Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersuchen um Vorabentscheidung: Verwaltungsgericht Gelsenkirchen – Deutschland. Gleichbehandlung von Männern und Frauen – Gleiche Qualifikation von Bewerbern unterschiedlichen Geschlechts – Vorrang der weiblichen Bewerber – Öffnungsklausel. Sozialpolitik – Männliche und weibliche Arbeitnehmer – Zugang zur Beschäftigung und Arbeitsbedingungen – Gleichbehandlung – Ausnahmen – Maßnahmen zur Förderung der Chancengleichheit für Männer und Frauen – Tragweite – Nationale Vorschrift, die der Beförderung von Frauen im Wettbewerb mit Männern bei gleicher Qualifikation den Vorrang einräumt, wenn erstere unterrepräsentiert sind – Öffnungsklausel, die eine objektive Beurteilung jedes Einzelfalls auf der Grundlage von Kriterien ermöglicht, die gegenüber Frauen keine diskriminierende Wirkung haben – Zulässigkeit (Richtlinie 76/207 des Rates, Artikel 2 Absätze 1 und 4)
Leitsatz (amtlich)
Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 76/207 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der bei gleicher Qualifikation von Bewerbern unterschiedlichen Geschlechts in bezug auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung weibliche Bewerber in behördlichen Geschäftsbereichen, in denen im jeweiligen Beförderungsamt einer Laufbahn weniger Frauen als Männer beschäftigt sind, bevorzugt zu befördern sind, sofern nicht in der Person eines männlichen Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen, vorausgesetzt,
- diese Regelung garantiert den männlichen Bewerbern, die die gleiche Qualifikation wie die weiblichen Bewerber besitzen, in jedem Einzelfall, daß die Bewerbungen Gegenstand einer objektiven Beurteilung sind, bei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien berücksichtigt werden und der den weiblichen Bewerbern eingeräumte Vorrang entfällt, wenn eines oder mehrere dieser Kriterien zugunsten des männlichen Bewerbers überwiegen, und
- solche Kriterien haben gegenüber den weiblichen Bewerbern keine diskriminierende Wirkung.
Normenkette
EWGRL 207/76 Art. 2 Abs. 1, 4
Beteiligte
Tenor
Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen steht einer nationalen Regelung nicht entgegen, nach der bei gleicher Qualifikation von Bewerbern unterschiedlichen Geschlechts in bezug auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung weibliche Bewerber in behördlichen Geschäftsbereichen, in denen im jeweiligen Beförderungsamt einer Laufbahn weniger Frauen als Männer beschäftigt sind, bevorzugt zu befördern sind, sofern nicht in der Person eines männlichen Mitbewerbers liegende Gründe überwiegen, vorausgesetzt,
- diese Regelung garantiert den männlichen Bewerbern, die die gleiche Qualifikation wie die weiblichen Bewerber besitzen, in jedem Einzelfall, daß die Bewerbungen Gegenstand einer objektiven Beurteilung sind, bei der alle die Person der Bewerber betreffenden Kriterien berücksichtigt werden und der den weiblichen Bewerbern eingeräumte Vorrang entfällt, wenn eines oder mehrere dieser Kriterien zugunsten des männlichen Bewerbers überwiegen, und
- solche Kriterien haben gegenüber den weiblichen Bewerbern keine diskriminierende Wirkung.
Gründe
1 Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat mit Beschluß vom 21. Dezember 1995, beim Gerichtshof eingegangen am 29. Dezember 1995, gemäß Artikel 177 EG-Vertrag eine Frage nach der Auslegung von Artikel 2 Absätze 1 und 4 der Richtlinie 76/207/EWG des Rates vom 9. Februar 1976 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung, zur Berufsbildung und zum beruflichen Aufstieg sowie in bezug auf die Arbeitsbedingungen (ABl. L 39, S. 40; im folgenden: Richtlinie) zur Vorabentscheidung vorgelegt.
2 Diese Frage stellt sich in einem Rechtsstreit zwischen Hellmut Marschall (Kläger) und dem Land Nordrhein-Westfalen (Beklagter) wegen der Bewerbung des Klägers um eine Beförderungsstelle an der Gesamtschule Schwerte.
3 In § 25 Absatz 5 Satz 2 des Beamtengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 1. Mai 1981 (Gesetz- und Verordnungsblatt Nordrhein-Westfalen – GVNW –, S. 234), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Siebten Gesetzes zur Änderung dienstrechtlicher Vorschriften vom 7. Februar 1995 (GVNW, S. 102; im folgenden: streitige Bestimmung), heisst es:
„Soweit im Bereich der für die Beförderung zuständigen Behörde im jeweiligen Beförderungsamt der Laufbahn weniger Frauen als Männer sind, sind Frauen bei gleicher Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung bevorzugt zu befördern, sofern nicht in der Pers...