Entscheidungsstichwort (Thema)
Nutzung einer Telefonanlage durch den Betriebsrat
Orientierungssatz
1. In einem Betrieb mit mehreren, zT weit voneinander entfernt liegenden Betriebsstätten kann der Betriebsrat nach § 40 Abs. 2 BetrVG einen Anspruch gegen den Arbeitgeber haben, eine vorhandene Telefonanlage telefontechnisch so einrichten zu lassen, daß jedes einzelne Betriebsratsmitglied an seinem Arbeitsplatz von den Arbeitnehmern des Betriebs angerufen werden kann.
2. Der Betriebsrat hat nach § 40 Abs. 2 BetrVG keinen Anspruch darauf, daß die Telefone in den Betriebsstätten, in denen keine Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind, telefontechnisch so eingerichtet werden, daß die Arbeitnehmer von dort aus sämtliche Betriebsratsmitglieder anrufen können. Die den Arbeitnehmern zur Verfügung stehenden Telefone sind keine Sachmittel des Betriebsrats iSv. § 40 Abs. 2 BetrVG.
Normenkette
BetrVG § 40 Abs. 2, §§ 75, 80, 81 Abs. 4 S. 3, § 82 Abs. 2 S. 2, § 83 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Rechtsbeschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluß des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12. Juni 2001 – 13 TaBV 9/01 – unter Zurückweisung der Rechtsbeschwerde im übrigen teilweise aufgehoben.
Auf die Beschwerde des Arbeitgebers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Siegburg vom 19. Dezember 2000 – 5 BV 43/00 – unter Zurückweisung der Beschwerde im übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt wie folgt neu gefaßt:
Dem Arbeitgeber wird aufgegeben, die in den Verkaufsstellen W und R vorhandenen Fernsprecher telefontechnisch so einrichten zu lassen, daß die dort beschäftigten Betriebsratsmitglieder von den Arbeitnehmern des Betriebs angerufen werden können.
Im übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Arbeitgeber verpflichtet ist, eine vorhandene Telefonanlage so einrichten zu lassen, daß jedes Betriebsratsmitglied in der Verkaufsstelle, in der es beschäftigt ist, von den anderen Verkaufsstellen des Betriebs aus angerufen werden kann.
Der Arbeitgeber vertreibt bundesweit Drogeriewaren in Verkaufsstellen. Die Verkaufsstellen sind auf Grund eines Tarifvertrags Bezirken zugeordnet, in denen jeweils Betriebsräte gewählt worden sind. Der Antragsteller ist der in dem Bezirk H gewählte Betriebsrat. Er besteht aus fünf Mitgliedern und ist zuständig für 25 Verkaufsstellen, die bis zu 70 km von H entfernt sind und in denen ca. 100 Arbeitnehmer beschäftigt werden. Das Büro des Betriebsrats befindet sich in H. Dort ist der Betriebsrat an 1 ½ Tagen in der Woche erreichbar. Die Betriebsratsvorsitzende ist in der Verkaufsstelle H beschäftigt. Die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende arbeitet in der Verkaufsstelle N. Zwei weitere Betriebsratsmitglieder sind in der Verkaufsstelle W und das fünfte Betriebsratsmitglied ist in der Verkaufsstelle R tätig. In den einzelnen Verkaufsstellen sind Telefone installiert, von denen aus nur eine begrenzte Anzahl von Anschlüssen angewählt werden kann. Von außen sind die Verkaufsstellen nicht anrufbar. Für den Betriebsrat ließ der Arbeitgeber zwei Amtsleitungen freischalten, und zwar im Betriebsratsbüro in H und in der Verkaufsstelle der Betriebsratsvorsitzenden in H. Dies ermöglicht es den Mitarbeitern sämtlicher Verkaufsstellen, die Betriebsratsvorsitzende und das Betriebsratsbüro telefonisch zu erreichen. Außerdem können sämtliche Betriebsratsmitglieder von ihren Verkaufsstellen aus in allen übrigen Verkaufsstellen des Bezirks anrufen. Nach Verkündung des angefochtenen zweitinstanzlichen Beschlusses wurde auch in der Verkaufsstelle der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden in N ein Telefon mit Amtsleitung installiert, das von allen anderen Verkaufsstellen aus anrufbar ist.
