Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmungsersetzung zur Eingruppierung – Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich. Zustimmungsersetzung zur Eingruppierung, Verlängerung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich, Erledigung des Zustimmungsersetzungsverfahrens bei Höhergruppierung nach Rechtshängigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Der Betriebsrat kann einer Eingruppierung seine Zustimmung nicht deshalb nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG verweigern, weil der Arbeitgeber mit dem Arbeitnehmer eine längere als die bisher im Betrieb übliche Wochenarbeitszeit vereinbart hat.
2. Die Festlegung der Dauer der Wochenarbeitszeit ist keine nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitbestimmungspflichtige Aufstellung eines Entlohnungsgrundsatzes.
Orientierungssatz
Die rechnerische Verringerung des Arbeitsentgelts pro geleistete Arbeitsstunde durch Verlängerung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich begründet kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG.
Ein Zustimmungsersetzungsverfahren erledigt sich, wenn der betroffene Arbeitnehmer, dessen Eingruppierung zwischen den Betriebsparteien streitig ist, mit einer anderen, höher bewerteten Tätigkeit betraut und deshalb vom Arbeitgeber neu eingruppiert wird.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Nrn. 2-3, 10, § 99 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Hinsichtlich der Arbeitnehmerin Nicole F. (bisher D) wird das Verfahren wegen Erledigung eingestellt.
2. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Beschluß des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 22. Januar 2001 – 8 TaBV 10/00 – wird zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Gründe
A. Die Arbeitgeberinnen begehren die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zur Eingruppierung von Arbeitnehmerinnen.
Die beteiligten Arbeitgeberinnen sind Unternehmen des Zeitschriftenverlagsgewerbes. Weiterer Beteiligter ist der für sie zuständige gemeinsame Betriebsrat.
Die Arbeitgeberinnen sind nicht tarifgebunden. Sie wenden auf die bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer den Gehaltstarifvertrag für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern vom 25. Mai 1999 (GTVA) sowie den Gehaltstarifvertrag für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften (GTVR) an. Zunächst galt auch die tarifliche Wochenarbeitszeit von 35 Stunden für Angestellte und von 36 Stunden für Redakteure. Seit Mitte 1996 vereinbaren die Arbeitgeberinnen bei Neuabschluß eines Arbeitsvertrags eine Wochenarbeitszeit von 38 Stunden für Angestellte und von 40 Stunden für Redakteure.
Die Beteiligte zu 1) hat den Betriebsrat um die Zustimmung zur Einstellung der Arbeitnehmerin Nicole D. und deren beabsichtigten Eingruppierung in die Vergütungsgruppe 5 B GTVA gebeten. In gleicher Weise verfuhr die Beteiligte zu 2) hinsichtlich den Arbeitnehmerinnen Frauke M. (VergGr. II d GTVR) und Annecatrin S. (VergGr. I GTVR), die Beteiligte zu 3) hinsichtlich der Arbeitnehmerinnen Anita B. (VergGr. I GTVR) und Stefanie G. (VergGr. I GTVR), die Beteiligte zu 4) hinsichtlich der Arbeitnehmerinnen Nicola F. (VergGr. I GTVR) und Kirsten Mu (VergGr. 5 D GTVA) sowie die Beteiligte zu 5) hinsichtlich der Arbeitnehmerin Linfei X (VergGr. 7 B GTVA). Der Betriebsrat stimmte den Einstellungen jeweils zu, verweigerte aber die Zustimmung zu den vorgesehenen Eingruppierungen. Zur Begründung führte er an, mit der Erhöhung der Wochenarbeitszeit bei Neueinstellungen hätten die Arbeitgeberinnen einseitig einen neuen Entlohnungsgrundsatz angewendet und damit sein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG verletzt.
Die Arbeitgeberinnen haben die Auffassung vertreten, sie hätten keine neue Vergütungsordnung eingeführt, sondern unter Beibehaltung des bisherigen Vergütungssystems und der jeweils zugrunde liegenden Entgelte lediglich die Wochenarbeitszeit erhöht. Die bisherigen Lohnverteilungsgrundsätze seien beibehalten worden.
