Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzanfechtung. inkongruente Deckung bei Erfüllung unter dem Druck der Zwangsvollstreckung. Geltung tariflicher Ausschlussfristen
Leitsatz (redaktionell)
Der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch gem. § 143 Abs. 1 S. 1 InsO unterfällt nicht tariflichen Ausschlussfristen.
Normenkette
InsO § 131 Abs. 1 Nrn. 1-2
Verfahrensgang
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 22. März 2012 – 7 Sa 1052/11 – unter Zurückweisung der weiter gehenden Revision teilweise aufgehoben.
2. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Hannover vom 12. Mai 2011 – 4 Ca 378/10 – unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und zur Klarstellung insgesamt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.640,06 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Mai 2007 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger 18 % zu tragen, der Beklagte 82 %.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Verpflichtung des Beklagten, Arbeitsentgelt, das er unter dem Druck der Zwangsvollstreckung und unter dem Druck einer Klage erlangte, im Weg der Insolvenzanfechtung an die Masse zurückzugewähren.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter in dem am 30. April 2007 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der S GmbH (Schuldnerin). Der Insolvenzantrag vom 9. Februar 2007 war am 12. Februar 2007 beim Insolvenzgericht eingegangen. Der Beklagte war bis 27. Oktober 2006 als Maler bei der Schuldnerin beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis unterfiel dem allgemeinverbindlichen Rahmentarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer im Maler- und Lackiererhandwerk (RTV) vom 30. März 1992 in seiner jeweiligen Fassung. Nach § 49 Abs. 1 RTV in seiner Ursprungsfassung und in sämtlichen Folgefassungen verfallen alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, wenn sie nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden.
Die Schuldnerin war zumindest in den letzten drei Monaten vor Stellung des Eröffnungsantrags zahlungsunfähig. Sie leistete in diesem Zeitraum insgesamt 4.440,06 Euro an den Beklagten. In den Zahlungen waren neben Entgelt iHv. 4.083,14 Euro für Arbeitsleistungen in den Monaten Juli 2006 bis Oktober 2006 Vollstreckungskosten iHv. 356,92 Euro enthalten. Am 27. November 2006 erhielt die damalige Rechtsanwältin des Beklagten im Weg der Pfändung einen Betrag von 3.577,66 Euro. Vorausgegangen waren ein Versäumnisurteil vom 26. September 2006 und ein Teilvergleich vom 10. Oktober 2006 ua. über Lohnansprüche des Beklagten für die Zeit vom 27. Juli 2006 bis 20. August 2006. Am 5. Januar 2007 zog der Gerichtsvollzieher Entgelt von 18,00 Euro zugunsten des Beklagten ein. Am 29. Januar 2007 wurden an die frühere Rechtsanwältin des Beklagten 44,40 Euro im Rahmen einer anderen Zwangsvollstreckungsmaßnahme überwiesen. Am 31. Januar 2007 leistete die Schuldnerin aufgrund einer Vereinbarung 800,00 Euro in bar an den Beklagten als Vergütung für die Monate September 2006 und Oktober 2006, nachdem der Beklagte den Lohn für diese Monate gerichtlich geltend gemacht hatte.
Der Kläger focht die Zahlungen mit Schreiben vom 20. September 2010 nach § 129 Abs. 1, § 131 Abs. 1 InsO an und forderte die geleisteten Beträge nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten seit Insolvenzeröffnung zurück.
