Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze. Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats
Leitsatz (amtlich)
Die Mitbestimmung des Betriebsrats bei der Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze nach § 94 Abs. 2 BetrVG erstreckt sich auch auf die Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens. Vollzieht sich dieses auf der Grundlage von Mitarbeitergesprächen, werden diese vom Mitbestimmungsrecht erfasst.
Orientierungssatz
1. Nach § 94 Abs. 2 BetrVG bedarf die Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze der Zustimmung des Betriebsrats. Das Beteiligungsrecht ermöglicht es dem Betriebsrat nicht, von sich aus an den Arbeitgeber heranzutreten und von diesem die Aufstellung von allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen zu verlangen. Entschließt sich der Arbeitgeber aber, allgemeine Beurteilungsprinzipien einzuführen, hat der Betriebsrat deren Inhalt mitzubestimmen.
2. Der Mitbestimmung nach § 94 Abs. 2 BetrVG unterliegen die Festlegung der materiellen Beurteilungsmerkmale und die Grundlagen der Beurteilung. Sie erstreckt sich auch auf die Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens. Vollzieht sich dieses auf der Grundlage von Mitarbeitergesprächen, werden diese vom Mitbestimmungsrecht erfasst.
3. Allein das Verlangen des Arbeitgebers nach einer unternehmenseinheitlichen Regelung von der Mitbestimmung nach § 94 Abs. 2 BetrVG unterliegenden Mitarbeitergesprächen vermag die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht zu begründen. Sind solche Gespräche aber Bestandteil eines unternehmenseinheitlichen Personalentwicklungskonzepts, kann die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG gegeben sein.
Normenkette
BetrVG § 23 Abs. 3, § 50 Abs. 1 S. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 1, § 94 Abs. 2, §§ 96, 97 Abs. 1-2, § 98; ArbGG § 64 Abs. 3a S. 1, § 72 Abs. 1 S. 2, § 83 Abs. 3, § 92 Abs. 1 Sätze 1-2; ZPO § 256 Abs. 1, § 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Beschluss vom 18.02.2013; Aktenzeichen 8 TaBV 11/12) |
ArbG Hamburg (Beschluss vom 07.06.2012; Aktenzeichen 29 BV 22/11) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des zu 1. beteiligten Betriebsrats wird – unter Zurückweisung der weitergehenden Rechtsbeschwerde – der Beschluss des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 18. Februar 2013 – 8 TaBV 11/12 – insoweit aufgehoben, wie die Beschwerde des zu 1. beteiligten Betriebsrats gegen die den Antrag zu 1. abweisende Entscheidung des Arbeitsgerichts Hamburg vom 7. Juni 2012 – 29 BV 22/11 – zurückgewiesen worden ist.
Im Umfang der Aufhebung wird das Verfahren zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten über die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss einer Gesamtbetriebsvereinbarung über Mitarbeiterjahresgespräche.
Das Unternehmen der zu 2. beteiligten Arbeitgeberin gehört zur N-Group, einem Anbieter für Lebensmittellogistik. Dieses hat mehrere Niederlassungen in Deutschland und eine zentrale Personalabteilung. Antragsteller ist der in der Niederlassung in H gebildete Betriebsrat. Die Beteiligten zu 4. bis 21. sind die in den anderen Betrieben gewählten Betriebsräte. Am 21./25. Februar 2011 schloss die Arbeitgeberin mit dem bei ihr gebildeten und zu 3. beteiligten Gesamtbetriebsrat eine „Betriebsvereinbarung über die Durchführung von Personalentwicklungsmaßnahmen auf der Grundlage von Mitarbeiterjahresgesprächen” (GBV MJG). Die nach ihrem § 7 Satz 2 bis zum 31. Dezember 2012 befristete GBV MJG wurde – inhaltlich unverändert – zuletzt am 29. November 2013 bis zum 31. Dezember 2015 verlängert. Sie lautet auszugsweise:
Diese Betriebsvereinbarung gilt für alle Arbeitnehmer im Sinne des § 5 BetrVG, die in einer KVN-Niederlassung beschäftigt sind und deren Arbeitsverhältnisse unbefristet sind.
Sie gilt nicht für die in diesen Niederlassungen beschäftigten Leitenden Angestellten.
Die Betriebsvereinbarung regelt die Durchführung von Mitarbeiterjahresgesprächen als zentrales Instrument der Personalentwicklung, insbesondere auch die Dokumentation der Gesprächsergebnisse.
Das Mitarbeiterjahresgespräch ist ein 4-Augen-Gespräch zwischen Mitarbeiter/-in und Führungskraft, das einmal im Jahr auf freiwilliger Basis durchgeführt wird. Mitarbeiterjahresgespräche werden regelmäßig nicht zwischen Führungskräften der unteren Ebene (Gruppenleiter, Teamleiter, Schichtleiter, Vorarbeiter etc.) und den ihnen zugeordneten Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen geführt, sondern von dem nächst höheren Vorgesetzten (Abteilungsleiter, Lagerleiter etc.). Auf Wunsch des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin kann ein Betriebsratsmitglied an dem Gespräch teilnehmen.
Gegenstand des Gespräches ist die Bestandsaufnahme über die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten, über Herausforderungen und Entwicklungen im Aufgabenbereich des Mitarbeiters und die Leistungsentwicklung des Mitarbeiters / der Mitarbeiterin. Dieses Gespräch ersetzt nicht die laufende Kommunikation zwischen Führungskraft und Mitarbeiter/in.
