Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug. Annahme zumutbarer Arbeit. böswilliges Unterlassen einer zumutbaren Arbeit. Obliegenheit zu einem Zwischenerwerb. eigene Anstrengungen des Arbeitnehmers. Beschäftigung bei dem bisherigen Arbeitgeber. Entscheidung im Rechtsstreit über Annahmeverzugslohn bei vorgreiflichem Kündigungsschutzprozess
Leitsatz (amtlich)
Die Arbeit bei dem bisherigen Arbeitgeber ist nur zumutbar im Sinne von § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG, wenn sie auf den Erwerb von Zwischenverdienst gerichtet ist. Auf eine dauerhafte Änderung des Arbeitsvertrags braucht sich der Arbeitnehmer nicht einzulassen.
Orientierungssatz
- Hängt die Entscheidung eines Landesarbeitsgerichts über Annahmeverzugslohn von der Wirksamkeit einer Kündigung ab und ist die Wirksamkeit der Kündigung Gegenstand eines Revisionsverfahrens beim Bundesarbeitsgericht, muss das Landesarbeitsgericht regelmäßig entweder die Revision gegen seine Sachentscheidung zulassen oder den Rechtsstreit bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts aussetzen (§ 148 ZPO).
- Die Annahme einer Arbeit iSv. § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG ist nicht dasselbe wie die Annahme eines Angebots und setzt kein Angebot voraus. Der Arbeitnehmer darf nicht untätig bleiben, wenn sich eine realistische Arbeitsmöglichkeit bietet. Das kann die Abgabe von eigenen Angeboten mit einschließen. Geht es um eine Arbeitsmöglichkeit bei dem bisherigen Arbeitgeber, kann der Arbeitnehmer allerdings regelmäßig abwarten, ob ihm eine zumutbare Arbeit angeboten wird.
Normenkette
BGB §§ 611, 615, 242; KSchG § 11 S. 1 Nr. 2; ZPO §§ 148, 325
Verfahrensgang
Tenor
- Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 19. November 2004
- Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über laufende Arbeitsvergütung und anteiliges Weihnachtsgeld unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs.
Der Kläger ist seit 1996 als Fachverkäufer bei der Beklagten angestellt. Nach dem Anstellungsvertrag stand ihm ua. ein Monatsgehalt iHv. 2.042,81 Euro brutto für den Streitzeitraum und ein mit dem Novembergehalt fälliges Weihnachtsgeld iHv. 1.196,88 Euro brutto zu.
Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 19. April 2003 unter Berufung auf dringende betriebliche Erfordernisse ordentlich zum 31. August 2003. Gegen diese Kündigung erhob der Kläger Kündigungsschutzklage. Im Kammertermin vom 9. September 2003 erklärten die Parteien, sie beabsichtigten, außergerichtlich über eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Bedingungen zu verhandeln. Das Arbeitsgericht bestimmte einen Verkündungstermin auf den 30. September 2003. Mit Schriftsatz vom 22. September 2003 an das Arbeitsgericht übersandte der Prozessbevollmächtigte der Beklagten einen von der Beklagten unterzeichneten Arbeitsvertrag vom 9. September 2003, wonach der Kläger bei verlängerter Arbeitszeit als Verkäufer mit Kassentätigkeit eingestellt werden und ein monatliches Bruttogehalt von 1.650,00 Euro zuzüglich vermögenswirksamer Leistungen iHv. 13,29 Euro monatlich erhalten sollte. In dem Schriftsatz vom 22. September 2003, der beim Arbeitsgericht am 23. September 2003 und beim Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. September 2003 einging, heißt es, die Beklagte halte sich an dieses Angebot bis zum 23. September 2003 gebunden. Der Kläger unterzeichnete die Vertragsurkunde nicht.
Mit Urteil vom 30. September 2003 stellte das Arbeitsgericht fest, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die Kündigung der Beklagten vom 19. April 2003 nicht aufgelöst worden, sondern bestehe zu unveränderten Bedingungen über den 31. August 2003 hinaus fort. Außerdem verurteilte das Arbeitsgericht die Beklagte, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsrechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen als Fachverkäufer Unterhaltungselektronik weiterzubeschäftigen. Das Landesarbeitsgericht wies die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 9. Juni 2004 zurück. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten wurde durch Urteil des Zweiten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 22. September 2005 (– 2 AZR 365/04 –) zurückgewiesen.
