Entscheidungsstichwort (Thema)
Antragsänderung in der Rechtsbeschwerdeinstanz
Orientierungssatz
1. Der Übergang vom bisherigen zum neuen Antrag, daß die Rechtsauffassung des Betriebsrats danach zutreffend war, ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässig.
2. Im arbeitsgerichtlichen Anschlußverfahren fehlt das Rechtsschutzbedürfnis für einen Antrag, mit dem die Feststellung begehrt wird, eine bestimmte abgeschlossene Maßnahme sei unwirksam, wenn die Maßnahme für die Verfahrensbeteiligten im Zeitpunkt der Entscheidung keine Rechtswirkung mehr hat.
Normenkette
ArbGG § 81 Abs. 3 Fassung: 1979-07-02, § 87 Abs. 2 Fassung 1979-07-02, § 92 Abs. 2 Fassung: 1979-07-02
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Entscheidung vom 15.07.1983; Aktenzeichen 3 TaBV 28/83) |
ArbG Düsseldorf (Entscheidung vom 03.02.1983; Aktenzeichen 2 BV 135/82) |
Gründe
A. Die G AG stellt Glasverpackungsprodukte her. Die bei der Produktion anfallenden Scherben werden automatisch in sogenannten LESA-Behältern gesammelt. Die gefüllten Behälter werden anschließend mit zwei Spezialfahrzeugen zu sogenannten Scherbenbuchten gefahren und dort entleert. Bis zum Oktober 1982 führten insgesamt fünf Arbeitnehmer der G AG im Vier-Schicht-Betrieb den Scherbentransport mit den Spezialfahrzeugen aus, wobei jeweils ein Arbeitnehmer als Springer eingesetzt war. Mit Wirkung vom 1. November 1982 übernahm die Firma F Kraftwagen-Spedition GmbH & Co. KG den innerbetrieblichen Transport der LESA-Behälter zu den Scherbengruben und beschäftigte dafür auf dem Gelände der Antragsgegnerin fünf Arbeitnehmer. Darüber, in welcher Weise diese Arbeitnehmer der Firma F eingesetzt wurden und in den Betrieb der G AG eingegliedert waren, herrscht unter den Beteiligten weitgehend Streit.
Der Betriebsrat hat geltend gemacht, die Arbeitnehmer der Firma F wären in den Betrieb eingegliedert und würden wie Leiharbeitnehmer beschäftigt. Die Beschäftigung dieser Arbeitnehmer bedürfe daher seiner Zustimmung, die die Antragsgegnerin nicht eingeholt habe. Er hat daher im vorliegenden Verfahren vor dem Arbeitsgericht zunächst beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, die Ein-
stellung der Arbeitnehmer B II,
S , K , Z und V
aufzuheben.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats stattgegeben. Vor dem Landesarbeitsgericht hat der Betriebsrat mit Rücksicht darauf, daß zwei der Arbeitnehmer der Firma F zwischenzeitlich wieder ausgeschieden waren, zwei weitere auf andere Arbeitsplätze versetzt wurden und einer dieser Arbeitnehmer für längere Zeit arbeitsunfähig erkrankte, beantragt,
der Antragsgegnerin aufzugeben, die Ein-
stellung der von der Firma F einge-
setzten Scherbenfahrer aufzuheben.
Das Landesarbeitsgericht hat diesen Antrag des Betriebsrats abgewiesen.
Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde hat der Betriebsrat zunächst seinen vor dem Arbeitsgericht gestellten Antrag weiterverfolgt. Er hat mit Schriftsatz vom 26. September 1985 mitgeteilt, daß der Vertrag mit der Firma F zum 30. September 1985 gekündigt sei und mit diesem Zeitpunkt auch die Tätigkeit des letzten der genannten Arbeitnehmer der Firma F im Betrieb der Antragsgegnerin ende. Er hat mit Rücksicht darauf die Feststellung beantragt, daß sein Antrag bis zur Hauptsacheerledigung berechtigt war. Die Antragsgegnerin hat um Zurückweisung der Rechtsbeschwerde gebeten.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist nicht begründet.
