Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsplatzbewertung und Eingruppierung. Mitbestimmung bei Eingruppierung. Arbeitsplatzbewertung und personelle Einzelmaßnahme
Leitsatz (amtlich)
Die abstrakte Bewertung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ist keine Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG
Orientierungssatz
1. Eine Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG besteht in der rechtlichen Beurteilung des Arbeitgebers, dass der Arbeitnehmer aufgrund seiner Tätigkeit einer bestimmten Vergütungsgruppe oder jedenfalls einer von mehreren Vergütungsordnungen zuzuordnen ist.
2. Die abstrakte Bewertung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ist keine Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Sie ist unabhängig vom Arbeitsplatzinhaber oder von demjenigen, der die Tätigkeit ausübt. Gegenstand der Beurteilung ist nicht – wie bei der Eingruppierung – der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitsplatz. Ein Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats besteht deshalb nicht.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1 Sätze 1-2; ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, § 256 Abs. 1, § 322 Abs. 1, § 325 Abs. 1, § 559 Abs. 1; DBGrG § 12 Abs. 2-4, § 17 Abs. 2-3, § 19 Abs. 1 S. 1, § 21 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 20. August 2009 – 11 TaBV 47/09 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Rz. 1
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die entsprechend einem Tarifvertrag vorgenommenen Bewertungen von Arbeitsplätzen, die mit zugewiesenen Beamten besetzt sind, mitbestimmungspflichtige Eingruppierungen iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind.
Rz. 2
Die zu 2. beteiligte Arbeitgeberin ist die DB Netz AG. Antragsteller ist der in ihrem Regionalbereich West für den Standort Düsseldorf gewählte Betriebsrat.
Rz. 3
Die Arbeitgeberin beschäftigt in ihrem Düsseldorfer Betrieb neben Arbeitnehmern auch Beamte, die ihr nach § 12 Abs. 2 und 3 Deutsche Bahn Gründungsgesetz (DBGrG) zugewiesen sind. Die Rechtsstellung der zugewiesenen Beamten und die Gesamtverantwortung des Dienstherrn bleiben trotz der Zuweisung an die Arbeitgeberin gewahrt (§ 12 Abs. 4 Satz 1 DBGrG). Die Arbeitgeberin ist zur Ausübung des Weisungsrechts befugt, soweit es die Dienstausübung erfordert (vgl. § 12 Abs. 4 Satz 2 DBGrG). Die zugewiesenen Beamten gelten für die Anwendung des Betriebsverfassungsgesetzes als Arbeitnehmer der Arbeitgeberin (vgl. § 19 Abs. 1 Satz 1 DBGrG). Sie werden vom Bundeseisenbahnvermögen nach dem Bundesbesoldungsgesetz besoldet. Die Arbeitgeberin leistet für sie an das Bundeseisenbahnvermögen Zahlungen in Höhe der Aufwendungen, die sie für die Arbeitsleistung vergleichbarer neu einzustellender Arbeitnehmer erbringt oder erbringen müsste (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 DBGrG).
Rz. 4
Die Arbeitgeberin bewertet die Arbeitsplätze, die mit zugewiesenen Beamten besetzt sind, entsprechend den Entgeltgruppen des Entgelttarifvertrags für die Arbeitnehmer verschiedener Unternehmen des DB Konzerns idF des 58. Änderungstarifvertrags vom 10. März 2005 (KonzernETV). Die Bewertung der Arbeitsplätze hat für die Frage Bedeutung, ob ein zugewiesener Beamter eine Jahresabschlusszahlung nach § 6 des Zulagentarifvertrags für die Arbeitnehmer der Deutsche Bahn AG idF des 58. Änderungstarifvertrags vom 10. März 2005 (ZTV) erhält. Die tarifliche Bewertung der Arbeitsplätze wird seit 1999 außerdem bei der Festlegung der Höchstzahlen für Beförderungsdienstposten der zugewiesenen Beamten herangezogen.
Rz. 5
Der Betriebsrat hat in dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren die Auffassung vertreten, die Bewertung der mit Beamten besetzten Stellen sei eine mitbestimmungspflichtige Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Es sei unerheblich, dass sich die Besoldung der zugewiesenen Beamten nicht unmittelbar nach der Vergütungsordnung des KonzernETV richte. Ein mittelbarer Zusammenhang mit dieser Vergütungsordnung ergebe sich zumindest aus § 6 ZTV, der für Beamte, deren Arbeitsplätze einer bestimmten Entgeltgruppe nach dem KonzernETV zugewiesen seien, einen Anspruch auf eine Jahresabschlussleistung begründe. Eine restriktive Auslegung des Begriffs der Eingruppierung unterlaufe in einem solchen Fall den Schutzzweck des § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
Rz. 6
Der Betriebsrat hat vor dem Landesarbeitsgericht zuletzt beantragt
festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ihn bei der Arbeitsplatzbewertung/Ersteingruppierung von Arbeitsplätzen, auch soweit diese mit zugewiesenen Beamten besetzt sind, nach dem 57. Änderungstarifvertrag (KonzernETV) gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen.
Rz. 7
Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat die Ansicht geäußert, es fehle an der Zuordnung eines Beschäftigten zu einer Vergütungsgruppe der für ihn maßgebenden Vergütungsordnung und damit an einer Eingruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
Rz. 8
Das Arbeitsgericht hat den Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat mit Zustimmung der Arbeitgeberin seinen Antrag mit der Maßgabe weiter, dass an die Stelle des 57. Änderungstarifvertrags der 58. Änderungstarifvertrag tritt. Die Arbeitgeberin beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Rz. 9
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Betriebsrats zu Recht zurückgewiesen. Dessen Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
Rz. 10
I. Der Feststellungsantrag des Betriebsrats ist zulässig.
Rz. 11
1. Der Antrag ist auslegungsbedürftig. Der Betriebsrat hält die Bewertungen der mit Arbeitnehmern oder zugewiesenen Beamten besetzten Arbeitsplätze nach dem KonzernETV idF des 58. Änderungstarifvertrags vom 10. März 2005 für Eingruppierungen iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG und deshalb für mitbestimmungspflichtig. Der Antrag ist dagegen nicht darauf gerichtet festzustellen, dass der Betriebsrat an gegebenenfalls noch durchzuführenden Eingruppierungen von Beamten zu beteiligen ist. Der Antrag betrifft auch nicht ein mögliches Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.
Rz. 12
2. Mit diesem Verständnis ist der Antrag zulässig.
Rz. 13
a) Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.
Rz. 14
aa) Danach muss der Antrag die Maßnahme, für die ein Mitbestimmungsrecht beansprucht oder in Abrede gestellt wird, so präzise bezeichnen, dass die eigentliche Streitfrage zwischen den Beteiligten mit Rechtskraftwirkung entschieden werden kann (vgl. etwa BAG 10. März 2009 – 1 ABR 87/07 – Rn. 11 mwN, BAGE 129, 364).
Rz. 15
bb) Der Antrag wird dem gerecht. Der Betriebsrat reklamiert ein Mitbestimmungsrecht aus § 99 BetrVG für die Bewertung aller Arbeitsplätze, unabhängig davon, ob sie mit Arbeitnehmern oder zugewiesenen Beamten besetzt sind. Ein solcher Globalantrag ist umfassend, aber nicht unbestimmt.
Rz. 16
b) Der Senat kann offenlassen, ob der Antrag des Betriebsrats schon in den Tatsacheninstanzen nach gebotener Auslegung darauf gerichtet war, die Mitbestimmungspflichtigkeit der Arbeitsplatzbewertung nach dem jeweils aktuellen KonzernETV feststellen zu lassen. Selbst wenn der Betriebsrat den Antrag in der Rechtsbeschwerdeinstanz geändert haben sollte, indem er den KonzernETV idF des 58. anstelle des 57. Änderungstarifvertrags einbezog, wäre diese Antragsänderung zulässig.
Rz. 17
aa) Sie widerspricht der Vorschrift des auch im Beschlussverfahren anwendbaren § 559 Abs. 1 ZPO nicht. Danach ist eine Antragsänderung in der Revisions- und Rechtsbeschwerdeinstanz grundsätzlich ausgeschlossen. Der Schluss der mündlichen Verhandlung und Anhörung in zweiter Instanz bildet nicht nur für das tatsächliche Vorbringen, sondern auch für die Anträge der Parteien und Beteiligten die Entscheidungsgrundlage für das Revisions- oder Rechtsbeschwerdegericht. Ausnahmen sind insbesondere aus verfahrensökonomischen Gründen möglich, etwa wenn sich der geänderte Sachantrag auf einen in der Beschwerdeinstanz festgestellten oder von den Beteiligten des Revisions- oder Rechtsbeschwerdeverfahrens übereinstimmend vorgetragenen Sachverhalt stützen kann, sich das rechtliche Prüfprogramm nicht wesentlich ändert und die Verfahrensrechte der Beteiligten durch eine Sachentscheidung nicht verkürzt werden (vgl. BAG 2. Oktober 2007 – 1 ABR 79/06 – Rn. 21 mwN, EzA ZPO 2002 § 559 Nr. 1).
Rz. 18
bb) Diese Erfordernisse sind hier gewahrt. Der KonzernETV idF des 58. Änderungstarifvertrags vom 10. März 2005 galt schon in der Beschwerdeinstanz. Davon gingen auch die Beteiligten aus. Die etwaige Antragsänderung ist daher sachdienlich. Die Arbeitgeberin hat ihr in der Anhörung vor dem Senat ausdrücklich zugestimmt. Ihre Verfahrensrechte werden nicht verkürzt. Das rechtliche Prüfprogramm ändert sich nicht wesentlich.
Rz. 19
c) Die Voraussetzungen des § 256 Abs. 1 ZPO sind erfüllt.
Rz. 20
aa) Der Streit darüber, ob ein Mitbestimmungsrecht besteht, betrifft ein betriebsverfassungsrechtliches Rechtsverhältnis der Betriebsparteien im Sinne einer durch die Herrschaft einer Rechtsnorm über einen konkreten Sachverhalt entstandenen rechtlichen Beziehung einer Person zu einer anderen Person (vgl. BAG 20. Mai 2008 – 1 ABR 19/07 – Rn. 19, AP BetrVG 1972 § 81 Nr. 4 = EzA ArbGG 1979 § 81 Nr. 19).
Rz. 21
bb) Dem Betriebsrat kommt das erforderliche Feststellungsinteresse zu.
Rz. 22
(1) Das Bestehen, der Inhalt oder der Umfang eines Mitbestimmungsrechts können im Beschlussverfahren gelöst von einem konkreten Ausgangsfall geklärt werden, wenn die Maßnahme, für die ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch genommen wird, im Betrieb häufiger auftritt und sich auch künftig jederzeit wiederholen kann (vgl. BAG 28. Mai 2002 – 1 ABR 35/01 – zu B II 1 der Gründe, BAGE 101, 232).
Rz. 23
(2) Der Antrag wird diesen Anforderungen gerecht. Die Bewertung der Arbeitsplätze, auch soweit sie mit zugewiesenen Beamten besetzt sind, ist bei der Arbeitgeberin ein Vorgang, der künftig regelmäßig wieder auftreten kann. Der Antrag des Betriebsrats führt den Streit über das Bestehen des Mitbestimmungsrechts einer umfassenden Klärung zu.
Rz. 24
d) Die materielle Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) des Beschlusses des Ersten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Dezember 1995 (– 1 ABR 31/95 – AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 6 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 136) steht einer neuen Entscheidung über die Frage des Mitbestimmungsrechts nicht entgegen.
Rz. 25
aa) Der Erste Senat entschied mit diesem Beschluss über die Frage eines Mitbestimmungsrechts aus § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG bei der tariflichen Bewertung der von zugewiesenen Beamten besetzten Arbeitsplätze der Deutsche Bahn AG (Geschäftsbereich Netz). Er stellte den erstinstanzlichen Beschluss wieder her, mit dem das Arbeitsgericht den Feststellungsantrag des Betriebsrats der Deutsche Bahn AG – Geschäftsbereich Netz, Niederlassung Oberhausen, Standort Duisburg – abgewiesen hatte. Dieser Betriebsrat hatte beantragt festzustellen, dass der Arbeitgeber verpflichtet sei, ihn bei der Arbeitsplatzbewertung/Eingruppierung der beamteten Mitarbeiter nach § 3 des damaligen Entgelttarifvertrags für die Arbeitnehmer der Deutsche Bahn AG (ETV) nach § 99 BetrVG zu beteiligen.
