Zwar ist obiges Urteil des BAG zum TVöD ergangen, entfaltet aber gleichermaßen auch Wirkung für den Bereich des TV-L. Somit galt:
Alle Beschäftigten im Bereich des TV-L hatten in der Übergangszeit Anspruch auf 30 Tage Erholungsurlaub.
Dies galt gleichermaßen auch für Auszubildende, Praktikanten und Ärzte.
In § 9 TVA-L BBiG und in § § 8 TV-Prakt wird jeweils auf eine entsprechender Anwendung der für die Beschäftigten des Ausbildenden gelten Regelungen verwiesen. § 26 TV-Ärzte enthält die gleiche Urlaubsstaffelung wie der TV-L.
Die Entscheidung des BAG hat insbesondere Bedeutung für die Urlaubsansprüche jüngerer Beschäftigter ab dem Urlaubsjahr 2012.
Fraglich war, ob der Anspruch auch noch für das Vorjahr 2011 geltend gemacht werden konnte.
Nach § 26 Abs. 1 Satz 6 TV-L muss der Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt werden. Die Übertragung eines evtl. Resturlaubs richtet sich nach dem BUrlG. Nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG erfolgt eine Übertragung in das nächste Kalenderjahr, wenn
- dringende betriebliche Gründe
oder
- in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe
die Übertragung rechtfertigen.
Die Unkenntnis der Unwirksamkeit der altersabhängigen Staffelung ist kein "in der Person liegender Grund". Im Hinblick auf die laufende Diskussion dieser Frage und der anhängigen Rechtsstreitigkeiten war mit einer derartigen Entscheidung zu rechnen. Dem Beschäftigten wäre es daher möglich gewesen, einen entsprechenden Urlaubsantrag zu stellen.
Daraus folgt, dass ein Anspruch auf den restlichen Urlaub aus 2011 in folgenden Fallkonstellationen bestand:
- Der Beschäftigte hat 30 Tage beantragt und dieser Antrag ist abgelehnt worden.
- Der Beschäftigte hat seinen altersabhängig gestaffelten Urlaub aus persönlichen oder dienstlichen Gründen 2011 nicht in vollem Umfang nehmen können. Der noch offene Resturlaub wurde damit in voller Höhe von 30 Tagen kraft Gesetzes in das Jahr 2012 übertragen.
- Der Arbeitgeber überträgt – wie im Bereich des TV-L häufig anzutreffen- ungeachtet der tariflichen Regelung "automatisch" den jeweiligen Resturlaub in das neue Jahr.
Bei Übertragung in das Jahr 2012 ist allerdings der noch offene Resturlaub bis zum 31. März 2012 anzutreten. Bei Nichtantritt verfällt der Urlaub grundsätzlich.
Ausnahmsweise ist eine weitere Übertragung in 3 Fällen möglich:
- Wenn dienstliche oder betriebliche Gründe entgegenstehen.
- Wenn der Beschäftigte den Urlaub wegen Arbeitsunfähigkeit auch im Übertragungszeitraum bis 31. März nicht antreten konnte.
- Wenn der Arbeitgeber generell eine vom Tarifvertrag abweichende längere Übertragungsregelung praktiziert. So wird zum Teil der Urlaub aus dem (unzutreffenden) Gesichtspunkt der "Gleichbehandlung" mit den Beamten automatisch bis zum Ende September oder gar bis Ende Dezember übertragen.
Die Mitgliederversammlung der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) hat zu den Auswirkungen des Urteils des BAG vom 20.3.2012, 9 AZR 529/10 – zur altersdiskriminierenden Staffelung des Erholungsurlaubs folgenden Beschluss gefasst:
"Das Bundesarbeitsgericht hat in seinem Urteil vom 20. März 2012 festgestellt, dass die Staffelung des Urlaubsanspruchs nach dem Lebensalter in § 26 TVöD gegen das Verbot der Diskriminierung wegen des Lebensalters verstößt. Da die Tarifvertragsparteien des TV-L in § 26 eine gleichlautende Vorschrift vereinbart haben, strebt die TdL eine rechtskonforme Neufassung des § 26 TV-L an. Nach Vorliegen und Auswertung der Urteilsgründe sollen deshalb zeitnah Vorgespräche mit den Gewerkschaften aufgenommen werden, ob bereits vor den Anfang 2013 anstehenden Tarifverhandlungen eine Vereinbarung einer diskriminierungsfreien Urlaubsregelung möglich ist, die die Interessen sowohl der Arbeitgeber als auch der Beschäftigten berücksichtigt. Diese Vereinbarung soll auch die Urlaubsansprüche der Jahre 2011 und 2012 umfassen. Durch den für eine Neuvereinbarung notwendigen Zeitbedarf sollen den Beschäftigten jedoch keine Nachteile entstehen. Für einen sich danach eventuell ergebenden, über § 26 TV-L in der jetzigen Fassung hinausgehenden Urlaubsanspruch für das Jahr 2011 wird deshalb der Übertragungszeitraum bis zum 30. Juni 2013 verlängert; entsprechendes gilt für gleichlautende tarifvertragliche Urlaubsregelungen."