Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Mai 1995 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat der Beklagten deren Aufwendungen für den Rechtsstreit zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger, ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Augenarzt, beansprucht eine höhere Vergütung für die in den Quartalen I/1994 bis IV/1994 bei ambulanten Operationen erbrachten Leistungen. Er beanstandet, daß infolge einer im Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten angeordneten Begrenzung des für den Komplex “ambulantes Operieren” zur Verfügung stehenden Honorarvolumens die seit 1993 zahlenmäßig stark angestiegenen Operations- und Anästhesieleistungen mit einem deutlich niedrigeren Punktwert vergütet worden sind als die übrigen ärztlichen Leistungen.
Der HVM der Beklagten sah in den einschlägigen Fassungen vom 24. März 1993 (Ärzteblatt Baden-Württemberg Nr 7/1993) und vom 19. April 1994 (Ärzteblatt Baden-Württemberg Nr 5/1994) für den Primärkassenbereich eine Aufteilung der nach Maßgabe des § 85 Abs 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) berechneten Gesamtvergütungen in getrennte Honorartöpfe für die Komplexe “ambulantes Operieren”, “Prävention” und “übrige Leistungen” vor. Ausgehend von den im Jahr 1991 auf die genannten Leistungsbereiche entfallenden Gesamtvergütungsanteilen waren die Teilbudgets entsprechend den jeweiligen Veränderungen der Gesamtvergütungen in den Folgejahren fortzuschreiben und dabei die Kontingente für “ambulantes Operieren” und “Prävention” in den Jahren 1993 und 1994 um jeweils 10 % bzw 6 % zu erhöhen (§ 6 HVM). Der nach § 6 Nr 2 Abs 2 HVM bei der Verteilung der Gesamtvergütungen der Ersatzkassen zugrundezulegende Honorarvertrag zwischen der Beklagten und den Verbänden der Ersatzkassen vom 18. November 1994 folgte demselben Regelungsprinzip mit der einzigen Abweichung, daß ein weiterer gesonderter Honorartopf für den Komplex “Laboratoriumsleistungen” zu bilden war. In Anwendung dieser Bestimmungen ergaben sich für Leistungen des ambulanten Operierens bei Versicherten der AOK Baden-Württemberg in den vier Quartalen des Jahres 1994 Punktwerte von 7,26, 7,81, 8,38 und 8,64 Pfennigen, während die “übrigen Leistungen” bei denselben Versicherten mit 9,15, 9,05, 8,96 und 8,66 Pfennigen je Punkt honoriert wurden. Im Ersatzkassenbereich standen Punktwerten von 7,80, 8,00, 8,25 und 9,00 Pfennigen für Leistungen des ambulanten Operierens solche von 9,50, 10,50, 10,50 bzw 10,00 Pfennigen für die allgemeinen vertragsärztlichen Leistungen gegenüber.
Das vom Kläger wegen dieser Auswirkungen angerufene Sozialgericht (SG) hat den Honorarbescheid für das Quartal I/1994 sowie die im Verlauf des Widerspruchs- und Klageverfahrens ergangenen weiteren Honorarbescheide für die Quartale II/1994 bis IV/1994 geändert und die Beklagte verpflichtet, auf der Grundlage einer noch zu schaffenden ergänzenden Honorarverteilungsregelung über die Honoraransprüche des Klägers erneut zu entscheiden (Urteil vom 12. Mai 1995). Es hat die Bildung eines speziellen Honorarbudgets für Leistungen des ambulanten Operierens als Verstoß gegen § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V gewertet. Für ein Abweichen von dem dort verankerten Grundsatz der leistungsproportionalen Honorarverteilung habe kein sachlicher Grund bestanden. Vielmehr sei die Umsetzung der in § 85 Abs 3a Satz 6 SGB V zum Ausdruck gekommenen Absicht des Gesetzgebers, ambulante Operationen zu fördern, durch die umstrittene Vergütungsregelung vereitelt worden. Diese verletze zudem das Gebot der Verteilungsgerechtigkeit, indem sie einen einzelnen Leistungsbereich von der allgemeinen Punktwertentwicklung abkoppele und es der kleinen Gruppe der ambulant operierenden Vertragsärzte auferlege, ihre Operations- und Anästhesieleistungen zu einem im Vergleich zu den sonstigen ärztlichen Leistungen um 20 % niedrigeren Punktwert zu erbringen, der keine kostendeckende Vergütung ermögliche. Mit dem Argument, sie habe mit der 1993 in Kraft getretenen Neuregelung zunächst Erfahrungen sammeln müssen, könne die Beklagte nicht gehört werden, denn der starke Anstieg der Zahl ambulanter Operationen und der damit verbundene dramatische Punktwertverfall seien bereits im zweiten Quartal 1993 sichtbar geworden und bei der Novellierung des HVM im April 1994 längst bekannt gewesen.
Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 85 Abs 4 SGB V. Die sachliche Rechtfertigung für die Bildung eines besonderen Honorartopfes für Leistungen des ambulanten Operierens ergebe sich aus der Regelung in § 85 Abs 4a Satz 3 iVm Abs 3a Satz 6 SGB V. Daraus, daß der Gesetzgeber zwar die in den Jahren 1993 bis 1995 für ambulante Operationen zur Verfügung stehenden Finanzmittel um jährlich 10 % erhöht, gleichzeitig aber das Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der von den Krankenkassen zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen begrenzt habe, sei zu schließen, daß eine über 10 % jährlich hinausgehende Honorarmehranforderung für Operations- und Anästhesieleistungen von den operierenden Ärzten selbst habe getragen werden und nicht zu Lasten des Punktwertes für die übrigen Leistungen habe gehen sollen. Exakt diesem gesetzgeberischen Anliegen sei mit der vom SG beanstandeten HVM-Regelung Rechnung getragen worden. Selbst wenn die Teilbudgetierung angesichts der später eingetretenen Entwicklung auf Dauer mit den Vorgaben aus § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V nicht vereinbar gewesen sein sollte, müsse sie wegen der bei ihrer Einführung bestehenden Prognoseunsicherheiten jedenfalls als Anfangs- und Erprobungsregelung für die hier streitige Zeit noch als rechtmäßig angesehen werden.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 12. Mai 1995 aufzuheben und die Klagen abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet.
In prozessualer Hinsicht hat das SG seine Entscheidung im Ergebnis zu Recht auf die während des Widerspruchs- und Klageverfahrens ergangenen Honorarbescheide für die Quartale II/1994 bis IV/1994 erstreckt. Soweit es dies mit einer entsprechenden Anwendung der §§ 86 Abs 1, 96 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) begründet hat, kann ihm allerdings nicht gefolgt werden. Das gilt ungeachtet der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), nach der diese Bestimmungen auch dann eingreifen, wenn ein Honorarbescheid einer Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) angefochten wird und während des Vorverfahrens oder des Gerichtsverfahrens weitere Bescheide für spätere Quartale ergehen, die den Honoraranspruch des Arztes in derselben Weise regeln und deshalb mit derselben Begründung angegriffen werden (SozR Nr 14 und Nr 19 zu § 96 SGG; BSGE 27, 146, 148; SozR 1500 § 144 Nr 6; SozR 1500 § 96 Nr 14 und Nr 24 S 33 ua). Eine übereinstimmende Regelung in diesem Sinne ist angenommen worden, wenn bei dem ursprünglichen und dem späteren Bescheid “im Kern” über dieselbe Rechtsfrage zu entscheiden war. Bei wiederholten Streitigkeiten über die Auslegung einer bestimmten Gebührenvorschrift oder die Anwendung einer Honorarverteilungsregelung ist eine Einbeziehung nachgehender Bescheide deshalb regelmäßig erfolgt (vgl zuletzt Senatsurteil vom 12. Oktober 1994 ≪SozR 3-2500 § 85 Nr 8 S 46≫).
Der Senat hat demgegenüber jedoch in jüngster Zeit mehrfach hervorgehoben, daß für eine entsprechende Anwendung der §§ 86 Abs 1, 96 Abs 1 SGG dann kein Raum ist, wenn zwar die Rechtsgrundlagen der Honorarbescheide und die umstrittenen Rechtsfragen übereinstimmen, aber die rechtlich erheblichen Sachverhaltsumstände und Tatsachengrundlagen in den verschiedenen Abrechnungszeiträumen nicht oder nur teilweise deckungsgleich sind (Urteil vom 24. August 1994 ≪SozR 3-1500 § 96 Nr 3 S 5≫; Urteil vom 18. Oktober 1995 – 6 RKa 12/95 –, nicht veröffentlicht). Ändern sich tatsächliche Gegebenheiten, die für die rechtliche Beurteilung von Bedeutung sind oder zumindest sein können, führt die Einbeziehung der später ergangenen Bescheide nicht zu einer Beschleunigung, sondern zu einer Belastung des anhängigen Verfahrens mit möglicherweise erheblichem Ermittlungsaufwand, der einer zügigen Erledigung hinderlich ist. Das wiegt umso schwerer, als nach herrschender Auffassung die Rechtswirkungen der §§ 86 Abs 1, 96 Abs 1 SGG unabhängig vom Wissen und Wollen der Beteiligten eintreten und die Ausweitung des Streitstoffs damit deren Disposition weitgehend entzogen ist (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl, § 96 RdNr 11). Die Einbeziehung ist deshalb nur gerechtfertigt, wenn die maßgeblichen tatsächlichen und rechtlichen Umstände im streitbefangenen Quartal und in den nachfolgenden Zeiträumen in der Weise identisch sind, daß mit der Entscheidung über den ursprünglichen Streitgegenstand der Sache nach auch abschließend über die Folgebescheide entschieden ist. Andernfalls ist den Interessen der Beteiligten und auch prozeßökonomischen Erwägungen besser gedient, wenn die Bescheide für nachfolgende Quartale zunächst angefochten werden und die Beteiligten klären, ob eine Widerspruchsentscheidung bis zur rechtskräfigen Entscheidung des schon anhängigen gerichtlichen Verfahrens zurückgestellt werden soll oder ob – wenn für nachfolgende Zeiträume Widerspruchsbescheide bereits mit der Klage angefochten sind – die nachfolgenden Klageverfahren ruhen oder auf der Grundlage von § 113 Abs 1 Satz 1 SGG mit dem anhängigen Verfahren verbunden werden sollen.