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, der Arbeitgeber sei verpflichtet, die uneingeschränkte telefonische Kommunikation zwischen sämtlichen im Bezirk H liegenden Verkaufsstellen zu ermöglichen. Jedenfalls müßten von sämtlichen Verkaufsstellen aus die Verkaufsstellen telefonisch erreichbar sein, in denen Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind. Die dadurch entstehende Kostenbelastung sei für den Arbeitgeber zumutbar.
Der Betriebsrat hat beantragt
- die Antragsgegnerin zu verpflichten, die in den Filialen der Antragsgegnerin in dem Bezirk des Antragstellers befindlichen Telefone so freizuschalten, daß zwischen sämtlichen Filialen Telefongespräche möglich sind,
hilfsweise:
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die in den Filialen der Antragsgegnerin in dem Bezirk des Antragstellers befindlichen Telefone so freizuschalten, daß von allen Filialen aus die Filialen, in denen Mitglieder des Antragstellers beschäftigt sind, telefonisch erreicht werden können, sowie daß von den Filialen, in denen Mitglieder des Antragstellers beschäftigt sind, telefonisch sämtliche anderen Filialen erreicht werden können, soweit dies noch nicht geschehen ist,
äußerst hilfsweise:
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die in den Filialen der Antragsgegnerin in dem Bezirk des Antragstellers befindlichen Telefone so freizuschalten, daß von den Filialen, in denen Mitglieder des Antragstellers beschäftigt sind, telefonisch sämtliche anderen Filialen erreicht werden können, soweit dies noch nicht geschehen ist.
Der Arbeitgeber hat beantragt, die Anträge zurückzuweisen. Er hat den Hauptantrag für unzulässig gehalten und im übrigen gemeint, zur innerbetrieblichen Kommunikation reiche es aus, daß sämtliche Arbeitnehmer von jeder Verkaufsstelle aus das Betriebsratsbüro und die Betriebsratsvorsitzende telefonisch erreichen könnten und alle Betriebsratsmitglieder in der Lage seien, in sämtlichen Verkaufsstellen anzurufen. Die Ausstattung mit weiteren drei Amtsleitungen verursache zusätzliche Grundgebühren von 900,00 DM jährlich. Dieser Aufwand sei im Hinblick auf den angestrebten Zweck unangemessen. Im übrigen habe der Betriebsrat keinen Anspruch auf die Durchführung technischer Änderungen an den Telefonapparaten der von ihm vertretenen Arbeitnehmer. Bei diesen Telefonen handle es sich nicht um Sachmittel des Betriebsrats.
Das Arbeitsgericht hat den Arbeitgeber verpflichtet, die in den Filialen im Bezirk des Betriebsrats befindlichen Telefone so freizuschalten, daß von allen Filialen die Filialen, in denen Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind, telefonisch erreicht werden können. Im übrigen hat es die Anträge zurückgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde des Arbeitgebers zurückgewiesen. In der Rechtsbeschwerde hat der Arbeitgeber die Hauptsache hinsichtlich der Verkaufsstelle N für erledigt erklärt. Im übrigen begehrt er die Zurückweisung der Anträge. Der Betriebsrat beantragt, die Rechtsbeschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist nur zum Teil begründet. Der Arbeitgeber ist nach § 40 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, die in den Verkaufsstellen W und R vorhandenen Telefone telefontechnisch so einrichten zu lassen, daß die dort beschäftigten Betriebsratsmitglieder von allen Arbeitnehmern des Betriebs angerufen werden können. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht dem in der Rechtsbeschwerde allein noch anhängigen ersten Teil des Antrags zu 2) (1. Hilfsantrag) zu Recht stattgegeben. Im übrigen ist der verbliebene 1. Hilfsantrag jedoch unbegründet. Deshalb war er insoweit unter teilweiser Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung zurückzuweisen.
