Jutta Schwerdle, Gerhard Irslinger
Hospitationen (von lateinisch hospitari "zu Gast sein") werden sowohl von inländischen wie auch von ausländischen Medizinern angestrebt. Sie dienen im ärztlichen Bereich dem Zweck der gezielten Erfahrungs- und Wissenserweiterung. Diese Erfahrungs- und Wissenserweiterung erfüllt nur dann die Kriterien einer Hospitation, wenn es sich nicht um eine ärztliche Weiterbildung nach einer Weiterbildungsordnung handelt. Der Beantwortung dieser Frage ist ein kritischer Maßstab zugrunde zu legen. Die Initiative für eine Hospitation geht in aller Regel von den interessierten Ärzten aus. Für die Durchführung besteht fast immer ein ausschließliches Interesse des Hospitanten. Ist ein ausschließliches Interesse des Bewerbers nicht zweifelsfrei erkennbar bzw. begründbar, sollte von einer Hospitation abgesehen werden. Hospitanten dürfen nur dann ärztliche Tätigkeiten ausüben, wenn sie die Voraussetzungen nach § 2 Bundesärzteordnung (BÄO) erfüllen, d. h. über eine Approbation als Arzt oder eine Erlaubnis zur vorübergehenden Ausübung des ärztlichen Berufs nach § 10 BÄO verfügen.
Da sich eine solche Hospitation außerhalb eines Arbeitsverhältnisses bewegt, konnte sie bis zum In-Kraft-Treten des Mindestlohngesetzes (MiLoG) unentgeltlich durchgeführt werden. Ob Hospitationen nach dem Mindestlohngesetz als Praktika zu werten sind, ist völlig offen. Die Hospitation ist begrifflich im MiLoG selbst nicht erfasst. Aus der Beschreibung der Tätigkeit als Hospitant, wonach dieser eine Einrichtung, Firma oder Behörde besucht, um dabei deren Arbeit kennenzulernen oder zu begutachten, kann unter Umständen abgeleitet werden, dass Hospitanten keinen Anspruch auf Zahlung des gesetzlichen Mindestlohnes haben. Wird eine Arbeitsleistung bei der Hospitation nicht erbracht, lässt sich vertreten, dass das MiLoG nicht greift. Ob diese Interpretation einer rechtlichen Überprüfung letztlich standhält, lässt sich nicht zweifelsfrei beantworten. Zum Mindestlohngesetz existieren zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Erfahrungen bzw. Rechtsprechung (vgl. auch Mindestlohn, Hospitanten/Gastarzt).
Sollte eine "Hospitation" beispielsweise wegen Erbringung von Arbeitsleistung als Praktikum zu werten sein, ist der gesetzliche Mindestohn nach dem MiLoG zu zahlen. Der Mindestlohn beträgt seit 1.1.2024 12,41 EUR je Zeitstunde und ab 1.1.2025 12,82 EUR je Zeitstunde. § 22 Abs. 1 MiLoG nimmt zwar bestimmte Formen von Praktika (sog. Pflichtpraktika, Berufsorientierungspraktika bis zu 3 Monaten Dauer und studienbegleitende Praktika bis zu 3 Monaten Dauer) von der Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns aus. Diese Ausnahmevorschriften greifen jedoch im Falle von Praktika von sog. Gastärzten nicht.
Unbedenklich erscheint eine Hospitation für wenige Tage, während der z. B. ein in einem kleinen Krankenhaus angestellter Arzt mit Zustimmung seines Arbeitgebers oder ein niedergelassener Arzt in einer großen Fachklinik spezielle ärztliche Kenntnisse im Rahmen einer reinen Fortbildung erwerben will.
Rechtlich bedenklich sind jedoch Hospitationen zur Verbesserung der Einstellungschancen oder zur Überprüfung, ob die Eignung für eine zu besetzende und freie Arztstelle vorliegt. Eine arbeitsgerichtliche Überprüfung könnte durchaus zur Feststellung des Vorliegens eines Arbeitsverhältnisses führen. Dies insbesondere, wenn der Betroffene das Tätigkeitsfeld/die Stelle vollwertig ausfüllt, ohne dafür eine angemessene Vergütung zu erhalten.
Häufig wenden sich aber auch ausländische Ärzte, vorrangig aus asiatischen und arabischen Staaten, mit dem Ersuchen an deutsche Krankenhäuser, die medizinischen Behandlungsstandards in Deutschland im Rahmen eines Praktikums kennenlernen zu wollen. Ausländische Ärzte benötigen für ein derartiges Arztpraktikum einen Aufenthaltstitel, der im Zuge eines entsprechenden Visums grundsätzlich zu erhalten ist.
Ausländische Ärzte benötigen für ein derartiges Arztpraktikum einen Aufenthaltstitel, der im Zuge eines entsprechenden Visums grundsätzlich erteilt wird. Ein reines Besuchervisum reicht dafür nicht aus.
Zur Beantragung des Visums benötigt der ausländische Arzt eine schriftliche Zusage des deutschen Krankenhauses. Die Praktikumszusage sollte einen Vorbehalt enthalten, dass die Durchführung des Praktikums der Vorlage eines entsprechenden Aufenthaltstitels bedarf. Vor Aufnahme des Praktikums sollte sich das deutsche Krankenhaus durch Vorlage des Passes davon überzeugen, dass das Visum zur Durchführung der Hospitation erteilt ist. Es empfiehlt sich, eine Kopie des Visums zu den Unterlagen zu nehmen.
Um nicht den Anschein der Begründung eines regulären Arbeitsverhältnisses zu erwecken, sollte auf eine arbeitsvertragliche Ausgestaltung der Hospitation verzichtet werden. Stattdessen empfiehlt es sich, die Form eines bloßen Anschreibens zu wählen, in welchem dem Hospitanten die Bestätigung erteilt wird, dass er in ausschließlich seinem Interesse für eine bestimmte Zeit im Krankenhaus seine ärztlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vertiefen könne. Der ...