Nach diesen Grundsätzen greifen die §§ 86 Abs 1, 96 Abs 1 SGG hier nicht ein, denn die für die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Honorarbescheide für die Quartale II/1994 bis IV/1994 erheblichen tatsächlichen Verhältnisse weichen von denjenigen im Quartal I/1994 in wesentlichen Punkten ab. Der Kläger rügt unter anderem einen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Gleichbehandlungsgebot, den er darin sieht, daß seine Operations- und Anästhesieleistungen wegen der Bildung eines gesonderten Honorartopfes mit einem niedrigeren Punktwert vergütet worden sind als die übrigen ärztlichen Leistungen. Zu den Umständen, die für die gerichtliche Überprüfung von Honorarverteilungsregelungen am Maßstab des Grundsatzes der Honorarverteilungsgerechtigkeit (vgl Senatsurteil BSGE 73, 131, 136 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 24) von Bedeutung sind, zählt unter anderem die Höhe des Punktwertes für die genannten Leistungsbereiche, weil ohne Kenntnis der Relation beider Punktwerte in jedem betroffenen Quartal nicht beurteilt werden kann, ob eine Ungleichbehandlung mit erheblichen Auswirkungen auf den jeweiligen Honoraranspruch vorliegt. Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist das Gleichbehandlungsgebot des Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) verletzt, wenn zwei Gruppen verschieden behandelt werden, obwohl zwischen ihnen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, die eine ungleiche Behandlung rechtfertigen (vgl BVerfGE 72, 141, 150; 85, 238, 244). Deshalb gehört das Ausmaß der gerügten Ungleichbehandlung zu den Umständen, die im Rahmen einer am Gebot der Honorarverteilungsgerechtigkeit (Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG) ausgerichteten Prüfung von Honorarbescheiden rechtlich bedeutsam sind. Nichts anderes gilt, soweit der Kläger die Vergütung seiner ambulant durchgeführten Operationen für unangemessen hält. Für die Beurteilung dieser Frage können sowohl der Punktwert als auch der Leistungsumfang sowie die Höhe des Anteils der ambulanten Operationsleistungen an den Leistungen insgesamt von Bedeutung sein. Alle genannten Faktoren variieren aber erfahrungsgemäß von Quartal zu Quartal.
Liegt somit auch kein Fall einer gesetzlichen Erweiterung des Streitgegenstandes vor, so sind die Honoraransprüche für die Quartale II/1994 bis IV/1994 und die sie regelnden Bescheide doch dadurch Gegenstand des Prozesses geworden, daß der Kläger seine Klage in der mündlichen Verhandlung vor dem SG auf sie erstreckt und die Beklagte dem nicht widersprochen hat. In der rügelosen Einlassung auf den neuen Streitgegenstand ist gemäß § 99 Abs 2 SGG die Einwilligung der Beklagten in die Klageänderung zu sehen. Die neu hinzugekommenen Klagen sind auch ihrerseits zulässig. Insbesondere waren die Folgebescheide im Zeitpunkt der Klageänderung nicht bindend geworden, nachdem der Kläger sie jeweils fristgerecht mit dem Widerspruch angefochten hatte und hierüber noch nicht entschieden war. Daß die Widerspruchsverfahren nicht durchgeführt worden sind, steht der Zulässigkeit der Klagen nicht entgegen. Zwar liegen die Voraussetzungen, unter denen § 78 Abs 1 Satz 2 SGG von der Durchführung des Vorverfahrens entbindet, nicht vor. Es ist jedoch in der Rechtsprechung anerkannt, daß sich über die gesetzlich ausdrücklich geregelten Fälle hinaus aus dem Regelungszweck des § 78 SGG Ausnahmen vom Erfordernis des Vorverfahrens ergeben können. So bedarf es nach allgemeiner Meinung in den Anwendungsfällen des § 96 Abs 1 SGG keiner Nachprüfung der als mitangefochten geltenden Bescheide durch die Widerspruchsbehörde (BSGE 18, 93, 94 = SozR Nr 16 zu § 96 SGG; BSGE 38, 22, 28). Für einen durch (gewillkürte) Klageänderung in das Verfahren einbezogenen Verwaltungsakt hat der 7. Senat des BSG die Notwendigkeit eines Widerspruchsverfahrens mit der Begründung verneint, bei dem neuen Verwaltungsakt gehe es um dieselbe Rechtsfrage wie in den zunächst angefochtenen Bescheiden, und die Beklagte, die über den Widerspruch zu befinden gehabt hätte, habe der Klageerweiterung zugestimmt (Urteil vom 21. März 1978 ≪SozR 4600 § 143d Nr 3 S 9 f≫). In anderen Entscheidungen ist die Erteilung eines Widerspruchsbescheides aus prozeßökonomischen Erwägungen für entbehrlich gehalten worden, wenn die zuständige Behörde in der Klageerwiderung zu erkennen gegeben