich-rechtlichen Befugnisse nicht ankommt, Rechte und Pflichten begründen. Sie werden spätestens mit Entstehung der Vollwirksamkeit, also nach aufsichtsrechtlicher Genehmigung und Veröffentlichung der Satzung, ohne weiteres Rechte und Pflichten der Körperschaft.
b) Darauf, ob die später veröffentlichte Satzung der Beklagten bereits bei Abschluß des Versorgungsvertrages voll wirksam war, kommt es auch in Ansehung von § 10 Abs. 3 der Satzung nicht an. Auch wenn diese Bestimmung schon damals zumindest als übereinstimmend gewollte Binnenordnung gegolten haben sollte, würde dies am Zustandekommen eines wirksamen Versorgungsvertrages nichts ändern.
Bei Abschluß des Versorgungsvertrages handelten auf Seiten der Beklagten für diese deren damaliger Präsident und der Hauptgeschäftsführer. Dies waren die Personen, die nach § 7 des Gesetzes zur vorläufigen Regelung des Rechts der Industrie- und Handelskammern (IHK-Gesetz vom 18. Dezember 1956 BGBl. I S 920) nach näherer Maßgabe der Satzung vertretungsbefugt waren. Diese Bestimmung gilt auch für eine in Vollzug gesetzte, wegen noch nicht bekannt gemachter Satzung fehlerhafte Industrie- und Handelskammer. Sie führt jedenfalls dann zu einem für die werdende Körperschaft wirksamen Vertragsschluß, wenn ein als Binnenordnung gewolltes Regelwerk, als das man die nichtveröffentlichte Satzung ansehen kann, dem nicht entgegensteht. So verhält es sich im vorliegenden Fall. Die später veröffentlichte Satzung der Beklagten sieht in § 15 Abs. 1 ebenso wie § 7 IHK-Gesetz eine umfassende, gemeinschaftlich auszuübende rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht des Präsidenten und des Hauptgeschäftsführers vor. Diese Vertretungsmacht wird durch die Regelung in § 10 Abs. 3 der Satzung nicht eingeschränkt. Der dort vorgesehene Vorbehalt, wonach über Versorgungsverträge ein Beschluß des Präsidiums erforderlich ist, begrenzt lediglich die Geschäftsführungsbefugnis der für die Beklagte vertretungsbefugten Personen im Verhältnis zur Industrie- und Handelskammer. Dies ergibt sich bereits daraus, daß in § 10 Abs. 3 der Satzung nicht der Abschluß von Versorgungsverträgen mit Angestellten oder die Bestellung der stellvertretenden Hauptgeschäftsführer selbst dem Präsidium vorbehalten ist. Ihm ist lediglich die Aufgabe zugewiesen, hierüber Beschluß zu fassen und so die Befugnisse von Präsident und Hauptgeschäftsführer näher zu bestimmen. Eine Wirkung der Beschlußfassung auf deren Vertretungsmacht ist in der Satzung nicht vorgesehen; der umfassend formulierte § 15 Abs. 1 verweist nicht auf § 10.
c) Der hiernach formell wirksam zwischen der Beklagten und der Klägerin zustande gekommene Versorgungsvertrag ist auch nicht nach § 138 Abs. 2 BGB nichtig.
Die der Klägerin erteilte Versorgungszusage ist zwar auffallend günstig. Mit einem fiktiven Eintrittsalter im Jahre 1983, also sieben Jahre vor der Aufnahme der Tätigkeit der Klägerin bei der Beklagten, und der Fälligkeit von Versorgungsleistungen auch schon zum Zeitpunkt einer vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch arbeitgeberseitige ordentliche Kündigung wurden der Klägerin Rechte eingeräumt, die jedenfalls nicht allgemein üblich sind. Die Beklagte hat indes nicht hinreichend konkret vorgetragen, daß der Versorgungsvertrag auch unter Berücksichtigung der letzten Bezüge der Klägerin unter den besonderen Umständen des Jahres 1991 im Beitrittsgebiet in einem auffälligen Mißverhältnis zu der von der Klägerin erwarteten Arbeitsleistung und ihrer Position bei der Beklagten stand. Die Beklagte hat nicht einmal dargelegt, daß die Versorgungszusagen für Geschäftsführer anderer Industrie- und Handelskammern, insbesondere in den neuen Bundesländern, im allgemeinen weniger günstig waren. Angesichts dessen kommt es nicht darauf an, ob die subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 BGB in einer Fallkonstellation, wie sie vorliegend gegeben ist, überhaupt vorliegen oder zu vermuten sein können.
III. Das Landesarbeitsgericht hat indes noch nicht geprüft, ob die Klägerin Rechte aus dem wirksam zustande gekommenen Versorgungsvertrag herleiten kann. Dies wird es nachzuholen haben. Der Klägerin könnte die Ausübung von Rechten aus dem Versorgungsvertrag nach Treu und Glauben versagt sein, wenn sie sich die für sie sehr günstige Versorgungszusage durch eine Pflichtverletzung verschafft hätte, angesichts deren eine Berufung auf die formelle Vertragslage treuwidrig wäre. In diesem Zusammenhang bedarf es weiterer Sachaufklärung.
1. Der Senat geht allerdings davon aus, daß die Satzung der Beklagten und insbesondere deren § 10 Abs. 3 im Jahre 1991 jedenfalls für die Organe und Arbeitnehmer wie die Klägerin verbindlich war, sei es als im Betrieb der Beklagten bekannt gemachter Beschluß der Mitgliederversammlung, sei es als Inhalt einer Arbeitsanweisung an alle Mitarbeiter der Beklagten.
2. Der Einwand des Rechtsmißbrauchs durch die Beklagte kann gerechtfertigt sein, wenn die Klägerin als hierfür zuständige Geschäftsführerin es zu vertreten hatte, daß Präsident und Hauptgeschäftsführer beim Abschluß des Versorgungsvertrages ihre Vertretungsmacht im Widerspruch zu ihrer durch § 10 Abs. 3 der Satzung eingeschränkten Geschäftsführungsbefugnis wahrgenommen haben (vgl. hierzuBGH 7. November 1977 – II ZR 236/75 – MDR 1978, 388).
a) Von einer Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis ist auszugehen. Die vertretungsberechtigten Organe der Beklagten haben den Versorgungsvertrag mit der Klägerin ohne einen entsprechenden Beschluß des Präsidiums abgeschlossen. Die Klägerin hatte zwar insoweit mit Nichtwissen bestritten, daß das Präsidium dem Versorgungsvertrag nicht zugestimmt habe. Es kann dahinstehen, ob dieses Bestreiten ordnungsgemäß war. Nachdem die Klägerin vorgetragen hat, sie habe während des Rechtsstreits vom Zeuge M erfahren, daß der damalige Präsident der Beklagten die Entscheidung über die Versorgungsverträge ohne Hinzuziehung des Präsidiums „auf seine Kappe” nehmen wolle, kann nicht mehr angenommen werden, daß sie ihr Bestreiten aufrechterhalten will. Es ist im übrigen auch äußerst zweifelhaft, ob die Klägerin als zumindest abstrakt für Versorgungsverträge Verantwortliche das Vorliegen einer satzungsgemäßen Voraussetzung für den Abschluß solcher Versorgungsverträge mit Nichtwissen bestreiten kann.
Auch eine spätere Genehmigung der Versorgungsverträge durch das Präsidium hat die Klägerin nicht schlüssig behauptet. Die Angaben in den jeweils verabschiedeten Haushalten der Beklagten zu den Versorgungskosten und der Prüfvermerk des Jahres 1992 sowie die behauptete, von der Beklagten nicht hinreichend substantiiert bestrittene Erörterung auch der Versorgungsverträge in einer Präsidiumssitzung im April 1993 belegen zwar, daß die Mitglieder des Präsidiums im nachhinein Kenntnis von diesen Verträgen erhalten und insoweit nichts unternommen haben. Dies allein reicht aber für einen genehmigenden Präsidiumsbeschluß nicht aus. Auch nach dem äußeren Erscheinungsbild der angesprochenen Vorgänge fehlt es an einer konkret auf die Versorgungsverträge bezogenen Willensbildung der Mitglieder des Präsidiums mit einer anschließenden, rechtsgestaltenden übereinstimmenden Erklärung des Präsidiums als Organ der Beklagten, diese Verträge genehmigen zu wollen.
b) Noch nicht aufgeklärt ist demgegenüber, inwieweit es Vertragspflicht der Klägerin nach ausdrücklicher oder ständig praktizierter Geschäftsverteilung war, für eine Beschlußfassung des Präsidiums vor Abschluß von Versorgungsverträgen durch Präsidenten und Hauptgeschäftsführer zu sorgen. Allein aus der Zuständigkeit der Klägerin für solche Verträge ergibt sich dies nicht ohne weiteres. Nach den Erörterungen in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat spricht auch einiges dafür, daß die Klägerin insoweit nur inhaltliche Vorarbeiten zu leisten hatte, auf deren Grundlage die eigentlichen Entscheidungen über das Ob und das Wie des Abschlusses von Versorgungsverträgen durch den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer gefällt wurden.
Selbst wenn es im allgemeinen Aufgabe der Klägerin gewesen sein sollte, den Präsidenten und den Hauptgeschäftsführer im Rahmen ihrer vorbereitenden Tätigkeit für den Abschluß von Versorgungsverträgen auch darauf hinzuweisen, daß vor Vertragsschluß ein Beschluß des Präsidiums erforderlich war, könnte dies im Zusammenhang mit dem Abschluß der Versorgungsverträge mit den Geschäftsführern anders gewesen sein, wenn der Präsident und der Hauptgeschäftsführer die Angelegenheit „Versorgungsverträge mit Geschäftsführern” an sich gezogen hätten. Hierfür spricht der Inhalt der von der Klägerin zum Gegenstand ihres Vortrages gemachten „eidesstattlichen Versicherung” des Zeugen A. Sollten der damalige Präsident und der damalige Hauptgeschäftsführer ohne die Klägerin die letzten erforderlichen Informationen für die geplanten Versorgungsverträge eingeholt und anschließend hierüber abschließend entschieden haben, könnte es nicht mehr Sache der Klägerin gewesen sein, auf § 10 Abs. 3 der Satzung hinzuweisen.
c) Selbst wenn die Klägerin auch unter den besonderen Umständen des Einzelfalles die arbeitsvertragliche Pflicht gehabt haben sollte, auf das Erfordernis eines Präsidiumsbeschlusses hinzuweisen, welche sie unstreitig nicht erfüllt hat, weil sie auch nach ihrem eigenen Vortrag einen solchen Hinweis nicht gegeben hat, wäre Voraussetzung für den Mißbrauchseinwand aus § 242 BGB weiter, daß ihre Pflichtverletzung für den Vertragsabschluß unter Überschreitung der Geschäftsführungsbefugnis ursächlich war. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn die unter Beweis gestellte Behauptung der Klägerin bewiesen würde, der damalige Präsident der Beklagten habe das Beschlußerfordernis gekannt und den Abschluß der Versorgungsverträge mit den Geschäftsführern ohne vorherige Beschlußfassung des Präsidiums „auf seine Kappe genommen”.
d) Im Rahmen der Prüfung, ob die Beklagte der Klägerin den Einwand des Rechtsmißbrauchs entgegenhalten kann, wird ggf. auch zu prüfen sein, ob das Präsidium als Ganzes Kenntnis von den Versorgungsverträgen und davon hatte, daß diese ohne eigene Beschlußfassung zustande gekommen waren, und gleichwohl längere Zeit im Hinblick darauf untätig geblieben ist.
e) Schließlich wird das Landesarbeitsgericht festzustellen haben, ob der von der Klägerin in der Revisionsinstanz erhobene Einwand zutrifft, von Seiten der Beklagten sei bei Abschluß des Teilvergleichs vor dem Landesarbeitsgericht erklärt worden, die Unwirksamkeit der Versorgungszusage werde ausschließlich auf den fehlenden Präsidiumsbeschluß gestützt; die bisher nur für die Begründung der verhaltensbedingten Kündigungen vom 8. November 1996 vorgetragenen Sachverhalte würden nicht zur Begründung der Unwirksamkeit der Versorgungszusage herangezogen. Eine solche Erklärung, die allerdings nicht ohne weiteres mit Ziffer 4 2. Satz des Teilvergleichs in Übereinstimmung steht, könnte dahin verstanden werden, daß die Beklagte bei formeller Wirksamkeit der Versorgungszusage sich auf deren etwaige Treuwidrigkeit nicht mehr berufen will. Insofern trägt die Klägerin die Beweislast.
Unterschriften
Reinecke, Kremhelmer, Bepler, Lohre, Furchtbar
Fundstellen