Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung bzw. Versetzung auf Verlangen des Betriebsrats
Leitsatz (amtlich)
Verlangt der Betriebsrat vom Arbeitgeber, einem bestimmten Arbeitnehmer zu kündigen bzw. ihn zu versetzen, und entschließt sich der Arbeitgeber, dem Wunsch des Betriebsrats aus den von diesem angegebenen Gründen zu entsprechen, so ist, auch wenn kein Fall des § 104 BetrVG vorliegt, eine erneute Beteiligung des Betriebsrats nach §§ 102, 103, 99 BetrVG nicht mehr erforderlich. In dem Kündigungs- bzw. Versetzungsverlangen des Betriebsrats liegt dann bereits dessen Zustimmung zur Kündigung bzw. Versetzung.
Normenkette
BetrVG §§ 102, 104, 99
Verfahrensgang
Tenor
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der 1959 geborene Kläger (verheiratet, zwei Kinder) ist seit 9. März 1981 in dem Zementwerk der Beklagten als Schlosser tätig. Bis Juli 1981 und von Oktober bis Dezember 1981 arbeitete er als Betriebsschlosser, von August bis September 1981 und fortlaufend ab 1. Januar 1982 war er als Schichtschlosser beschäftigt. Die Beklagte arbeitet im Drei-Schicht-System. Die Schichtschlosser erledigen in ihrer Schicht lediglich die notwendigsten Reparaturen und melden die aufschiebbaren Reparaturen den Betriebsschlossern, die in der Betriebsschlosserei nur in einer Schicht von 7.00 Uhr bis 15.30 Uhr arbeiten. Bei gleicher Grundvergütung erzielen die Schichtschlosser durch Schichtzuschläge, Nachtschichtzuschläge etc. einen erheblich höheren Verdienst.
In der Zeit von 1989 bis 1993 war der Kläger in erheblichem Umfange arbeitsunfähig krank. Der im Betrieb bestehende Betriebsrat ergriff deshalb die Initiative, den Kläger aus seiner Tätigkeit als Schichtschlosser herauszunehmen und ihn in die Betriebsschlosserei zu versetzen. Die Versetzung des Klägers im Rahmen einer Änderungskündigung war Gegenstand der Betriebsratssitzungen vom 28. Oktober 1992 und 1. April 1993. Nachdem sich der Betriebsratsvorsitzende an den jetzigen Prozeßbevollmächtigten der Beklagten gewandt hatte, teilte dieser dem Betriebsrat mit Schreiben vom 19. Juli 1993 folgendes mit:
“Sehr geehrter Herr R…,
die Änderungskündigungserklärung gegenüber Herrn K… sollten Sie etwa wie folgt formulieren:
‘Hiermit kündigen wir das mit Ihnen bestehende Beschäftigungsverhältnis als Schichtschlosser fristgemäß mit Wirkung zum … .
Zugleich bieten wir Ihnen die Fortsetzung Ihres Beschäftigungsverhältnisses zu geänderten Bedingungen an. Danach werden wir Sie unter voller Anerkennung Ihrer Betriebszugehörigkeit als Betriebsschlosser einsetzen. Die Vergütung beträgt DM … .’
Wichtiger ist, daß vor Ausspruch der Änderungskündigung der Betriebsrat mit einer umfassenden Begründung angehört wird. Sie sollten dabei darauf hinweisen, daß es wegen der enormen (im einzelnen auszuführenden) krankheitsbedingten Fehlzeiten von Herrn K… nicht möglich ist, ihn weiterhin als Schichtschlosser einzusetzen. Durch die häufigen Fehlzeiten von Herrn K… kommt es zu organisatorischen Engpässen, die nun durch eine Neueinstellung dauerhaft gelöst werden müssen. Angesichts des Gesundheitszustandes von Herrn K… ist auch nicht damit zu rechnen, daß in Zukunft mit geringeren Fehlzeiten gerechnet werden kann. Selbstverständlich müssen Sie diese kurz skizzierten Aussagen noch mehr und im Detail ausführen.”
Mit diesem Anwaltsschreiben wandte sich der Betriebsratsvorsitzende an den Gesellschafter der Beklagten. In dessen Büro wurde ein Kündigungsschreiben verfaßt, das – ergänzt um den Kündigungstermin und die Lohnhöhe – der Formulierung in den ersten Absätzen des Anwaltsschreibens entsprach. Nach Unterzeichnung durch den Gesellschafter wurde das Kündigungsschreiben an den Kläger abgesandt, dem es am 22. Juli 1993 zuging.
