Entscheidungsstichwort (Thema)
Neufestsetzung von Eigenleistungen bei Prozesskostenhilfe
Orientierungssatz
1. Bei der Überprüfung der vom Prozesskostenhilfeberechtigten zu erbringenden Leistungen nach Bewilligung von Prozesskostenhilfe kann bei einer entsprechenden Änderung der Vermögensverhältnisse auch angeordnet werden, dass die angefallenen Prozesskosten in einer Einmalzahlung zu zahlen sind.
2. Innerhalb der gesetzlichen Frist von vier Jahren seit Beendigung des Hauptprozesses kann bei einer Änderung der Einkommens- oder Vermögensverhältnisse der prozesskostenhilfeberechtigten Partei eine weitere Eigenleistung festgesetzt werden. Es reicht, wenn die gerichtliche Festsetzung innerhalb der Frist ergeht; darauf, ob die festgesetzte Leistung innerhalb der Frist erbracht werden soll, kommt es nicht an.
3. Bei der Abänderungsentscheidung sind die Verhältnisse zugrunde zu legen, wie sie innerhalb der gesetzlichen Frist bestehen, nicht, wie sie sich danach darstellen. Denkbar erscheint allenfalls, dass absehbare Entwicklungen nach Ablauf der gesetzlichen Frist den wirtschaftlichen und sozialen Lebensstandard so prägen, dass dies bereits vor Fristablauf zu berücksichtigen ist. Die bloße Erwartung einer Einmalzahlung nach Fristablauf stellt keinen derartigen Sachverhalt dar.
4. Eine Neufestsetzung der Leistung des Prozesskostenhilfeberechtigten setzt jedoch voraus, dass sich nach der Bewilligung der Prozesskostenhilfe die persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse geändert haben. Das Überprüfungsverfahren dient nicht dazu, fehlerhafte Beurteilungen der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung zu korrigieren. Eine nachträglich abweichende Bewertung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ist deshalb nicht zulässig. Soweit deshalb bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe der Einsatz des Rückkaufwerts einer Lebensversicherung als unzumutbar angesehen wurde, kann er nicht bei der Überprüfungsentscheidung zur Begründung nachträglicher Leistungen des Berechtigten herangezogen werden. Das gilt auch dann, wenn er sich zwischenzeitlich erhöht hat.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3, § 120 Abs. 4, §§ 122, 124
Verfahrensgang
Sächsisches LAG (Beschluss vom 25.04.2008; Aktenzeichen 4 Ta 251/07 (1)) |
ArbG Leipzig (Beschluss vom 31.07.2007; Aktenzeichen 17 Ca 9504/03) |
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 25. April 2008 – 4 Ta 251/07 (1) – aufgehoben.
Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Leipzig vom 31. Juli 2007 – 17 Ca 9504/03 – abgeändert. Zahlungen des Antragstellers an die Staatskasse werden nicht festgesetzt.
Tatbestand
I. Der Antragsteller wurde im Ausgangsverfahren von seiner zwischenzeitlich geschiedenen Ehefrau, die bei ihm auch als Arbeitnehmerin tätig war, auf Arbeitsentgelt in Anspruch genommen. Im Verfahren beantragte er Prozesskostenhilfe. In seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gab er an, einer Person, seiner getrennt lebenden Ehefrau, Unterhalt zu schulden. Als ihm allein gehörenden Vermögensgegenstand führte er eine “Lebensversicherung Laufzeit bis 28.10.2010” mit einem Wert von “ca. 6.000,00 Euro” auf. Mit Beschluss vom 28. April 2004 bewilligte das Arbeitsgericht dem Beklagten für einen Teil des Streitgegenstandes einschließlich eines Vergleiches Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seines jetzigen Verfahrensbevollmächtigten. Eine Ratenzahlung wurde nicht angeordnet. Am selben Tage wurde der Rechtsstreit durch Vergleich erledigt.
