Leitsatz (amtlich)
- Die in § 15 KSchG bei Massenentlassungen vorgeschriebene Anzeige an das Arbeitsamt braucht nicht schon bei den Kündigungen, sondern erst vor Beginn der Entlassungen erstattet zu werden. Entlassung ist das Ausscheiden aus dem Betrieb, d. h. in der Regel die Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
- Dasselbe gilt für massenhafte Änderungskündigungen des Arbeitgebers, wenn sie infolge Nichtannahme der angebotenen neuen Arbeitsbedingungen durch die Arbeitnehmer zu deren Entlassung führen.
- Insbesondere bei massenhaften Änderungskündigungen kann es zur Vermeidung von Rechtsnachteilen für den Arbeitgeber zweckmäßig sein, wenn er die Anzeige bereits unmittelbar nach den Kündigungen erstattet. Jedenfalls muß die Anzeige, um wirksam zu werden, vor Beginn der aus den Änderungskündigungen herrührenden Massenentlassung erstattet werden.
Normenkette
KSchG § 15 Abs. 1, § 16 Abs. 1
Verfahrensgang
LAG Düsseldorf (Urteil vom 14.12.1962; Aktenzeichen 4 Sa 465/62) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts in Düsseldorf, 4. Kammer, vom 14. Dezember 1962 – 4 Sa 465/62 – wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Der Kläger war seit etwa 1958 im Betriebe der Beklagten in M… als Bügler beschäftigt. Er erhielt im Sommer 1962 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden einen Akkordlohn von durchschnittlich 4,29 bis 4,50 DM in der Stunde.
Die Beklagte beschäftigt etwa 180 gewerbliche Arbeiter und einige Angestellte. An 112 Arbeiter, darunter den Kläger, schrieb die Beklagte unter dem 27. Juni 1962 wie folgt:
“Betr.: Änderungskündigung
Hierdurch kündigen wir fristgerecht zum 13. Juli 1962 den bisher an Sie gezahlten Stundenlohn sowie die bisherige Arbeitszeit von wöchentlich 40 Stunden.
Wir bieten Ihnen den Abschluß eines neuen Arbeitsverhältnisses ab 16. Juli 1962 bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von
42 Stunden
zu dem derzeit gültigen Tariflohn von
2,49 DM
pro Stunde an.
Wir bemerken hierzu, daß wir uns damit den Bestimmungen des gültigen Tarifvertrages vom 1. Januar 1962 anpassen.
Zu dieser Maßnahme hat uns der ständig wachsende Konkurrenzdruck ausländischer Firmen auf dem europäischen Markt gezwungen.”
Daraufhin arbeitete der Kläger vom 16. Juli 1962 nicht mehr bei der Beklagten. Er erhielt bei seinem Ausscheiden eine Barentschädigung für eine Woche Urlaub. Gleichzeitig mit ihm schieden zwei andere Arbeiter aus. In der Folgezeit bis zum 4. September 1962 verließen auch die übrigen Arbeiter nach und nach den Betrieb der Beklagten, und zwar drei Arbeiter am 21. Juli, ein Arbeiter am 6. August, 20 am 10. August, 14 am 17. August, einer am 20. August, drei am 21. August, einer am 23. August, 62 am 24. August, einer am 29. August, fünf am 31. August und einer am 4. September 1962.
Erst mit Schreiben vom 14. August 1962 zeigte die Beklagte die Änderungskündigungen gemäß § 15 KSchG dem Arbeitsamt an. Das Landesarbeitsamt setzte durch Bescheid vom 11. September 1962 gemäß § 16 KSchG den Ablauf der Sperrfrist auf den 5. Oktober 1962 fest.
Der Kläger hat, wie insgesamt 97 Arbeiter, nach Erhalt des Schreibens vom 27. Juni 1962 Klage beim Arbeitsgericht erhoben und beantragt,
festzustellen, daß die durch Kündigungsschreiben vom 27. Juni 1962 ausgesprochene Änderungskündigung das Arbeitsverhältnis nicht auflöst.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgericht hat nach Beweisaufnahme die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Klagabweisungsantrag weiter.