Aus den Ergebnissen des Mitarbeiterjahresgespräches können Qualifizierungs- und Fördermaßnahmen für die Mitarbeiter/innen abgeleitet werden.
§ 3 Gestaltung der Mitarbeiterjahresgespräche |
Die Mitarbeiter/innen werden im Vorfeld über Ziele und Ablauf des Mitarbeiterjahresgespräches informiert. Zur Orientierung und Hilfestellung bei der Durchführung des Mitarbeiterjahresgesprächs wird den Führungskräften und Mitarbeitern/Mitarbeiterinnen ein Leitfaden zur Verfügung gestellt.
Der Leitfaden ist in den Anlagen 1 sowie 1a bis 1d beigefügt.
Die Ergebnisse des Gespräches werden auf einem Ergebnisblatt (Anlage 2) dokumentiert und von den Gesprächspartnern unterschrieben.
Das unterschriebene Gesprächsprotokoll wird in der Personalakte abgelegt und dem/ der Mitarbeiter/in in Kopie ausgehändigt.
§ 5 Information und Beratung |
Die gesammelten Ergebnisse werden in die Qualifizierungsmatrix (Anlage 3) übertragen.
Die Ergebnisse werden dem jeweils örtlich zuständigen Betriebsrat zur Kenntnis gegeben und mit ihm beraten.
Die Schulung der Führungskräfte wird von der Aus- und Weiterbildung organisiert:
Grundsätzlich wird jede Führungskraft in der Anwendung des Mitarbeiterjahresgespräches geschult.
Der GBR ist bei Schulungsmaßnahmen im Rahmen dieser GBV zu beteiligen. Darüber hinaus kann der örtliche Betriebsrat Mitglieder zur Teilnahme an den Schulungen von Führungskräften entsenden.”
Die Anlage 1 zur GBV MJG enthält einen „Leitfaden”, der „der Führungskraft als Orientierungshilfe für das Mitarbeiterjahresgespräch” dient. In ihren Ziffern 1 bis 6 sind Fragen zu den Themen „Besprechung des Aufgabenfeldes des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin”, „Besprechung des Leistungsstandes des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin”, „Persönliche und berufliche Zielvorstellungen des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin”, „Besprechung der Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten”, „Ableitung von Aktivitäten zur Personalentwicklung” und „Sonstige Themen, Anliegen und Wünsche” formuliert. Die Anlagen 1a bis 1d zur GBV MJG sind jeweils ein „Leitfaden zur Besprechung des Leistungsstandes”, wobei die Anlage 1a das „Führungsverhalten”, die Anlage 1b „kaufmännische Mitarbeiter”, die Anlage 1c den „gewerblichen Bereich” und die Anlage 1d „Fahrer” betrifft. Sie enthalten standardisierte „Anforderungen” und als „Orientierungshilfe” vier Bewertungsstufen. Die mit Unterschriftsleisten für die Führungskraft und den Mitarbeiter versehene Anlage 2 zur GBV MJG enthält – differenziert nach kaufmännischen und gewerblichen Mitarbeitern – Formulare für die „Ergebnisse aus dem Mitarbeiterjahresgespräch”. Hier können sowohl der Mitarbeiter als auch der Vorgesetzte bezogen auf das „Aufgabenfeld”, den „Leistungsstand”, die „berufliche Entwicklung”, die „Zusammenarbeit” und „weitere Gesprächsanliegen” Bewertungen abgeben und Maßnahmen vorschlagen. Die Anlage 3 zur GBV MJG ist eine „Qualifizierungsmatrix” mit auszufüllenden Feldern für den „Name(n) des Mitarbeiters”, dessen „Position”, die „Maßnahme” sowie einer Unterschriftenleiste.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, der Gesamtbetriebsrat sei für den Abschluss der GBV MJG nicht zuständig. Es fehle an einem zwingenden Erfordernis für die überbetriebliche Regelung der Mitarbeiterjahresgespräche. Ein von der Arbeitgeberin behauptetes unternehmenseinheitliches Personalentwicklungskonzept sei der GBV MJG nicht zu entnehmen.
Der Betriebsrat hat zuletzt – sinngemäß – beantragt
- festzustellen, dass die zwischen dem Gesamtbetriebsrat und der Arbeitgeberin geschlossene Gesamtbetriebsvereinbarung über die Durchführung von Personalentwicklungsmaßnahmen auf der Grundlage von Mitarbeiterjahresgesprächen vom 21. Februar 2011 auf den Betrieb H der Arbeitgeberin keine Anwendung findet;
- der Arbeitgeberin aufzugeben, es zur Meidung eines Ordnungsgeldes von bis zu 10.000,00 Euro im Einzelfall zu unterlassen, Mitarbeitergespräche auf der Grundlage dieser Gesamtbetriebsvereinbarung über die Durchführung von Personalentwicklungsmaßnahmen auf der Grundlage von Mitarbeiterjahresgesprächen vom 21. Februar 2011 mit Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Betriebs H der Arbeitgeberin zu führen.