Mit Schreiben vom 29. November 2006 leitete die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts L… im Rahmen der gewährten Prozesskostenhilfe die Überprüfung der Nachzahlungsverpflichtung ein. Der Antragsteller reichte daraufhin erneute eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ein, in der er als Vermögenswert angab “LV Karstadt-Quelle AG Rückkaufwert ca. 7.000,-”. Aus dem auf gerichtliche Nachfrage eingereichten Versicherungsschein ergibt sich, dass es sich um eine Lebensversicherung aus dem Jahre 1996 handelt, für die der Antragsteller monatlich 150,00 DM zu zahlen hatte und aus der bei Ablauf oder Tod eine Kapitalsumme von 25.469,00 DM zu leisten ist, die jedoch auch in eine Rente umgewandelt werden kann.
Die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts ordnete daraufhin mit Beschluss vom 31. Juli 2007 eine Einmalzahlung über die gesamten Prozesskosten iHv. 705,83 Euro an, deren Fälligkeit sie auf den 1. März 2010 festsetzte. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen diesen Beschluss wies das Landesarbeitsgericht mit Beschluss vom 25. April 2008 zurück. Es ließ die Rechtsbeschwerde zu und leitete seinen Beschluss ohne Rechtsmittelbelehrung formlos dem für das Prozesskostenhilfeverfahren bestellten Vertreter des Antragstellers zu. Der erhielt ihn am 29. April 2008. Mit seiner am 27. Mai 2008 beim Bundesarbeitsgericht eingegangenen und gleichzeitig begründeten Rechtsbeschwerde wendet sich der Antragsteller gegen diesen Beschluss und die ihm auferlegte Verpflichtung zur Zahlung der Verfahrenskosten.
Entscheidungsgründe
II. Die Rechtsbeschwerde hat Erfolg.
1. Gegen die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde bestehen keine durchgreifenden Bedenken.
Eine den Fristbeginn auslösende Zustellung des angefochtenen Beschlusses (§ 575 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 2 ZPO) erfolgte nicht dadurch, dass dieser dem Prozessbevollmächtigten des Antragstellers formlos zuging. Der formlose Zugang des Beschlusses steht einer förmlichen Zustellung nicht gleich. Insbesondere ist § 189 ZPO nicht anwendbar. Hier geht es um eine vom Gericht unterlassene Zustellung. Es liegt schon kein Zustellauftrag (§ 176 ZPO) vor. Auf derartige Fallgestaltungen ist § 189 ZPO nicht anwendbar. Er gilt nur, wenn das Gericht mit Zustellwillen gehandelt hat (BGH 26. November 2002 – VI ZB 41/02 – zu II 1c der Gründe, NJW 2003, 1192).
Obwohl damit weder die Frist zur Einlegung, noch die zur Begründung der Rechtsbeschwerde begonnen hat, ist das Rechtsmittel wirksam eingelegt und begründet. Auch vor dem gesetzlich festgelegten Fristbeginn kann ein Rechtsmittel eingelegt und begründet werden, da die Begründung (hier nach § 575 Abs. 2 und 3 ZPO) nicht von vornherein ausgeschlossen ist (vgl. BGH 24. Juni 1999 – I ZR 164/97 – zu II 3 der Gründe, NJW 1999, 3269). Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechtsmittels ist jedoch, dass die Entscheidung bereits in der Welt ist (RG 7. Februar 1925 – IV 396/24 – RGZ 110, 169, 170). Das ist hier der Fall. Beschlüsse sind von dem Augenblick an in der Welt, in dem sie formlos mitgeteilt werden. Das ist unabhängig davon, ob eine Verkündung oder Zustellung gesetzlich (§ 329 Abs. 2 und 3 ZPO) vorgesehen ist (BGH 27. Oktober 1999 – XII ZB 18/99 – zu II 1c der Gründe, FamRZ 2000, 813).
Auf die entgegen § 9 Abs. 5 ArbGG unterbliebene Rechtsmittelbelehrung kommt es nicht mehr an.
