Teilt der Arbeitgeber dem Mitarbeiter die Beschäftigungszeit mit, so wird dadurch regelmäßig die Beschäftigungszeit festgehalten, die sich durch Anwendung der Tarifvorschrift auf den konkreten Einzelfall ergibt. Die Mitteilung des Arbeitgebers hat lediglich deklaratorischen Charakter.
Ansprüche, die sich an der Beschäftigungszeit orientieren, kann der Arbeitnehmer nur auf die tariflichen Bestimmungen, nicht auf die Mitteilung des Arbeitgebers über die festgesetzte Beschäftigungszeit stützen.
Eine fehlerhafte Festsetzung der Beschäftigungszeit kann vom Arbeitgeber jederzeit – auch zuungunsten des Arbeitnehmers – ohne Ausspruch einer Änderungskündigung berichtigt werden.
Eine bloße Mitteilung des Arbeitgebers über die Festsetzung der Beschäftigungszeit begründet im Falle einer späteren Korrektur der Berechnung grundsätzlich keinen Anspruch auf Anrechnung der in einer früheren Mitteilung bescheinigten Zeiten.
Korrektur einer fehlerhaften Berechnung der Beschäftigungszeit zulässig
Mit Schreiben vom 21.10.2013 setzte die Kommune A die Beschäftigungszeit einer angestellten Mitarbeiterin nach § 34 Abs. 3 TVöD fest. Die Mitarbeiterin stand seit 1.8.2013 in einem Arbeitsverhältnis zur Kommune A. Zunächst wurde – letztlich fehlerhaft – die Zeit ab 1.8.2012 angerechnet. Vom 1.8.2012 bis zum 31.7.2013 befand sich die Mitarbeiterin in einem Beamtenverhältnis zur Kommune S und war für die genannte Zeit mit dem Ziel der "Versetzung" zur Kommune A abgeordnet.
Mit Schreiben vom 10.2.2014 berechnete die Kommune A die Beschäftigungszeit neu unter Anerkennung der Zeit eines zur Kommune A von 1995 bis 1997 bestehenden Beamtenverhältnisses auf Widerruf sowie der Zeit der Abordnung von der Kommune S. Die von der Mitarbeiterin verlangte Anerkennung weiterer Zeiten in einem Beamtenverhältnis zur Kommune S wurde abgelehnt.
Mit Schreiben vom 1.6.2015 teilte die Kommune A der Arbeitnehmerin mit, dass die Beschäftigungszeit erst mit dem 1.8.2013, dem Zeitpunkt des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses zur Kommune A, beginne. Die zuvor mitgeteilte Beschäftigungszeit werde korrigiert. Die Zeiten in einem Beamtenverhältnis auf Widerruf und der Abordnung zur Kommune A seien zu Unrecht berücksichtigt worden.
Die Korrektur der Berechnung der Beschäftigungszeit war zulässig.
Nach Auffassung des BAG im Urteil vom 29.6.2017 darf der Arbeitgeber eine fehlerhaft berechnete Beschäftigungszeit berichtigen. Der Arbeitgeber im konkret entschiedenen Fall verhielt sich aufgrund der sogar mehrfach korrigierten Berechnung der Beschäftigungszeit zwar widersprüchlich. Die Rechtsordnung missbillige aber nicht jedes widersprüchliche Verhalten, sondern nur solches, durch das der eine Vertragsteil bewusst oder unbewusst eine Sach- oder Rechtslage geschaffen hat, auf die sich der andere Vertragsteil verlassen durfte und auch verlassen hat. Das trifft bei einer bloßen Korrektur einer fehlerhaft berechneten Beschäftigungszeit nicht zu. Insbesondere bei einer uneinheitlichen Vorgehensweise des Arbeitgebers – die Berechnung wurde mehrfach korrigiert – berechtige die bloße Mitteilung der Beschäftigungszeit die Arbeitnehmer nicht dazu, in schützenswerter Weise auf eine mitgeteilte Festsetzung zu vertrauen.
Ein rechtsgeschäftlicher Bindungswille des Arbeitgebers bei Festsetzung der Beschäftigungszeit ist jedoch anzunehmen, wenn der Arbeitgeber im Arbeitsvertrag bewusst – über den Tarifvertrag hinausgehend – Zeiten als Beschäftigungszeit anerkennt, die nach § 34 Abs. 3 TVöD bzw. § 14 TVÜ nicht als Beschäftigungszeit gelten. In diesen Fällen ist eine einseitige nachträgliche Änderung der festgesetzten Beschäftigungszeit zuungunsten des Angestellten nicht zulässig.
Ist der Arbeitnehmer der Auffassung, dass der Arbeitgeber Vorzeiten unzulässigerweise nicht als Beschäftigungszeit anerkannt hat, so kann er beim Arbeitsgericht Klage auf Feststellung, dass bestimmte Zeiten anzurechnen sind, erheben. Das nach § 256 Abs. 1 ZPO für eine solche Klage erforderliche Feststellungsinteresse ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Arbeitgeber die Beschäftigungszeit festgesetzt hat und die Berücksichtigung weiterer Zeiten als Beschäftigungszeit ablehnt. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber die Beschäftigungszeit nur geringfügig – z. B. um 10 Tage des Bezugs von Krankengeld wegen Krankheit eines Kindes – verkürzt.
Der Arbeitnehmer muss mit der Erhebung der Feststellungsklage nicht abwarten, bis sich die vom Arbeitgeber festgesetzte Beschäftigungszeit in rechtserheblicher Weise auf das Arbeitsverhältnis tatsächlich auswirkt, z. B. durch Verweigerung des Krankengeldzuschusses, des Jubiläumsgelds oder Kündigung mit zu kurzer Frist. Nach Auffassung des BAG kann die Beschäftigungszeit jederzeit für die Abwicklung des Arbeitsverhältnisses Bedeutung erlangen – z. B. für Entscheidungen des Arbeitgebers über die dienstliche Verwendung des Beschäftigten, die Heranziehung zu Vertretungen, die Zuteilung des Arbeitsplatzes, die Berücksichtigung im Urlaubsplan.