Die Arbeitgeberin, der Gesamtbetriebsrat sowie die zu 5., 7., 8., 11. bis 17. und 20. beteiligten Betriebsräte haben beantragt, die Anträge abzuweisen. Sie haben den Standpunkt eingenommen, der Gesamtbetriebsrat sei für den Abschluss der GBV MJG zuständig. Die Mitarbeiterjahresgespräche seien Bestandteil eines vom zentralen Personalwesen durchgeführten umfassenden Konzepts zur Personalentwicklung. Auf der Grundlage der aus den Mitarbeiterjahresgesprächen gewonnenen Informationen würden ggf. gezielte Angebote für Schulungs- und Weiterbildungsmaßnahmen zusammengestellt. Die Vergleichbarkeit von Beurteilungen, die durch eine Vielzahl von Führungskräften und in zahlreichen Betrieben zu erstellen seien, könne nur erreicht werden, wenn die Anforderungen im Unternehmen einheitlich verbindlich feststünden. Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats folge ungeachtet dessen (auch) aus dem Gesichtspunkt einer rechtlichen Unmöglichkeit einzelbetrieblicher Regelungen.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des antragstellenden beteiligten Betriebsrats zurückgewiesen. Mit seiner Rechtsbeschwerde verfolgt dieser seine Anträge weiter. Der zu 9. beteiligte Betriebsrat beantragt, der Rechtsbeschwerde stattzugeben. Die Arbeitgeberin, der Gesamtbetriebsrat sowie die Beteiligten zu 4., 5., 7., 8., 11. bis 17. und 20. beantragen deren Zurückweisung.
Entscheidungsgründe
B. Die zulässige Rechtsbeschwerde ist teilweise begründet. Sie hat Erfolg, soweit sie den Antrag zu 1. betrifft. Den Antrag zu 2. haben die Vorinstanzen dagegen zu Recht abgewiesen.
I. Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Insbesondere bestehen keine Bedenken gegen ihre Statthaftigkeit. Sie ist vom Landesarbeitsgericht mit verkündetem Entscheidungsausspruch zugelassen worden, § 92 Abs. 1 Satz 1 ArbGG. Soweit in den Gründen des angefochtenen Beschlusses ausgeführt ist, „für die Zulassung der Rechtsbeschwerde” habe „keine Veranlassung” bestanden, hindert das die Zulässigkeit des eingelegten Rechtsmittels nicht. Nach § 92 Abs. 1 Satz 2, § 72 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 64 Abs. 3a Satz 1 ArbGG ist die Rechtsbeschwerdezulassung in den Beschlusstenor aufzunehmen. Daher kann eine im Ausspruch der Entscheidung erfolgte Zulassung in den Gründen nicht wirksam ausgeschlossen werden (zum Revisionsverfahren BAG 19. März 2003 – 5 AZN 751/02 – BAGE 105, 308).
II. Die Rechtsbeschwerde ist begründet, soweit sie den Antrag zu 1. betrifft. Sie führt insoweit zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung des Verfahrens an das Landesarbeitsgericht. Mit der vom Beschwerdegericht gegebenen Begründung kann das zulässige Feststellungsbegehren nicht abgewiesen werden. Ob es begründet ist oder nicht, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht abschließend beurteilen.
1. Der Feststellungsantrag ist nach seiner gebotenen Auslegung zulässig.
a) Er bedarf allerdings der Auslegung.
aa) Nach seinem Wortlaut ist der Antrag auf die Feststellung der „Nichtanwendung” der GBV MJG im Betrieb H gerichtet. Eine derartige auf die „relative Unwirksamkeit” einer Gesamtbetriebsvereinbarung in einem bestimmten Betrieb beschränkte Feststellung ist nicht von vornherein unzulässig (vgl. BAG 14. November 2006 – 1 ABR 4/06 – Rn. 17, BAGE 120, 146). Sie ist insbesondere möglich und sachgerecht, wenn sich die Frage der Geltung einer Gesamtbetriebsvereinbarung nicht zwingend einheitlich für alle Betriebe des Arbeitgebers beantworten lässt (vgl. BAG 9. Dezember 2003 – 1 ABR 49/02 – zu B I 1 der Gründe, BAGE 109, 71). Das macht der antragstellende Betriebsrat allerdings nicht geltend. Auch klärte die erstrebte Feststellung in ihrem buchstäblichen Verständnis nicht die zwischen den Beteiligten umstrittene Rechtsfrage der Zuständigkeit des die GBV MJG schließenden Gesamtbetriebsrats. Bei dessen – unterstellter – Unzuständigkeit für die in der GBV MJG geregelte Angelegenheit wäre die Gesamtbetriebsvereinbarung als eine freiwillige zu verstehen. Eine solche vermag zwar nicht die zwingende Mitbestimmung und nicht die betriebsverfassungsrechtlichen Handlungsmöglichkeiten der örtlichen Betriebsräte zu beschränken. Sie trifft aber Regelungen – mit normativem Geltungsanspruch – typischerweise für den Fall, dass eine Regelung auf betrieblicher Ebene unterbleibt (vgl. zu einem vom Gesamtbetriebsrat geschlossenen vorsorglichen Sozialplan BAG 17. April 2012 – 1 AZR 119/11 – Rn. 23 mwN, BAGE 141, 101; zu einer Treueprämie BAG 9. Dezember 2014 – 1 AZR 406/13 – Rn. 27). Da keine betriebliche Regelung existiert, bliebe ein auf die „Nichtanwendung” der GBV MJG gerichtetes Feststellungsziel schon aus diesem Grund erfolglos.