I. Der 1. Hilfsantrag ist, soweit er in der Rechtsbeschwerde anhängig ist, zulässig. Er ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Mit dem Antrag verlangt der Betriebsrat vom Arbeitgeber, die in den Verkaufsstellen seines Bezirks befindlichen Telefone so einrichten zu lassen, daß von allen Verkaufsstellen die Verkaufsstellen, in denen Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind, telefonisch erreicht werden können. Zwar hat der Betriebsrat die zur Erfüllung dieses Anspruchs notwendigen Maßnahmen nicht näher bezeichnet. Dies steht dem Bestimmtheitsgebot jedoch nicht entgegen. Wie bei jeder Verurteilung zur Leistung gehört es zu den Aufgaben des Verpflichteten, über die Art und Weise der Erfüllung zu befinden. Nichts anderes gilt für die Verpflichtung des Arbeitgebers, vorhandene Telefonanlagen nutzbar zu machen. Ob er die notwendigen technischen Vorkehrungen getroffen hat, um Anrufe der Arbeitnehmer von ihren Verkaufsstellen aus in den Verkaufsstellen, in denen Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind, zu ermöglichen, ist im Vollstreckungsverfahren zu prüfen (vgl. BAG 9. Juni 1999 – 7 ABR 66/97 – BAGE 92, 26 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 66, zu B I der Gründe mwN). Auch daß die einzelnen Verkaufsstellen, die von allen anderen Verkaufsstellen des Bezirks aus anrufbar sein sollen, im Antrag nicht genau bezeichnet sind, steht dem Bestimmtheitsgebot nicht entgegen. Denn aus der Antragsbegründung ergibt sich, um welche Verkaufsstellen es sich handelt.
II. Der Antrag ist nur zum Teil begründet. Der Arbeitgeber ist nach § 40 Abs. 2 BetrVG verpflichtet, die vorhandenen Telefone in den Verkaufsstellen, in denen Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind, telefontechnisch so einrichten zu lassen, daß die Betriebsratsmitglieder von allen Arbeitnehmern im Zuständigkeitsbereich des Betriebsrats angerufen werden können. Dieser Verpflichtung ist der Arbeitgeber bislang in Bezug auf die Verkaufsstellen W und R nicht nachgekommen. Insoweit hat das Landesarbeitsgericht dem Antrag daher zu Recht stattgegeben. Im übrigen ist der Antrag entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts jedoch nicht begründet. Hinsichtlich der Verkaufsstelle N hat der Arbeitgeber den geltend gemachten Anspruch erfüllt (§ 362 BGB), da er dort zwischenzeitlich eine Amtsleitung einrichten ließ. Auf telefontechnische Änderungen an den Telefonen in Verkaufsstellen, in denen keine Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind, besteht nach § 40 Abs. 2 BetrVG kein Anspruch.
1. Nach § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem Betriebsrat für die laufende Geschäftsführung sachliche Mittel in erforderlichem Umfang zur Verfügung zu stellen. Die Prüfung, ob das verlangte Sachmittel für die Erledigung von Betriebsratsaufgaben erforderlich und deshalb vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellen ist, obliegt dem Betriebsrat. Diese Entscheidung darf er nicht allein an seinen subjektiven Bedürfnissen ausrichten. Von ihm wird verlangt, daß er bei seiner Entscheidungsfindung die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigt. Dabei hat er die Interessen der Belegschaft an einer sachgerechten Ausübung des Betriebsratsamts einerseits und berechtigte Interessen des Arbeitgebers andererseits, auch soweit sie auf eine Begrenzung seiner Kostentragungspflicht gerichtet sind, gegeneinander abzuwägen (BAG 12. Mai 1999 – 7 ABR 36/97 – BAGE 91, 325 = AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 65, zu B III 2 a der Gründe).
