Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung bei der Einstellung Auszubildender. Mitbestimmung bei Einstellung. Einsatz von Auszubildenden reiner Ausbildungsbetriebe in anderen Betrieben
Orientierungssatz
Werden Auszubildende eines reinen Ausbildungsbetriebs zum Zwecke ihrer praktischen Ausbildung vorübergehend in einem anderen Betrieb eingesetzt, so stellt das für diesen Betrieb eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG dar, die der Zustimmung des dort gewählten Betriebsrats bedarf.
Normenkette
BetrVG § 99 Abs. 1 Sätze 1-2, § 95 Abs. 3 S. 2, § 102; Tarifvertrag Mitbestimmung Telekom Training Center vom 26. November 2001 (TV 122)
Verfahrensgang
Tenor
Die Rechtsbeschwerde der Arbeitgeberin gegen den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Köln vom 27. April 2007 – 12 TaBV 7/07 – wird zurückgewiesen.
Die Beschlussformel wird zur Klarstellung wie folgt gefasst:
Es wird festgestellt, dass der Betriebsrat bei der Einstellung von Auszubildenden des Betriebs TT in den Betrieb ZIT nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen ist.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob der Betriebsrat gemäß § 99 Abs. 1 BetrVG mitzubestimmen hat, wenn in dem Betrieb, für den er gebildet ist, zum Zwecke ihrer Ausbildung vorübergehend Auszubildende beschäftigt werden, die ansonsten einem reinen Ausbildungsbetrieb zugewiesen sind.
Die Arbeitgeberin, ein Unternehmen der Telekommunikationsbranche, hat bundesweit eine Vielzahl von Betrieben. Antragsteller des Verfahrens ist der für den Betrieb Zentrum Informationstechnik (ZIT) in W… gebildete Betriebsrat. Die Arbeitgeberin führt die gesamte Aus- und Weiterbildung in dem – vormals Telekom Training Center (TTC) genannten – Ausbildungsbetrieb Telekom Training (TT) durch. Dessen Hauptsitz befindet sich in Bonn. Ihm sind 39 über das Bundesgebiet verteilte Außenstellen (Berufsbildungsstellen) als unselbständige Betriebsteile zugeordnet. Im Betrieb TT sind etwa 1.300 Stammarbeitnehmer und rund 12.000 Auszubildende beschäftigt. Zur Regelung der Mitbestimmung im TT schloss die Arbeitgeberin am 26. November 2001 mit der Gewerkschaft ver.di den Tarifvertrag Mitbestimmung TTC (TV 122). Dieser enthält ua. folgende Regelungen:
Ҥ 1 Mitbestimmungsstruktur
(1) Das Telekom Training Center (im nachfolgenden TTC genannt) stellt einen Betrieb mit einem Betriebsrat, Auszubildendenvertretungen bei den Berufsbildungsstellen und einer Konzern-Auszubildendenvertretung dar. Die Zuordnung und die Anzahl der Freistellungen werden in besonderen Tarifverträgen geregelt.
(2) Darüber hinaus werden bei den Berufsbildungsstellen Betreuungsgremien gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 BetrVG eingerichtet, in die Mitglieder der Betriebsräte aus den Konzernunternehmen, in deren Betrieben Ausbildung stattfindet, sowie Vertreter der Auszubildendenvertretungen entsandt werden.
§ 2 Betriebsrat
(1) Die Wahl, Aufgaben, Stellung und Rechte des Betriebsrats bestimmen sich, soweit in diesem Tarifvertrag nicht ausdrücklich anders geregelt, nach den Bestimmungen des BetrVG. Auszubildende haben weder das aktive noch das passive Wahlrecht für diesen Betriebsrat. Der Betriebsrat des TTC vertritt die Arbeiter, Angestellten und Beamten; er arbeitet mit den Auszubildendenvertretungen zusammen.