Der Kläger hat die Kündigung unter dem Vorbehalt angenommen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist, und geltend gemacht, der Betriebsrat sei vor Ausspruch der Änderungskündigung nicht angehört worden. Falls der Betriebsrat am 1. April 1993 einen Beschluß über die Änderungskündigung gefaßt habe, sei dieser Beschluß nicht ordnungsgemäß ergangen, weil ein Betriebsratsmitglied gefehlt habe und kein Ersatzmitglied geladen worden sei. Außerdem liege kein Kündigungsgrund vor. Für eine krankheitsbedingte Kündigung fehle es schon an der negativen Prognose, nachdem er im Frühjahr 1993 operiert worden sei. Die Versetzung sei vom Direktionsrecht der Beklagten nicht mehr gedeckt gewesen. Durch die Versetzung entstehe ihm ein Einkommensverlust von mindestens 15.000,00 DM brutto im Jahr.
Der Kläger hat, soweit für die Revisionsinstanz von Interesse, beantragt
festzustellen, daß die Änderungskündigung vom 21. Juli 1993 unwirksam ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Hilfsweise widerklagend hat sie beantragt
festzustellen, daß sie berechtigt ist, den Kläger als Betriebsschlosser in der Tagesschicht einzusetzen.
Die Beklagte hat vorgetragen, nach Erörterung des Gesamtkomplexes mit allen Betriebsratsmitgliedern in der Sitzung vom 28. Oktober 1992 habe der Betriebsrat in der Sitzung vom 1. April 1993 über die Änderungskündigung erneut beraten, der Änderungskündigung zugestimmt und den Betriebsratsvorsitzenden beauftragt, die Kündigung von ihr, der Beklagten, zu verlangen. Die Kündigung sei wegen der erheblichen Fehlzeiten des Klägers in der Vergangenheit gerechtfertigt. Durch diese Fehlzeiten sei es zu organisatorischen Engpässen und erheblichen Besetzungsproblemen während der Wechselschicht gekommen.
Das Arbeitsgericht hat nach dem Feststellungsantrag erkannt und die Widerklage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag und den hilfsweise gestellten Widerklageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung und Zurückverweisung (§ 565 Abs. 1 ZPO). Mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen kann der Senat noch nicht abschließend beurteilen, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen des Klägers sozial gerechtfertigt ist (§ 2 Satz 1 KSchG).
- Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Änderungskündigung sei schon gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam. Auch wenn die Initiative zur Kündigung eindeutig vom Betriebsrat ausgegangen sei, habe die Beklagte das Verfahren nach § 102 Abs. 1 BetrVG vor Ausspruch der Kündigung durchführen müssen. Ein verständiger Arbeitgeber könne in dem Verlangen des Betriebsrats auf Ausspruch einer Kündigung lediglich eine Anregung des Betriebsrats, nicht jedoch dessen vorweggenommene Stellungnahme sehen. Jedenfalls handele der Arbeitgeber auf eigenes Risiko, wenn er sich entschließe, ohne Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 1 BetrVG eine Kündigung auszusprechen. Das Erfordernis einer Betriebsratsanhörung entfalle allenfalls dann, wenn dem Kündigungsverlangen des Betriebsrats ein ordnungsgemäßer Betriebsratsbeschluß zugrunde liege, was vorliegend mangels Ladung des Ersatzmitglieds nicht der Fall sei. Einen Vertrauensschutz genieße der Arbeitgeber insoweit nicht. Entsprechend sei auch die durchgeführte Versetzung mangels Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG unwirksam.
Dem folgt der Senat nicht. Die Änderungskündigung der Beklagten ist nach dem Sachverhalt, den das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat, nicht bereits nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG unwirksam.