1. Nachdem die fünf Arbeitnehmer der Firma F, um deren Beschäftigung bei der Antragsgegnerin die Beteiligten stritten, bei dieser zumindest seit dem 30. September 1985 nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Beteiligten nicht mehr beschäftigt sind, kann der Betriebsrat nicht mehr die Aufhebung der Beschäftigung dieser Arbeitnehmer verlangen. Sein Antrag ist unbegründet geworden, wobei es gleichgültig ist, aus welchen Gründen die Beschäftigung dieser Arbeitnehmer bei der Antragsgegnerin geendet hat.
2. Der Betriebsrat hat mit Rücksicht darauf seinen Antrag geändert und die Feststellung begehrt, daß sein Verlangen auf Aufhebung der Beschäftigung dieser Arbeitnehmer berechtigt war.
Eine solche Antragsänderung ist in der Rechtsbeschwerdeinstanz unzulässig. § 92 ArbGG verweist anders als § 87 Abs. 2 ArbGG nicht auf § 81 Abs. 3 ArbGG, der die Änderung der im Beschlußverfahren gestellten Anträge regelt (Beschluß des Senats vom 24. November 1981, BAG 37, 102 = AP Nr. 11 zu § 76 BetrVG 1972; Beschluß des Sechsten Senats vom 29. Juli 1982, BAG 39, 259 = AP Nr. 5 zu § 83 ArbGG 1979).
Für den geänderten Antrag fehlt es darüber hinaus an einem Rechtsschutzinteresse. Nachdem die fraglichen Arbeitnehmer der Firma F endgültig ihre Tätigkeit im Betrieb der Antragsgegnerin eingestellt haben, besteht an der Entscheidung der Frage, ob der Betriebsrat die Aufhebung dieser Beschäftigung verlangen konnte, kein Rechtsschutzinteresse mehr. Für die Rechtsbeziehung der Beteiligten spielt die Frage, ob die Einstellung der genannten Arbeitnehmer wirksam war oder ob die Antragsgegnerin diese Maßnahme hätte aufheben müssen, keine Rolle mehr. Die vom Betriebsrat begehrte Entscheidung könnte lediglich aussprechen, daß seine Rechtsauffassung damals zutreffend war. Dafür ist das Beschlußverfahren nicht gegeben. Das hat der Sechste Senat in seiner Entscheidung vom 29. Juli 1982 (aa0) ausgesprochen. Dem hat sich der Senat schon wiederholt angeschlossen (zuletzt Beschluß vom 10. April 1984 - 1 ABR 73/82 - AP Nr. 3 zu § 81 ArbGG 1979).
Soweit der Betriebsrat geltend macht, der Einsatz von sogenannten Fremdarbeitern auch in weiteren Betriebsbereichen der Antragstellerin sei unter den Beteiligten nach wie vor streitig, vermag auch dies den neuen Antrag nicht zulässig zu machen. Dieser bezieht sich ausdrücklich auf einen bestimmten abgeschlossenen Einzelfall. Die Entscheidung einer von einem solchen Einzelfall losgelösten allgemeinen Streitfrage betrifft einen anderen Streitgegenstand und setzt einen darauf gerichteten gesonderten Antrag voraus, der in der Rechtsbeschwerdeinstanz nicht erstmalig gestellt werden kann (Beschluß des Sechsten Senats vom 29. Juli 1982, aa0, und des Senats vom 10. April 1984, aa0).
War damit die Änderung des Antrages unzulässig, so mußte über den zunächst gestellten Antrag entschieden werden. Dieser ist - wie dargelegt - unbegründet, so daß die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen werden mußte.
Dr. Heither Dr. Leinemann Matthes
Gnade Rösch
Fundstellen