Die Entscheidung des Betriebsrats über die Erforderlichkeit des verlangten Sachmittels unterliegt der arbeitsgerichtlichen Kontrolle. Diese ist auf die Prüfung beschränkt, ob das verlangte Sachmittel auf Grund der konkreten betrieblichen Situation der Erledigung einer gesetzlichen Aufgabe des Betriebsrats dient und der Betriebsrat nicht nur die Interessen der Belegschaft berücksichtigt hat, sondern bei seiner Entscheidung auch den berechtigten Interessen des Arbeitgebers Rechnung getragen hat. Dient das jeweilige Sachmittel der Erledigung betriebsverfassungsrechtlicher Aufgaben und hält sich die Interessenabwägung des Betriebsrats im Rahmen seines Beurteilungsspielraums, können die Gerichte die Entscheidung des Betriebsrats nicht durch ihre eigene ersetzen (BAG 12. Mai 1999 – 7 ABR 36/97 – aaO; 11. November 1998 – 7 ABR 57/97 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 64). Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts kann im Rechtsbeschwerdeverfahren ebenfalls nur eingeschränkt daraufhin überprüft werden, ob Rechtsbegriffe verkannt, Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt oder wesentliche Umstände bei der Würdigung übersehen worden sind (BAG 9. Juni 1999 – 7 ABR 66/97 – aaO, zu B II 2 der Gründe mwN).
2. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Betriebsrat habe die verlangten technischen Änderungen an den vorhandenen Telefonanlagen zur Anrufbarkeit aller Betriebsratsmitglieder von sämtlichen in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Verkaufsstellen angesichts der besonderen betrieblichen Struktur des Einzelhandelsunternehmens des Arbeitgebers für erforderlich halten dürfen; berechtigte Interessen des Arbeitgebers, insbesondere seine Kostentragungspflicht, stünden dem nicht entgegen.
Dies ist rechtsbeschwerderechtlich insoweit nicht zu beanstanden, als es um die Telefone in den Verkaufsstellen geht, in denen Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind. Das sind hier – neben den Verkaufsstellen H und N, die bereits über Telefone mit Amtsleitungen verfügen –, die Verkaufsstellen W und R. Hinsichtlich der in den übrigen Verkaufsstellen befindlichen Telefone hat das Landesarbeitsgericht jedoch verkannt, daß diese keine Sachmittel des Betriebsrats sind und deshalb ein Anspruch auf technische Veränderungen hieran nach § 40 Abs. 2 BetrVG nicht besteht.
a) Zum erforderlichen Umfang sachlicher Mittel iSv. § 40 Abs. 2 BetrVG gehört bei einer Telefonanlage auch deren Nutzbarkeit in einer Art und Weise, die die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben ermöglicht. Dazu kann auch die telefonische Erreichbarkeit aller Mitglieder des Betriebsrats gehören, an deren Arbeitsplätzen der Arbeitgeber eine Fernsprecheinrichtung bereitgestellt hat. Bewirken erst technische Veränderungen an diesen Anlagen die nach § 40 Abs. 2 BetrVG erforderliche Nutzbarkeit der Fernsprecheinrichtung, sind sie Teil des Sachmittelanspruchs des Betriebsrats (BAG 9. Juni 1999 – 7 ABR 66/97 – aaO, zu B II 3 a der Gründe).