- Zutreffend geht das Landesarbeitsgericht davon aus, daß es grundsätzlich zur ordnungsgemäßen Anhörung des Betriebsrats gehört, daß der Arbeitgeber das Anhörungsverfahren einleitet und den Abschluß des Anhörungsverfahrens abwartet, bevor er eine Kündigung ausspricht. Eine Kündigung vor Abschluß des Anhörungsverfahrens ist unheilbar nichtig, ohne daß es dabei auf ein Verschulden des Arbeitgebers ankäme. Das Anhörungsverfahren ist allerdings beendet, wenn der Betriebsrat zu der Kündigungsabsicht des Arbeitgebers eine Erklärung abgegeben hat, aus der sich ergibt, daß der Betriebsrat eine weitere Erörterung des Falles nicht mehr wünscht, es sich also um eine abschließende Stellungnahme des Betriebsrats handelt. Dann kann der Arbeitgeber ohne die Beschränkung des § 102 Abs. 1 BetrVG kündigen (Senatsurteil vom 1. April 1976 – 2 AZR 179/75 – AP Nr. 8 zu § 102 BetrVG 1972).
- Verlangt der Betriebsrat nach § 104 BetrVG die Entlassung eines betriebsstörenden Arbeitnehmers und entschließt sich der Arbeitgeber, dem Wunsch des Betriebsrats zu entsprechen, so ist nach der Senatsrechtsprechung, der die Literatur gefolgt ist und an der festzuhalten ist, eine weitere Beteiligung des Betriebsrats nach §§ 102 bzw. 103 BetrVG nicht mehr erforderlich (Senatsurteil vom 30. November 1978 – 2 AZR 130/77 – n.v.; KR-Etzel, 4. Aufl., § 104 BetrVG Rz 33; GK-Kraft/BetrVG, 5. Aufl., § 104 Rz 16; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 104 Rz 7; Däubler/Kittner/Klebe/Schneider, BetrVG, 5. Aufl., § 104 Rz 7). Das Entlassungsverlangen enthält dann bereits die Zustimmung des Betriebsrats zu der Kündigung, was allerdings voraussetzt, daß der Arbeitgeber nur diesem Entlassungsverlangen nachkommt und nicht etwa eine andere Maßnahme (Kündigung aus anderen als den vom Betriebsrat angegebenen Gründen, außerordentliche statt ordentlicher Kündigung) einleitet.
- Nichts anderes gilt bei einem Kündigungsverlangen des Betriebsrats außerhalb des Anwendungsbereichs von § 104 BetrVG. Durch § 104 BetrVG wird kein selbständiger Kündigungsgrund geschaffen, sondern das Kündigungsverlangen des Betriebsrats setzt einen solchen Kündigungsgrund voraus. Für die Durchführung des Anhörungsverfahrens müssen deshalb die gleichen Grundsätze gelten, wenn es sich nicht um die Entfernung eines betriebsstörenden Arbeitnehmers, sondern um ein (Änderungs) kündigungsverlangen des Betriebsrats aus sonstigen Gründen handelt. Sinn und Zweck des Anhörungsverfahrens ist es, dem Betriebsrat Gelegenheit zu geben, aus seiner Sicht zu der Kündigung und deren Begründung Stellung zu nehmen, damit der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung den Widerspruch oder etwaige Bedenken des Betriebsrats berücksichtigen kann (Senatsurteil vom 13. Juli 1978 – 2 AZR 717/76 – AP Nr. 17 zu § 102 BetrVG 1972). Dem ist Genüge getan, wenn der Betriebsrat dem Arbeitgeber die Kündigungsgründe vorträgt mit dem Ziel, ihn zur Kündigung des betreffenden Arbeitnehmers zu veranlassen, und der Arbeitgeber dieses Kündigungsverlangen prüft, die geltend gemachten Kündigungsgründe für berechtigt hält und auf Verlangen des Betriebsrats die Kündigung ausspricht. Zu der nunmehr auch vom Arbeitgeber beabsichtigten Kündigung hat der Betriebsrat abschließend Stellung genommen, und es wäre eine sinnlose Förmelei, den Arbeitgeber zu verpflichten, entweder noch die Wochenfrist des § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG abzuwarten oder gar den Betriebsrat zu den von diesem selbst vorgetragenen Kündigungsgründen erneut anzuhören.