Der Kläger macht im vorliegenden Rechtsstreit Verzugslohn geltend. Er verlangt in der Revision noch Zahlung von monatlich 2.042,81 Euro brutto für den Zeitraum September 2003 bis Februar 2004 abzüglich des bezogenen Arbeitslosengeldes iHv. 31,60 Euro je Kalendertag sowie 4/12 des Weihnachtsgeldes 2003 anteilig für den Zeitraum von September bis Dezember (398,96 Euro). Er habe der Beklagten mehrfach erfolglos seine Arbeitsleistung angeboten. Die Beklagte habe eine Beschäftigung nur in Verbindung mit einem neuen Arbeitsvertrag angeboten, der seine Arbeitsbedingungen auf Dauer verschlechtert und den Kündigungsrechtsstreit erledigt hätte. Darauf habe er nicht eingehen müssen. Außerdem sei die Annahmefrist bei Zugang des Angebots der Beklagten bereits abgelaufen gewesen.
Der Kläger hat, soweit in der Revision noch von Interesse, beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.042,81 Euro brutto abzüglich 948,00 Euro netto zuzüglich jährlicher Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.094,81 Euro seit dem 1. Oktober 2003 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.042,81 Euro brutto abzüglich 979,60 Euro netto zuzüglich jährlicher Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.063,21 Euro seit dem 1. November 2003 zu zahlen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.441,77 Euro brutto abzüglich 948,00 Euro netto abzüglich jährlicher Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.493,77 Euro seit dem 1. Dezember 2003 zu zahlen.
4. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.042,81 Euro brutto abzüglich 979,60 Euro netto zuzüglich jährlicher Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.063,21 Euro seit dem 1. Januar 2004 zu zahlen.
5. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.042,81 Euro brutto abzüglich 979,60 Euro netto zuzüglich jährlicher Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.063,21 Euro seit dem 1. Februar 2004 zu zahlen.
6. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 2.042,81 Euro brutto abzüglich 916,40 Euro netto zuzüglich jährlicher Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 1.126,41 Euro seit dem 1. März 2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat bis zur Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 22. September 2005 geltend gemacht, das Arbeitsverhältnis sei durch ihre Kündigung zum 31. August 2003 beendet worden; jedenfalls sei der Rechtsstreit bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens auszusetzen. Der Kläger müsse sich unabhängig hiervon neben dem erhaltenen Arbeitslosengeld monatlich 1.650,00 Euro anrechnen lassen, da er die angebotene Beschäftigung mit dieser Verdienstmöglichkeit nicht wahrgenommen habe.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision beantragt die Beklagte weiterhin, die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist nicht begründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben.
I. Die geltend gemachten Ansprüche ergeben sich aus § 615 Satz 1 in Verb. mit § 611 Abs. 1 BGB.
1. Die Beklagte kam durch den Ausspruch der unwirksamen Kündigung vom 19. April 2003 ab dem 1. September 2003 in Annahmeverzug, ohne dass es eines Angebots des Klägers bedurfte (vgl. nur BAG 5. November 2003 – 5 AZR 562/02 – AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2, zu I 1 der Gründe; 24. September 2003 – 5 AZR 500/02 – BAGE 108, 27, 29, zu I der Gründe; 7. November 2002 – 2 AZR 650/00 – AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1, zu B I 1a der Gründe; zuletzt 13. Juli 2005 – 5 AZR 578/04 – NZA 2005, 1348, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 1 der Gründe).
2. Die Unwirksamkeit der Kündigung kann nicht mehr in Frage gestellt werden (§ 325 Abs. 1 ZPO). Eine Aussetzung des Rechtsstreits nach § 148 ZPO kommt deshalb nicht mehr in Betracht. Allerdings hätte das Landesarbeitsgericht wegen der Gefahr sich widersprechender rechtskräftiger Entscheidungen aussetzen müssen, wenn es die Revision anders als im Urteil vom 9. Juni 2004 nicht zuließ. Das Landesarbeitsgericht durfte hinsichtlich der Zahlungsansprüche keine vollendeten Tatsachen schaffen, da eine endgültige Entscheidung über die Kündigung noch ausstand und keine neuen Erkenntnisse über deren Wirksamkeit vorlagen. Dem Beschleunigungsinteresse des Klägers hätte die Aussetzung nicht geschadet, nachdem schon das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben hatte.
3. Eine Beendigung des Annahmeverzugs ist bis einschließlich Februar 2004 nicht eingetreten. Das Angebot der Beklagten vom 22. September 2003 war hierzu nicht geeignet (vgl. nur BAG 5. November 2003 – 5 AZR 562/02 – AP BGB § 615 Nr. 106 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 2, zu I 1 der Gründe; 24. September 2003 – 5 AZR 500/02 – BAGE 108, 27, 29, zu I der Gründe; 7. November 2002 – 2 AZR 650/00 – AP BGB § 615 Nr. 98 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 1, zu B I 1b der Gründe).
4. Annahmeverzug ist auch nicht nach § 297 BGB ganz oder teilweise ausgeschlossen. Die Beklagte hat nicht geltend gemacht, der Kläger sei leistungsunfähig oder leistungsunwillig gewesen.