Rz. 26
bb) Der Beschluss des Ersten Senats vom 12. Dezember 1995 (– 1 ABR 31/95 – AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 6 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 136) entfaltet bereits subjektiv keine Rechtskraft für die Beteiligten dieses Verfahrens. Die Beteiligten des im Jahr 1995 entschiedenen Erstverfahrens sind nicht deckungsgleich iSv. § 325 Abs. 1 ZPO mit den Beteiligten des jetzigen Verfahrens. Der nun antragstellende Betriebsrat ist weder identisch mit dem im Erstverfahren antragstellenden Betriebsrat der Deutsche Bahn AG – Geschäftsbereich Netz, Niederlassung Oberhausen, Standort Duisburg –, noch ist er dessen Funktionsnachfolger (vgl. zu den subjektiven Grenzen der Rechtskraft BAG 6. Juni 2000 – 1 ABR 21/99 – zu B II 2 der Gründe, BAGE 95, 47). Es kann deshalb offenbleiben, ob die objektiven Grenzen der Rechtskraft des Beschlusses vom 12. Dezember 1995 (– 1 ABR 31/95 – aaO) eingehalten oder überschritten wären.
Rz. 27
II. Der Antrag ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Betriebsrat bei den Bewertungen der Arbeitsplätze von Arbeitnehmern und zugewiesenen Beamten nach dem KonzernETV nicht nach § 99 BetrVG zu beteiligen ist. Die Arbeitsplatzbewertungen sind keine mitbestimmungspflichtigen Eingruppierungen iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG.
Rz. 28
1. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG ist der Betriebsrat ua. vor jeder Eingruppierung zu unterrichten und seine Zustimmung zu der geplanten Maßnahme einzuholen. Das “Mitbestimmungsrecht” besteht in den Fällen der Ein- und Umgruppierung nicht in einem Mitgestaltungs-, sondern in einem Mitbeurteilungsrecht. Das Mitbeurteilungsrecht des Betriebsrats bei Ein- und Umgruppierungen setzt allerdings voraus, dass der Arbeitgeber überhaupt eine Ein- oder Umgruppierung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vornehmen will (vgl. für die st. Rspr. BAG 12. Dezember 2006 – 1 ABR 13/06 – Rn. 13, BAGE 120, 303).
Rz. 29
a) Eingruppierung ist die – erstmalige – Einreihung in eine im Betrieb geltende Vergütungsordnung. Sie besteht in der Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer bestimmten Gruppe der Vergütungsordnung nach Maßgabe der dafür gültigen Kriterien (vgl. etwa BAG 11. November 2008 – 1 ABR 68/07 – Rn. 23, BAGE 128, 265). Eine Vergütungsordnung ist ein kollektives, mindestens zwei Vergütungsgruppen enthaltendes Entgeltschema, das eine Zuordnung der Arbeitnehmer zu einer der Vergütungsgruppen nach bestimmten, generell beschriebenen Merkmalen vorsieht. Sie spiegelt die ihr zugrunde liegenden Vergütungsgrundsätze wider. Damit ist sie Ausdruck einer Entscheidung über die Wertigkeit der jeweiligen Arbeitnehmertätigkeiten im Verhältnis zueinander, die sich im relativen Abstand der mit den jeweiligen Vergütungsgruppen verbundenen konkreten Entgeltsätze niederschlägt (für die st. Rspr. BAG 11. November 2008 – 1 ABR 68/07 – Rn. 22 mwN, aaO).