(2) Der Betriebsrat des TTC nimmt für die Auszubildenden und die Auszubildendenvertretungen die Rechte nach § 103 BetrVG wahr.
§ 3 Auszubildendenvertretung
(1) Die Wahl, Aufgaben, Stellung und Rechte der Auszubildendenvertretungen richten sich, soweit in diesem Tarifvertrag nicht ausdrücklich anders geregelt, nach den für Jugend- und Auszubildendenvertretungen geltenden Bestimmungen des BetrVG. Auszubildendenvertreter haben in ihrem Beschäftigungsbetrieb darüber hinaus die Aufgabe, die Auszubildenden während der Ausbildung in diesem Betrieb zu betreuen.
(2) Die Auszubildendenvertretungen erhalten die Rechte eines Betriebsrats nach § 97 Abs. 1, § 98 Abs. 1 BetrVG. Die Führung von Rechtsstreiten und Einigungsstellenverfahren steht nur der Konzernauszubildendenvertretung zu.
(3) Die Auszubildendenvertretungen werden bei der Einstellung der Auszubildenden entsprechend § 99 Abs. 1 bis Abs. 3 BetrVG beteiligt. Verweigert die Auszubildendenvertretung die Zustimmung, kann die Einstellung nur nach Beratung mit der Konzernauszubildendenvertretung vorgenommen werden.
…
§ 9 Betreuungsgremien
(1) Die Betreuungsgremien sollen der Konzerndimensionalität der Ausbildung Rechnung tragen. In die bei den Berufsbildungsstellen angesiedelten Betreuungsgremien werden je Betrieb, in dem Ausbildung durchgeführt wird, ein Betriebsratsmitglied und durch die zuständige Auszubildendenvertretung zwei Auszubildendenvertreter entsandt.
(2) Aufgabe dieser Betreuungsgremien ist die Erörterung von Problemstellungen konzerndimensionaler Sicht in Sachen Ausbildung.
…”
Die Auszubildenden absolvieren im Rahmen ihrer praktischen Ausbildung drei- bis sechsmonatige Einsätze in anderen Betrieben der Arbeitgeberin und in Betrieben der Konzerntöchter, so auch im Betrieb ZIT, um dort Berufserfahrung in Bereichen des Telekom-Konzerns zu erlangen. Während des praktischen Einsatzes im Betrieb ZIT werden die Auszubildenden von betrieblichen Fachkräften betreut und erhalten von diesen Anweisungen hinsichtlich der Zeit und des Ortes ihrer Tätigkeit.
Die Arbeitgeberin beteiligt bei der ersten Einstellung der Auszubildenden die nach § 3 TV 122 errichtete Auszubildendenvertretung der Berufsbildungsstelle des Betriebs TT, der der Auszubildende zugewiesen ist. Vor den praktischen Einsätzen von Auszubildenden im Betrieb ZIT unterrichtet die Arbeitgeberin dessen Betriebsrat über die Person des Auszubildenden, den Einsatzort und die Dauer des Einsatzes, holt aber nicht seine Zustimmung ein. Eine Beteiligung der bei der Berufsbildungsstelle gebildeten Auszubildendenvertretung oder des beim Betrieb TT errichteten Betriebsrats erfolgt nicht.
Der beteiligte Betriebsrat hat geltend gemacht, er habe bei den Einsätzen von Auszubildenden im Betrieb ZIT mitzubestimmen. Es handele sich dabei um Einstellungen iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG.
Der Betriebsrat hat beantragt
festzustellen, dass die Arbeitgeberin verpflichtet ist, ihn vor jeder Einstellung von Auszubildenden in den Betrieb ZIT gemäß § 99 BetrVG zu beteiligen, ihn insbesondere über die Person des Auszubildenden, den vorgesehenen Einsatz- und Ausbildungsbereich und über den vorgesehenen Ausbilder oder Ausbildungsverantwortlichen zu unterrichten und seine Zustimmung einzuholen.
