In neuerer Zeit wird die sog. "Vertrauensarbeitszeit" propagiert, bei der eine Kontrolle der Arbeitszeit durch den Arbeitgeber nicht stattfindet. Der Mitarbeiter verfügt eigenverantwortlich über seine Arbeitszeit. Bei hoher Identifikation des Mitarbeiters mit der Einrichtung bzw. dem Produkt oder der Dienstleistung erscheint die Einführung von Vertrauensarbeitszeit sinnvoll.
In einigen Einrichtungen, insbes. in IT-Bereichen, führt die Nichterfassung der Arbeitszeit dazu, dass die Mitarbeiter wesentlich mehr als die arbeitsvertraglich bzw. tarifvertraglich geschuldete Wochenarbeitszeit leisten. Allein aus Gründen der Fürsorge für die Gesundheit der Mitarbeiter sollte der Betriebs-/Personalrat einen Überblick über den Umfang der geleisteten Arbeitszeit erhalten.
Nach der Rechtsprechung kann der Betriebsrat verlangen, dass Arbeitszeitaufzeichnungen erfolgen, um die tarifliche Arbeitszeit wie auch die gesetzlichen Höchstgrenzen zu erfassen. Diesbezüglich ist vor allen Dingen auf die Aufzeichnungspflicht aus dem ArbZG hinzuweisen, die sich auf alle Stunden über acht am Tag bezieht.
Fehlen Anreize in der Vergütung, wie Ergebnisbeteiligungen, Leistungszulagen, so besteht die Gefahr, dass die Mitarbeiter Arbeitsunterbrechungen, Pausen, Leerzeiten u. Ä. mit berücksichtigen, um die tarifliche bzw. betriebliche Wochenarbeitszeit zu erreichen.
Für den Arbeitgeber optimal ist es jedoch, wenn lediglich der Arbeitserfolg – z. B. das Profit-Center-Ergebnis, das Projektergebnis – kontrolliert und honoriert wird, nicht jedoch die dafür im Einzelnen aufgewendete Arbeitszeit. Eigenverantwortlich arbeitende Mitarbeiter sind im Regelfall äußerst motiviert und damit produktiv für den Arbeitgeber.
Ein sinnvoller Einsatz wird durch das Modell Vertrauensarbeitszeit letztlich erst dann ermöglicht, wenn das "Vertrauen" einem Team von Beschäftigten gewährt wird.
Neben der Verlagerung von Anwesenheitszeiten des Einzelnen ("Kernzeiten") hin zu Ansprechzeiten des Teams gibt es bei innovativen Arbeitszeitsystemen auch eine Entwicklung weg von der Anwesenheitsorientierung hin zur Ergebnisorientierung. Grundvoraussetzung hierfür sind klare Ziele und Qualitätsvereinbarungen sowie eine Vertrauenskultur.
Diese Vertrauensarbeitszeit sollte sich dabei an folgenden Grundsätzen orientieren:
- Die Steuerung der Vertragsarbeitszeiten soll grundsätzlich eigenverantwortlich im Team erfolgen entsprechend den jeweiligen Anforderungen und unter Beachtung von Gesetz und Tarifvertrag. In diesem Rahmen können selbstverständlich persönliche Belange Berücksichtigung finden.
- Die Beschäftigten sollen an der laufenden Aktualisierung der Standards, die ihrer Arbeit zugrunde liegen, beteiligt werden (Servicezeiten, garantierte Bearbeitungszeiten, Qualitätsstandards etc.). Hierfür sollen regelmäßige Gespräche und Zielvereinbarungen mit allen Mitarbeitern erfolgen.
Systematische arbeitgeberseitige Zeiterfassung und somit -kontrolle entfällt hierbei und wird durch Zielvereinbarungen, Qualitäts- und Ergebnisabsprachen ersetzt. So kann Verantwortung zugewiesen und eingefordert werden. Unabdingbare Voraussetzung ist die Teambildung, die innerhalb der vorhandenen Strukturen stattfinden kann. Kernzeiten mit Anwesenheitspflicht des Einzelnen sind aufgehoben und finden ihren Fortgang in den Servicezeiten des jeweiligen Arbeitsteams. Das Team legt Besetzungsstärken, Dienstplan und Terminmanagement grundsätzlich eigenverantwortlich fest. Maßstab des Handelns ist der Anspruch der externen oder internen Kundinnen bzw. Kunden einerseits und die Erfüllung der Vertragsarbeitszeit andererseits.
Den externen wie internen Kunden steht in der Patientenverwaltung nunmehr eine einheitliche, von 7.30 bis 19 Uhr durchgängige Ansprechzeit zur Verfügung. Ziel ist es, einfache Anfragen sofort zu erledigen. Individuelle Probleme erfordern, wenn eine unmittelbare qualifizierte Beratung nicht möglich ist, eine Termin- oder zumindest eine Rückrufvereinbarung. Wie im privaten Bereich sollen in der Einrichtung Terminvereinbarungen greifen, um Wartezeiten zu vermeiden. Allerdings tritt eine erhöhte zeitliche Anforderung bei den Servicediensten wie Telefonzentrale, Hausmeister, Pforte etc. ein.
Vertrauensarbeitszeit kann nur in absoluter Offenheit aller Beteiligten mit einem gemeinsamen Gestaltungswillen geschaffen und mit Leben erfüllt werden. Sie sind nicht per Dekret für die Gesamtverwaltung einsetzbar, sondern erfordern wegen ihrer Auswirkungen auf die Organisation einzelner Arbeitsbereiche und wegen der Bewusstseinsbildung in der Mitarbeiterschaft und bei den Führungskräften jeweils eine individuelle Einführung.
Die Vertrauensarbeitszeit setzt voraus, dass tatsächlich in großem Umfang Verantwortung delegiert wird. Nur auf diese Weise kann das Instrument Führen mit Zielvereinbarungen sinnvoll eingesetzt werden. In den meisten Einrichtungen ist Letzteres jedoch nicht der Fall.