Der Kläger hat mit seiner dem Beklagten am 29. Dezember 2010 zugestellten Klage die Auffassung vertreten, die Beträge seien nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 bzw. Nr. 2 InsO zurückzugewähren. Tarifliche Ausschlussfristen seien auf Ansprüche des Insolvenzverwalters aus § 129 Abs. 1, § 131 Abs. 1, § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO nicht anzuwenden. Daran habe sich durch den Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. September 2010 (– GmS-OGB 1/09 – BGHZ 187, 105) nichts geändert. Durch diese Entscheidung sei lediglich die Rechtswegzuständigkeit im Verhältnis von Bundesarbeitsgericht und Bundesgerichtshof geklärt worden. Rückgewähransprüche aufgrund einer Insolvenzanfechtung beruhten auf einem gesetzlichen Schuldverhältnis und seien der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien deshalb entzogen. Es handle sich nicht um „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis”. Im Übrigen seien die Rückgewähransprüche jedenfalls nicht verfallen. Die Ausschlussfrist des § 49 Abs. 1 RTV stelle auf die Fälligkeit aller beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und damit darauf ab, ob die Ansprüche für den Gläubiger feststellbar seien. Dem Insolvenzverwalter werde jedoch die dreijährige Verjährungsfrist der § 146 Abs. 1 InsO, § 195 BGB eingeräumt, um zu prüfen, ob Anfechtungstatbestände gegeben seien.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 4.440,06 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30. April 2007 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat gemeint, § 49 Abs. 1 RTV sei auf die Rückgewähransprüche anwendbar. Die Tarifvertragsparteien könnten auch für Ansprüche, die aus gesetzlichen Schuldverhältnissen und zwingenden Normen folgten, regeln, in welcher Weise und innerhalb welcher Frist sie geltend zu machen seien, weil die Ansprüche als solche nicht verändert oder beschränkt würden. Durch den Beschluss des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 27. September 2010 (– GmS-OGB 1/09 – BGHZ 187, 105) sei geklärt, dass Rückgewähransprüche „Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis” seien. Auch auf Ansprüche aus unerlaubter Handlung, Aufwendungsersatzansprüche oder Schadensersatzansprüche aus § 717 Abs. 2 ZPO könnten Verfallfristen anzuwenden sein. Für Insolvenzverwalter werde durch tarifliche Ausschlussfristen auch keine übersteigerte Obliegenheit begründet, zumal die unbezifferte Geltendmachung genüge.
Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Leistungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Die Revision hat überwiegend – im Hinblick auf Rückgewähransprüche von insgesamt 3.640,06 Euro nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 1. Mai 2007 – Erfolg.
A. Die Klage ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Der Kläger verlangt im Weg einer abschließenden Gesamtforderung die durch die vier Leistungen der Schuldnerin vom 27. November 2006, 5. Januar 2007, 29. Januar 2007 und 31. Januar 2007 erlangten Beträge zurück. Es kommt nicht darauf an, wie sich die Beträge auf die einzelnen Vergütungsforderungen des Beklagten und die Vollstreckungskosten verteilen.
B. Die Klage ist bis auf die Rückforderung der am 31. Januar 2007 geleisteten 800,00 Euro und den Zinsantrag für den 30. April 2007 begründet. Der Beklagte muss den von der Schuldnerin am 29. Januar 2007 geleisteten Betrag von 44,40 Euro nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 iVm. § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO an die Masse zurückgewähren. Die Ansprüche des Klägers auf Rückgewähr der Leistungen vom 27. November 2006 und 5. Januar 2007 beruhen auf § 131 Abs. 1 Nr. 2 iVm. § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO. Die Rückforderungsansprüche begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken und unterfallen entgegen der Ansicht der Vorinstanzen nicht der tariflichen Ausschlussfrist des § 49 Abs. 1 RTV. Für die Leistung vom 31. Januar 2007 ist kein Anfechtungstatbestand dargelegt.
I. Anfechtungsgegner ist der Beklagte. Die Anfechtung richtet sich grundsätzlich gegen denjenigen, dem gegenüber die anfechtbare Handlung vorgenommen wurde, dh. gegen den Empfänger des anfechtbar übertragenen oder begründeten Rechts (vgl. BAG 27. Februar 2014 – 6 AZR 367/13 – Rn. 11; 29. Januar 2014 – 6 AZR 345/12 – Rn. 11). Das ist hier der Beklagte. Dass die Zahlungen teilweise an seine frühere Rechtsanwältin und den Gerichtsvollzieher geleistet wurden, ist für die Stellung des Beklagten als Anfechtungsgegner unschädlich. Hat der Schuldner in anfechtbarer Weise an einen vom Gläubiger mit dem Empfang der Leistung beauftragten Dritten geleistet, trifft die Rückgewährpflicht den Gläubiger und nicht den Empfangsbeauftragten (vgl. BAG 27. Februar 2014 – 6 AZR 367/13 – Rn. 11; BGH 17. Dezember 2009 – IX ZR 16/09 – Rn. 12).
II. Der Beklagte erlangte im Monat vor Stellung des Insolvenzantrags – am 29. Januar 2007 – 44,40 Euro, die zu seiner inkongruenten Befriedigung führten. Damit ist der Tatbestand des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO erfüllt.