Die Arbeitgeberin hat beantragt, den Antrag abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, die Auszubildenden blieben auch während der praktischen Betriebseinsätze dem Betrieb TT zugeordnet, da von dort die gesamte Ausbildung zentral gesteuert werde. Dort erfolge die Ausbildungsplanung, würden die Personalunterlagen geführt, die Berichtshefte kontrolliert, die Zeugnisse erteilt und die Vergütungsabrechnungen erstellt. Die Ausbilder des Betriebs TT kümmerten sich auch während der praktischen Betriebseinsätze um die Auszubildenden. Im Übrigen seien die Mitbestimmungsrechte hinsichtlich der Auszubildenden im TV 122 und im Manteltarifvertrag für die Auszubildenden der Deutschen Telekom AG vom 18. August 2005 (MTV Azb) abschließend geregelt. Da dort ein Mitbestimmungsrecht für den Betriebsrat des jeweiligen Einsatzbetriebs bei einer Zuweisung von Auszubildenden nicht vorgesehen sei, bestehe ein solches nicht. Auch aus § 95 Abs. 3 Satz 2 BetrVG sei zu folgern, dass bei einer Zuweisung der Betriebsrat des Einsatzbetriebs nicht nach § 99 BetrVG zu beteiligen sei. Außerdem würde der Ausbildungsablauf behindert, wenn sie bei jedem Einsatz der etwa 12.000 Auszubildenden die Betriebsräte der Einsatzbetriebe nach § 99 BetrVG beteiligen müsse.
Das Arbeitsgericht hat den Antrag des Betriebsrats abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat auf die Beschwerde des Betriebsrats dessen Antrag entsprochen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Rechtsbeschwerde begehrt die Arbeitgeberin die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses.
Entscheidungsgründe
B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Antrag des Betriebsrats zu Recht entsprochen. Dem Betriebsrat steht das geltend gemachte Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG zu. Zum Zwecke der Klarstellung war eine Neufassung der Beschlussformel angezeigt.
I. Der Antrag ist zulässig.
1. Er bedarf der Auslegung. Diese ergibt, dass Gegenstand des Feststellungsbegehrens ausschließlich die Frage ist, ob dem Betriebsrat überhaupt ein Mitbestimmungsrecht nach § 99 Abs. 1 BetrVG bei dem – zeitlich befristeten – Einsatz von Auszubildenden im Betrieb ZIT zusteht. Dagegen streiten die Beteiligten nicht über den Inhalt eines Mitbestimmungsrechts nach § 99 Abs. 1 BetrVG. Bei der in dem Antrag enthaltenen Passage “ihn insbesondere über die Person des Auszubildenden, den vorgesehenen Einsatz- und Ausbildungsbereich und über den vorgesehenen Ausbilder oder Ausbildungsverantwortlichen zu unterrichten und seine Zustimmung einzuholen”, handelt es daher nicht um einen selbständig zu behandelnden und zu bescheidenden Teil des Antrags. Der Verfahrensbevollmächtigte des Betriebsrats hat dies in der Anhörung vor dem Senat ausdrücklich bestätigt. Wie die Auslegung des Antrags ferner ergibt, geht es ausschließlich um das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts bei dem praktischen Einsatz von Auszubildenden des Betriebs TT im Betrieb ZIT und nicht etwa auch um die Frage, ob der Betriebsrat bei der unmittelbaren Einstellung externer, möglicherweise nicht dem Betrieb TT zugeordneter Auszubildender mitzubestimmen hätte.
2. Der so verstandene Antrag ist hinreichend bestimmt im Sinne von § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Es ist zuverlässig feststellbar, an welchen tatsächlichen Maßnahmen der Arbeitgeberin ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats festgestellt werden soll.
