Entscheidungsstichwort (Thema)
Wechselschichtzulage im Pflegedienst - Nachtschicht
Leitsatz (redaktionell)
Dienstplanmäßige Nachtschicht im Sinne von § 33a BAT ist - unabhängig von ihrer Bezeichnung - jede Schicht, in der die Nachtarbeit, wie sie in § 15 Abs 8 BAT definiert wird, zeitlich überwiegt.
Orientierungssatz
Nach den tariflichen Voraussetzungen im Sinne von § 33a Abs 1 BAT in Verbindung mit § 15 Abs 8 Satz 2 BAT muß die Beteiligung an dem Wechselschichtsystem rund um die Uhr erfolgen, eine einmonatige Schichtfolge eingehalten sein und ein bestimmtes Nachtdienstvolumen erbracht werden; für das Erfordernis eines annähernd gleichgewichtigen Einsatzes in allen Schichten ergeben sich aus den tariflichen Bestimmungen keine Anhaltspunkte.
Normenkette
BAT § 15 Abs. 8, § 70 Abs. 2, § 15 Abs. 8 Unterabs. 6, § 33a Fassung: 1991-04-24
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Entscheidung vom 22.01.1993; Aktenzeichen 9 Sa 859/92) |
ArbG Marburg (Entscheidung vom 22.04.1992; Aktenzeichen 1 Ca 47/92) |
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer tariflichen Wechselschichtzulage.
Die Klägerin ist seit dem 16. Mai 1987 als angestellte Pflegekraft in dem von dem beklagten Studentenwerk betriebenen Studentenwohnheim K -Haus beschäftigt. In diesem Studentenwohnheim leben ca. 80 Studenten, neben Nichtbehinderten auch Behinderte. Die Klägerin betreut eine Gruppe von 17 behinderten Studenten, darunter zehn Schwerstbehinderte.
Auf das Arbeitsverhältnis findet nach dem schriftlichen Arbeitsvertrag der Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der jeweils gültigen Fassung und die diesen ergänzenden Vorschriften Anwendung. Seit dem 1. Mai 1990 erhält die Klägerin Vergütung nach VergGr. KR II BAT.
Die Klägerin arbeitet im Pflegedienst, der die behinderten Studenten betreut. Der Pflegedienst ist nach einem Schichtplan in verschiedene Schichten eingeteilt. An Werktagen werden Dienste von 7.00 Uhr bis 16.00 Uhr, von 16.00 Uhr bis 1.00 Uhr, von 16.00 Uhr bis 23.30 Uhr, von 15.00 Uhr bis 23.00 Uhr, von 17.30 Uhr bis 7.00 Uhr, von 18.30 Uhr bis 23.30 Uhr, von 19.00 Uhr bis 7.00 Uhr, von 20.00 Uhr bis 7.00 Uhr und von 22.00 Uhr bis 7.00 Uhr geleistet und an Wochenenden von 7.00 Uhr bis 16.30 Uhr, von 16.00 Uhr bis 1.00 Uhr, von 7.00 Uhr bis 18.00 Uhr und von 19.00 Uhr bis 7.00 Uhr. Seit dem 1. April 1991 zahlt das beklagte Studentenwerk der Klägerin eine Schichtzulage in unterschiedlicher Höhe.
In der Revisionsinstanz verlangt die Klägerin noch eine Wechselschichtzulage nach § 33 a BAT in Höhe von monatlich 200,-- DM brutto für den Zeitraum vom 1. April 1991 bis einschließlich Dezember 1991 (1.600,-- DM brutto), abzüglich der jeweils gezahlten Schichtzulagen. Die Klägerin hat die Wechselschichtzulage zunächst mit Schreiben vom 25. Januar 1990 und dann noch einmal mit Schreiben vom 2. Dezember 1991 geltend gemacht.
Der mit Wirkung ab 1. April 1991 durch den 66. Änderungstarifvertrag zum BAT vom 24. April 1991 in den BAT eingefügte § 33 a regelt die Zahlung von Wechselschicht- und Schichtzulagen - soweit vorliegend von Bedeutung - wie folgt:
"Wechselschicht- und Schichtzulagen
(1) Der Angestellte, der ständig nach einem
Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der
einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Ar-
beitszeit in Wechselschichten (§ 15 Abs. 8
Unterabs. 6 Satz 2) vorsieht, und der dabei
in je 5 Wochen durchschnittlich mindestens 40
Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder
betriebsüblichen Nachtschicht leistet, erhält
eine Wechselschichtzulage von 200,-- DM mo-
natlich.