5. Über die Höhe der vereinbarten Vergütung streiten die Parteien nicht. Das gilt sowohl für das Monatsgehalt des Klägers als auch für das Weihnachtsgeld im Jahre 2003.
II. Der Kläger lässt sich zutreffend das ihm gezahlte Arbeitslosengeld in unstreitiger Höhe anrechnen, § 11 Satz 1 Nr. 3 KSchG.
III. Eine Anrechnung nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG muss sich der Kläger nicht gefallen lassen. Er hat es nicht böswillig unterlassen, eine zumutbare Arbeit anzunehmen.
1. Besteht nach der Entscheidung des Gerichts das Arbeitsverhältnis fort, muss sich der Arbeitnehmer nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG auf das Arbeitsentgelt, das ihm der Arbeitgeber für die Zeit nach der Entlassung schuldet, das anrechnen lassen, was er hätte verdienen können, wenn er es nicht böswillig unterlassen hätte, eine ihm zumutbare Arbeit anzunehmen. Zu prüfen ist, ob dem Arbeitnehmer nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) sowie unter Beachtung des Grundrechts auf freie Arbeitsplatzwahl (Art. 12 GG) die Aufnahme einer anderweitigen Arbeit zumutbar war. Der Arbeitnehmer unterlässt böswillig anderweitigen Verdienst, wenn er vorsätzlich ohne ausreichenden Grund Arbeit ablehnt oder vorsätzlich verhindert, dass ihm Arbeit angeboten wird. Böswilligkeit setzt nicht voraus, dass der Arbeitnehmer in der Absicht handelt, den Arbeitgeber zu schädigen. Es genügt das vorsätzliche außer Acht lassen einer dem Arbeitnehmer bekannten Gelegenheit zur Erwerbsarbeit. Fahrlässiges, auch grob fahrlässiges Verhalten reicht nicht aus. Die vorsätzliche Untätigkeit muss vorwerfbar sein. Das ist nicht der Fall, wenn eine angebotene oder sonst mögliche Arbeit nach den konkreten Umständen für den Arbeitnehmer unzumutbar ist. Die Unzumutbarkeit kann sich etwa aus der Art der Arbeit, den sonstigen Arbeitsbedingungen oder der Person des Arbeitgebers ergeben. Die Frage der Zumutbarkeit ist unter Berücksichtigung aller Umstände nach Treu und Glauben zu bestimmen. Eine Anrechnung nach § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG kommt auch in Betracht, wenn der Arbeitgeber, der sich mit der Annahme der Dienste in Verzug befindet, Arbeit anbietet (BAG 24. September 2003 – 5 AZR 500/02 – BAGE 108, 27, 30 f., zu II 2 der Gründe; 16. Juni 2004 – 5 AZR 508/03 – AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 7, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 1 bis 3 der Gründe, jeweils mwN).
2. Es bedarf für den Streitfall keiner umfassenden Prüfung der Frage, inwieweit der Arbeitnehmer eigene Anstrengungen zur möglichen Aufnahme einer zumutbaren Arbeit unternehmen muss (hierzu BAG 16. Mai 2000 – 9 AZR 203/99 – BAGE 94, 343, 346 ff., zu II 2b der Gründe; KR-Spilger 7. Aufl. § 11 KSchG Rn. 40 f.; APS/Biebl 2. Aufl. § 11 KSchG Rn. 23; Löwisch/Spinner KSchG 9. Aufl. § 11 Rn. 12 f.; Staudinger/Richardi 13. Aufl. [2005] § 615 BGB Rn. 151 ff.; MünchKommBGB/Hergenröder 4. Aufl. § 11 KSchG Rn. 27 f.; MünchKommBGB/Henssler 4. Aufl. § 615 BGB Rn. 75, alle mwN). Die Annahme einer Arbeit ist nicht dasselbe wie die Annahme eines Angebots und setzt kein Angebot voraus. Das wird etwa bei selbständiger, nicht auf einem Vertrag beruhender Erwerbsarbeit deutlich, zu der gleichwohl eine Obliegenheit bestehen kann. Aus § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG kann nicht geschlossen werden, der Arbeitnehmer dürfe in jedem Falle ein Angebot abwarten. Vielmehr darf er gerade nicht untätig bleiben, wenn sich ihm eine realistische Arbeitsmöglichkeit bietet. Das kann die Abgabe von eigenen Angeboten mit einschließen.