Entscheidungsgründe
Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht die vom Kläger begehrte Feststellung getroffen, daß das Schreiben der Beklagten vom 27. Juni 1962 sein Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat.
1. Daß der Kläger ein rechtsschutzwürdiges Interesse an dieser Feststellung hat, wird von der Revision zu Unrecht in Zweifel gezogen. Er hätte – so meint die Revision – zur Leistungsklage übergehen können und müssen. Dabei übersieht sie aber, daß der Kläger durch das Gesetz zur Erhebung einer Feststellungsklage ermächtigt und auch genötigt war, wenn er einen Rechtsverlust vermeiden wollte. Soweit er nämlich die Unwirksamkeit der Kündigung aus § 1 KSchG herleitet, mußte er nach § 3 zur Vermeidung des in § 6 KSchG bestimmten Wirksamwerdens der Kündigung den Weg der Feststellungsklage gehen; eine Zahlungsklage hätte nicht genügt (BAG AP Nr. 3 zu § 5 KSchG). Im Rahmen dieser Feststellungsklage mußte er nun, wiederum zur Vermeidung einer sonst eintretenden Präklusionswirkung, auch alle sonstigen Gründe vortragen, die außer der behaupteten Sozialwidrigkeit für die Unwirksamkeit der Kündigung in Betracht kamen, also hier das Fehlen einer Massenentlassungsanzeige nach § 15 KSchG (vgl. BAG 7, 36; 7, 51).
2. Das Landesarbeitsgericht hat in dem Schreiben der Beklagten vom 27. Juni 1962 eine Änderungskündigung gesehen. Diese von keiner Partei angegriffene Auslegung ist rechtsfehlerfrei. In diesem Schreiben hat die Beklagte dem Kläger zum 13. Juli 1962 den Abschluß eines neuen Arbeitsverhältnisses zu vermehrter Arbeitszeit und geringerem Lohn angeboten und ihm die bisherige Arbeitszeit und den bisherigen Lohn zu diesem Zeitpunkt gekündigt. Als Gegenstand der Kündigung sind zwar nur die Arbeitszeit- und Lohnbedingungen genannt. Da das aber das Wesentliche eines Arbeitsverhältnisses ist, lief diese Kündigung sinngemäß auf eine Kündigung des gesamten bisherigen Arbeitsverhältnisses hinaus, zumal die Beklagte gleichzeitig den Abschluß “eines neuen Arbeitsverhältnisses” anbot, was nur dann sinnvoll war, wenn das alte aufhörte zu bestehen. Dementsprechend stand über dem Schreiben noch ausdrücklich das Wort “Änderungskündigung”. Der Kläger und die übrigen Empfänger haben dieses Schreiben seinem Inhalt nach auch als eine Änderungskündigung aufgefaßt. Denn sie haben dagegen Kündigungsschutzklage erhoben.
3. Da der Kläger, wie allein schon seine Klageerhebung zeigt, die ihm angebotene Vertragsänderung abgelehnt hat, ist ihm gegenüber die für diesen Fall zulässigerweise (vgl. Auffarth-Müller, KSchG, Anm. 45 zu § 1) zunächst bedingt ausgesprochene Kündigung zu einer unbedingten geworden.
Diese Kündigung hat auch, wie das Landesarbeitsgericht auf Grund der Aussage der Zeugin M… festgestellt hat, zum Ausscheiden des Klägers aus dem Betriebe der Beklagten geführt. Der Kläger hatte, wie die Zeugin M… zur Überzeugung des Landesarbeitsgerichts bekundet hat, die neuen Bedingungen abgelehnt und seine angeforderten Arbeitspapiere sowie das Urlaubsgeld angenommen. Hierin liegt, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, nicht etwa eine eigene Kündigung des Klägers oder sein Einverständnis mit einer Vertragsauflösung. Vielmehr hat er damit nur die Folgerung aus der ihm gegenüber ausgesprochenen Kündigung der Beklagten gezogen.