(2) Der Angestellte, der ständig Schichtarbeit
(§ 15 Abs. 8 Unterabs. 7) zu leisten hat, er-
hält eine Schichtzulage, wenn
a) er nur deshalb die Voraussetzungen des
Abs. 1 nicht erfüllt,
aa) weil nach dem Schichtplan eine Unter-
brechung der Arbeit am Wochenende von
höchstens 48 Stunden vorgesehen ist
oder
bb) weil er durchschnittlich mindestens 40
Arbeitsstunden in der dienstplanmäßi-
gen oder betriebsüblichen Nachtschicht
nur in je sieben Wochen leistet,
b) die Schichtarbeit innerhalb einer Zeit-
spanne von mindestens
aa) 18 Stunden
bb) 13 Stunden
geleistet wird.
Die Schichtzulage beträgt in den Fällen des
a) Unterabs. 1 Buchst. a 120,-- DM
b) Unterabs. 1 Buchst. b
aa) Doppelbuchst. aa 90,-- DM
bb) Doppelbuchst. bb 70,-- DM
monatlich.
§ 15 Abs. 8 Unterabs. 6 BAT bestimmt:
Wechselschichtarbeit ist die Arbeit nach einem
Schichtplan (Dienstplan), der einen regelmäßigen
Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechsel-
schichten vorsieht, bei denen der Angestellte
durchschnittlich längstens nach Ablauf eines Mo-
nats erneut zur Nachtschicht (Nachtschichtfolge)
herangezogen wird. Wechselschichten sind wech-
selnde Arbeitsschichten, in denen ununterbrochen
bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feier-
tags gearbeitet wird.
§ 15 Abs. 8 Unterabs. 7 BAT bestimmt:
"Schichtarbeit ist die Arbeit nach einem Schicht-
plan (Dienstplan), der einen regelmäßigen Wechsel
der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von
längstens einem Monat vorsieht."
Die Klägerin ist der Auffassung, sie arbeite in Wechselschicht und erbringe in fünf Wochen durchschnittlich 40 Nachtarbeitsstunden. Nach dem Schichtplan müsse sie ununterbrochen, bei Tag und Nacht, nicht nur werktags, sondern auch sonn- und feiertags, also rund um die Uhr arbeiten und werde in allen Schichten in etwa gleichwertig eingesetzt. Dabei habe sie in je fünf Wochen durchschnittlich rund 40 Arbeitsstunden in der Nachtschicht gearbeitet, wobei auch Nachtarbeitsstunden in der Spätschicht berücksichtigt werden müßten. Da sie ihre Ansprüche im Januar 1990 und im Dezember 1991 geltend gemacht habe, seien sie nicht nach § 70 BAT verfallen.
Die Klägerin hat in der Revisionsinstanz beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie für die Mona-
te April bis Dezember 1991 eine Wechselschichtzu-
lage von insgesamt 1.600,-- DM abzüglich der für
diese Zeit gezahlten Schichtzulagen zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie ist der Ansicht, die Klägerin habe niemals in Wechselschichten im tariflichen Sinne gearbeitet. Sie versehe zwar Nachtdienst, arbeite aber nicht durchschnittlich alle fünf Wochen in Nachtschicht, sondern nur durchschnittlich alle acht Wochen. Nachtschicht sei dabei nur die Schicht zwischen 20.00 (22.00 Uhr) und 7.00 Uhr bzw. zwischen 17.30 Uhr (19.00 Uhr) und 7.00 Uhr. Nachtarbeitsstunden in der Spätschicht von 16.00 Uhr bis 1.00 Uhr bzw. von 15.00 Uhr bis 23.00 Uhr stellten keine Nachtschicht dar. Im übrigen sei der Anspruch teilweise nach § 70 BAT verfallen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung der Wechselschichtzulage weiter. Das beklagte Studentenwerk beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet.
Der Klägerin steht der Anspruch auf Zahlung der Differenz zwischen der Wechselschichtzulage nach § 33 a BAT in Höhe von monatlich 200,-- DM brutto und der tatsächlich gezahlten Schichtzulage für die Monate April bis Dezember 1991 zu.