bb) Aus der Begründung des Antrags und dem schriftsätzlichen Vorbringen des antragstellenden Betriebsrats folgt aber, dass es ihm um eine andere als die buchstäblich ausgedrückte Feststellung geht. Er will geklärt haben, ob ihm bei der Angelegenheit, die die GBV MJG regelt, ein Mitbestimmungsrecht zusteht. Die Arbeitgeberin stellt dieses Recht in Abrede, weil es nach ihrer Auffassung bereits abschließend von dem hierfür zuständigen Gesamtbetriebsrat ausgeübt worden ist. Der Antrag ist daher dahin zu verstehen, dass er sich auf die Feststellung eines Mitbestimmungsrechts des antragstellenden Betriebsrats bei der Angelegenheit bezieht, die die GBV MJG regelt. Diesem Antragsverständnis ist der Antragsteller im Anhörungstermin vor dem Senat nicht entgegengetreten.
b) Der so verstandene Antrag ist zulässig. Ein Streit der Betriebsparteien über das Bestehen und den Umfang eines Mitbestimmungsrechts sowie ihrer durch Ausübung eines Mitbestimmungsrechts gestalteten Rechtsbeziehungen kann im Beschlussverfahren im Wege eines Feststellungsantrags iSv. § 256 Abs. 1 ZPO geklärt werden.
2. Im Hinblick auf den so verstandenen Antrag sind neben dem Antragsteller und der Arbeitgeberin auch der Gesamtbetriebsrat und die örtlichen Betriebsräte in dem Verfahren zu hören. Nach § 83 Abs. 3 ArbGG haben in einem Beschlussverfahren neben dem Antragsteller und dem Arbeitgeber diejenigen Stellen ein Recht auf Anhörung, die nach dem Betriebsverfassungsgesetz im Einzelfall am Verfahren beteiligt sind. Beteiligt in Angelegenheiten des Betriebsverfassungsgesetzes ist jede Stelle, die durch die begehrte Entscheidung in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Stellung unmittelbar betroffen ist (BAG 10. Dezember 2013 – 1 ABR 43/12 – Rn. 17). Vorliegend sind der Gesamtbetriebsrat und die örtlichen Betriebsräte von der Entscheidung über den Verfahrensgegenstand in ihrer betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition unmittelbar betroffen. Mit der erstrebten Feststellung stünde fest, dass der Gesamtbetriebsrat für den Abschluss der GBV MJG unzuständig ist. Damit wäre zugleich geklärt, dass die Zuständigkeit für eine Regelung in der streitbefangenen Angelegenheit bei den örtlichen Betriebsräten liegt.
3. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht nicht annehmen, der Antrag zu 1. sei unbegründet. Wegen dieses Rechtsfehlers unterliegt die angefochtene Entscheidung der Aufhebung, § 562 Abs. 1 ZPO.
a) Zu Recht ist das Landesarbeitsgericht allerdings – ohne nähere Begründung – davon ausgegangen, dass das vom antragstellenden Betriebsrat beanspruchte Mitbestimmungsrecht für die in der GBV MJG geregelte Angelegenheit allein aus § 94 Abs. 2 BetrVG folgt. Andere Mitbestimmungsrechte kommen nicht in Betracht.
aa) Bei der Personalentwicklung, als deren Instrument die Durchführung von Mitarbeiterjahresgesprächen nach § 2 Satz 1 GBV MJG geregelt ist, hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht. Personalentwicklungsmaßnahmen gehören zu den Maßnahmen der Personalplanung iSd. § 92 BetrVG (vgl. BAG 23. März 2010 – 1 ABR 81/08 – Rn. 23). Nach § 92 BetrVG kommen dem Betriebsrat hierbei Unterrichtungs-, Beratungs- und Vorschlagsrechte zu.
bb) Die Bestimmungen von § 2 Satz 7, § 3 Satz 3 iVm. Anlage 1, § 6 und Anlage 3 GBV MJG, wonach ua. aus den Mitarbeiterjahresgesprächen für die Mitarbeiter Qualifizierungs- und Fördermaßnahmen abgeleitet werden können und ggf. Maßnahmen zu ihrer Entwicklung vereinbart werden und grundsätzlich jede Führungskraft „in der Anwendung des Mitarbeiterjahresgespräches geschult” wird, führen ebenfalls nicht zur Annahme eines Mitbestimmungsrechts. Nach den insoweit in Betracht kommenden Beteiligungsrechten der §§ 96 und 98 BetrVG bestehen für die Betriebsparteien vor allem Förderungspflichten, die sich in näher ausgestalteten Ermittlungs- und Beratungspflichten des Arbeitgebers und in Vorschlags- und Beratungsrechten des Betriebsrats niederschlagen. Gemäß § 98 Abs. 2 BetrVG hat der Betriebsrat bei der „Durchführung” von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen. Der Begriff ist abzugrenzen von dem der „Einführung” von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung in § 97 Abs. 1, Abs. 2 BetrVG, über die mit dem Betriebsrat lediglich zu beraten ist (BAG 24. August 2004 – 1 ABR 28/03 – zu B II 2 c der Gründe, BAGE 111, 350). Die in der GBV MJG geregelte Angelegenheit betrifft keine Durchführung betrieblicher Berufsbildungsmaßnahmen. Auch ein Anwendungsfall des § 97 Abs. 2 BetrVG, wonach der Betriebsrat unter näher bestimmten Voraussetzungen bei der Einführung von Maßnahmen der betrieblichen Berufsbildung mitzubestimmen hat, liegt nicht vor.
cc) Die in der GBV MJG näher gestaltete Durchführung von Mitarbeiterjahresgesprächen unterliegt nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG.
(1) Nach dieser Bestimmung hat der Betriebsrat in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb mitzubestimmen. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist das betriebliche Zusammenleben und Zusammenwirken der Arbeitnehmer. Dieses kann der Arbeitgeber kraft seiner Leitungsmacht durch Verhaltensregeln oder sonstige Maßnahmen beeinflussen und koordinieren. Zweck des Mitbestimmungsrechts ist es, die Arbeitnehmer hieran zu beteiligen. Sie sollen an der Gestaltung des betrieblichen Zusammenlebens gleichberechtigt teilnehmen. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG allerdings nur mitzubestimmen bei Maßnahmen, die das sog. Ordnungsverhalten der Arbeitnehmer im Betrieb betreffen. Dagegen sind Maßnahmen, die das sog. Arbeitsverhalten regeln sollen, nicht mitbestimmungspflichtig. Dies sind solche Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert und abgefordert wird (BAG 25. September 2012 – 1 ABR 50/11 – Rn. 14 mwN). Wirkt sich eine Maßnahme zugleich auf das Ordnungsund das Arbeitsverhalten aus, so kommt es darauf an, welcher Regelungszweck überwiegt (BAG 11. Juni 2002 – 1 ABR 46/01 – zu B I der Gründe, BAGE 101, 285).
(2) Nach diesen Grundsätzen regelt die GBV MJG keine mitbestimmungspflichtige Angelegenheit iSv. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG. Sie macht Vorgaben zur Gestaltung, Dokumentation, Information und Beratung sowie – ohne nähere Einzelheiten – zur Schulung im Zusammenhang mit Mitarbeiterjahresgesprächen. Nach den näher vorgegebenen Themen des Mitarbeiterjahresgesprächs (Anlage 1 zur GBV MJG), den Leitfäden zur Besprechung des Leistungsstandes (Anlagen 1a bis 1d zur GBV MJG) und dem Ergebnisprotokoll (Anlage 2 zur GBV MJG) betrifft die GBV MJG insgesamt die Bewertung des Leistungsstandes der Arbeitnehmer und konkretisiert die Pflichten der Führungskraft bei der Durchführung des Mitarbeiterjahresgesprächs sowie der Beurteilung des Mitarbeiters. Nach ihrem objektiven Regelungsgehalt ist die in der GBV MJG gestaltete Maßnahme damit auf die Konkretisierung des Arbeitsverhaltens gerichtet. Soweit die Anlagen zur GBV MJG formalisierte Vorgaben treffen, kann allein hieraus nicht auf einen Regelungsgehalt der Koordinierung des Zusammenlebens und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer geschlossen werden. Die bloße Standardisierung des Arbeitsverhaltens bewirkt keine Zuordnung zum Ordnungsverhalten (vgl. hierzu BAG 25. September 2012 – 1 ABR 50/11 – Rn. 16). Ebenso folgt aus vereinzelten Aspekten der Leitfäden – etwa dem Punkt „Zusammenarbeit” im Ergebnisprotokoll nach der Anlage 2 zur GBV MJG – keine Zurechnung der geregelten Angelegenheit zum Ordnungsverhalten. Das Mitarbeiterjahresgespräch ist in seiner Ausgestaltung nicht geprägt durch Fragen des betrieblichen Zusammenlebens und Zusammenwirkens der Arbeitnehmer. Eine das Arbeitsverhalten betreffende Maßnahme wird nicht dadurch mitbestimmungspflichtig, dass sie ggf. einen Randbereich des Ordnungsverhaltens berührt.
dd) Die in der GBV MJG geregelte Angelegenheit unterliegt aber der Mitbestimmung nach § 94 Abs. 2 BetrVG. Mit der GBV MJG sind allgemeine Beurteilungsgrundsätze iSd. § 94 Abs. 2 BetrVG aufgestellt.
(1) Nach § 94 Abs. 2 BetrVG bedarf die Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze der Zustimmung des Betriebsrats. Das Beteiligungsrecht ermöglicht es dem Betriebsrat nicht, von sich aus an den Arbeitgeber heranzutreten und von diesem die Aufstellung von allgemeinen Beurteilungsgrundsätzen zu verlangen (BAG 23. März 2010 – 1 ABR 81/08 – Rn. 20). Entschließt sich der Arbeitgeber aber, allgemeine Beurteilungsprinzipien einzuführen, hat der Betriebsrat deren Inhalt mitzubestimmen. Die Art und Weise der Aufstellung ist nicht entscheidend. Allgemeine Beurteilungsgrundsätze iSv. § 94 Abs. 2 BetrVG sind Regelungen, die eine Bewertung des Verhaltens oder der Leistung der Arbeitnehmer verobjektivieren oder vereinheitlichen und an Kriterien ausrichten sollen, die für die Beurteilung jeweils erheblich sind. Beurteilungsgrundsätze sind stets auf die Person eines oder mehrerer bestimmter Arbeitnehmer bezogen. Gegenstand des Mitbestimmungsrechts ist danach die Frage, nach welchen Gesichtspunkten Arbeitnehmer insgesamt oder in Teilen ihrer Leistung oder ihres Verhaltens beurteilt werden sollen. Mit solchen allgemeinen Grundsätzen soll ein einheitliches Vorgehen bei der Beurteilung und ein Bewerten nach einheitlichen Maßstäben ermöglicht und so erreicht werden, dass die Beurteilungsergebnisse miteinander vergleichbar sind (BAG 14. Januar 2014 – 1 ABR 49/12 – Rn. 13 mwN).
(2) Dem Mitbestimmungsrecht unterliegen die Festlegung der materiellen Beurteilungsmerkmale und die Grundlagen der Beurteilung. Es erstreckt sich auch auf die Ausgestaltung des Beurteilungsverfahrens (vgl. BAG 14. Januar 2014 – 1 ABR 49/12 – Rn. 20 mwN). Vollzieht sich dieses auf der Grundlage von Mitarbeitergesprächen, werden diese vom Mitbestimmungsrecht nach § 94 Abs. 2 BetrVG erfasst (vgl. GK-BetrVG Raab 10. Aufl. § 94 Rn. 60; Löwisch/ Kaiser BetrVG 6. Aufl. § 94 Rn. 22; Thüsing in Richardi BetrVG 14. Aufl. § 94 Rn. 64; ferner auch DKKW-Klebe 14. Aufl. § 94 Rn. 44; Fitting 27. Aufl. § 94 Rn. 30; HWGNRH-Rose 9. Aufl. § 94 Rn. 76 [zum Assessment-Center]; WPK/Preis BetrVG 4. Aufl. § 94 Rn. 3).
(3) Danach sind mit der GBV MJG allgemeine Beurteilungsgrundsätze aufgestellt iSv. § 94 Abs. 2 BetrVG. Die Mitarbeiterjahresgespräche haben nach § 2 Satz 5 GBV MJG eine Bestandsaufnahme über die Zusammenarbeit zwischen Mitarbeiter und Vorgesetzten, über Herausforderungen und Entwicklungen im Aufgabenbereich des Mitarbeiters und über seine Leistungsentwicklung zum Gegenstand. Nach ihrer – vor allem in den Anlagen 1 und 1a bis 1d zur GBV MJG zum Ausdruck kommenden – näheren Ausgestaltung sind sie Grundlage einer Bewertung des Mitarbeiters in verschiedenen Anforderungsbereichen nach einem vorgegebenen Beurteilungsschema. Die GBV MJG regelt damit die Verfahrensweise der Bewertung durch den Beurteilungsgeber und legt generelle Beurteilungsmerkmale und -kriterien fest. Der Annahme eines Mitbestimmungsrechts nach § 94 Abs. 2 BetrVG steht nicht entgegen, dass die Teilnahme des zu beurteilenden Mitarbeiters am Gespräch gemäß § 2 Satz 2 GBV MJG freiwillig ist und die in der Anlage zur GBV MJG geregelten Leitfäden lediglich „Orientierungshilfen” geben sollen. Das Mitbestimmungsrecht des § 94 Abs. 2 BetrVG soll sicherstellen, dass ein Arbeitnehmer nur nach seiner Arbeitsleistung und der persönlichen Eignung für seine berufliche Entwicklungsmöglichkeit im Betrieb beurteilt wird (BAG 14. Januar 2014 – 1 ABR 49/12 – Rn. 20 mwN). Ausgehend von diesem Zweck ist der Betriebsrat auch dann zu beteiligen, wenn Beurteilungen nicht obligatorisch festgelegt und ihre Merkmale und Kriterien lediglich als „Richtungsvorgaben” formuliert sind.
b) Ob der Gesamtbetriebsrat für die Regelung über die Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zuständig ist, kann auf der Grundlage der bisher getroffenen Feststellungen nicht beurteilt werden.
aa) Die Ausübung der Mitbestimmungsrechte nach dem Betriebsverfassungsgesetz obliegt grundsätzlich dem von den Arbeitnehmern eines Betriebs unmittelbar gewählten Betriebsrat. Dem Gesamtbetriebsrat ist nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur die Behandlung von Angelegenheiten zugewiesen, die das Gesamtunternehmen oder mehrere Betriebe betreffen und nicht durch die einzelnen Betriebsräte innerhalb ihrer Betriebe geregelt werden können. Erforderlich ist, dass es sich zum einen um eine mehrere Betriebe betreffende Angelegenheit handelt und zum anderen objektiv ein zwingendes Erfordernis für eine unternehmenseinheitliche oder betriebsübergreifende Regelung besteht. Das Vorliegen eines zwingenden Erfordernisses bestimmt sich nach Inhalt und Zweck des Mitbestimmungstatbestands, der einer zu regelnden Angelegenheit zugrunde liegt. Maßgeblich sind stets die konkreten Umstände des Unternehmens und der einzelnen Betriebe. Allein der Wunsch des Arbeitgebers nach einer unternehmenseinheitlichen oder betriebsübergreifenden Regelung, sein Koordinierungs- oder Kosteninteresse sowie reine Zweckmäßigkeitsgesichtspunkte genügen nicht, um in Angelegenheiten der zwingenden Mitbestimmung die Zustimmung des Gesamtbetriebsrats zu begründen (BAG 19. Juni 2012 – 1 ABR 19/11 – Rn. 21 mwN, BAGE 142, 87). Ebenso wenig können Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat in solchen Angelegenheiten die Zuständigkeit der einzelnen Betriebsräte abbedingen.
bb) Hiervon ausgehend rügt die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass die vom Landesarbeitsgericht getroffenen Feststellungen die von ihm angenommene originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für den Abschluss der GBV MJG nicht tragen.