3. Der Antrag genügt den Erfordernissen des § 256 Abs. 1 ZPO. Das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts ist ein Rechtsverhältnis, das der gerichtlichen Feststellung zugänglich ist. Nachdem die Arbeitgeberin das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats beim praktischen Einsatz von Auszubildenden des Betriebs TT im Betrieb ZIT bestreitet und sich die Frage auch künftig stellen wird, hat der Betriebsrat ein berechtigtes Interesse an der begehrten alsbaldigen Feststellung.
II. Der Antrag des Betriebsrats ist begründet. Die Auszubildenden des Betriebs TT werden für die Zeit ihrer praktischen Ausbildung im Betrieb ZIT dort iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG eingestellt. Das danach bestehende Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats ist nicht durch tarifliche Regelungen ausgeschlossen.
1. Bei der Beschäftigung der Auszubildenden des Betriebs TT in anderen Betrieben der Arbeitgeberin handelt es sich um Einstellungen im Sinne von § 99 BetrVG.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts liegt eine Einstellung nach § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG vor, wenn Personen in den Betrieb des Arbeitgebers eingegliedert werden, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck durch weisungsgebundene Tätigkeit zu verwirklichen. Auf das Rechtsverhältnis, in dem diese Personen zum Betriebsinhaber stehen, kommt es nicht an (vgl. etwa 23. Januar 2008 – 1 ABR 74/06 – Rn. 21 mwN, AP AÜG § 14 Nr. 14 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 8). Maßgebend ist, ob die von ihnen zu verrichtenden Tätigkeiten ihrer Art nach weisungsgebundene Tätigkeiten sind, die der Verwirklichung des arbeitstechnischen Zwecks des Betriebs zu dienen bestimmt sind und deshalb vom Arbeitgeber organisiert werden müssen. Ob den betreffenden Personen tatsächlich Weisungen hinsichtlich dieser Tätigkeiten gegeben werden – und ggf. von wem – ist unerheblich. Die Personen müssen derart in die Arbeitsorganisation des Betriebs eingegliedert werden, dass der Betriebsinhaber die für eine weisungsabhängige Tätigkeit typischen Entscheidungen auch über Zeit und Ort der Tätigkeit zu treffen hat. Der Betriebsinhaber muss in diesem Sinne Personalhoheit besitzen und damit wenigstens einen Teil der Arbeitgeberstellung gegenüber den betreffenden Personen wahrnehmen (2. Oktober 2007 – 1 ABR 60/06 – Rn. 13 mwN, AP BetrVG 1972 § 99 Einstellung Nr. 54 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 7). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG dient vornehmlich den Interessen der schon vorhandenen, von ihm vertretenen Belegschaft. Der Betriebsrat soll in die Lage versetzt werden, deren Belange nach Maßgabe möglicher Zustimmungsverweigerungsgründe nach § 99 Abs. 2 BetrVG geltend zu machen (25. Januar 2005 – 1 ABR 59/03 – BAGE 113, 206, zu B II 2d cc (1) der Gründe; 2. Oktober 2007 – 1 ABR 60/06 – Rn. 19 mwN aaO). Auf die Dauer der tatsächlichen Eingliederung kommt es nicht an. Vielmehr ist grundsätzlich jede noch so kurze tatsächliche Beschäftigung als Einstellung nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtig (23. Januar 2008 – 1 ABR 74/06 – Rn. 24, AP AÜG § 14 Nr. 14 = EzA BetrVG 2001 § 99 Einstellung Nr. 8).
Der Zustimmung des Betriebsrats bedarf auch die Einstellung von Personen, die zum Zwecke ihrer Berufsausbildung beschäftigt werden sollen. Auch in diesen Fällen kommt es nicht darauf an, welches Rechtsverhältnis der Beschäftigung zugrunde liegt (BAG 3. Oktober 1989 – 1 ABR 68/88 – AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 73 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 79, zu B II 1 der Gründe). Eine Beschäftigung zur Ausbildung setzt nicht voraus, dass durch die Beschäftigung der Betriebszweck selbst schon unmittelbar verwirklicht wird. Es genügt, dass die Beschäftigung darauf gerichtet ist, mit dem Gelernten ggf. einmal den Betriebszweck erfüllen zu können (vgl. BAG 3. Oktober 1989 – 1 ABR 68/88 – aaO, zu B II 2 der Gründe).
b) Hiernach handelt es sich bei dem praktischen Einsatz der Auszubildenden des Betriebs TT im Betrieb ZIT um eine nach § 99 Abs. 1 BetrVG mitbestimmungspflichtige Einstellung.