1. Um eine inkongruente Deckung im Sinn des Anfechtungsrechts handelt es sich bereits dann, wenn der Schuldner während der „kritischen Zeit” der letzten drei Monate vor dem Eröffnungsantrag oder in der Zeit nach Stellung des Insolvenzantrags unter dem Druck unmittelbar drohender Zwangsvollstreckungsmaßnahmen leistet, um sie zu vermeiden (vgl. BAG 27. Februar 2014 – 6 AZR 367/13 – Rn. 14). Der Schuldner gewährt damit eine Befriedigung, die der Gläubiger „nicht in der Art” zu beanspruchen hat. Unerheblich ist, ob die Zwangsvollstreckung im verfahrensrechtlichen Sinn schon begonnen hatte, als die Leistung des Schuldners erfolgte. Die Inkongruenz wird durch den zumindest unmittelbar bevorstehenden hoheitlichen Zwang begründet (vgl. BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 466/12 – Rn. 24 f.; 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 – Rn. 12; BGH 18. Dezember 2003 – IX ZR 199/02 – zu I 2 a aa der Gründe, BGHZ 157, 242).
2. Die Schuldnerin erbrachte die angefochtene Zahlung von 44,40 Euro im Rahmen einer Zwangsvollstreckungsmaßnahme. Es handelte sich deshalb nicht um eine freiwillige Handlung. Muss der Gläubiger den Schuldner durch die Zwangsvollstreckung oder die Drohung mit ihr zur Leistung zwingen, liegt der Verdacht nahe, dass der Schuldner nicht zahlungsfähig ist. Eine solche Leistung ist nicht insolvenzfest (vgl. BAG 19. Mai 2011 – 6 AZR 736/09 – Rn. 16).
3. Die zeitlichen Erfordernisse des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO sind gewahrt. Die Zahlung erfolgte am 29. Januar 2007, also im letzten Monat vor dem nach § 139 Abs. 1 Satz 1 InsO maßgeblichen Eingang des Eröffnungsantrags beim Insolvenzgericht am 12. Februar 2007. Weitere tatbestandliche Voraussetzungen enthält § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO nicht.
III. Soweit die Schuldnerin am 31. Januar 2007 aufgrund einer außergerichtlichen Vereinbarung 800,00 Euro in bar an den Beklagten als Vergütung für die Monate September 2006 und Oktober 2006 leistete, sind dagegen weder die Voraussetzungen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO noch die eines anderen Anfechtungstatbestands erfüllt.
1. Ein die Inkongruenz iSv. § 131 Abs. 1 InsO begründender Druck einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckung besteht noch nicht, wenn der Schuldner nach Zustellung eines Titels die titulierte Forderung erfüllt, ohne dass der Gläubiger die Zwangsvollstreckung zuvor eingeleitet oder angedroht hat (vgl. BAG 27. Februar 2014 – 6 AZR 367/13 – Rn. 14; BGH 20. Januar 2011 – IX ZR 8/10 – Rn. 8 mwN).
2. Das gilt in gesteigertem Maß, wenn eine Forderung – wie hier – noch nicht tituliert ist. Die Schuldnerin erbrachte die angefochtene Zahlung nicht unter dem Druck einer unmittelbar bevorstehenden Zwangsvollstreckungsmaßnahme. Sie musste nicht damit rechnen, dass die Zwangsvollstreckung unmittelbar bevorstand, wenn sie die Forderung nicht erfüllte, weil der Beklagte noch keinen Vollstreckungstitel erwirkt hatte. Daher handelte es sich nicht um eine „nicht in der Art” zu beanspruchende und damit inkongruente Befriedigung iSv. § 131 Abs. 1 InsO.
3. Die Leistung vom 31. Januar 2007 ist auch im Übrigen insolvenzfest.
Der hierfür darlegungsbelastete Kläger hat während des gesamten Prozessverlaufs keinen Vortrag gehalten, der darauf schließen ließe, dass die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO oder die des § 133 Abs. 1 InsO erfüllt wären. Aus dem Prozessstoff ergeben sich keinerlei tatsächliche Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin iSv. § 130 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 InsO kannte. Dafür sprechen auch nicht die früheren Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Von ihnen unterschied sich die freiwillige Zahlung gerade. Entsprechendes gilt für die Kenntnis iSv. § 133 Abs. 1 Satz 1 InsO von einem etwaigen – ebenfalls nicht behaupteten – Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin. Diese für die sog. Vorsatzanfechtung erforderliche Kenntnis ist nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts und dem Vortrag der Parteien auch nicht nach § 133 Abs. 1 Satz 2 InsO zu vermuten (vgl. zu den Erfordernissen des § 133 Abs. 1 InsO BAG 29. Januar 2014 – 6 AZR 345/12 – Rn. 60 ff.; 12. September 2013 – 6 AZR 980/11 – Rn. 50 ff.). Die Revision ist deswegen insoweit zurückzuweisen. Das Berufungsgericht hat den Anspruch zwar zu Unrecht aufgrund der tariflichen Ausschlussfrist für verfallen gehalten. Die Entscheidung stellt sich hinsichtlich dieses Rückgewähranspruchs nach dem rechtsfehlerfrei festgestellten Sachverhalt aber aus anderen Gründen – wegen des fehlenden Anfechtungstatbestands – als richtig dar (§ 561 ZPO).
IV. Die beiden Leistungen vom 5. Januar 2007 und 27. November 2006 hat der Beklagte auf der Grundlage von § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO zurückzugewähren.
1. Die Schuldnerin erbrachte sie im zweiten und dritten Monat vor dem Eröffnungsantrag aufgrund zweier Zwangsvollstreckungsmaßnahmen. Der Beklagte erlangte demnach inkongruente Befriedigungen iSv. § 131 Abs. 1 InsO.
2. Die Schuldnerin war zur Zeit der Rechtshandlungen auch zahlungsunfähig iSv. § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO. Der Kläger hat die Zahlungsunfähigkeit in der Klageschrift mithilfe einer Reihe von Indizien unwidersprochen behauptet. Die Tatsache der Zahlungsunfähigkeit in den maßgeblichen Zeitpunkten ist damit als zugestanden anzusehen (§ 138 Abs. 3 ZPO). Diese Umstände sind auch festgestellt. Das Landesarbeitsgericht hat zwar keine ausdrücklichen Feststellungen getroffen. Es hat jedoch auf das Urteil des Arbeitsgerichts Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat seinerseits auf den gesamten (erstinstanzlichen) Akteninhalt verwiesen. Das Vorbringen des Klägers ist im gesamten Prozessverlauf unbestritten geblieben, auch schon in der Klageerwiderung, dh. zu einer Zeit, bevor das Arbeitsgericht auf die tarifliche Verfallfrist aufmerksam gemacht hatte und sich die Argumentation auf dieses Problem konzentrierte.
3. Die nicht aufgeklärte Frage, in welchen Zeiträumen die Arbeit geleistet wurde, für die die Gegenleistungen vom 27. November 2006 und 5. Januar 2007 erbracht wurden, kann auf sich beruhen. Das Bargeschäftsprivileg des § 142 InsO scheidet bereits deshalb aus, weil die Zahlungen nicht aufgrund einer Vereinbarung zwischen der Schuldnerin und dem Beklagten, sondern unter dem Druck der Zwangsvollstreckung mit der Folge inkongruenter Befriedigung geleistet wurden (vgl. BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 466/12 – Rn. 38 f. mwN).
V. Die Vollstreckungskosten, die in den Beträgen enthalten sind, die der Kläger zurückfordert, sind von den Tatbeständen des § 131 Abs. 1 Nr. 1 InsO und des § 131 Abs. 1 Nr. 2 InsO erfasst. Der Beklagte hat die geleisteten Vollstreckungskosten an die Masse zurückzugewähren. Die Kosten wurden dem Vermögen der Schuldnerin entzogen. Der Beklagte schuldete die Kosten als Auftraggeber der Vollstreckung zunächst. Dafür hätte er von der Schuldnerin Ersatz nach § 788 Abs. 1 Satz 1 ZPO verlangen können. Von der Kostenlast, die ihn zunächst traf, wurde der Beklagte zulasten der Masse befreit und hat ihr dafür Wertersatz zu leisten (vgl. BGH 12. Februar 2004 – IX ZR 70/03 – zu II 3 der Gründe).
VI. § 131 Abs. 1 InsO begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Er verletzt insbesondere nicht die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG oder den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG iVm. dem durch Art. 20 Abs. 1 GG gewährleisteten Sozialstaatsprinzip. Das hat der Senat mit seiner Entscheidung vom 27. Februar 2014 eingehend begründet (– 6 AZR 367/13 – Rn. 19 ff., 27 ff.; s. auch 29. Januar 2014 – 6 AZR 345/12 – Rn. 17 ff.). Darauf nimmt der Senat Bezug, um Wiederholungen zu vermeiden. Hervorzuheben ist, dass eine verfassungskonforme Auslegung der §§ 129 ff. InsO zum Schutz des Existenzminimums in Fällen der hier gegebenen inkongruenten Deckung durch Erfüllung von Entgeltrückständen unter dem Druck der Zwangsvollstreckung ausscheidet. Bei solchen Vergütungsrückständen können Arbeitnehmer die zur Sicherung des Existenzminimums vorgesehenen und geeigneten staatlichen Hilfen in Anspruch nehmen (vgl. BAG 27. März 2014 – 6 AZR 989/12 – Rn. 43; 27. Februar 2014 – 6 AZR 367/13 – Rn. 34; 29. Januar 2014 – 6 AZR 345/12 – Rn. 43).