(1) Allein das Verlangen oder der Wunsch der Arbeitgeberin nach einer unternehmenseinheitlichen Regelung der Mitarbeiterjahresgespräche vermag die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nicht zu begründen. Die in der GBV MJG liegende Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze ist eine der zwingenden Mitbestimmung des § 94 Abs. 2 BetrVG unterliegende Angelegenheit. Es handelt sich um eine Maßnahme, die der Betriebsrat zwar nicht verlangen kann, bei deren Gestaltung er aber ein (volles) Mitbestimmungsrecht hat. Die Arbeitgeberin kann die betriebsverfassungsrechtliche Regelungsebene nicht durch ihre Entscheidung bestimmen, ob eine betriebs- oder eine unternehmensweit geltende Regelung eingeführt werden soll. Die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung ist auch bei der zwingend mitbestimmten Aufstellung allgemeiner Beurteilungsgrundsätze bindend.
(2) Das Landesarbeitsgericht hat die Notwendigkeit einer einheitlichen Beurteilung mit der „finalen Verknüpfung mit einem unternehmensübergreifenden Personalentwicklungskonzept” begründet. Es hat in diesem Zusammenhang offengelassen, ob ein solches Konzept – wie Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat behauptet haben – besteht. Maßgeblich sei insoweit die Verknüpfung, welche die Betriebsparteien nach § 2 Satz 1 GBV MJG mit normativer Wirkung vereinbart hätten.
(a) Diese Argumentation trägt die angegriffene Entscheidung nicht. Schon der Ansatz des Beschwerdegerichts zu einem „unternehmensübergreifenden” Personalentwicklungskonzept geht fehl. Entscheidend für die originäre Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist ein unternehmenseinheitliches oder zumindest überbetriebliches Regelungsbedürfnis. Dieses kann vorliegend angenommen werden, wenn die in der GBV MJG geregelte Angelegenheit – wie Arbeitgeberin und Gesamtbetriebsrat vorgetragen haben – einen „Baustein” der unternehmenseinheitlich konzipierten Personalentwicklung darstellt. Personalentwicklung besteht typischerweise aus mehreren Maßnahmen. Es müsste dann aber bei der Arbeitgeberin ein für ihr gesamtes Unternehmen einheitlich verfasstes Personalentwicklungskonzept überhaupt bestehen, was der antragstellende Betriebsrat in Abrede gestellt hat.
(b) Anders als vom Beschwerdegericht angenommen, kann diese Frage nicht im Hinblick auf § 2 Satz 1 GBV MJG offenbleiben. In dieser Vorschrift ist unter der Überschrift „Zweckbestimmung” niedergelegt, dass Gesamtbetriebsrat und Arbeitgeberin die „Durchführung von Mitarbeiterjahresgesprächen als zentrales Instrument der Personalentwicklung” regeln wollen. Ein Bezug zu einer unternehmenseinheitlichen Personalentwicklung ist damit schon sprachlich nicht ausgedrückt. Die aufgestellten Beurteilungsgrundsätze sind nicht Selbstzweck, sondern – was auch die Arbeitgeberin betont – Mittel zum Zweck der Ableitung von Personalentwicklungsmaßnahmen. Die GBV MJG lässt aber an keiner Stelle zwingend darauf schließen, dass Maßnahmen der Personalentwicklung einheitlich von der zentralen Personalabteilung getroffen werden. Nach § 2 Satz 3 GBV MJG werden die Gespräche von der (örtlichen) Führungskraft und dem Mitarbeiter geführt. Die Ergebnisse des Gesprächs werden gemäß § 4 GBV MJG und ihren Anlagen 1 und 2 auf dem „Ergebnisblatt” bzw. „Ergebnisprotokoll” von den Gesprächspartnern dokumentiert und unterschrieben. Insoweit sieht die Anlage 2 zur GBV MJG vor, dass von den Gesprächspartnern Maßnahmen „vorgeschlagen” werden, während in Anlage 1 zur GBV MJG unter Ziffer 5 („Ableitung von Aktivitäten zur Personalentwicklung”) gefragt wird, welche weiteren Maßnahmen zur Entwicklung des Mitarbeiters und welche Unterstützungsmaßnahmen seitens der Führungskraft „vereinbart” werden. Nach dem Regelungszusammenhang treffen diese Vereinbarungen die örtlichen Gesprächspartner und nicht etwa die zentrale Personalabteilung. Aus § 4 GBV MJG und ihrer Anlage 1 geht weiter hervor, dass das Ergebnisprotokoll dem Mitarbeiter und dem Niederlassungsleiter zum Zwecke der Ablage in der Personalakte übergeben wird, wobei das „unterschriebene Gesprächsprotokoll” in der Personalakte abgelegt und „eine Kopie des Ergebnisprotokolls in die Personalakte gelegt” wird. Nach § 5 GBV MJG werden die gesammelten Ergebnisse in die Qualifizierungsmatrix gemäß der Anlage 3 zur GBV MJG übertragen und mit dem örtlich zuständigen Betriebsrat beraten. Regelungen, wonach die unterschriebenen Ergebnisprotokolle oder die Qualifizierungsmatrix der zentralen Personalabteilung zum Zwecke der Ableitung von überbetrieblichen Personalentwicklungsmaßnahmen übergeben werden, sind nicht ersichtlich. Nach den Regelungen der GBV MJG läuft der gesamte Prozess am Ort der Niederlassung ab. Sollte aber über Personalentwicklungsmaßnahmen nicht zentral, sondern „vor Ort” entschieden werden, ist eine überbetriebliche Regelung nicht zwingend erforderlich.
4. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, § 563 Abs. 3 ZPO.
a) Entgegen der Ansicht des antragstellenden Betriebsrats scheidet eine Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats für die in der GBV MJG geregelte Angelegenheit nicht deshalb nach § 50 Abs. 1 Satz 1, § 58 Abs. 1 Satz 1 BetrVG aus, weil sich die Arbeitgeberin auf ein „in der gesamten N-Group” und damit ein (wohl) konzernweit geltendes Personalkonzept berufen hat. Anhaltspunkte für die Errichtung eines Konzernbetriebsrats, in dessen originäre Zuständigkeit die Angelegenheit ggf. fiele, liegen nicht vor. Ungeachtet dessen folgte aus dem Umstand einer Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats nicht das Bestehen des streitbefangenen und vom antragstellenden Betriebsrat beanspruchten Mitbestimmungsrechts.
b) Soweit der Antragsteller auf die in § 5 Satz 2 und § 6 Satz 4 GBV MJG festgelegten Informations-, Beratungs- und Teilnahmerechte der örtlichen Betriebsräte verweist, vermag dies nichts über seine Zuständigkeit für das beanspruchte Mitbestimmungsrecht auszusagen. Zwar gilt nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Grundsatz der Zuständigkeitstrennung, wonach sich die originären Zuständigkeiten von Betriebsrat und Gesamtbetriebsrat wechselseitig ausschließen (BAG 14. November 2006 – 1 ABR 4/06 – Rn. 35, BAGE 120, 146). Auch ist es gesetzlich nicht vorgesehen, dass der Gesamtbetriebsrat seine Kompetenzen an den örtlichen Betriebsrat delegiert (vgl. hierzu BAG 21. Januar 2003 – 3 ABR 26/02 – zu B I 3 der Gründe). Vor dem Hintergrund, dass dem örtlichen Betriebsrat gemäß § 80 Abs. 1 BetrVG aber (auch) die Aufgabe zukommen kann, die Einhaltung von Gesamtbetriebsvereinbarungen zu überwachen (vgl. BAG 20. Dezember 1988 – 1 ABR 63/87 – zu B II 1 c der Gründe, BAGE 60, 311), verstößt es nicht gegen § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, wenn in einer Gesamtbetriebsvereinbarung Informations- und Kontrollrechte des örtlichen Betriebsrats festgelegt sind. Ungeachtet dessen ließe eine Unwirksamkeit von § 5 Satz 2 und § 6 Satz 4 GBV MJG nicht zwingend darauf schließen, dass der Antragsteller für die in der GBV MJG insgesamt geregelte Angelegenheit – die Gestaltung der Mitarbeiterjahresgespräche – zuständig wäre.
c) Schließlich steht nicht unabhängig von den in der GBV MJG niedergelegten Bestimmungen fest, dass die Mitarbeiterjahresgespräche in der vom Arbeitgeber und Gesamtbetriebsrat beschriebenen Art und Weise Bestandteil eines unternehmenseinheitlichen Personalentwicklungskonzepts sind. Allein auf der Grundlage der Feststellung des Landesarbeitsgerichts, dass die Ergebnisse der Gespräche auch Eingang in die zentrale Personalakte finden, kann das weder angenommen noch ausgeschlossen werden. Soweit die Arbeitgeberin vorgetragen hat, die zentrale Personalabteilung – konkret: Herr K – entscheide über die aus den Gesprächen abzuleitenden Personalentwicklungsmaßnahmen, spricht dieser Umstand für ein unternehmenseinheitliches Konzept. Der Betriebsrat hat das Vorbringen der Arbeitgeberin hierzu jedoch bestritten. Das Landesarbeitsgericht wird den Sachverhalt daher noch aufzuklären haben.
III. Hinsichtlich des Unterlassungsantrags zu 2. ist die Rechtsbeschwerde unbegründet. Die Vorinstanzen haben das Begehren im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der zulässige Unterlassungsantrag ist unbegründet. Stützte man die erstrebte Unterlassung auf § 23 Abs. 3 BetrVG, fehlte es an einem groben Pflichtenverstoß durch die Arbeitgeberin. Stützte man sie auf einen sich aus der Verletzung des Mitbestimmungsrechts nach § 94 Abs. 2 BetrVG unmittelbar ergebenden Anspruch – der zugunsten des Betriebsrats unterstellt werden kann –, fehlte es an einem die Wiederholungsgefahr indizierenden Anlassfall. Es ist unstreitig, dass die Arbeitgeberin im Betrieb in H bislang keine Mitarbeiterjahresgespräche auf Grundlage der GBV MJG geführt hat und vor dem rechtskräftigen Abschluss des vorliegenden Verfahrens auch nicht führen wird. Aus diesem Grund besteht für die von der Unterlassungsverpflichtung erfasste Handlung auch keine Erstbegehungsgefahr, wobei es sich bei einem so verstandenen Begehren ohnehin um einen anderen Verfahrensgegenstand handeln würde.
Unterschriften
Schmidt, Koch, K. Schmidt, Hromadka, Hayen
Fundstellen
Haufe-Index 8016671 |
BAGE 2016, 117 |
BB 2015, 1588 |
DB 2015, 1971 |
DB 2015, 8 |