Die Arbeitgeberinnen haben zuletzt beantragt,
die Zustimmung des Betriebsrats zu ersetzen
- zur Eingruppierung der Mitarbeiterin Nicole D. der Beteiligten zu 1) in die VergGr. 5 D des Gehaltstarifvertrags für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern,
- zur Eingruppierung der Mitarbeiterin Frauke M. der Beteiligten zu 2) in die VergGr. II des Gehaltstarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften und der Mitarbeiterin Annecatrin S. der Beteiligten zu 2) in die VergGr. I des Gehaltstarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften,
- zur Eingruppierung der Mitarbeiterinnen Anita B. und Stefanie G. der Beteiligten zu 3) in die VergGr. I des Gehaltstarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften,
- zur Eingruppierung der Mitarbeiterin Nicola F. der Beteiligten zu 5) in die VergGr. I des Gehaltstarifvertrags für Redakteurinnen und Redakteure an Zeitschriften und der Mitarbeiterin Kirsten Mu der Beteiligten zu 4) in die VergGr. 5 D des Gehaltstarifvertrags für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern,
- zur Eingruppierung der Mitarbeiterin Linfei X der Beteiligten zu 5) in die VergGr. 7 C des Gehaltstarifvertrags für Angestellte des Zeitschriftenverlagsgewerbes in Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern.
Der Betriebsrat hat beantragt, die Anträge abzuweisen.
Er hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberinnen wendeten bei Neueinstellungen eine Vergütungsordnung an, über die er nicht mitbestimmt habe. Die Heraufsetzung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich führe zu einer Änderung der Entgeltsätze. Diese folge auch aus der unterschiedlichen Erhöhung der Wochenarbeitszeit für Redakteure einerseits und Angestellte andererseits sowie daraus, daß bestimmte Arbeitnehmer, die innerhalb der Verlagsgruppe wechselten, von der Heraufsetzung der Wochenarbeitszeit ausgenommen seien.
Das Arbeitsgericht hat die Anträge abgewiesen. Auf die Beschwerde der beteiligten Arbeitgeberinnen hat das Landesarbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats ersetzt. Mit seiner Rechtsbeschwerde erstrebt der Betriebsrat die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses. Die Arbeitgeberinnen beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde.
Während des Rechtsbeschwerdeverfahrens haben die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmerinnen Nicola F. und Linfei X geendet. Mit Zustimmung des Betriebsrats wurde das Verfahren insoweit eingestellt. Die Arbeitnehmerin Nicole F. (bisher D) ist zum 1. Januar 2001 in die Vergütungsgruppe 6 B GTVA eingruppiert worden. Der diesbezüglichen Erledigungserklärung der Beteiligten zu 1) hat der Betriebsrat nicht zugestimmt.
B. Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Landesarbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats zu den Eingruppierungen ersetzt (I). Hinsichtlich der Arbeitnehmerin F war das Verfahren wegen Erledigung einzustellen (II).
I. Die zulässigen Anträge auf Ersetzung der Zustimmung zu den Eingruppierungen der Arbeitnehmerinnen M., S, B, G und Mu sind jeweils begründet. Die Eingruppierungen sind nicht gesetzeswidrig. Sie entsprechen dem für den Betrieb geltenden kollektiven Entgeltschema.
1. Eingruppierung ist die Einordnung einzelner Arbeitnehmer in ein kollektives Entgeltschema. Bei diesem Vorgang ist zu klären, welchen Merkmalen der im Betrieb geltenden Vergütungsordnung die jeweilige Tätigkeit entspricht. Das verlangt die Subsumtion eines bestimmten Sachverhalts unter eine vorgegebene Ordnung(BAG 27. Juli 1993 – 1 ABR 11/93 – BAGE 74, 10, zu B II 1 der Gründe). Dieser Vorgang erfolgt im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander. An diesem Akt der Rechtsanwendung ist der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 BetrVG zu beteiligen. Seine Mitwirkung soll sicherstellen, daß die Anwendung allgemeiner und interpretationsbedürftiger Vergütungsmerkmale auf den Einzelfall zutreffend erfolgt. Dazu gehört sowohl die Prüfung, ob der Arbeitnehmer nach der von ihm konkret ausgeübten Tätigkeit der zutreffenden Gehaltsgruppe zugeordnet ist als auch, ob der Arbeitgeber das zutreffende Entgeltschema anwendet. Deshalb kann der Betriebsrat einer beabsichtigten Eingruppierung mit der Begründung widersprechen, die vom Arbeitgeber verwendete Vergütungsordnung sei nicht diejenige, welche im Betrieb zur Anwendung gelangen müsse(BAG 27. Juni 2000 – 1 ABR 36/99 – AP BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 23 = EzA BetrVG 1972 § 99 Eingruppierung Nr. 3, zu II 1 b der Gründe mwN).