3. Geht es um eine Arbeitsmöglichkeit bei dem bisherigen Arbeitgeber, kann der Arbeitnehmer allerdings regelmäßig abwarten, ob ihm eine zumutbare Arbeit angeboten wird. Er muss weder eine Klage auf Weiterbeschäftigung erheben, noch Vollstreckungsversuche nach einem erfolgreichen Weiterbeschäftigungsantrag unternehmen. Vielmehr ist es Sache des Arbeitgebers, eine Beschäftigung anzubieten. Dieser hat insoweit den Fortgang des Verfahrens in der Hand. Der Arbeitnehmer kann davon ausgehen, dass mit der Kündigung die Ablehnung der Beschäftigung verbunden ist, solange der Arbeitgeber nicht von sich aus aktiv wird. Eine eigene Initiative ist dem Arbeitnehmer hier, von besonderen Umständen des Einzelfalles abgesehen, nicht zumutbar (vgl. BAG 22. Februar 2000 – 9 AZR 194/99 – AP KSchG 1969 § 11 Nr. 2 = EzA BGB § 615 Nr. 97, zu II 2 bis 4 der Gründe).
4. Die dargestellten Voraussetzungen für eine Anrechnung sind im Streitfalle nicht erfüllt.
a) Der Kläger hat kein Angebot auf eine zumutbare Arbeit ausgeschlagen. Vielmehr war das Angebot der Beklagten vom 22. September 2003 bis zum 23. September 2003 befristet und zum Zeitpunkt des Zugangs bei dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 25. September 2003 bereits erloschen. Eine Annahme konnte gem. § 148 BGB nicht mehr erfolgen (vgl. auch Senat 6. Mai 1998 – 5 AZR 235/97 –, zu A II 1 der Gründe).
b) Der Kläger war nicht gehalten, nach dem verspäteten Zugang des Angebots vom 22. September 2003 von sich aus neue Verhandlungen mit der Beklagten aufzunehmen. Er musste nicht von dem Bestehen einer ernsthaften und zumutbaren Arbeitsmöglichkeit ausgehen.
aa) Die Beklagte hat dem Kläger nicht eine Weiterbeschäftigung für die Dauer des Kündigungsrechtsstreits, sondern eine dauerhafte Änderung des Arbeitsvertrags angeboten. Auf eine solche vergleichsweise Regelung musste sich der Kläger von vornherein nicht einlassen; denn eine Annahme des Angebots hätte seine Arbeitsbedingungen endgültig verschlechtert und den anhängigen Kündigungsrechtsstreit erledigt. Mit der Annahme hätte der bisherige Vertrag nicht wieder aufleben können. Eine Annahme auf Zeit oder unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG war mangels einer Änderungskündigung ausgeschlossen. Der Vertragsinhaltsschutz wäre nicht mehr gewährleistet gewesen. § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG begründet aber nur die Obliegenheit zum Erwerb von Zwischenverdienst.
bb) Den Kläger traf keine Pflicht nachzufragen, ob die Beklagte ihr – anwaltlich unterbreitetes und offenbar wohlüberlegtes – Angebot im Sinne einer vorläufigen Beschäftigung ändern wolle. Eine solche Pflicht folgt insbesondere nicht aus der Erklärung der Verhandlungsbereitschaft. Vielmehr war es Sache der Beklagten, ein zumutbares Angebot abzugeben.
cc) Eine Hinweis- oder Erkundigungspflicht des Klägers folgt auch nicht daraus, dass das Angebot verspätet zuging. Zwar kann die Obliegenheit des § 11 Satz 1 Nr. 2 KSchG nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) dahin gehen, auf den verspäteten Zugang eines zumutbaren Angebots hinzuweisen und zu fragen, ob die Verdienstmöglichkeit noch bestehe. Jedoch handelte es sich gerade nicht um eine Gelegenheit, Zwischenverdienst zu erzielen. Zudem hatte die Beklagte die Frist so kurz gewählt, dass eine rechtzeitige Annahme durch den Kläger praktisch unmöglich war. Es lag ersichtlich nicht ein Versehen, eine Verzögerung der Beförderung oder ein sonstiger unvorhergesehener Grund für die eingetretene Verspätung vor. Deshalb wäre es Sache der Beklagten gewesen, nochmals auf den Kläger zuzugehen. Der Kläger musste von sich aus gegenüber der Beklagten nichts unternehmen.
dd) Wenn die Revision nunmehr geltend macht, das Angebot sei dahin zu verstehen gewesen, der Kläger solle die Beschäftigung vorläufig zu geänderten Bedingungen wieder aufnehmen, stehen dem die tatsächlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts entgegen (§ 559 Abs. 2 ZPO). Die Auslegung der individuellen Erklärung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten durch das Landesarbeitsgericht ist für den Senat mangels einer zulässigen und begründeten Verfahrensrüge bindend. Die Auslegung des Landesarbeitsgerichts liegt auch nahe; Rechtsfehler sind nicht ersichtlich.
c) