Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristung des Arbeitsvertrags zur Habilitation. Befristeter Arbeitsvertrag zur Weiterbildung als wissenschaftlicher Nachwuchs (hier: Habilitation). Befristungsrecht
Orientierungssatz
Die 1. Alternative des § 57b Abs. 2 Nr. 1 HRG setzt nach ständiger Rechtsprechung voraus, daß der Arbeitsvertrag dem wissenschaftlichen Mitarbeiter die Gelegenheit zur eigenen wissenschaftlichen Weiterbildung als Teil seiner Dienstaufgabe ermöglicht.
Hierzu ist nicht erforderlich, daß dem Mitarbeiter 50 % seiner Arbeitszeit zur eigenen wissenschaftlichen Weiterbildung eingeräumt werden.
Normenkette
HRG § 57b Abs. 2 Nr. 1 1. Alternative
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 13. Februar 2001 – 13 (8) Sa 579/00 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zum 16. Mai 1999.
Der 1963 geborene Kläger ist Diplomingenieur der Fachrichtung Architektur. Er war bei der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen (Lehrstuhl für bildnerische Gestaltung) als wissenschaftlicher Angestellter zunächst auf Grund Arbeitsvertrags vom 24. November 1989 vom 1. Dezember 1989 bis zum 30. November 1994 befristet zum Zweck der Promotion beschäftigt; am 17. Mai 1994 schloß er seine Promotion ab.
Im unmittelbaren Anschluß an dieses erste befristete Arbeitsverhältnis war er auf Grund eines weiteren befristeten Arbeitsvertrags vom 20. Oktober 1994 in der Zeit vom 1. Dezember 1994 bis zum 16. Mai 1999 ebenfalls als wissenschaftlicher Angestellter am Lehrstuhl für bildnerische Gestaltung beschäftigt. Die §§ 4 und 5 des Arbeitsvertrags vom 20. Oktober 1994 lauten:
Ҥ 4
Hinsichtlich der wahrzunehmenden Aufgaben gemäß § 60 Abs. 1 UG/§ 55 Abs. 1 UG wird ergänzend auf das/die Schreiben der Hochschuleinrichtung vom 18.10.1994 Bezug genommen.
Die Beschäftigung erfolgt für Aufgaben oder Dienstleistungen, die zugleich der eigenen wissenschaftlichen Weiterbildung dienen. Grund für die Befristung ist unter anderem, möglichst vielen Mitarbeitern Gelegenheit zur wissenschaftlichen Weiterbildung zu geben. Im vorliegenden Fall sind darüber hinaus noch folgende Gründe für die Befristung maßgebend:
Im Rahmen der ihm übertragenen Forschungsaufgaben erhält Herr Dipl. Ing. R durch die Beschäftigung die Möglichkeit, besondere Kenntnisse und Erfahrungen der Forschungsarbeit zu erwerben (§ 57b Abs. 2 Ziffer 3 Hochschulrahmengesetz).
§ 5
Der Angestellte ist im Rahmen der Dienstleistungen auch zur Durchführung von Lehraufgaben im Umfang von bis zu 4 Semesterstunden verpflichtet. Für eine eventuell ausgeübte Lehrtätigkeit wird keine gesonderte Zulage gezahlt.”
Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts ist zwischen den Parteien unstreitig, daß sie sich bei Abschluß des Arbeitsvertrags vom 20. Oktober 1994 darüber einig waren, daß dem Kläger während des befristeten Arbeitsverhältnisses Gelegenheit zur Habilitation gegeben werden sollte. Den gegen diese Feststellung gerichteten Tatbestandsberichtigungsantrag des Klägers vom 2. Mai 2001 hat das Landesarbeitsgericht durch Beschluß vom 27. August 2001 zurückgewiesen. Tatsächlich hat der Kläger in dieser Zeit seine Habilitationsschrift über “Hermann Muthesius und die Idee der harmonischen Kultur” erfolgreich abschließen können. Er besitzt nunmehr die Lehrbefugnis für Theorie und Geschichte der Gestaltung.
Mit seiner am 4. Mai 1999 eingereichten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Befristung seines Arbeitsverhältnisses zum 16. Mai 1999 geltend gemacht. Er hat im wesentlichen gemeint, der Befristungsgrund des § 57b Abs. 2 Nr. 3 HRG liege nicht vor. Auch treffe es nicht zu, daß ihm während seiner Arbeitszeit die Gelegenheit zur Habilitation gegeben worden sei. Jedenfalls während der Vorlesungszeiten sei er durch Lehrverpflichtungen und sonstige Aufgaben voll ausgelastet gewesen, so daß er sich nur während seiner Freizeit der Habilitation habe widmen können.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß er über den 16. Mai 1999 hinaus zu dem beklagten Land in einem unbefristeten Anstellungsverhältnis im Bereich der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen steht.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es hat die Befristung zum 16. Mai 1999 für wirksam gehalten. Dazu hat es sich zuletzt im wesentlichen darauf berufen, der Kläger habe sich während der Vertragsdauer habilitieren sollen. Nach der im Arbeitsvertrag in Bezug genommenen Tätigkeitsbeschreibung vom 18. Oktober 1994 seien 50 % der Arbeitszeit des Klägers für das Forschungsprojekt “Architekturästhetische Theoriebildung in der Frühphase der Moderne, insbesondere über Hermann Muthesius” vorgesehen gewesen, das den Gegenstand der Habilitationsschrift des Klägers gebildet habe. Für die Arbeit an seiner Habilitation sei der Kläger selbst während der Vorlesungszeiten tageweise von seinen Lehrverpflichtungen freigestellt worden. Erst recht sei er während der vorlesungsfreien Zeiten kaum zu Dienstleistungen herangezogen worden.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung des beklagten Landes hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung des Ersturteils. Das beklagte Land hat beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die Befristung des Arbeitsverhältnisses des Klägers zum 16. Mai 1999 ist rechtswirksam. Die Befristung ist durch einen Sachgrund des § 57b Abs. 2 Nr. 1 HRG gerechtfertigt. Das beklagte Land ist nicht nach § 57b Abs. 5 HRG gehindert, sich auf diesen Befristungsgrund zu berufen. Deshalb kann dahinstehen, ob die Befristung auch nach § 57b Abs. 2 Nr. 3 HRG gerechtfertigt ist.
Nach § 57b Abs. 2 Nr. 1 HRG liegt ein Sachgrund für die Befristung eines Arbeitsvertrags mit einem wissenschaftlichen Mitarbeiter ua. vor, wenn die Beschäftigung mit den im Gesetz näher bezeichneten Dienstleistungen auch seiner Weiterbildung als wissenschaftlicher oder künstlerischer Nachwuchs dient.
- Auf die Frage, ob auch der Befristungsgrund des § 57b Abs. 2 Nr. 3 1. Alternative HRG vorliegt, kommt es damit nicht mehr an.
- Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Dörner, Steckhan, Gräfl, Dr. Koch, Jens Herbst
Fundstellen
Haufe-Index 798382 |
NZA 2002, 1360 |
ZTR 2003, 200 |
EzA-SD 2002, 10 |
EzA |
PersV 2003, 272 |
NJOZ 2003, 1629 |
Tarif aktuell 2002, 5 |