Besteht im Betrieb eine kollektive Vergütungsordnung, kann dieses Entgeltschema nicht einseitig vom Arbeitgeber verändert werden. Bei der Aufstellung oder Veränderung von Entlohnungsgrundsätzen hat der Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen. Die Verletzung des Mitbestimmungsrechts führt zur Unwirksamkeit der neuen Vergütungsordnung. Diese kann die bisher im Betrieb bestehende Vergütungsordnung nicht ablösen. Die Eingruppierung nach einer unwirksamen Vergütungsordnung ist stets ein Gesetzesverstoß iSd. § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG(BAG 27. Juni 2000 – 1 ABR 36/99 – aaO).
2. Die von den Arbeitgeberinnen vorgenommenen Eingruppierungen sind nicht gesetzeswidrig. Sie entsprechen dem für den Betrieb geltenden Entgeltschema. Die bei Neueinstellungen seit 1996 vereinbarten längeren Wochenarbeitszeiten bei unveränderter Monatsvergütung enthalten keine mitbestimmungspflichtige Aufstellung eines im Verhältnis zur bisherigen Vergütungsordnung neuen Entlohnungsgrundsatzes.
a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist Gegenstand des Mitbestimmungsrechts nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen. Das betrifft die Festlegung abstrakt genereller Kriterien, nach denen die Entlohnung im Betrieb erfolgen soll. Dadurch sollen die Arbeitnehmer vor einer einseitig an den Interessen des Arbeitgebers ausgerichteten Lohngestaltung geschützt und die innerbetriebliche Lohngerechtigkeit gewahrt werden. Deshalb hat der Betriebsrat mitzubestimmen über die Faktoren der Lohnfindung einschließlich der Festlegung des Verhältnisses einzelner Lohngruppen zueinander sowie über das Verfahren, nach dem sich die Bestimmung des Entgelts richtet(BAG 29. Februar 2000 – 1 ABR 4/99 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 105 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 69, zu B II 1 b bb der Gründe). Ein Mitbestimmungsrecht zur Höhe des Lohns besteht aber nicht(hM; aA DKK-Klebe BetrVG 7. Aufl. § 87 Rn. 253 ff.).
In Fragen der Arbeitszeit hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht bei der Festlegung des Beginns und des Endes der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie deren Verteilung auf einzelne Wochentage (§ 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG). Darüber hinaus steht ihm hinsichtlich der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit ein Mitbestimmungsrecht in den Grenzen des § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG zu. Ein Mitbestimmungsrecht zur Dauer der Arbeitszeit besteht indes nicht. Diese bestimmt sich, soweit keine tariflichen Regelungen gelten, nach der Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien.
Die Mitbestimmung des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 BetrVG ist auf die dort in Nr. 1 bis Nr. 13 im einzelnen aufgeführten Angelegenheiten beschränkt. Nach der Systematik dieser Regelung besteht ein Mitbestimmungsrecht nur, soweit es jeweils aus einer dieser Vorschriften herzuleiten ist. Die daraus folgenden inhaltlichen Beschränkungen können aber nicht durch eine Verknüpfung unterschiedlicher Mitbestimmungstatbestände überwunden werden. Das verkennt die Rechtsbeschwerde.
b) Vorliegend ist die Erhöhung der Wochenarbeitszeit keine mitbestimmungspflichtige Aufstellung eines neuen Entlohnungsgrundsatzes. Allerdings verringert sich durch eine Verlängerung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich rechnerisch das Arbeitsentgelt pro Zeiteinheit. Damit ist die Verlängerung der Wochenarbeitszeit bei gleichbleibendem Entgelt von vergütungsrechtlicher Relevanz. Das betrifft aber weder einen arbeitszeitbezogenen Mitbestimmungstatbestand nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 und 3 BetrVG noch eine vergütungsrechtliche Mitbestimmungsangelegenheit nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Denn nach diesen Mitbestimmungstatbeständen unterliegt weder die Dauer der Arbeitszeit noch die Höhe des Entgelts der zwingenden Mitbestimmung. Die Arbeitgeberinnen wenden weiterhin das im Betrieb geltende Entgeltschema an. Die Annahme des Betriebsrats, jede rechtlich zulässige Verlängerung der Wochenarbeitszeit ohne Lohnausgleich sei allein wegen ihrer (rechnerischen) vergütungsrechtlichen Auswirkungen mitbestimmungspflichtig nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG, unterstellt die Austauschbarkeit beider Mitbestimmungstatbestände. Das ist nach der ständigen Rechtsprechung des Senats mit der Systematik der Mitbestimmungstatbestände des § 87 Abs. 1 BetrVG unvereinbar(vgl. BAG 27. Januar 1998 – 1 ABR 35/97 – AP BetrVG 1972 § 87 Sozialeinrichtung Nr. 14 = EzA BetrVG 1972 § 87 Arbeitszeit Nr. 58, zu B II 5 a der Gründe).