Die gegen diese Wertung des Landesarbeitsgerichts in der Revisionsbegründung erhobenen Angriffe der Beklagten greifen nicht durch. Auch wenn die Beklagte, wie aus der Aussage der Zeugin M… zu entnehmen ist, die alten Vertragsbedingungen, insbesondere den alten Akkordlohn, noch bis zum Beginn der Betriebsferien weiter gelten ließ und damit ihren Arbeitern ein Hinausschieben des Kündigungstermins anbot, so stellt es doch noch keine eigene Kündigung des Klägers dar, wenn er zu dem ursprünglich ihm genannten Kündigungstermin ausschied.
4. Die gegenüber dem Kläger ausgesprochene Kündigung ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat, nach § 16 Abs. 1 KSchG rechtsunwirksam.
a) Unwirksam ist nach dieser Bestimmung eine Kündigung, wenn der Arbeitgeber es versäumt hat, vor der Kündigung oder jedenfalls doch noch innerhalb der Kündigungsfrist eine ihm in § 15 KSchG auferlegte Anzeigepflicht zu erfüllen. Nach § 15 KSchG ist der Arbeitgeber eines Betriebes in der hier gegebenen Größenordnung mit in der Regel wenigstens 50 und weniger als 500 Arbeitnehmern (§ 15 Abs. 1 zu b) verpflichtet, dem Arbeitsamt schriftlich Anzeige zu erstatten, bevor er 10 v. H. der im Betriebe regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer oder mehr als 25 Arbeitnehmer innerhalb von vier Wochen “entläßt”.
Damit stellt es das Gesetz nicht auf die Kündigung, sondern auf die Entlassung ab. Unter Entlassung ist nicht etwa schon, wie der Kläger in der Revisionsverhandlung ausgeführt hat, die arbeitgeberseitige Kündigung, sondern erst die damit beabsichtigte Folge zu verstehen, nämlich das Ausscheiden des Arbeitnehmers aus dem Betrieb oder, was ungefähr dasselbe ist, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (herrschende Meinung: vgl. BAG AP Nr. 6 zu § 15 KSchG; Hueck-Nipperdey, Lehrbuch, 7. Aufl., Bd. 1, S. 693; Nikisch, Arbeitsrecht, 3. Aufl., Bd. 1, S. 842; Auffarth-Müller, KSchG, Anm. 7 zu § 15). Das Kündigungsschutzgesetz, das nur die Lösung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgebe regelt, verwendet sowohl den Ausdruck “Kündigung” (erster und zweiter Abschnitt) wie den Ausdruck “Entlassung” (dritter Abschnitt), also offenbar bewußt Begriffe mit verschiedener und nicht etwa gleicher Bedeutung. Daß es bei §§ 15, 16 KSchG nicht schon auf die Kündigung, sondern erst auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ankommt, ist auch sinnvoll. Denn der Zweck dieser Vorschriften, insbesondere der Anzeigepflicht des Arbeitgebers, besteht in erster Linie darin, den Arbeitsmarkt vor Überforderungen zu schützen und die Arbeitsämter rechtzeitig auf einen bevorstehenden Zustrom von Arbeitssuchenden aufmerksam zu machen. Dazu genügt es in der Regel, wenn bevorstehende Massenentlassungen gemeldet werden, und es ist nicht erforderlich, daß dies bereits bei Nassenkündigungen geschieht. Unnötig wäre es insbesondere, wenn schon Massen-Änderungskündigungen alsbald gereldet würden, weil diese ja in erster Linie nicht auf eine Beendigung der Arbeitsverhältnisse hinzielen, sondern auf ihre Fortsetzung zu geänderten Bedingungen. Eine Belastung des Arbeitsmarktes ist deshalb in diesem Falle zunächst noch nicht zu befürchten, und eine Warnung der Arbeitsämter schon bei den Kündigungen wäre in der Regel verfrüht. Wenn also etwa ein Arbeitgeber, ohne eine Anzeige zu erstatten, 10 v.H. seiner Belegschaft kündigt, dann aber nur eine geringere Anzahl entläßt, so ist allein die Zahl der Entlassungen, nicht der ursprünglichen Kündigungen maßgebend. Liegt die Zahl der Entlassungen – vom Umgehungstatbestand abgesehen – unter der Richtzahl des § 15, so sind die diesen Entlassungen zugrunde liegenden Kündigungen nicht nach § 16 Abs. 1 KSchG unwirksam.