hatte, daß sie an der getroffenen Regelung festhalten werde (BSG SozR 1500 § 78 Nr 8; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl, § 78 RdNr 3 mwN). Für den Bereich der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, die eine dem § 96 SGG vergleichbare Regelung nicht kennt, besteht Einigkeit, daß ein Widerspruchsbescheid nicht verlangt werden kann, wenn in einem bereits anhängigen verwaltungsgerichtlichen Verfahren der ursprüngliche Verwaltungsakt durch einen neuen geändert oder ersetzt wird und dieser im Wege der Klageänderung zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden soll (BVerwGE 32, 243, 247; Kopp, VwGO, 10. Aufl, § 68 RdNr 23 mwN). Dasselbe wird für den Fall angenommen, daß der neue Verwaltungsakt die im Ausgangsbescheid getroffene Regelung für einen späteren Zeitraum wiederholt und das geänderte Klagebegehren im wesentlichen denselben Streitstoff betrifft wie das ursprünglich durchgeführte Vorverfahren (BVerwG NJW 1970, 1564, 1565; DVBl 1982, 1892). Diese Grundsätze sind auf vertragsärztliche Abrechnungsstreitigkeiten zu übertragen. Handelt es sich darum, daß der Honoraranspruch eines Vertragsarztes in späteren Quartalen in derselben, von ihm bereits im Ausgangsverfahren beanstandeten Weise geregelt wird, und besteht zwischen den Beteiligten Übereinstimmung, daß über die Folgebescheide im Rahmen des bereits anhängigen Prozesses mit entschieden werden soll, so ist auch dann, wenn kein Fall des § 96 SGG vorliegt, dem Zweck des Vorverfahrens, die Rechtmäßigkeit und die Zweckmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes zunächst durch die Verwaltung selbst überprüfen zu lassen, durch die im Ausgangsverfahren getroffene Widerspruchsentscheidung Genüge getan.
In der Sache selbst kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Die Honorarbescheide für die Quartale I/1994 bis IV/1994 sind, was die allein streitige Honorierung der Operations- und Anästhesieleistungen des Klägers angeht, rechtmäßig. Die Regelung in § 6 Nr 2 Abs 2 und 3 des HVM der Beklagten idF der Beschlüsse der Vertreterversammlung vom 24. April 1993 und 19. März 1994, auf deren Grundlage die Beklagte das Honorar für diese Leistungen berechnet hat, steht mit höherrangigem Recht in Einklang.
Honorarverteilungsregelungen einer KÄV sind in erster Linie an den gesetzlichen Vorgaben in § 85 Abs 4 SGB V zu messen. Zentrale Bedeutung kommt dabei der Bestimmung in § 85 Abs 4 Satz 3 SGB V zu, nach der bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistungen des Kassenarztes zugrunde zu legen sind. Dieser Vorschrift kann, wie der Senat zu der gleichlautenden früheren Regelung in § 368f Abs 1 Satz 4 der Reichsversicherungsordnung bereits entschieden hat, nicht die Forderung entnommen werden, die Leistungen müßten nach ihrer Art und ihrem Umfang stets gleichmäßig, dh mit einem für alle Leistungen einheitlichen Punktwert, honoriert werden. Das Gesetz schließt danach eine Aufteilung der Gesamtvergütung in Teilbudgets mit der Folge, daß die kassen- und vertragsärztlichen Leistungen nicht mehr entsprechend dem einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM) im selben Verhältnis, sondern, abhängig von der Mengenentwicklung im jeweiligen Leistungsbereich, unterschiedlich hoch vergütet werden, nicht grundsätzlich aus (Urteil vom 29. September 1993 – 6 RKa 65/91 – ≪BSGE 73, 131, 134 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 22≫; vgl auch § 85 Abs 4 Satz 5 SGB V, wonach eine nach Arztgruppen und Versorgungsgebieten unterschiedliche Verteilung vorgesehen werden kann). Im Hinblick auf die berufsregelnde Tendenz von Honorarverteilungsvorschriften darf die KÄV die Verteilung allerdings nicht frei nach ihrem Ermessen gestalten; sie ist vielmehr an den Grundsatz der leistungsproportionalen Verteilung gebunden. Dieser besagt, daß die ärztlichen Leistungen prinzipiell gleichmäßig zu vergüten sind (BSGE 73, 131, 136 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4 S 24; vgl auch BSGE 75, 187, 191 = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 9 sowie Axer, NZS 1995, 536 ff). Der normsetzenden Körperschaft bleibt jedoch ein Spielraum für sachlich gerechtfertigte Abweichungen von dem genannten Grundsatz, der es ihr ermöglicht, ihrem Sicherstellungsauftrag und ihren sonstigen gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen gerecht zu werden.
