Teilt der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Beschäftigungszeit mit, so wird dadurch regelmäßig die Beschäftigungszeit festgehalten, die sich durch Anwendung der Tarifvorschrift auf den konkreten Einzelfall ergibt. Die Mitteilung des Arbeitgebers hat lediglich deklaratorischen Charakter.

Ansprüche, die sich an der Beschäftigungszeit orientieren, kann der Arbeitnehmer nur auf die tariflichen Bestimmungen, nicht auf die Mitteilung des Arbeitgebers über die festgesetzte Beschäftigungszeit stützen.

 
Wichtig

Eine fehlerhafte Festsetzung der Beschäftigungszeit kann vom Arbeitgeber jederzeit – auch zuungunsten des Arbeitnehmers – ohne Ausspruch einer Änderungskündigung berichtigt werden.[1]

Eine bloße Mitteilung des Arbeitgebers über die Festsetzung der Beschäftigungszeit begründet im Falle einer späteren Korrektur der Berechnung grundsätzlich keinen Anspruch auf Anrechnung der in einer früheren Mitteilung bescheinigten Zeiten.

 
Praxis-Beispiel

Korrektur einer fehlerhaften Berechnung der Beschäftigungszeit zulässig

Mit Schreiben vom 21.10.2013 setzte das Land Nordrhein-Westfalen die Beschäftigungszeit einer angestellten Lehrkraft nach § 34 Abs. 3 TV-L fest. Die Lehrkraft stand seit 1.8.2013 in einem Arbeitsverhältnis zum Land. Zunächst wurde – letztlich fehlerhaft – die Zeit ab 1.8.2012 angerechnet. Vom 1.8.2012 bis zum 31.7.2013 befand sich die Lehrkraft in einem Beamtenverhältnis zum Freistaat Thüringen und war für die genannte Zeit mit dem Ziel der "Versetzung" an das Land Nordrhein-Westfalen abgeordnet.

Mit Schreiben vom 10.2.2014 berechnete das Land die Beschäftigungszeit neu unter Anerkennung der Zeit des beim Land Nordrhein-Westfalen im Beamtenverhältnis auf Widerruf abgeleisteten Referendariats sowie der Zeit der Abordnung vom Freistaat Thüringen. Die von der Lehrkraft verlangte Anerkennung weiterer Zeiten in einem Beamtenverhältnis zum Freistaat Thüringen wurde abgelehnt.

Mit Schreiben vom 1.6.2015 teilte das Land Nordrhein-Westfalen der Lehrkraft mit, dass die Beschäftigungszeit erst mit dem 1.8.2013, dem Zeitpunkt des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zum Land beginne. Die zuvor mitgeteilte Beschäftigungszeit werde korrigiert. Die Zeiten des Vorbereitungsdienstes (Referendariats) und der Abordnung nach Nordrhein-Westfalen seien zu Unrecht berücksichtigt worden.

Die Korrektur der Berechnung der Beschäftigungszeit war zulässig.

Nach Auffassung des BAG im Urteil vom 29.6.2017[2] darf der Arbeitgeber eine fehlerhaft berechnete Beschäftigungszeit berichtigen. Der Arbeitgeber im konkret entschiedenen Fall verhielt sich aufgrund der sogar mehrfach korrigierten Berechnung der Beschäftigungszeit zwar widersprüchlich. Die Rechtsordnung missbillige aber nicht jedes widersprüchliche Verhalten, sondern nur solches, durch das der eine Vertragsteil bewusst oder unbewusst eine Sach- oder Rechtslage geschaffen hat, auf die sich der andere Vertragsteil verlassen durfte und auch verlassen hat. Das trifft bei einer bloßen Korrektur einer fehlerhaft berechneten Beschäftigungszeit nicht zu. Insbesondere bei einer uneinheitlichen Vorgehensweise des Arbeitgebers – die Berechnung wurde mehrfach korrigiert – berechtige die bloße Mitteilung der Beschäftigungszeit die Arbeitnehmer nicht dazu, in schützenswerter Weise auf eine mitgeteilte Festsetzung zu vertrauen.[3]

Ein rechtsgeschäftlicher Bindungswille des Arbeitgebers bei Festsetzung der Beschäftigungszeit ist jedoch anzunehmen, wenn der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag bewusst – über den Tarifvertrag hinausgehend – Zeiten als Beschäftigungszeit anerkennt, die nach § 34 Abs. 3 TV-L bzw. § 14 TVÜ-Länder nicht als Beschäftigungszeit gelten. In diesen Fällen ist eine einseitige nachträgliche Änderung der festgesetzten Beschäftigungszeit zuungunsten des Angestellten nicht zulässig.

Ist der Arbeitnehmer der Auffassung, dass der Arbeitgeber Vorzeiten unzulässigerweise nicht als Beschäftigungszeit anerkannt hat, so kann er beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung, dass bestimmte Zeiten anzurechnen sind, erheben. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO für eine solche Klage erforderliche Feststellungsinteresse ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Arbeitgeber die Beschäftigungszeit festgesetzt hat und die Berücksichtigung weiterer Zeiten als Beschäftigungszeit ablehnt.[4] Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Beschäftigungszeit nur geringfügig – z. B. um 10 Tage des Bezugs von Krankengeld wegen Krankheit eines Kindes – verkürzt.[5]

Der Arbeitnehmer muss mit der Erhebung der Feststellungsklage nicht abwarten, bis sich die vom Arbeitgeber festgesetzte Beschäftigungszeit in rechtserheblicher Weise auf das Arbeitsverhältnis tatsächlich auswirkt, z. B. durch Verweigerung des Krankengeldzuschusses, des Jubiläumsgelds oder Kündigung mit zu kurzer Frist. Nach Auffassung des BAG kann die Beschäftigungszeit jederzeit für die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses Bedeutung erlangen – z. B. für Entscheidungen des Arbeitgebers über die dienstliche Verwendung des Beschäftigten, die Heranziehung zu Vertretungen, die Zute...

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