(1) Der Betriebsinhaber des Betriebs ZIT nimmt während des praktischen Einsatzes der Auszubildenden in seinem Betrieb diesen gegenüber jedenfalls einen Teil der Arbeitgeberstellung wahr. Er besitzt zumindest insoweit Personalhoheit, wie er den Auszubildenden durch seine betrieblichen Fachkräfte Anweisungen hinsichtlich Ort und Zeit ihrer Tätigkeit erteilt. Dem steht nicht entgegen, dass – wie die Arbeitgeberin geltend macht – die Ausbildungsplanung im Betrieb TT erfolgt, dort die Personalunterlagen geführt, die Berichtshefte kontrolliert, die Zeugnisse erteilt und die Vergütungsabrechnungen erstellt werden und sich die Ausbilder des Betriebs TT auch während der praktischen Betriebseinsätze um die Auszubildenden kümmern. Die Auszubildenden werden gleichwohl in den Betrieb ZIT eingegliedert, um zusammen mit den dort schon beschäftigten Arbeitnehmern dessen arbeitstechnischen Zweck zu verwirklichen. Dem widerspricht nicht, dass sie nicht in erster Linie zur Förderung des Betriebszwecks des Betriebs ZIT, sondern zu Ausbildungszwecken beschäftigt werden. Durch die Beschäftigung der Auszubildenden im Betrieb ZIT sind auch die Interessen der Belegschaft dieses Betriebs berührt. Diese hat der Betriebsrat wahrzunehmen. In Betracht kommen insbesondere die Zustimmungsverweigerungsgründe des § 99 Abs. 2 Nr. 3 und 6 BetrVG.
(2) Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin scheitert ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Beschäftigung der Auszubildenden im Betrieb ZIT nicht an § 95 Abs. 3 Satz 2 BetrVG. Nach dieser auch auf Auszubildende anzuwendenden Vorschrift (vgl. BAG 3. Dezember 1985 – 1 ABR 58/83 – BAGE 50, 226, zu B II 3a der Gründe) gilt bei Arbeitnehmern, die nach der Eigenart ihres Arbeitsverhältnisses üblicherweise nicht ständig an einem Arbeitsplatz beschäftigt werden, die Bestimmung des jeweiligen Arbeitsplatzes nicht als Versetzung. Die Regelung schließt somit für bestimmte Fallgestaltungen das Vorliegen einer mitbestimmungspflichtigen Versetzung aus. Bei der Beurteilung, ob eine Maßnahme eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 Satz 1 und 2 BetrVG darstellt, ist § 95 Abs. 3 Satz 2 BetrVG nicht anwendbar. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht. Sie widerspräche vielmehr dem Sinn und Zweck des Mitbestimmungsrechts des im “aufnehmenden” Betrieb gebildeten Betriebsrats. Die von ihm wahrzunehmenden Interessen der Belegschaft sind auch dann berührt, wenn ein üblicherweise nicht ständig an einem Arbeits- oder Ausbildungsplatz beschäftigter Arbeitnehmer oder Auszubildender in den Betrieb aufgenommen wird. Darauf, ob der in dem “abgebenden” Betrieb gebildete Betriebsrat – oder die dort gebildete Auszubildendenvertretung – an der Maßnahme zu beteiligen ist oder ob insoweit die Mitbestimmung wegen § 95 Abs. 3 Satz 2 BetrVG ausgeschlossen ist, kommt es nicht an. Die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats sind stets auf den Betrieb bezogen. Betrifft eine Maßnahme mehrere Betriebe, können die Beteiligungsrechte der einzelnen Betriebsräte unterschiedlich ausgestaltet sein, da die Maßnahme die Betriebe und die Interessen der dort beschäftigten Arbeitnehmer unterschiedlich berührt (BAG 16. Dezember 1986 – 1 ABR 52/85 – AP BetrVG 1972 § 99 Nr. 40 = EzA BetrVG 1972 § 99 Nr. 54, zu B II 1b der Gründe).
(3) Der von der Rechtsbeschwerde angeführte Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 13. März 1991 (– 7 ABR 89/89 – BAGE 67, 320) steht der Würdigung, die Beschäftigung der Auszubildenden des Betriebs TT im Betrieb ZIT sei eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG, nicht entgegen. Die Entscheidung betrifft die Wahlberechtigung von vorübergehend in anderen Betrieben beschäftigten Auszubildenden und verhält sich nicht zu der Frage, ob deren Beschäftigung eine Einstellung iSv. § 99 Abs. 1 BetrVG darstellt. Die von der Rechtsbeschwerde weiter angeführte Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 12. Mai 2005 (– 2 AZR 149/04 – AP BetrVG 1972 § 102 Nr. 145 = EzA BetrVG 2001 § 102 Nr. 13) betrifft ebenfalls nicht das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats des Beschäftigungsbetriebs nach § 99 Abs. 1 BetrVG, sondern die Frage, welcher Betriebsrat nach § 102 BetrVG vor der Kündigung eines Auszubildenden anzuhören ist, der vorübergehend und partiell in einen anderen Betrieb eingegliedert wird.
2. Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 99 Abs. 1 BetrVG wird entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin nicht durch den TV 122 ausgeschlossen. Dieser regelt die Mitbestimmungsstrukturen im Betrieb TT, nicht die Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte in den übrigen, im praktischen Teil an der Ausbildung beteiligten Betriebe der Arbeitgeberin. Das folgt bereits aus § 1 Abs. 1 TV 122. Aus § 1 Abs. 2 TV 122 ergibt sich nichts anderes. Die darin vorgesehene Errichtung zusätzlicher Betreuungsgremien bedeutet nicht, dass gesetzliche Mitbestimmungsrechte der Betriebsräte in den Beschäftigungsbetrieben ausgeschlossen oder beschränkt wären. Aufgabe dieser Betreuungsgremien ist vielmehr nach § 9 Abs. 2 TV 122 lediglich die Erörterung von Problemstellungen aus konzernweiter Sicht in Sachen Ausbildung und nicht die Wahrnehmung von Mitbestimmungsrechten. Diese Würdigung entspricht dem Zweck des TV 122. Da die Auszubildenden reiner Ausbildungsbetriebe – wie des Betriebs TT – von Gesetzes wegen kein Wahlrecht zum Betriebsrat und zu einer Jugend- und Auszubildendenvertretung haben und von diesen Gremien nicht vertreten werden, schafft der TV 122 in einem gesetzlich ungeregelten Bereich eigene Vertretungsstrukturen und Kompetenzen (BAG 24. August 2004 – 1 ABR 28/03 – BAGE 111, 350, zu B I 1b der Gründe; ebenso BAG 15. November 2006 – 7 ABR 15/06 – Rn. 32, BAGE 120, 205). Dagegen ist es nicht Zweck des TV 122, bestehende gesetzliche Mitbestimmungsrechte zu beseitigen.
III. Die klarstellende Neufassung der Beschlussformel erschien im Hinblick auf die gebotene und in der Anhörung vor dem Senat von den Beteiligten bestätigte Auslegung des Sachantrags des Betriebsrats angezeigt.
Unterschriften
Kreft, Breinlinger, Linsenmaier, Wisskirchen, Brunner
Fundstellen
Haufe-Index 2084563 |
BB 2009, 101 |
DB 2009, 350 |