I. Die Vorinstanzen haben zur Begründung der Klageabweisung ausgeführt, für die Monate April und Mai 1991 wäre ein evtl. Anspruch bereits nach § 70 BAT verfallen. Für diese beiden Monate habe die Klägerin ihre Ansprüche nicht rechtzeitig geltend gemacht. Die Geltendmachung mit Schreiben vom 25. Januar 1990 erfasse diese Ansprüche nicht, da ab 1. April 1991 eine andere tarifliche Anspruchsgrundlage galt. Die Geltendmachung mit Schreiben vom 2. Dezember 1991 erfasse nicht mehr die Monate April und Mai 1991. Die Voraussetzungen für die Zahlung der Wechselschichtzulage seien außerdem nicht gegeben. Zwar arbeite die Klägerin nach einem Schichtplan in einem regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit, es fielen aber nicht in je fünf Wochen durchschnittlich 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen Nachtschicht an. Dabei seien nur die Nachtarbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht zu berücksichtigen. Solche Stunden seien von der Klägerin nicht in ausreichendem Umfang abgeleistet worden bzw. nach den Dienstplänen angefallen. Durchschnittlich 40 Stunden in der Nachtschicht seien nur dann gegeben, wenn die Spätschichten (von 16.00 Uhr bis 1.00 Uhr) als Nachtschicht berücksichtigt würden. Dies komme zwar in Betracht, weil innerhalb dieser Spätschicht die Nachtarbeit von 20.00 Uhr bis 1.00 Uhr gegenüber der Tagarbeit von 16.00 Uhr bis 20.00 Uhr überwog. Allerdings sei auch bei dieser Betrachtungsweise ein Anspruch der Klägerin auf Wechselschichtzulage zu verneinen, da die Klägerin dann nicht mehr in Wechselschicht arbeitete. Wechselschicht werde nicht geleistet, wenn der Angestellte immer nur in einer Schicht arbeite und in den anderen Schichten in geringerem Umfang eingesetzt sei.
Diesen Ausführungen vermag der Senat nicht zu folgen.
II. Die Klägerin erfüllte in dem noch streitigen Zeitraum von April bis einschließlich Dezember 1991 die tariflichen Voraussetzungen für die Zahlung der Wechselschichtzulage; ihrer Klage ist daher in dem in der Revisionsinstanz noch geltend gemachten Umfang stattzugeben.
1. Die von der Klägerin in der Revisionsinstanz im Einverständnis mit dem beklagten Studentenwerk vorgenommene Klageänderung ist zulässig, da der geänderte Antrag auf den von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt gestützt werden kann (Germelmann/Matthes/Prütting, ArbGG, § 74 Rz 27; Grunsky, ArbGG, 6. Aufl., § 73 Rz 34).
2. Der Klägerin steht ab April bis einschließlich Dezember 1991 die Wechselschichtzulage nach § 33 a BAT zu. § 33 a BAT sieht die Zahlung einer Wechselschichtzulage in Höhe von 200,-- DM monatlich vor, wenn der Angestellte ständig nach einem Schichtplan (Dienstplan) eingesetzt ist, der einen regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Wechselschichten nach § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT vorsieht und er dabei in je fünf Wochen durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht leistet. Diese Voraussetzungen erfüllt die Klägerin nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanzen in dem Zeitraum ab dem 1. April 1991 bis zum 31. Dezember 1991. Danach ist die Klägerin nach einem Schichtplan mit verschiedenen Diensten eingesetzt, wobei sie in wechselnden Arbeitsschichten, in denen rund um die Uhr ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonn- und feiertags gearbeitet wird (§ 15 Abs. 8 Unterabs. 6 BAT), tätig ist und ein Wechsel der täglichen Arbeitszeit in Zeitabschnitten von längstens einem Monat erfolgt; die Klägerin ist in allen Schichten eingesetzt.