aa) Die Nutzung der Telefonanlage zum Informationsaustausch mit den von ihm vertretenen Mitarbeitern betrifft die Erfüllung gesetzlicher Aufgaben des Betriebsrats. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, verlangt die Einhaltung der allgemeinen Überwachungspflichten nach §§ 75, 80 BetrVG zwingend den Dialog zwischen Betriebsrat und Arbeitnehmern. Auch die sachgerechte Wahrnehmung der Mitbestimmungsrechte ist ohne Informations- und Meinungsaustausch zwischen Betriebsrat und Belegschaft nicht denkbar (BAG 9. Juni 1999 – 7 ABR 66/97 – aaO, zu B II 3 b der Gründe). Welche Informations- und Kommunikationswege der Betriebsrat für zweckmäßig hält, ist von ihm nach pflichtgemäßem Ermessen zu entscheiden (BAG 21. November 1978 – 6 ABR 85/76 – AP BetrVG 1972 § 40 Nr. 15). Er muß sich nicht vom Arbeitgeber vorschreiben lassen, auf welche Art die innerbetriebliche Kommunikation erfolgen soll (BAG 9. Juni 1999 – 7 ABR 66/97 – aaO, zu B II 3 c aa und bb der Gründe mwN). Dementsprechend kann der Betriebsrat vom Arbeitgeber verlangen, die vorhandene Telefonanlage so einrichten zu lassen, daß der Betriebsrat in den Verkaufsstellen seines Zuständigkeitsbereichs anrufen kann (BAG 9. Juni 1999 – 7 ABR 66/97 – aaO; 8. März 2000 – 7 ABR 73/98 – nv.). Dieser Verpflichtung ist der Arbeitgeber im Streitfall nachgekommen. Er hat außerdem die telefonische Erreichbarkeit des Betriebsratsbüros sowie der Betriebsratsvorsitzenden und ihrer Stellvertreterin in ihren Verkaufsstellen sichergestellt. Damit hat der Arbeitgeber den Sachmittelanspruch des Betriebsrats gemäß § 40 Abs. 2 BetrVG jedoch nicht vollständig erfüllt. In einem Unternehmen mit den Betriebsstrukturen des Arbeitgebers kann es der Betriebsrat zur Ermöglichung des innerbetrieblichen Dialogs zwischen ihm und den von ihm repräsentierten Arbeitnehmern als erforderlich ansehen, daß auch die übrigen Betriebsratsmitglieder telefonisch erreichbar sind. Ansonsten wäre bei gleichzeitiger Abwesenheit der Betriebsratsvorsitzenden und ihrer Stellvertreterin zu Zeiten, in denen das Betriebsratsbüro nicht besetzt ist, eine Kontaktaufnahme der Arbeitnehmer mit dem Betriebsrat wegen der räumlichen Entfernung der Verkaufsstellen voneinander praktisch nicht möglich. Im übrigen hat das Landesarbeitsgericht zutreffend darauf hingewiesen, daß die Erreichbarkeit jedes einzelnen Betriebsratsmitglieds für die Arbeitnehmer auch im Hinblick auf die Bestimmungen in § 81 Abs. 4 Satz 3, § 82 Abs. 2 Satz 2, § 83 Abs. 1 Satz 2 BetrVG erforderlich ist. Danach sind die Arbeitnehmer in bestimmten Angelegenheiten berechtigt, ein Mitglied des Betriebsrats ihrer Wahl hinzuziehen. Es gehört daher zu den Aufgaben jedes einzelnen Betriebsratsmitglieds, die Arbeitnehmer ggf. zu beraten (vgl. etwa Richardi/Thüsing BetrVG 8. Aufl. § 82 Rn. 14; Fitting/Kaiser/Heither/Engels/Schmidt BetrVG 21. Aufl. § 82 Rn. 12). Dazu muß das Betriebsratsmitglied für die Belegschaft erreichbar sein. In einem Betrieb, in dem die Arbeitnehmer in einer Vielzahl von teilweise weit voneinander entfernten Verkaufsstellen beschäftigt sind, ist das Telefon die praktikabelste Kommunikationsmöglichkeit. Der Betriebsrat muß sich nicht darauf verweisen lassen, der Kontakt mit den einzelnen Betriebsratsmitgliedern könne durch die telefonisch erreichbare Betriebsratsvorsitzende oder ihre Stellvertreterin vermittelt werden. Diese Art der Kontaktaufnahme könnte nicht nur zu zeitlichen Verzögerungen, sondern uU auch dazu führen, daß ein Arbeitnehmer wegen der damit verbundenen Umstände davon absieht, sich an das Betriebsratsmitglied seines Vertrauens zu wenden. Dies würde die ordnungsgemäße Wahrnehmung der Aufgaben des Betriebsrats beeinträchtigen. Zwar mag es zutreffen, daß auch die weiteren Mitglieder des Betriebsrats nicht immer an ihrem Arbeitsplatz anwesend sind. Dies steht jedoch dem Begehren des Betriebsrats nicht entgegen. Gerade wegen der offensichtlich unterschiedlichen Arbeits- und Anwesenheitszeiten sowohl der Betriebsratsmitglieder als auch der übrigen Belegschaft erscheint es nicht unangemessen, daß der Betriebsrat die telefonische Erreichbarkeit sämtlicher Betriebsratsmitglieder zur Erledigung seiner Aufgaben für erforderlich hält.