Rz. 30
b) Eingruppierungen iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind stets personenbezogene Einzelmaßnahmen. Die vom Arbeitgeber vorzunehmende und vom Betriebsrat mitzubeurteilende Zuordnung zu einer bestimmten Gruppe einer Vergütungsordnung betrifft einzelne Arbeitnehmer. Davon zu unterscheiden sind personenunabhängige Bewertungen von Arbeitsplätzen oder Tätigkeiten. Sie können maßgebliche Vorgaben für die Eingruppierung des Arbeitnehmers enthalten, der auf dem bewerteten Arbeitsplatz tätig wird oder die bewertete Tätigkeit ausübt. Die abstrakte Bewertung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ist jedoch keine personelle Einzelmaßnahme iSv. § 99 BetrVG (vgl. BAG 12. Dezember 1995 – 1 ABR 31/95 – zu B 4b der Gründe, AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 6 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 136). Sie ist unabhängig vom Arbeitsplatzinhaber oder von demjenigen, der die Tätigkeit ausübt. Gegenstand der Beurteilung ist nicht – wie bei der Eingruppierung – der Arbeitnehmer, sondern der Arbeitsplatz. Arbeitsplatzbewertungen sind, weil sie nicht personenbezogen sind, auch keine Beurteilungsgrundsätze iSv. § 94 BetrVG (vgl. BAG 18. April 2000 – 1 ABR 22/99 – zu B II 3 der Gründe mwN, AP BetrVG 1972 § 87 Überwachung Nr. 33 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Ordnung Nr. 27).
Rz. 31
c) Die Bewertung von Arbeitsplätzen oder Tätigkeiten unterfällt daher nicht der Mitbestimmung nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Das bedeutet nicht, dass sie mitbestimmungsfrei wäre. Sofern zwischen dem bewerteten Arbeitsplatz oder der bewerteten Tätigkeit und der Entlohnung eine Verbindung hergestellt wird, kann ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG in Betracht kommen, wenn es nicht nach § 87 Abs. 1 Eingangshalbs. BetrVG gesperrt ist (vgl. BAG 14. Januar 1986 – 1 ABR 82/83 – zu B II 1b der Gründe, BAGE 50, 337). Schließlich kann dann, wenn der Arbeitgeber aus der Bewertung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit Konsequenzen für die Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer Gruppe einer Vergütungsordnung zieht oder ziehen muss, ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats aus § 99 Abs. 1 BetrVG bestehen. Dessen Gegenstand ist aber nicht die Bewertung des Arbeitsplatzes oder der Tätigkeit, sondern die sich daraus ergebende Zuordnung des Arbeitnehmers zu einer Vergütungsgruppe.
Rz. 32
2. Bei den Arbeitsplatzbewertungen nach dem KonzernETV handelt es sich deshalb nicht um Eingruppierungen iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG. Durch die Arbeitsplatzbewertung allein wird der Arbeitnehmer oder Beamte keiner Vergütungsgruppe zugeordnet. Der Umstand, dass die Bewertung der mit zugewiesenen Beamten besetzten Arbeitsplätze Voraussetzung für eine Jahresabschlussleistung nach § 6 ZTV iVm. der zugehörigen Protokollnotiz ist und Auswirkungen auf die Zahl der zur Verfügung stehenden Beförderungsposten haben kann, führt entgegen der Auffassung des Betriebsrats zu keiner anderen Beurteilung. Auch wenn sich die personenunabhängige Bewertung des Arbeitsplatzes auf die Vergütungshöhe des jeweiligen Arbeitsplatzinhabers auswirkt, liegt in ihr keine Eingruppierung des Arbeitnehmers. Dadurch entsteht keine mitbestimmungsrechtliche Schutzlücke. Ein gegebenenfalls mit der Bewertung von Arbeitsplätzen verbundenes, aus § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG folgendes Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Ausgestaltung der betrieblichen Vergütungsordnung bleibt unberührt. Gleiches gilt für das Mitbestimmungsrecht aus § 99 Abs. 1 BetrVG bei der etwaigen Zuordnung eines Arbeitnehmers oder Beamten zu einer bestimmten Gruppe einer angewandten Vergütungsordnung, die auf der vorgenommenen Arbeitsplatzbewertung beruht. Beides ist nicht Gegenstand des Verfahrens.
Unterschriften
Linsenmaier, Kiel, Gallner, Bea, Gerschermann
Fundstellen
Haufe-Index 2661954 |
BAGE 2012, 200 |
BB 2011, 1011 |
DB 2011, 1000 |
DB 2011, 9 |