Das gilt, wie schon gesagt, auch für Änderungskündigungen. Bei diesen muß, damit es überhaupt zu Entlassungen kommt, zunächst feststehen, daß die von ihr betroffenen Arbeitnehmer die ihnen angebotene Vertragsänderung ausgeschlagen haben. Denn erst dann liegt ihnen gegenüber überhaupt eine unbedingte Kündigung vor. Ferner muß feststehen, daß diese Kündigungen zu Entlassungen in einem nicht unter der Richtzahl des § 15 liegenden Umfang geführt haben. Dabei werden nicht die Schwierigkeiten verkannt, die für den Arbeitgeber beim Zusammentreffen zweier so komplizierter Tatbestände wie dem der Änderungskündigung mit dem der Massenentlassung entstehen können. Diese Schwierigkeiten liegen vor allem darin, daß der Arbeitgeber oft bis kurz vor dem Kündigungstermin nicht weiß, ob und in welchem Umfang es zu Entlassungen kommen wird, d.h. ob eine Anzeige an das Arbeitsamt nach § 15 KSchG notwendig ist oder nicht. Davor kann der Arbeitgeber dann allerdings nur dadurch ausweichen, daß er schon bei den Massen-Änderungskündigungen oder kurz danach dem Arbeitsamt eine vorsorgliche Anzeige erstattet (vgl. Auffarth-Müller, Anm. 14 zu § 15).
b) Das hat die Beklagte hier nicht getan. Sie hat dem Arbeitsamt erst unter dem 14. August 1962 Anzeige erstattet, als die Kündigungsfrist zum 13. Juli längst abgelaufen war und auch bereits zahlreiche Entlassungen stattgefunden hatte … 97 Arbeiter haben, wie das Landesarbeitsgericht festgestellt hat, die ihnen zugegangene Änderungskündigung im Klagewege bekämpft und dadurch zu erkennen gegeben, daß sie auf die ihnen angebotene Vertragsänderung nicht eingegangen sind. Dadurch ist ihnen gegenüber die für diesen Fall bedingt ausgesprochene Kündigung zu einer unbedingten geworden.
Das Landesarbeitsgericht hat weiter angenommen, daß es auch zu 97 Entlassungen gekommen sei. Es sei ohne Bedeutung, daß nur der Kläger und zwei andere Arbeiter zu dem im Schreiben vom 27. Juni 1962 angegebenen Kündigungstermin vom 13. Juli 1962 aus dem Betriebe ausgeschieden, die anderen aber vorerst geblieben seien. Denn die Arbeitsverhältnisse seien durch die arbeitgeberseitige Kündigung rechtswirksam beendet worden. Ihre Weiterarbeit sei nur rein tatsächlicher Art gewesen: ein solches faktisches Arbeitsverhältnis habe jederzeit ohne Kündigung beendet werden können.
Diese Annahme gibt zwar zu rechtlichen Bedenken Anlaß. Es ist nicht einzusehen, inwiefern die Weiterarbeit der 97 Arbeiter über den 13. Juli hinaus nur tatsächlicher Art war und ihr kein Arbeitsverhältnis zugrunde gelegen hat. Wenn ein Arbeiter, dem eine Änderungskündigung zugegangen ist, gegen diese klagend vorgegangen ist, dann aber doch mit Duldung des Arbeitgebers im Betriebe weiterarbeitet, so kann das Verschiedenes bedeuten. Es könnte sein, daß der Arbeitgeber nunmehr auf die Änderung der alten Arbeitsbedingungen verzichten will, oder daß der Arbeitnehmer sich doch auf die neuen Arbeitsbedingungen einläßt, oder auch daß die Parteien das Arbeitsverhältnis fortsetzen, und zwar zu Bedingungen, die sich nach dem Ausgang des Kündigungsschutzprozesses richten sollen.