VII. Die geltend gemachten Ansprüche bestehen fort, soweit sie hinsichtlich der Leistungen vom 27. November 2006, 5. Januar 2007 und 29. Januar 2007 entstanden sind. Der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch aus § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO ist als gesetzliches Schuldverhältnis der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien entzogen. Er unterfällt tariflichen Ausschlussfristen nicht. Das hat der Senat in seiner jüngeren Rechtsprechung ausführlich begründet (vgl. BAG 27. Februar 2014 – 6 AZR 367/13 – Rn. 35 ff.; 24. Oktober 2013 – 6 AZR 466/12 – Rn. 18 ff.; zustimmend Froehner NZI 2014, 133, 134; Hamann/Böing jurisPR-ArbR 7/2014 Anm. 1). Darauf verweist der Senat. Der Beklagte führt keine Argumente an, die Anlass zu einer abweichenden Würdigung geben.
1. Der insolvenzrechtliche Rückgewähranspruch ist ebenso wie die vom Beklagten herangezogenen deliktischen Ansprüche und Aufwendungsersatzansprüche ein „Anspruch aus dem Arbeitsverhältnis” iSv. § 49 Abs. 1 RTV. Es genügt, dass sich der jeweilige Anspruch aus den Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ergibt oder er seinen Entstehungsgrund in eng mit dem Arbeitsverhältnis verbundenen rechtlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer hat (vgl. BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 466/12 – Rn. 15 mwN). Gleiches gilt unter diesen Voraussetzungen auch für die vom Beklagten genannten Schadensersatzansprüche aus § 717 Abs. 2 ZPO (vgl. BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 466/12 – Rn. 15; 18. Dezember 2008 – 8 AZR 105/08 – Rn. 45 f.).
2. Insolvenzrechtliche Rückgewähransprüche unterliegen gleichwohl nicht der Regelungsmacht der Tarifvertragsparteien. Zentrale Argumente dafür sind, dass §§ 129 ff. InsO ohne jede Rücksicht auf ein in der Insolvenz fortbestehendes oder ein früheres Arbeitsverhältnis mit dem Insolvenzschuldner ein gesetzliches Schuldverhältnis begründen. Mit diesen Vorschriften hat der Gesetzgeber ein mit Ausschlussfristen unvereinbares, in sich geschlossenes Regelungssystem vorgegeben, das den Besonderheiten der Materie Rechnung trägt und wegen des Ziels der abschließenden Gesamtregelung zwingenden Charakter aufweist (vgl. BAG 24. Oktober 2013 – 6 AZR 466/12 – Rn. 20 f.).
VIII. Der Beklagte hat die Rückgewähransprüche des Klägers seit 1. Mai 2007 – dem Folgetag der Insolvenzeröffnung – mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen, soweit sie entstanden sind (§ 143 Abs. 1 Satz 2 InsO; § 819 Abs. 1, § 291 Satz 1 Halbs. 2, § 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). § 143 Abs. 1 Satz 2 InsO enthält eine Rechtsfolgenverweisung auf § 819 Abs. 1 BGB. Aufgrund dieser Anknüpfung ist der Rückgewähranspruch auf anfechtbar erlangtes Geld als rechtshängiger Anspruch zu behandeln. Die Regeln über Prozesszinsen sind anzuwenden. Unerheblich ist, dass der Kläger den Rückgewähranspruch erst mit Schreiben vom 20. September 2010 gegenüber dem Beklagten geltend gemacht hat. Die Insolvenzanfechtung braucht nicht gesondert erklärt zu werden. Der Rückgewähranspruch wird – von den Fällen des § 147 InsO abgesehen – mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig (vgl. BGH 1. Februar 2007 – IX ZR 96/04 – Rn. 14, 19 f., BGHZ 171, 38). Die entstandenen Rückgewähransprüche sind jedoch nicht, wie vom Kläger beantragt, bereits mit dem Tag der Insolvenzeröffnung, dem 30. April 2007, sondern erst mit dem Folgetag, dem 1. Mai 2007, zu verzinsen. Die Verzinsungspflicht nach § 187 Abs. 1 BGB beginnt erst mit dem Folgetag der Fälligkeit (vgl. BAG 27. Februar 2014 – 6 AZR 367/13 – Rn. 39 f.; 17. September 2013 – 9 AZR 9/12 – Rn. 20).
C. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2, § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Fischermeier, Gallner, Spelge, Koch, Wollensak
Fundstellen