2. Die Rechtsbeschwerde ist begründet. Die Voraussetzungen einer Neufestsetzung von Leistungen des Antragstellers nach § 120 Abs. 4 ZPO liegen nicht vor.
a) Unausgesprochen zu Recht sind die Vorinstanzen allerdings davon ausgegangen, dass diese Bestimmung es auch ermöglicht, die gesamten angefallenen Prozesskosten in einer Einmalzahlung geltend zu machen. Darin liegt kein Wertungswiderspruch zu § 124 ZPO, nach dem die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nur unter engeren Voraussetzungen, als sie in § 120 Abs. 4 ZPO festgelegt sind, möglich ist. Denn die Festsetzung von Zahlungen – seien es Ratenzahlungen oder Einmalzahlungen – hat weniger weitgehende Wirkungen, als die Aufhebung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe. Die sonstigen Wirkungen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe, wie sie in § 122 ZPO festgelegt sind, bleiben nämlich bestehen. Insbesondere kann der beigeordnete Prozessbevollmächtigte seine Gebührenansprüche nicht gegen die vertretene Partei geltend machen (§ 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO; OLG Dresden 12. Februar 2002 – 22 WF 470/00 – zu II 4 der Gründe, NJW-RR 2003, 1222; OLG Nürnberg 30. März 1994 – 7 WF 864/94 – zu II 2 der Gründe, Rpfleger 1994, 421).
b) Im Ergebnis zu Recht ist das Landesarbeitsgericht auch mit der ganz einhelligen Rechtsprechung (vgl. LAG Hamm 21. April 2008 – 18 Ta 257/08 – zu II der Gründe; OLG Dresden 12. Februar 2002 – 22 WF 470/00 – zu II 3 der Gründe, NJW-RR 2003, 1222; OLG des Landes Sachsen-Anhalt 15. Oktober 2002 – 8 WF 199/02 – zu II 2 der Gründe; OLG Koblenz 14. Oktober 1993 – 5 W 642/93 – Rpfleger 1994, 259) davon ausgegangen, dass die in § 120 Abs. 4 Satz 3 ZPO genannte Frist zur Änderung einer Entscheidung über die Prozesskostenhilfe sich auf den Erlass der gerichtlichen Entscheidung bezieht. Auf den Zeitpunkt, zu dem Änderung eintreten soll, also der Prozesskostenhilfeberechtigte Leistungen an die Staatskasse zu erbringen hat, kommt es nicht an.
Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut der Regelung. Soweit dort angeordnet wird, eine “Änderung zum Nachteil der Partei” sei “ausgeschlossen”, kann sich dies naturgemäß nicht auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse einer Partei beziehen, deren Verschlechterung gesetzlich nicht ausgeschlossen werden kann.
Dafür spricht weiter, wie die angefochtene Entscheidung entgegen der Ansicht des Antragstellers zu Recht annimmt, auch die Entstehungsgeschichte der gesetzlichen Regelung. Die Bestimmung wurde durch Art. 7 § 1 Nr. 4 Buchst. b des Gesetzes zur Änderung von Kostengesetzen (vom 9. Dezember 1986 BGBl. I S. 2326) mit Wirkung vom 1. Januar 1987 (Art. 10 des genannten Gesetzes) in die ZPO eingefügt. Die gesetzliche Änderung ebenso wie die anderen in Art. 7 des genannten Gesetzes festgehaltenen Änderungen des Prozesskostenhilferechts waren ursprünglich in einem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein “Gesetz zur Änderung der Zivilprozessordnung und anderer Gesetze” enthalten, zu dem der Bundesrat eine Stellungnahme abgegeben hatte, der die Bundesregierung teilweise zustimmte (BT-Drucks. 10/3054). Die die Änderung des Prozesskostenhilferechts betreffenden Änderungsvorstellungen wurden dann vom Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages weitgehend und unter ausdrücklicher Zustimmung, was die entsprechenden Überlegungen anging, als Art. 7 in das genannte Gesetz übernommen (BT-Drucks. 10/6400 S. 46 ff.). Sowohl die Bundesregierung im genannten Gesetzentwurf (BT-Drucks. 10/3054 S. 22), als auch der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages in seiner Begründung zur Übernahme dieser Regelung in das genannte Gesetz (BT-Drucks. 10/6400 S. 48) gehen aber davon aus, das das Gericht nach Ablauf der in der Vorschrift genannten vier Jahre seit der rechtskräftigen Entscheidung oder sonstigen Beendigung des Prozesses keine Änderungen zum Nachteil des Berechtigten mehr vornehmen können soll. Damit stellt die Begründung für die zeitliche Begrenzung der Änderungsmöglichkeit auf die gerichtliche Entscheidung und nicht auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der prozesskostenhilfeberechtigten Partei ab.