Eine Anhörung des Betriebsrats ist in derartigen Fällen auch dann, wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat, nicht erforderlich, wenn dem Kündigungsverlangen des Betriebsrats kein wirksamer Betriebsratsbeschluß zugrunde liegt, etwa weil zu der Sitzung, bei der der entsprechende Betriebsratsbeschluß gefaßt worden ist, ein Ersatzmitglied nicht geladen war. Bei Fehlern im Anhörungsverfahren ist nach der Senatsrechtsprechung, an der festzuhalten ist, zu unterscheiden zwischen Fehlern, die dem Arbeitgeber und solchen, die dem Betriebsrat zuzurechnen sind. Mängel die in dem Bereich vorkommen, für den der Betriebsrat zuständig und verantwortlich ist, also Fehler bei seiner Willensbildung oder bei der Mitteilung eines Betriebsratsbeschlusses an den Arbeitgeber, berühren die Ordnungsmäßigkeit des Anhörungsverfahrens i.S.v. § 102 Abs. 1 BetrVG nicht, d.h. die Kündigung ist insoweit nicht wegen fehlerhafter Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn der Arbeitgeber weiß oder vermuten kann, daß das Verfahren des Betriebsrats nicht fehlerfrei verlaufen ist (Senatsurteil vom 2. April 1976 – 2 AZR 513/75 – AP Nr. 9 zu § 102 BetrVG 1972, zuletzt Senatsurteil vom 13. Juni 1996 – 2 AZR 745/95 –, n.v., zu II 1 der Gründe; KR-Etzel, 4. Aufl., § 102 BetrVG Rz 115, m.w.N.). Die fehlerhafte Besetzung des Betriebsrats bei der Beschlußfassung über das Kündigungsverlangen ist danach ein Fehler, der allein der Sphäre des Betriebsrats zuzurechnen ist und der deshalb nicht zur Unwirksamkeit des Anhörungsverfahrens führt. Der Arbeitgeber hat regelmäßig gar keine Handhabe, auf das vom Betriebsrat bei der Erledigung seiner Betriebsratstätigkeit gewählte Verfahren Einfluß zu nehmen, und es kann von ihm auch nicht verlangt werden, daß er etwa, wenn ihm der Betriebsratsvorsitzende einen Betriebsratsbeschluß bekannt gibt, der Frage nachgeht, ob zu der betreffenden Betriebsratssitzung, in der der Beschluß gefaßt worden ist, ordnungsgemäß geladen war.
Ein derartiger, eindeutig der Sphäre des Betriebsrats zuzurechnender Fehler im Anhörungsverfahren kann auch nicht mit der Argumentation dem Arbeitgeber angelastet werden, er handele auf eigenes Risiko, wenn er auf das Entlassungsbegehren des Betriebsrats hin kein Anhörungsverfahren nach § 102 BetrVG einleite (vgl. LAG Hamm Urteil vom 22. Mai 1975 – 4 Sa 824/75 – ARSt 1977, 14; insoweit offengelassen im Senatsurteil vom 30. November 1978, aaO). Kommt der Arbeitgeber einem Kündigungsverlangen des Betriebsrats aus den vom Betriebsrat genannten Gründen nach, so unterläßt er es nicht auf eigenes Risiko, ein ordnungsgemäßes Anhörungsverfahren einzuleiten. Das Anhörungsverfahren findet vielmehr in abgekürzter Form dadurch statt, daß der Betriebsrat zu den Kündigungsgründen, die er selbst geltend macht, bereits angehört ist, indem er diese Gründe dem Arbeitgeber vorträgt, über die Zustimmung zur Kündigung in der Form des Entlassungsverlangens bereits beschlossen hat und diese Zustimmung dem Arbeitgeber bekannt gibt.
- Nach diesen Grundsätzen ist die Kündigung der Beklagten auch dann nicht nach § 102 BetrVG unwirksam, wenn man von dem eingeschränkten Sachverhalt ausgeht, den das Landesarbeitsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat. Selbst wenn man mit dem Berufungsgericht unberücksichtigt läßt, daß sich der Aussage der erstinstanzlich vernommenen ehemaligen Betriebsratsvorsitzenden die Erörterungen zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat über die späteren Kündigungsgründe über einen längeren Zeitraum hingezogen haben und es der jetzige Prozeßbevollmächtigte der Beklagten war, der den Betriebsrat über das einzuhaltende Verfahren in allen Einzelheiten informiert hat, lagen alle Voraussetzungen für einen ordnungsgemäßen Abschluß des Anhörungsverfahrens vor: Der Betriebsrat hatte in einer Sitzung über die Gründe, die die Beklagte später zum Anlaß der Kündigung genommen hat, beraten und den Beschluß gefaßt, von der Beklagten aus diesen Gründen die Entlassung des Klägers zu verlangen. Der Beschluß krankte allein an der fehlenden Ladung eines Ersatzmitglieds. Aufgrund dieses Beschlusses hat der Betriebsratsvorsitzende von der Beklagten die Entlassung des Klägers verlangt, und der Arbeitgeber hat den vom Betriebsrat vorgelegten Entwurf eines Kündigungsschreibens gleich unterzeichnet. Dies reicht als ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung aus.
