Die sog. Psychiatriezulage steht zu, wenn die Grund- und Behandlungspflege zeitlich überwiegend bei Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen (Open-door-system) psychiatrischen Abteilungen oder Stationen erbracht wird.[1]

Nach der Rechtsprechung[2] ist die Zulage für Pflege von ‹Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen psychiatrischen Abteilungen oder Stationen› nicht nur zu zahlen, wenn die Tätigkeit auf einer ‹Allgemeinstation› ausgeübt wird, sondern auch bei einem Einsatz auf einer besonderen Station, z.B. der Intensivstation, der geschlossenen oder halbgeschlossenen psychiatrischen Abteilung. In diesem Fall hat der Beschäftigte Anspruch sowohl auf die Zahlung der Zulage für die Grund- und Behandlungspflege bei Kranken in geschlossenen oder halbgeschlossenen psychiatrischen Abteilungen oder Stationen wie auch die Zulage für die Pflege von Patienten in Einheiten der Intensivmedizin.

Zum Begriff der "halbgeschlossenen" Abteilung oder Station entschied das BAG mit Urteil vom 11.7.2012[3]:

Wird eine psychiatrische Station, die nur zeitweise und nur wegen einzelner Patienten geschlossen wird, nach Konzeption und praktischer Umsetzung durch die Behandlung von Patienten mit richterlichem oder ärztlichem Stationsgebot geprägt, so ist sie "halbgeschlossen“. Es ist nicht erforderlich, dass die Schließzeiten zeitlich überwiegen, sie müssen aber die Arbeit auf der Station mit prägen. Es unterliegt tatrichterlicher Würdigung, ob nach Konzeption und praktischer Umsetzung eine halbgeschlossene Abteilung oder Station vorliegt.

Das BAG führt in Rn. 12 aus:

Der erläuternde Klammerzusatz ("Open-door-system"), der für eine offene stationäre Psychiatriebehandlung steht (…), schließt eine Station, die grundsätzlich offen geführt, aber im Bedarfsfall jederzeit geschlossen werden kann, als teiloffene Station mit ein (Neuenschwander/Meyer/Hell a.a.O.). Dem Adverb "halb" kommt nach gängigem Sprachgebrauch auch die Bedeutung "teilweise" zu (Duden Das große Wörterbuch der deutschen Sprache 3. Aufl. Stichwort "halb").

In Rn. 13 heißt es weiter:

Nach der Regelungssystematik der Vorschrift wird der Anspruch sowohl in einer geschlossenen wie in einer halbgeschlossenen Station in gleicher Höhe ausgelöst. Die Systematik der Vorschrift erfordert die Abgrenzung gegenüber einer offenen Station, in der ein Anspruch auf die Zulage nicht entstehen kann. Eine offene Station (Tagesklinik, psychiatrische Wohngruppen etc.) wird nach medizinischer Konzeption und praktischer Umsetzung nicht oder nur in Notfällen geschlossen (z.B. weil eine angeordnete Unterbringung in einer dafür vorgesehenen geschlossenen oder halbgeschlossenen Station nicht realisiert werden kann), sie ist aber nicht für die Behandlung von Patienten mit richterlichem oder ärztlichem Stationsgebot ausgelegt. In einer offenen Station kann ein Anspruch auf die Zulage auch für gelegentliche Zeiten einer Schließung nicht entstehen, weil die Unterbringung von Patienten mit Stationsgebot nach der Konzeption einer offenen Station nicht vorgesehen ist und tatsächlich auch nicht in nennenswertem Umfang vorkommt. Gibt dagegen die Behandlung von Patienten mit richterlichem oder ärztlichem Stationsgebot einer Station nach Konzeption und praktischer Umsetzung das Gepräge, so ist sie "halbgeschlossen" im Sinne der Vorschrift.

Kein Anspruch in Tagesklinik

Beschäftigten, die die Tätigkeit in einer Psychiatrischen Ambulanz bzw. in einer Tagesklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie ausüben, steht die sog. Psychiatriezulage nicht zu. Es fehlt an einem Einsatz in einer "geschlossenen oder halbgeschlossenen Abteilung bzw. Station".

Die Psychiatrische Ambulanz ist nicht unter den Begriff der Pflege in einer "Abteilung" oder "Station" im Sinne der Protokollerklärung zu fassen, sondern ist nach hier vertretener Auffassung dem offenen Bereich zuzuordnen. Die Tagesklinik wird vom BAG im Urteil vom 11.7.2012 ausdrücklich als Beispiel genannt für eine "offene Station". Eine Tagesklinik ist nicht darauf ausgerichtet, Patienten mit Stationsgebot zu behandeln. Die Tagesklinik wird nicht bzw. "nur in Notfällen" geschlossen. Auf die oben zitierten Ausführungen des BAG wird verwiesen.

Nach der Begriffsbestimmung im Duden ist eine "Tagesklinik" eine Klinik, in der die Patienten nur am Tag verweilen, tagsüber behandelt werden.

Eine geschlossene oder halbgeschlossene Station ist dagegen nur anzunehmen, wenn zumindest ein Teil der Patienten aufgrund richterlicher oder ärztlicher Anordnung die Station nicht oder nur mit Zustimmung einer verantwortlichen Person verlassen darf. Die Schlüsselgewalt steht bei einer geschlossenen oder halbgeschlossenen Station ausschließlich dem Pflegepersonal zu, um auf diese Weise eine ständige Übersicht über den Aufenthalt der Patienten und die Anwesenheit von Personen zu haben, die durch die Patienten gefährdet werden können.[4] In der Tagesklinik halten sich die Patienten jedoch nur tagsüber auf, so dass die vorstehend genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind.

[1] Zum Anspruch auf ...

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