Diese gesetzlich festgelegte Vier-Jahres-Frist Frist hat die Rechtspflegerin des Arbeitsgerichts eingehalten. Der Hauptprozess endete am 28. April 2004 durch Vergleich, ihr Beschluss stammt vom 31. Juli 2007 und wurde dem Antragsteller zu Händen seines für das Prozesskostenhilfeverfahren bestellten Bevollmächtigten am 1. August 2007 zugestellt.
c) Die Vorinstanzen haben jedoch übersehen, dass von der Frage, für welchen Zeitraum Zahlungen festgesetzt werden können, die Frage zu unterscheiden ist, auf welchen Zeitraum für die Feststellung der Voraussetzungen derartiger Zahlungen abzustellen ist. Sie sind deshalb zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Zufluss der Beträge der Lebensversicherung nach Ablauf des Vier-Jahres-Zeitraums zu berücksichtigen ist.
Dagegen spricht schon der Wortlaut des Gesetzes. Nach § 120 Abs. 4 Satz 1 ZPO setzt eine Änderung der Prozesskostenhilfeentscheidung voraus, dass sich die dafür maßgebenden persönlichen oder wirtschaftliche Verhältnisse wesentlich “geändert haben”, nicht dass sie sich ändern werden (OLG Frankfurt am Main 12. März 1992 – 3 WF 32/92 – FamRZ 1992, 1451).
Das entspricht im Übrigen auch der Systematik der bei der Bewilligung von Prozesskostenhilfe anwendbaren Regelung in § 120 Abs. 1 Satz 2 ZPO. Danach kann das Gericht bei der Festsetzung von Raten berücksichtigen, dass Belastungen künftig ganz oder teilweise entfallen werden. Voraussetzung ist aber, dass die Belastungen “bis zum Ablauf von vier Jahren” entfallen werden. Auch dort hat der Gesetzgeber eine Frist geregelt und nur die Änderungen, die für den Zeitraum des Laufes der Frist vorhersehbar sind, können berücksichtigt werden. Spätere Ereignisse, auch wenn sie absehbar sind, sind dagegen nicht zu berücksichtigen. Auch diese Bestimmung wurde durch das genannte Gesetz zur Änderung von Kostengesetzen in die ZPO eingefügt (Art. 7 § 1 Nr. 4 Buchst. a). Das beruhte letztlich auf der Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Zivilprozessordnung und anderer Gesetze. Der Bundesrat hat die vorgeschlagene Änderung ausdrücklich in einem Zusammenhang mit dem später Gesetz gewordenen § 120 Abs. 4 ZPO gestellt und die genannte Regelung als Ergänzung bezeichnet (BT-Drucks. 10/3054 S. 50). Das legt eine in dieselbe Richtung gehende Auslegung beider Bestimmungen nahe.
Denkbar erscheint allenfalls (so für die Nichtberücksichtigung einer vorübergehenden Verbesserung der wirtschaftlichen Lage einer prozesskostenhilfeberechtigten Partei OLG Nürnberg 7. März 2003 – 9 WF 713/03 – zu II der Gründe, OLGR Nürnberg 2003, 333), dass absehbare Entwicklungen nach Ablauf der gesetzlichen Frist den wirtschaftlichen und sozialen Lebensstandard so prägen, dass dies bereits vor Fristablauf zu berücksichtigen ist. Die bloße Erwartung einer Zahlung nach Fristablauf stellt aber keinen derartigen Sachverhalt dar.
d) Die Entscheidung stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Bei der Überprüfungsentscheidung ist der schon zum Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung bestehende Rückkaufwert der Lebensversicherung unberücksichtigt zu lassen.