- Wenn damit zumindest nach den bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts die Wirksamkeit der Kündigung nicht an § 102 Abs. 2 Satz 3 KSchG scheitert, so führt dies zur Aufhebung und zur Zurückverweisung (§ 565 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat, von seinem Ausgangspunkt her konsequent, nicht geprüft, ob die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten sozial gerechtfertigt ist (§ 2 Satz 1, § 1 Abs. 2 KSchG) und dazu auch keine Feststellungen getroffen. Dies wird nach der Zurückverweisung nachzuholen sein.
Damit unterliegt das Berufungsurteil auch insoweit der Aufhebung und Zurückverweisung, als das Landesarbeitsgericht über die von der Beklagten nur hilfsweise erhobene Widerklage entschieden hat.
Dabei wird das Berufungsgericht zunächst einmal nach § 139 ZPO aufzuklären haben, wie der Hilfsantrag der Beklagten auszulegen ist. Die Beklagte hat ihn ausdrücklich nur für den Fall gestellt, daß das Gericht die vom Kläger erhobene Feststellungsklage nur deshalb für begründet hält, weil es des Ausspruchs einer Änderungskündigung nicht bedurft hätte. Nach der neueren Senatsrechtsprechung (Urteil vom 15. November 1995 – 2 AZR 521/95 – AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Lufthansa) führt aber die Tatsache, daß der Arbeitgeber die Maßnahme auch in Ausübung seines Direktionsrechts durchführen konnte, nicht ohne weiteres zur Unwirksamkeit der auf diese Maßnahme zielenden Änderungskündigung.
In der Sache scheitert auch die von der Beklagten hilfsweise erhobene Widerklage nicht von vornherein – wie das Landesarbeitsgericht angenommen hat – an der fehlenden Zustimmung des Betriebsrats zur Versetzung nach § 99 BetrVG. Ebenso wie bei einem Entlassungsverlangen des Betriebsrats nicht eine erneute Anhörung nach § 102 BetrVG erforderlich ist, braucht der Arbeitgeber bei einer vom Betriebsrat verlangten Versetzung nicht noch einmal das förmliche Verfahren auf Erteilung der Zustimmung gemäß § 99 BetrVG durchzuführen, wenn der Arbeitgeber dem Vorschlag des Betriebsrats zur Versetzung des Arbeitnehmers auf einen konkreten Arbeitsplatz entspricht (KR-Etzel, 4. Aufl., § 104 BetrVG Rz 27; Kittner/Trittin, KSchR, 2. Aufl., § 104 BetrVG Rz 7; Fitting/Kaiser/Heither/Engels, BetrVG, 18. Aufl., § 104 Rz 7; zum Zustimmungserfordernis nach § 103 BetrVG, vgl. Senatsurteil vom 30. November 1978, aaO). § 99 BetrVG setzt zwar grundsätzlich einen wirksamen Zustimmungsbeschluß voraus. Wie aber zu § 103 BetrVG vom Senat ausdrücklich entschieden (Senatsurteil vom 23. August 1984 – 2 AZR 391/83 – BAGE 46, 258 = AP Nr. 17 zu § 103 BetrVG 1972), genießt der Arbeitgeber insoweit einen Vertrauensschutz. Er darf grundsätzlich auf die Wirksamkeit eines Zustimmungsbeschlusses vertrauen, wenn ihm der Betriebsratsvorsitzende mitteilt, der Betriebsrat habe die Zustimmung erteilt, es sei denn, daß der Arbeitgeber die Tatsachen kennt oder kennen muß, aus denen die Unwirksamkeit des Beschlusses folgt. Auf die Frage, ob die Maßnahme der Beklagten überhaupt eine Versetzung darstellte, kommt es damit jedenfalls nach dem bisherigen Parteivorbringen nicht mehr an.
Unterschriften
Etzel, Bröhl, Fischermeier, Strümper, Baerbaum
Fundstellen
Haufe-Index 893890 |
NZA 1997, 1106 |
SAE 1999, 13 |