Zu den gesetzlichen Verpflichtungen der Beklagten gehörte es, die Regelungen über die Vergütung der Leistungen des ambulanten Operierens in § 85 Abs 3a Satz 6 und § 85 Abs 4a Satz 3 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) vom 20. Dezember 1992 (BGBl I S 2266) bei der Honorarverteilung umzusetzen. Bis Ende 1992 waren diese Leistungen nicht Bestandteil des pauschalierten Teils der Gesamtvergütung gewesen, sondern aufgrund besonderer Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen und den KÄVen nach den Grundsätzen der Einzelleistungsvergütung mit einem fest vereinbarten Punktwert honoriert worden (vgl Hess, Kasseler Komm, § 85 SGB V RdNr 41). Diese Praxis konnte nach Inkrafttreten des GSG nicht mehr fortgesetzt werden, weil nach dem seither geltenden Recht auch die Leistungen des ambulanten Operierens aus der nach Maßgabe des § 85 Abs 3a SGB V budgetierten Gesamtvergütung zu bezahlen waren. Der Gesetzgeber hat jedoch in der Absicht, die Verlagerung von Operationen aus dem stationären in den ambulanten Bereich zu fördern, den Vergütungsrahmen für diese Leistungen angehoben. § 85 Abs 3a Satz 6 SGB V bestimmt in der zum 1. Januar 1993 rückwirkend in Kraft getretenen Fassung des 3. Gesetzes zur Änderung des SGB V (3. SGB V-ÄndG) vom 10. Mai 1995 (BGBl I S 678), daß der Teil der Gesamtvergütung, der auf die Leistungen des ambulanten Operierens entfällt, zusätzlich zu der Erhöhung nach Satz 1 (Steigerung der Grundlohnsumme) für 1993 um 10 vH und für 1994 um weitere 20 vH erhöht wird. Um die bestimmungsgemäße Verwendung der zusätzlich bereitgestellten Mittel sicherzustellen, schreibt § 85 Abs 4a Satz 3 SGB V ergänzend vor, daß der gemäß Abs 3a Satz 6 von den Krankenkassen zu entrichtende Mehrbetrag bei der Honorarverteilung den Leistungen zuzurechnen ist, für die Zuschläge nach den Abschnitten B VI und B VII des EBM bezahlt werden.
Wie der Auftrag aus § 85 Abs 4a Satz 3 SGB V von den KÄVen erfüllt werden sollte, läßt sich weder dem Wortlaut der Vorschrift noch den Gesetzesmaterialien (Begründung des Gesetzentwurfs der Fraktionen von CDU, FDP und SPD für ein Gesundheitsstrukturgesetz, BT-Drucks 12/3608, S 87; Bericht des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung, BT-Drucks 12/3937, S 13) entnehmen. Die Beklagte ist ihm während der hier streitigen Zeit in der Weise nachgekommen, daß sie auf der Basis des Honoraraufkommens im Jahr 1991 ein separates Teilbudget für Leistungen des ambulanten Operierens gebildet hat, dem die Steigerungsbeträge nach § 85 Abs 3a Satz 6 SGB V zugeschlagen und aus dem fachübergreifend alle ambulanten Operationen vergütet wurden. Sie hat damit den für Operations- und Anästhesieleistungen zusätzlich bereitgestellten Vergütungsanteil wie vorgeschrieben für die Honorierung dieser Leistungen verwendet, mit der Budgetierung allerdings gleichzeitig in Kauf genommen, daß bei einer die Erwartungen übersteigenden Zunahme ambulanter Operationen der Punktwert für die einzelne Leistung sinken und gegebenenfalls den allgemeinen Punktwert für die anderen ärztlichen Leistungen unterschreiten würde. Die Entscheidung für die Bildung eines fachübergreifenden Honorartopfes für ambulante Operationsleistungen war gleichwohl sachgerecht, weil sie sich an den neuen gesetzlichen Bestimmungen zur Honorierung dieser Leistungen im Rahmen einer limitierten Gesamtvergütung orientiert hat und im Hinblick auf die in Betracht kommenden Alternativen nicht als willkürlich bewertet werden kann.
Ein grundlegend anderer Weg der Umsetzung der gesetzlichen Regelung über die Honorierung ambulanter Operationen hätte darin bestanden, die Operations- und Anästhesieleistungen zunächst mit demselben Punktwert zu vergüten wie die übrigen ärztlichen Leistungen und anschließend Zuschläge aus einem gesonderten Honorartopf zu gewähren, der aus dem Erhöhungsbetrag nach § 85 Abs 3a Satz 6 SGB V gespeist wurde. Bei dieser Lösung wäre der von den Krankenkassen bereitgestellte Mehrbetrag nicht zu einer Erhöhung des für ambulante Operationen insgesamt zur Verfügung stehenden Honorarvolumens, sondern zu einer honorarmäßigen Besserstellung der Operationsleistungen gegenüber den anderen ärztlichen Leistungen verwendet worden. Die vom Gesetzgeber gewünschte Mengenausweitung durch Verlagerung von Operationen aus dem stationären in den ambulanten Bereich wäre nicht aus dem zweckgebundenen Zuschlag zur Gesamtvergütung, sondern aus dem allgemeinen Vergütungsaufkommen für die vertragsärztliche Versorgung finanziert worden. Daß der Gesetzgeber den KÄVen diese Form der Förderung des ambulanten Operierens hat vorschreiben wollen, kann nicht angenommen werden. Abgesehen davon, daß sich für die Schaffung von Leistungsanreizen in Gestalt einer besseren Bezahlung ambulanter Operationen aus systematischen Gründen eher der Weg einer Höherbewertung der betreffenden Leistungen im EBM als der einer Subventionierung ihres Punktwertes angeboten hätte, spricht die Ausgestaltung der gesetzlichen Regelung gegen ein solches Verständnis. Da § 85 Abs 3a Satz 6 SGB V keine einmalige, sondern eine schrittweise Erhöhung des auf ambulante Operationen entfallenden Gesamtvergütungsanteils vorschreibt, hätten sich für die Jahre 1993 bis 1995 ohne erkennbaren sachlichen Grund unterschiedlich hohe, von Jahr zu Jahr steigende Vergütungszuschläge ergeben; die von der honorarmäßigen Privilegierung der Operations- und Anästhesieleistungen ausgehenden Leistungsanreize wären zunächst nur gering gewesen und erst nach und nach verstärkt worden, was im Gegensatz zu dem Ziel einer möglichst raschen Kostenentlastung durch Verlagerung von Operationen aus dem stationären in den ambulanten Bereich gestanden hätte. Im Hinblick darauf, daß andere KÄVen in ihren Verteilungsmaßstäben auch Honorarkontingente für die einzelnen Fachgruppen vorsehen, hätte bei einem Verzicht auf ein Teilbudget für Leistungen des ambulanten Operierens zudem die Gefahr einer von Fachgruppe zu Fachgruppe unterschiedlichen Honorierung dieser Leistungen mit daraus resultierenden Ungleichgewichten und Verwerfungen bestanden, die erkennbar nicht in der Absicht des Gesetzgebers gelegen haben (siehe dazu das zur Veröffentlichung vorgesehene Senatsurteil vom heutigen Tage in der Sache 6 RKa 61/94).
Die Beklagte hätte, um dem Risiko eines Punktwertverfalls zu begegnen, die Honorarverteilung auch in der Weise gestalten können, daß sie die Leistungen des ambulanten Operierens zwar aus einem gesonderten Honorartopf, aber mit einem festen bzw gestützten Punktwert honorierte. Diesen Weg ist sie ab dem 1. Quartal 1995 gegangen, nachdem sich gezeigt hatte, daß wegen der anhaltenden Zunahme ambulanter Operationen auch im Jahr 1994 keine Stabilisierung des Punktwertes auf dem Niveau der übrigen ärztlichen Leistungen eingetreten war. Ein bestimmter Mindestpunktwert hätte angesichts der gedeckelten Gesamtvergütung und der summenmäßig begrenzten Erhöhungsbeträge nach § 85 Abs 3a Satz 6 SGB V jedoch bei einem starken Anstieg der ambulanten Operationsleistungen nur zu Lasten des Punktwertes der übrigen ärztlichen Leistungen aller Vertragsärzte garantiert werden können (vgl dazu in anderem Zusammenhang bereits BSGE 75, 187, 192 = SozR 3-2500 § 72 Nr 5 S 10). Damit wäre die Privilegierung der ambulanten operativen Tätigkeit deutlich über die gesetzlichen Vorgaben hinausgegangen, denn der Gesetzgeber hat die Förderung dieses Leistungsbereichs auf die sich aus § 85 Abs 3a Satz 6 SGB V ergebenden Steigerungsbeträge beschränkt. Auch nachdem im Laufe des Jahres 1994 erkennbar geworden war, daß der starke Anstieg ambulanter Operationen unter den Bedingungen der bundesweit von allen KÄVen eingeführten Teilbudgets zu einem Punktwertverfall bei den zugehörigen Leistungen geführt hatte, hat er den KÄVen keine mengenunabhängige Punktwertstützung vorgeschrieben, sondern im 3. SGB V-ÄndG lediglich die für 1995 vorgesehene (erneute) Erhöhung des Steigerungsbetrages für die ambulanten Operationen auf 1994 vorgezogen (§ 85 Abs 3a Satz 6 SGB V idF des 3. SGB V-ÄndG). Er hat damit dem “derzeit bestehenden Nachholbedarf” im Bereich des ambulanten Operierens Rechnung tragen wollen, der “bis 1995 abzubauen” sei (Begründung der Bundesregierung zu Art 1 Nr 3 des 3. SGB V-ÄndG, BT-Drucks 13/340, S 9). Dem ist die Entscheidung des Gesetzgebers für eine Fortsetzung der Förderung des ambulanten Operierens zu entnehmen, nicht aber die Entscheidung dafür, diesen Leistungsbereich von jeder Mengensteuerung freizustellen oder in diesem Bereich eine Mengenausweitung ohne Rücksicht auf den Punktwertverfall in anderen Leistungsbereichen zu begünstigen. Daß der Gesetzgeber bei entsprechender Absicht einzelne Leistungsbereiche gezielt von dem Risiko des Punktwertverfalles freistellen kann, zeigt sich an der durch das 4. SGB V-ÄndG vom 4. Dezember 1995 (BGBl I S 1558) neugefaßten Vorschrift des § 85 Abs 4a Satz 1 SGB V. Dort ist bestimmt, daß die KÄVen im HVM sicherstellen müssen, daß die Ausweitung der Zahl der abgerechneten Leistungen keine Auswirkung auf den Punktwert der hausärztlichen Grundvergütung nach § 87 Abs 2a SGB V hat. In der Begründung des Fraktionsentwurfs der CDU/CSU und FDP zu dieser Vorschrift wird ausgeführt, eine Verringerung der Höhe der hausärztlichen Grundvergütung infolge einer Ausweitung der Leistungsmenge in anderen Leistungsbereichen solle auf diese Weise vermieden werden (BT-Drucks 13/1826, S 4). Eine derart weitgehende, auf den Punktwert unmittelbar durchgreifende Privilegierung hat der Gesetzgeber für die ambulanten Operationsleistungen weder 1993 noch 1995 vorgeschrieben. Er war und ist offenbar der Auffassung, das medizinisch sinnvolle und unter dem Aspekt der Kosteneinsparung im stationären Bereich erwünschte Ausmaß der Steigerung der ambulanten operativen Tätigkeit seitens der niedergelassenen Ärzte durch die Erhöhungsbeträge nach § 85 Abs 3a Satz 6 SGB V angemessen, aber auch ausreichend gefördert zu haben. Angesichts dieser gesetzgeberischen Wertung kann nicht beanstandet werden, daß die Beklagte ihrerseits nach Inkrafttreten des GSG zunächst nur diese Erhöhungsbeträge unmittelbar zur Verbesserung der Vergütung für ambulante operative Leistungen verwendet, den Punktwert in diesem Leistungsbereich aber nicht darüber hinausgehend zu Lasten anderer vertragsärztlicher Leistungen gestützt hat.
Der Senat vermag auch nicht der Auffassung zu folgen, die Beklagte sei spätestens mit Beginn des Jahres 1994 gehalten gewesen, ihren HVM zu ändern, nachdem die Entwicklung über mehrere Quartale gezeigt habe, daß sich die Erwartungen des Gesetzgebers nicht erfüllt hätten. Dem SG ist allerdings darin zuzustimmen, daß die KÄV eine Beobachtungspflicht in dem Sinne trifft, daß sie Verteilungsregelungen, mit denen sie in Verfolgung bestimmter Ziele vom Grundsatz der gleichmäßigen Honorarverteilung abweicht, regelmäßig zu überprüfen und gegebenenfalls zu ändern bzw weiterzuentwickeln hat, wenn sich herausstellt, daß der Zweck der Regelung ganz oder teilweise verfehlt wird oder Grundrechte der betroffenen Ärzte verletzt werden. Ist eine ursprünglich gerechtfertigte Regelung offensichtlich sachwidrig oder für die Betroffenen unzumutbar geworden, so muß der Normgeber auf die eingetretene Entwicklung reagieren und eine Änderung herbeiführen (vgl dazu die Rechtsprechung des Senats zur Honorarbegrenzung bei übermäßiger Ausdehnung der vertragsärztlichen Tätigkeit: SozR 2200 § 368f Nr 8 5 18 f; SozR 2200 § 368f Nr 14 S 54; SozR 3-2500 § 85 Nr 8 S 49). Bei der hier zu beurteilenden besonderen Konstellation war es indessen aus verschiedenen Gründen sachlich gerechtfertigt, trotz der im Verlauf des Jahres 1993 sichtbar gewordenen Punktwertdifferenzen zwischen den Leistungen des ambulanten Operierens und den übrigen ärztlichen Leistungen zunächst noch über einen gewissen Zeitraum die weitere Entwicklung zu beobachten.