bb) Das Landesarbeitsgericht hat auch ohne Rechtsfehler angenommen, daß dem Verlangen des Betriebsrats betriebliche Belange nicht entgegenstehen. Es hat die vom Arbeitgeber angegebene zusätzliche finanzielle Belastung mit Grundgebühren von 900,00 DM jährlich für die Ausstattung dreier weiterer Telefone mit Amtsleitungen im Hinblick auf die Bedeutung der ungehinderten Kommunikation zwischen der Belegschaft und den Betriebsratsmitgliedern nicht für unangemessen gehalten. Dies ist rechtsbeschwerderechtlich nicht zu beanstanden. Der Betriebsrat durfte bei dieser relativ geringfügigen Kostenbelastung seinem Interesse an der Herstellung einer praktikablen Kommunikationsmöglichkeit mit der Belegschaft den Vorrang einräumen. Der Betriebsrat hat somit einen Anspruch darauf, daß auch in den Verkaufsstellen W und R die vorhandenen Telefone so eingerichtet werden, daß die dort beschäftigten Betriebsratsmitglieder von den Arbeitnehmern des Betriebs angerufen werden können.
b) Auf telefontechnische Veränderungen an den Telefonen in den übrigen Verkaufsstellen des Bezirks hat der Betriebsrat jedoch keinen Anspruch.
aa) Das Telefon in der Verkaufsstelle N, in der die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende beschäftigt ist, hat der Arbeitgeber nach Verkündung der angefochtenen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts telefontechnisch so einrichten lassen, daß alle Arbeitnehmer dort anrufen können. Der Anspruch des Betriebsrats ist daher insoweit gemäß § 362 BGB durch Erfüllung erloschen.
bb) Der Betriebsrat hat nach § 40 Abs. 2 BetrVG keinen Anspruch darauf, daß die Telefone in den Verkaufsstellen, in denen keine Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind, telefontechnisch so eingerichtet werden, daß die Arbeitnehmer von dort aus in den Verkaufsstellen, in denen Betriebsratsmitglieder beschäftigt sind, anrufen können. Bei diesen Telefonen handelt es sich nicht um Sachmittel des Betriebsrats. Dies hat das Landesarbeitsgericht verkannt.
Zwar erfordert die Erfüllung der dem Betriebsrat gesetzlich zugewiesenen Aufgaben die innerbetriebliche Kommunikation zwischen dem Betriebsrat und der Belegschaft. Dazu ist in einem Unternehmen mit den betrieblichen Strukturen des Arbeitgebers die Nutzung der vorhandenen Telefonanlage in der Weise erforderlich, daß die einzelnen Betriebsratsmitglieder von dem in ihrer Verkaufsstelle befindlichen Telefon aus ungehindert anrufen und dort angerufen werden können. Die in diesen Verkaufsstellen vorhandenen Telefone sind daher – einschließlich der uneingeschränkten Nutzbarkeit – auch Sachmittel des Betriebsrats. Dies gilt jedoch nicht für die Telefone in den übrigen Verkaufsstellen. Diese dienen nicht der Wahrnehmung der dem Betriebsrat obliegenden Aufgaben. Für die Betriebsratstätigkeit ist es unerheblich, ob die Arbeitnehmer die Betriebsratsmitglieder von den in den Verkaufsstellen vorhandenen Telefonen, dem Privatanschluß eines Arbeitnehmers, einem Mobiltelefon oder einem öffentlichen Fernsprecher aus anrufen.
Unterschriften
Dörner, Gräfl, Pods, Zumpe, Olga Berger
Fundstellen
Haufe-Index 929287 |
DB 2003, 1800 |
NWB 2003, 1733 |
FA 2003, 217 |
NZA 2003, 991 |
SAE 2003, 323 |
ZAP 2003, 700 |
AP, 0 |
EzA |