1 Einleitung
Angestellte Ärzte üben eine nichtselbstständige Tätigkeit aus. Sie sind Arbeitnehmer. Zwischen ihnen und den Arbeitgebern (z. B. Krankenhausträger) besteht ein Arbeitsverhältnis auf das die geltenden arbeitsrechtlichen Bestimmungen vollumfänglich Anwendung finden. Die Details dazu sind in einem Arbeitsvertrag geregelt. Überwiegend wird im Arbeitsvertrag die Anwendung eines Tarifvertrags vereinbart (z. B. TV-Ärzte Länder), in dem auch die Höhe der Vergütung geregelt ist.
Aufgrund der Vertragsfreiheit kann bei einzelvertraglichen Regelungen ohne Bezugnahme auf einen Tarifvertrag die Höhe der Vergütung verhandelt werden. Es ist jedoch § 612 Abs. 2 BGB zu beachten, wonach mindestens die "übliche Vergütung" zu zahlen ist. Eine unbezahlte oder nicht adäquat vergütete Tätigkeit birgt die Gefahr eines Verstoßes gegen § 138 Abs. 2 BGB (Lohnwucher). Der Arbeitnehmer kann die Zahlung der "üblichen Vergütung" im Rahmen der Verjährungsfristen auf dem Klageweg erzwingen.
Im ärztlichen Bereich treten vereinzelt Ärzte – insbesondere ausländische Ärzte – an Krankenhäuser mit dem Wunsch heran, eine Tätigkeit als "Gastarzt" ohne Entgelt ausüben zu können. Folgende Formen der Gastarzttätigkeit sind denkbar:
- Hospitation
- Gastarzt zur praktischen Vorbereitung für die Kenntnisprüfung (Arztpraktikum)
- Gastarzt in Weiterbildung zum Facharzt
2 Hospitation
Hospitationen (von lateinisch hospitari "zu Gast sein") werden sowohl von inländischen wie auch von ausländischen Medizinern angestrebt. Sie dienen im ärztlichen Bereich dem Zweck der gezielten Erfahrungs- und Wissenserweiterung. Diese Erfahrungs- und Wissenserweiterung erfüllt nur dann die Kriterien einer Hospitation, wenn es sich nicht um eine ärztliche Weiterbildung nach einer Weiterbildungsordnung handelt. Der Beantwortung dieser Frage ist ein kritischer Maßstab zugrunde zu legen. Die Initiative für eine Hospitation geht in aller Regel von den interessierten Ärzten aus. Für die Durchführung besteht fast immer ein ausschließliches Interesse des Hospitanten. Ist ein ausschließliches Interesse des Bewerbers nicht zweifelsfrei erkennbar bzw. begründbar, sollte von einer Hospitation abgesehen werden. Hospitanten dürfen nur dann ärztliche Tätigkeiten ausüben, wenn sie die Voraussetzungen nach § 2 Bundesärzteordnung (BÄO) erfüllen, d. h. über eine Approbation als Arzt oder eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs nach § 10 BÄO verfügen.
Da sich eine solche Hospitation außerhalb eines Arbeitsverhältnisses bewegt, konnte sie bis zum In-Kraft-Treten des Mindestlohngesetzes (MiLoG) unentgeltlich durchgeführt werden. Ob Hospitationen nach dem Mindestlohngesetz als Praktika zu werten sind, ist völlig offen. Die Hospitation ist begrifflich im MiLoG selbst nicht erfasst. Aus der Beschreibung der Tätigkeit als Hospitant, wonach dieser eine Einrichtung, Firma oder Behörde besucht, um dabei deren Arbeit kennenzulernen oder zu begutachten, kann unter Umständen abgeleitet werden, dass Hospitanten keinen Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes haben. Wird eine Arbeitsleistung bei der Hospitation nicht erbracht, lässt sich vertreten, dass das MiLoG nicht greift. Ob diese Interpretation einer rechtlichen Überprüfung letztlich standhält, lässt sich nicht zweifelsfrei beantworten. Zum Mindestlohngesetz existieren zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Erfahrungen bzw. Rechtsprechung (vgl. auch Mindestlohn, Hospitanten/Gastarzt).
Sollte eine "Hospitation" beispielsweise wegen Erbringung von Arbeitsleistung als Praktikum zu werten sein, ist seit 1.1.2015 nach dem MiLoG der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 EUR je Zeitstunde zu zahlen. § 22 Abs. 1 MiLoG nimmt zwar bestimmte Formen von Praktika (sog. Pflichtpraktika, Berufsorientierungspraktika bis zu 3 Monaten Dauer und studienbegleitende Praktika bis zu 3 Monaten Dauer) von der Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns aus. Diese Ausnahmevorschriften greifen jedoch im Falle von Praktika von sog. Gastärzten nicht.
Unbedenklich erscheint eine Hospitation für wenige Tage, während der z. B. ein in einem kleinen Krankenhaus angestellter Arzt mit Zustimmung seines Arbeitgebers oder ein niedergelassener Arzt in einer großen Fachklinik spezielle ärztliche Kenntnisse im Rahmen einer reinen Fortbildung erwerben will.
Rechtlich bedenklich sind jedoch Hospitationen zur Verbesserung der Einstellungschancen oder zur Überprüfung, ob die Eignung für eine zu besetzende und freie Arztstelle vorliegt. Eine arbeitsgerichtliche Überprüfung könnte durchaus zur Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses führen. Dies insbesondere, wenn der Betroffene das Tätigkeitsfeld/die Stelle vollwertig ausfüllt, ohne dafür eine angemessene Vergütung zu erhalten.
Häufig wenden sich aber auch ausländische Ärzte, vorrangig aus asiatischen und arabischen Staaten, mit dem Ersuchen an deutsche Krankenhäuser, die medizinischen Behandlungsstandards in Deutschland im Rahmen eines Praktikums kennenlernen zu wollen. Ausländische Ärzte benötigen für ein derartiges Arz...