Zum einen beschränkte sich die gesetzlich vorgesehene Budgeterhöhung für Leistungen des ambulanten Operierens nicht auf einmalig 10 % im Jahr 1993, sondern sollte nach der ursprünglichen Konzeption bis 1995 jährlich um weitere 10 % steigen, so daß eine gewisse Stabilisierung des Punktwertes in den Folgejahren zu erwarten war. Sodann sollte die Verlagerung von Operationen aus dem stationären in den ambulanten Bereich nicht allein von den niedergelassenen Ärzten getragen werden, sondern auch innerhalb des Krankenhauses selbst stattfinden. Aufgrund der durch das GSG neu geschaffene Vorschrift des § 115b SGB V sind seit 1. Januar 1993 Krankenhäuser kraft Gesetzes zur Durchführung bestimmter ambulanter Operationen im Wege der unmittelbaren Inanspruchnahme durch die Versicherten zugelassen. In welchem Umfang die Krankenhäuser von dieser Möglichkeit Gebrauch machen würden und inwieweit demzufolge die erwünschte Zunahme ambulanter Operationen im Bereich der niedergelassenen Ärzte oder auf der Grundlage von § 115b SGB V im Krankenhaus eintreten würde, war für die KÄVen 1993 und auch zu Beginn des Jahres 1994 noch nicht sicher abzuschätzen. Dasselbe gilt für die Frage, ob es sich bei der weit über das prognostizierte Ausmaß hinausgehenden Mengenausweitung um eine Folge der vom Gesetzgeber erhofften Verlagerung von bisher unter vollstationären Bedingungen durchgeführten Operationen in den ambulanten Bereich oder nur um eine medizinisch nicht erklärbare Leistungsvermehrung bei den ambulant operierenden niedergelassenen Ärzten handelte, für die nicht die übrigen Vertragsärzte einstehen sollten. Erste Daten über das maßgebliche Leistungsgeschehen ab 1993 stehen erst seit 1995/96 zur Verfügung. Eine im Auftrag des Bundesministeriums für Gesundheit ua vom Deutschen Krankenhausinstitut und vom Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung durchgeführte Untersuchung hat ergeben, daß die Gesamtzahl aller Operationen zwischen 1992 und 1993 um ca 650.000 gestiegen ist, wobei sich der Anteil der in freier Praxis durchgeführten Eingriffe von 27,4 % auf 29,9 % und der Anteil der ambulanten Operationen im Krankenhaus auf 0,03 % erhöht hat. Im ersten Halbjahr 1994 ist der Anteil der Operationen in der Praxis weiter auf 31,4 % und derjenige der ambulanten Eingriffe im Krankenhaus auf 0,22 % angewachsen (Clade, DÄBl 1996, C 62). 1993 haben die Krankenkassen je Mitglied in den alten Bundesländern 0,10 DM für Operationen im Rahmen von § 115b SGB V und 10,49 DM für ambulante Operationen in Arztpraxen aufgewandt (Jahresgutachten 1995 des Sachverständigenrats für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen, S 183). Diese Verteilung des Leistungsanstiegs nahezu ausschließlich auf die niedergelassenen Ärzte war bis Ende 1994 nicht vorhersehbar. Wenn aber für einen bestimmten Bereich ärztlicher Leistungen eine große Unsicherheit hinsichtlich der zu erwartenden Entwicklungen besteht, ist es gerechtfertigt, eine auf mittelfristigen Prognosen des Gesetzgebers aufbauende Verteilungsregelung jedenfalls solange beizubehalten, bis sich deren Auswirkungen verläßlich beurteilen lassen.
Einen Rechtsanspruch auf Honorierung seiner ambulanten Operationsleistungen nach höheren als den von der Beklagten ermittelten Punktwerten kann der Kläger für die streitbefangenen Quartale nicht aus § 72 Abs 2 SGB V herleiten. Die in dieser Vorschrift den Partnern der Verträge über die kassen- bzw vertragsärztliche Versorgung auferlegte Verpflichtung, Vorsorge dafür zu treffen, daß eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse gewährleistet ist und die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden, ist, wie der Senat im Urteil vom 12. Oktober 1994 – 6 RKa 5/94 – (BSGE 75, 187 = SozR 3-2500 § 72 Nr 5) klargestellt hat, objektiv-rechtlich aufzufassen und begründet im allgemeinen keine subjektiven Rechte des betroffenen Vertragsarztes. Offengeblieben ist, ob sich einzelne Ärzte zu ihren Gunsten auf einen Verstoß gegen das Gebot der angemessenen Vergütung berufen können, wenn durch eine zu niedrige Honorierung ärztlicher Leistungen das kassenärztliche Versorgungssystem als Ganzes und als Folge davon auch die berufliche Existenz der an dem Versorgungssystem beteiligten ärztlichen Leistungserbringer gefährdet ist. Es ist indessen weder ersichtlich noch im Revisionsverfahren geltend gemacht worden, daß es beim Kläger als Folge der Honorierung seiner ambulanten operativen Leistungen in den vier streitigen Quartalen mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit zu einer solchen Situation hat kommen können. Der aus Art 12 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 GG abzuleitende Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ist durch die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht verletzt, weil der Regelung des HVM, aus der sich der Punktwert für die Operations- und Anästhesieleistungen ergibt, sachgerechte Erwägungen zugrunde liegen und ihre Auswirkungen gemessen an der Notwendigkeit einer angemessenen Umsetzung der gesetzlichen Vergütungsvorgaben nicht unverhältnismäßig sind.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Breith. 1996, 973 |
SozSi 1997, 237 |
SozSi 1997, 240 |