Für die Wechselschichtarbeit im Sinne von § 33 a Abs. 1 BAT in Verb. mit § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT kommt es nicht darauf an, daß der Einsatz in den verschiedenen Schichten in einem annähernd gleichen Umfang erfolgt. Das hat der Senat in dem Urteil vom 13. Oktober 1993 (- 10 AZR 294/92 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse und in der Amtlichen Sammlung vorgesehen) im einzelnen ausgeführt und damit begründet, daß eine solche Voraussetzung weder dem Tarifwortlaut zu entnehmen ist, noch aus dem Sinn und Zweck der tariflichen Regelung folgt. Nach den tariflichen Voraussetzungen muß die Beteiligung an dem Wechselschichtsystem rund um die Uhr erfolgen, eine einmonatige Schichtfolge eingehalten sein und ein bestimmtes Nachtdienstvolumen erbracht werden; für das Erfordernis eines annähernd gleichgewichtigen Einsatzes in allen Schichten ergeben sich aus den tariflichen Bestimmungen keine Anhaltspunkte (Senatsurteil vom 18. Mai 1994 - 10 AZR 391/93 - zur Veröffentlichung in der Fachpresse vorgesehen). An diesen Grundsätzen ist festzuhalten. Es ist daher davon auszugehen, daß die Klägerin in der Zeit ab 1. April 1991 bis zum 31. Dezember 1991 Wechselschichtarbeit geleistet hat. Die Vorinstanzen haben festgestellt, daß die Klägerin nach einem Schichtplan mit einem regelmäßigen Wechsel der täglichen Arbeitszeit arbeitete und dabei in wechselnden Arbeitsschichten, ununterbrochen bei Tag und Nacht, werktags, sonntags und feiertags, also rund um die Uhr in allen Schichten eingesetzt war.
3. Die Klägerin hat im streitigen Zeitraum durchschnittlich mindestens 40 Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht im Tarifsinne in je fünf Wochen erbracht.
a) Dabei ist zunächst - wie das Arbeitsgericht festgestellt hat - davon auszugehen, die Klägerin habe sowohl bei Zugrundelegung der tatsächlich geleisteten Stunden ab April 1991 wie auch bei Berücksichtigung der Dienstpläne nicht in je fünf Wochen 40 Stunden in der so bezeichneten "Nachtschicht" geleistet.
Für die Zahlung einer Wechselschichtzulage nach § 33 a BAT kommt es nämlich nicht auf die Erbringung von Nachtarbeitsstunden an sich an, sondern auf die Arbeitsstunden in der dienstplanmäßigen oder betriebsüblichen Nachtschicht; der Senat hat im Urteil vom 18. Mai 1994 (- 10 AZR 391/93 - aaO) ausgeführt, für die Beurteilung, ob das tariflich geforderte Nachtdienstvolumen erfüllt sei, seien nur die Arbeitsstunden zu berücksichtigen, die in die dienstplanmäßige Nachtschicht fielen, nicht aber Nachtarbeitsstunden, die im Rahmen der Spätschicht geleistet werden. Vorliegend wird von der Beklagten als Nachtschicht lediglich die Schicht von 20.00 Uhr (22.00 Uhr) bis 7.00 Uhr bezeichnet. Mit dieser Schicht erfüllt die Klägerin das tarifliche Nachtschichterfordernis von durchschnittlich 40 Arbeitsstunden in je fünf Wochen nicht.
b) Die bei dem beklagten Studentenwerk eingerichtete Spätschicht von 16.00 Uhr bis 1.00 Uhr ist jedoch als Nachtschicht im Tarifsinne anzusehen.
Der Inhalt des Begriffs "Nachtschicht" ist im Wege der Tarifauslegung zu ermitteln. Dabei ist - entsprechend den Grundsätzen der Gesetzesauslegung - zunächst von dem Tarifwortlaut auszugehen. Über den reinen Tarifwortlaut hinaus ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien und der damit von ihnen beabsichtigte Sinn und Zweck der Tarifnormen mitzuberücksichtigen, sofern und soweit sie in den tariflichen Normen ihren Niederschlag gefunden haben. Hierzu ist auch auf den tariflichen Gesamtzusammenhang abzustellen, der häufig schon deswegen mitberücksichtigt werden muß, weil nur daraus und nicht aus der einzelnen Tarifnorm auf den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien geschlossen und so nur bei Mitberücksichtigung des tariflichen Gesamtzusammenhangs der Sinn und Zweck der Tarifnormen zutreffend ermittelt werden kann (BAGE 46, 308, 313 ff. = AP Nr. 135 zu § 1 TVG Auslegung). Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse ist zu berücksichtigen; dabei gebührt im Zweifel derjenigen Tarifauslegung der Vorzug, die zu einer vernünftigen, sachgerechten, zweckorientierten und praktisch brauchbaren Lösung führt (BAGE 60, 219, 224 m.w.N.).