Diese Fragen können jedoch offen bleiben. Denn tatsächlich sind hier – und damit erledigen sich auch die Angriffe der Revision – im Laufe von vier Wochen mehr Arbeiter entlassen worden, als nach § 15 KSchG ohne vorherige Anzeige zulässig ist.
Das ergibt sich aus der vom Landesarbeitsgericht für glaubwürdig erachteten und in Bezug genommenen Aussage der Zeugin M…, die die Beklagte als Tatsachenvortrag des Klägers gegen sich gelten lassen muß, sowie aus der Aufstellung über das Ausscheiden der Arbeitnehmer in der Berufungsbegründung, Seite 4. Hiernach ist im Betriebe der Beklagten trotz des von der Beklagten im Schreiben vom 27. Juni 1962 genannten Kündigungstermins zum 13. Juli bis zu dem Beginn der Betriebsferien noch zu den alten Bedingungen gearbeitet worden. Dann kamen die Betriebsferien von drei Wochen, in denen die Arbeitnehmer Urlaubsgeld nach Maßgabe Ihres früheren Verdienstes bekamen. Die Betriebsferien endeten nach Ablauf der zweiten Augustwoche, mithin begann die Arbeit nach neuen Bedingungen im Betriebe der Beklagten Frühestens am Montag, dem 13. August 1962. Zu diesem Zeitpunkt aber waren bereits 24 Arbeitnehmer ausgeschieden, mithin eine über der Richtzahl des § 15 Abs. 1b) KSchG liegende Anzahl, die hier 10 vom Hundert von etwa 180 Arbeitnehmern, also etwa 18 Arbeitnehmer beträgt. Diese waren gegangen, ohne je zu den neuen Bedingungen gearbeitet zu haben. Bei ihnen kann gar nicht die Frage aufgeworfen werden, ob sie etwa durch Weiterarbeit zu neuen Bedingungen auf diese eingegangen sind und ob ihr späteres Ausscheiden dann ein Ausscheiden auf Grund eigener Kündigung war.
Da hiernach die Änderungskündigungen der Beklagten vom 27. Juni 1962 zu einer Entlassung von jedenfalls 24 Arbeitern im Laufe von vier Wochen seit dem im Kündigungsschreiben genannten Kündigungstermin vom 13. Juli 1962 geführt haben, hätte die Beklagte die in § 15 KSchG vorgeschriebene Anzeige vor Beginn dieser Entlassungen dem Arbeitsamt erstatten müssen.
Daß bei der heutigen Arbeitsmarktlage durch eine Entlassung von 24 Arbeitern noch keine ernstliche Belastung des Arbeitsmarktes eintritt, kann am Ergebnis nichts ändern. Denn die Bestimmung des § 15 KSchG gilt nicht nur für Zeiten drohender Arbeitslosigkeit, sondern zwingend auch in Zeiten des Kräftemangels auf dem Arbeitsmarkt.
Da die Beklagte die ihr hiernach obliegende Anzeige unterlassen hatte, sind die von der Beklagten ausgesprochenen Kündigungen nach § 16 Abs. 1 KSchG unwirksam geworden, jedenfalls soweit sich die Betroffenen hierauf berufen haben (vgl. BAG AP Nr. 1, 2, 3, 5 zu § 15 KSchG). Das hat der Kläger durch seine Klageerhebung getan.
Die Revision der Beklagten mußte daher zurückgewiesen werden.
Unterschriften
Schilgen, Dr. Meier-Scherling, Dr. Schröder, von Lossau, Wendel
Fundstellen