Allerdings kommt nach der Rechtsprechung des Senats – soweit, wie hier, keine gesetzlich geförderte Altersversorgung vorliegt – die Berücksichtigung des Rückkaufwertes einer Lebensversicherung als einzusetzendes Vermögen im Sinne des Prozesskostenhilferechtes (§ 115 Abs. 3 ZPO) in Betracht (vgl. BAG 5. Mai 2006 – 3 AZB 62/04 – AP ZPO § 115 Nr. 6 = EzA ZPO 2002 § 115 Nr. 4). Die Berücksichtigung dieses Vermögens scheitert jedoch – wie der Antragsteller zu Recht ausführt – daran, dass er seine Lebensversicherung bereits bei seinem ursprünglichen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe angegeben hatte. Das folgt aus § 120 Abs. 4 ZPO.
Die Vorschrift setzt voraus, dass sich die für die Prozesskostenhilfe maßgebenden persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnisse wesentlich geändert haben. Die Änderung muss dabei nach Erlass der Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe liegen. Die ursprüngliche Entscheidung darf nicht geändert werden, wenn die Vermögensverhältnisse der Partei unverändert geblieben sind, aber zuvor, also bei der ursprünglichen Entscheidung über die Gewährung von Prozesskostenhilfe, fehlerhaft beurteilt worden sind (Thüringer LAG 11. Dezember 2006 – 8 Ta 157/06 – zu II der Gründe; OLG Koblenz 6. März 2006 – 11 WF 217/06 – OLGR Koblenz 2006, 1014; OLG Karlsruhe 31. Mai 2000 – 2 WF 40/00 und 41/00 – zu II 1b der Gründe). Aus Gründen des Vertrauensschutzes darf das Gericht die ihm bekannten und für seine Entscheidung maßgebenden Angaben der Partei zu ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen also nicht nachträglich abweichend bewerten. Eine freie Abänderbarkeit besteht nicht (LAG Hamm 30. Juni 2003 – 18 Ta 350/03 – zu II 1 der Gründe und 7. März 2003 – 4 Ta 609/02 – zu II 1 der Gründe).
Es war dem Arbeitsgericht deshalb verwehrt, die prozesskostenhilferechtliche Bedeutung der Lebensversicherung im Überprüfungsverfahren anders zu bewerten als im ursprünglichen Bewilligungsverfahren. Dort wurde die Lebensversicherung so bewertet, dass sie nicht einzusetzen war. Denn auch zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe im Jahre 2004 überstieg sie das bis Ende diesen Jahres maßgebliche Schonvermögen für den Prozesskostenhilfeberechtigten und eine unterhaltsberechtigte Person, hier die getrennt lebende Ehefrau des Antragstellers, das damals insgesamt 2.557,00 Euro betrug (vgl. BAG 24. April 2006 – 3 AZB 12/05 – zu II 2c der Gründe, BAGE 118, 47). Es wäre somit grundsätzlich möglich gewesen, die Lebensversicherung bereits bei der Bewilligung der Prozesskostenhilfe in Ansatz zu bringen. Dies ist nicht geschehen. Der Antragsteller konnte also davon ausgehen, dass das Gericht den Einsatz der Lebensversicherung als unzumutbar angesehen hat (seinerzeit § 115 Abs. 2 ZPO, nunmehr § 115 Abs. 3 ZPO). Diese Bewertung ist im Rahmen einer Überprüfung nach § 120 Abs. 4 ZPO nicht mehr änderbar und zwar auch dann nicht, wenn sich zwischenzeitlich der Rückkaufswert erhöht hat (vgl. Schleswig-Holsteinisches OLG 29. November 2006 – 15 WF 323/06 – SchlHA 2007, 98).
III. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.
Unterschriften
Reinecke, Zwanziger, Schlewing
Fundstellen