Nach diesen Auslegungsgrundsätzen ist die bei dem beklagten Studentenwerk eingerichtete Spätschicht von 16.00 Uhr bis 1.00 Uhr als Nachtschicht im Sinne von § 33 a Abs. 1 BAT anzusehen. In der Entscheidung vom 8. Juni 1988 (- 4 AZR 798/87 - AP Nr. 20 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel) hat das Bundesarbeitsgericht angenommen, daß die Tarifvertragsparteien in Ermangelung einer anderen eigenen Regelung den Begriff der "Nachtschicht" im Sinne seiner allgemeinen rechtlichen Bedeutung verwenden. Danach muß es sich bei Nachtschichten um Arbeit handeln, die während der allgemeinen Nachtstunden geleistet wird. Dies entspricht auch dem allgemeinen Sprachgebrauch, der unter "Nachtschicht" Schichtarbeit während der Nacht versteht. Unter "Nachtschicht" ist daher eine Schicht zu verstehen, die zu einem wesentlichen Teil während der Nachtzeit abgeleistet wird. Als Nachtarbeit definiert der BAT in § 15 Abs. 8 Unterabs. 5 die Arbeit zwischen 20.00 Uhr und 6.00 Uhr. Unter Nachtschicht bei Wechselschichtarbeit im Sinne des § 33 a Abs. 1 in Verb. mit § 15 Abs. 8 Unterabs. 6 Satz 2 BAT müssen daher auch die Schichten verstanden werden, in denen Nachtarbeit im Sinne von § 15 Abs. 8 Unterabs. 5 zeitlich überwiegt. Das ist bei der Spätschicht von 16.00 Uhr bis 1.00 Uhr der Fall.
c) Die Vorinstanzen haben für den Senat bindend festgestellt (§ 561 Abs. 2 ZPO), daß die Klägerin unter Berücksichtigung auch der Spätschicht als Nachtschicht durchschnittlich mindestens 40 Zeitstunden in den Nachtschichten geleistet hat. Die Klägerin erfüllt damit die Voraussetzungen für die Zahlung der Wechselschichtzulage nach § 33 a Abs. 1 BAT. Ein gleichmäßiger Einsatz der Klägerin in allen Schichten ist nicht erforderlich (siehe unter 2.).
4. Der Anspruch der Klägerin für die Monate April und Mai 1991 ist nicht gemäß § 70 BAT verfallen. Nach § 70 Abs. 2 BAT ist für denselben Sachverhalt die einmalige Geltendmachung des Anspruchs ausreichend, um die Ausschlußfrist auch für später fällig werdende Leistungen zu wahren. Die Klägerin hat mit dem Schreiben vom 25. Januar 1990 die Zahlung der Wechselschichtzulage mit folgendem Wortlaut geltend gemacht:
"Ich stelle den Antrag, mir rückwirkend Wechsel-
schichtzulage von monatlich DM 150,-- zu zahlen,
da ich in fünf Wochen mehr als durchschnittlich
40 Arbeitsstunden in Nachtschichtarbeit leiste."
Damit sind die Voraussetzungen des § 70 Abs. 2 BAT erfüllt. Nach der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 20. Juli 1989 (- 6 AZR 774/87 - ZTR 1990, 155, 156) liegt "derselbe Sachverhalt" vor, wenn bei unveränderter rechtlicher oder tatsächlicher Lage aus einem bestimmten Tatbestand Ansprüche herzuleiten sind. Da die Klägerin ihren Anspruch auf Zahlung der Wechselschichtzulage darauf stützt, daß sie in fünf Wochen mehr als durchschnittlich 40 Arbeitsstunden in Nachtschichtarbeit leistet und dieser Sachverhalt auch dem Anspruch der Klägerin auf Wechselschichtzulage ab dem 1. April 1991 zugrundeliegt, erfaßt das Geltendmachungsschreiben vom 25. Januar 1990 auch die Ansprüche für die Zeit nach dem 1. April 1991. Daß sich insoweit die tarifliche Anspruchsgrundlage geändert hat, ist ohne Bedeutung.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Matthes Dr. Freitag Hauck
Kähler Staedtler
Fundstellen
Haufe-Index 436666 |
BAGE 77, 346-353 (LT1) |
BAGE, 346 |
DB 1995, 1618 (LT1) |
NZA 1995, 586 |
NZA 1995, 586-588 (LT1) |
ZTR 1995, 126-127 (LT1) |
AP § 33a BAT (LT1), Nr 5 |
EzBAT § 23a BAT, Nr 7 (LT1) |
MedR 1995, 154 (L) |
ZfPR 1995, 165 (L) |