c) Fehlt es demnach an einem neuen Entlohnungsgrundsatz, so ist es unerheblich, daß die Arbeitgeberinnen bei einem Wechsel von Arbeitnehmern innerhalb der Verlagsgruppe von einer Verlängerung der Wochenarbeitszeit absehen. Ebensowenig ist maßgebend, daß die Arbeitgeberinnen die Wochenarbeitszeit für Angestellte und für Redakteure unterschiedlich erhöht haben. Ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats kann sich ohnehin nicht auf das Verhältnis von Entgeltsystemen erstrecken, deren Verschiedenartigkeit auf den Unterschieden zwischen den zugeordneten Tätigkeiten beruht(BAG 19. September 1995 – 1 ABR 20/95 – AP BetrVG 1972 § 87 Lohngestaltung Nr. 81 = EzA BetrVG 1972 § 87 Betriebliche Lohngestaltung Nr. 53).
Die Rechtsbeschwerde beruft sich auch ohne Erfolg darauf, daß bei Zeitlöhnen die Festlegung des Zeitraums, für den Lohn zu zahlen ist, Teil des mitbestimungspflichtigen Entlohnungsgrundsatzes sei. Die Verlängerung der Wochenarbeitszeit betrifft keinen solchen Entlohnungsgrundsatz. Dieser bezieht sich auf die Festlegung von Zeitabschnitten (Tag/Woche/Monat), für die der Arbeitgeber das Entgelt zu zahlen hat, nicht auf die Dauer der individuell geschuldeten Arbeitszeit. Auch der Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 27. Januar 1987(– 1 ABR 66/85 – BAGE 54, 147) kann der Rechtsbeschwerde nicht zum Erfolg verhelfen. Diese Entscheidung betrifft einen anderen Sachverhalt. Sie bezieht sich auf die vorübergehende Zuordnung einer ihren Merkmalen nach höherwertigen Tätigkeit zu einer niedrigen Vergütungsgruppe, der nach dem geltenden Entgeltschema andere Tätigkeitsmerkmale zugeordnet waren. Deshalb hat es sich um die Einführung einer neuen Vergütungsgruppe gehandelt, die im geltenden Vergütungssystem nicht vorgesehen war. In dieser Weise verfahren die Arbeitgeberinnen hier aber nicht.
3. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts läßt sich das Fehlen einer einseitig veränderten und damit mitbestimmungswidrigen Aufstellung eines neuen Entlohnungsgrundsatzes nicht mit der Rechtsprechung des Fünften Senats zur Anrechnungsbefugnis des Arbeitgebers bei übertariflichen Zulagen begründen(BAG 3. Juni 1998 – 5 AZR 616/97 – AP TVG § 4 Übertarifliche Lohn- und Gehaltserhöhung Nr. 34 = EzA TVG § 4 Tariflohnerhöhung Nr. 33 und 15. März 2000 – 5 AZR 557/98 – BAGE 94, 58). Diese Rechtsprechung bezieht sich auf einen anderen Normzusammenhang. Sie betrifft die individualrechtliche Anrechnungsbefugnis des Arbeitgebers bei übertariflichen Zulagen aus Anlaß einer tarifvertraglichen Verkürzung der Wochenarbeitszeit bei vollem Lohnausgleich, nicht dagegen das Mitbestimmungsrecht.
Rechtsfehlerhaft ist auch die Ansicht des Landesarbeitsgerichts, das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sei nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG ohnehin wegen Bestehens einer tariflichen Regelung ausgeschlossen. Die Arbeitgeberinnen sind nicht tarifgebunden. Für ihren Betrieb gilt die tarifvertragliche Vergütungsordnung nicht normativ. Das Vorhandensein einer für den Betrieb nicht zwingend geltenden tariflichen Regelung schließt die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Eings. BetrVG gerade nicht aus. Die Regelungssperre des § 77 Abs. 3 BetrVG findet im Geltungsbereich des § 87 Abs. 1 BetrVG keine Anwendung(BAG ständige Rechtsprechung GS 3. Dezember 1991 – GS 2/90 – BAGE 69, 134).
II. Das Verfahren hinsichtlich der Zustimmungsersetzung zur Eingruppierung der Arbeitnehmerin Nicole F. (vormals D) ist auf Grund ihrer Höhergruppierung zum 1. Januar 2001 erledigt. Es ist daher einzustellen.
1. Im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren kann auch in der Rechtsmittelinstanz das Verfahren für erledigt erklärt werden. Erklärt der Antragssteller das Verfahren für erledigt und stimmen dem die übrigen Beteiligten nicht zu, hat das Gericht lediglich zu prüfen, ob ein erledigendes Ereignis eingetreten ist oder nicht(BAG 26. April 1990 – 1 ABR 79/89 – BAGE 65, 105). Liegt ein erledigendes Ereignis vor, ist das Verfahren einzustellen, unabhängig davon, ob der Antrag von Anfang an zulässig und begründet war(BAG 19. Juni 2001 – 1 ABR 48/00 – zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen).
2. Ein erledigendes Ereignis liegt vor.
Ein solches Ereignis ist gegeben, wenn nach Rechtshängigkeit des Antrags tatsächlich Umstände eingetreten sind, auf Grund derer der Antrag jedenfalls jetzt als unbegründet oder unzulässig abgewiesen werden müßte(BAG 26. April 1990 aaO). Infolge der Höhergruppierung der Arbeitnehmerin von der Gehaltsgruppe 5 D in die Gehaltsgruppe 6 B GTVA ist ein erledigendes Ereignis in diesem Sinne eingetreten. Es handelt sich um einen neuen Eingruppierungsvorgang, der im Verhältnis zur früheren Arbeitsaufgabe eine Neubewertung der Tätigkeit erfordert. Die Gehaltsgruppe 5 D GTVA betrifft schwierige Tätigkeiten, die Spezialkenntnisse oder besondere Fachkenntnisse erfordern, nach einer sechsjährigen entsprechenden beruflichen Tätigkeit. Demgegenüber gilt die höherdotierte Gehaltsgruppe 6 B nach einer zweijährigen beruflichen Ausübung qualifizierter Tätigkeiten, die im Rahmen allgemeiner Weisungen selbständig und verantwortlich ausgeführt werden. Ob die Wertung der zu 1) beteiligten Arbeitgeberin zutreffend ist, hat der Betriebsrat erst noch zu prüfen. Eine Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu der vorherigen Eingruppierung oder deren Zurückweisung würde sich auf das Verhältnis der Betriebsparteien zueinander nicht mehr auswirken. Ob die Arbeitnehmerin selbst für ihre frühere Tätigkeit auf Grund einer unzutreffenden Eingruppierung eine höhere Vergütung verlangen könnte(vgl. BAG 3. Mai 1994 – 1 ABR 58/93 – BAGE 77, 1), ist für eine Entscheidung im Verhältnis der Betriebsparteien ohne Bedeutung(BAG 10. Februar 1999 – 10 ABR 49/98 – AP ArbGG 1979 § 83 a Nr. 6 = EzA ArbGG 1979 § 83 a Nr. 5).
Eine Entscheidung über die Ersetzung der Zustimmung des Betriebsrats zu einer zwischenzeitlich überholten Eingruppierung hätte keine Rechtswirkung mehr. Sie liefe auf die Erstellung eines Rechtsgutachtens hinaus. Hierfür fehlt das Rechtsschutzbedürfnis. Der Antrag der Beteiligten zu 1) wäre nunmehr unzulässig. Damit sind Umstände eingetreten, auf Grund derer der Antrag jetzt abgewiesen werden müßte.
Unterschriften
Wißmann, Schmidt, Hauck, Gentz, Klebe
Veröffentlichung
Veröffentlicht am 30.10.2001 durch Schneider, Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
Fundstellen
Haufe-Index 707178 |
BAGE, 258 |
NWB 2001, 3806 |
BuW 2002, 613 |
EWiR 2002, 601 |
FA 2002, 210 |
FA 2002, 25 |
JR 2003, 307 |
NZA 2002, 919 |
SAE 2003, 18 |
ZIP 2002, 634 |
ZTR 2002, 349 |
AP, 0 |
AuA 2001, 566 |
EzA-SD 2002, 10 |
EzA |
PERSONAL 2002, 45 |
RdW 2002, 347 |
PP 2002, 28 |
www.judicialis.de 2001 |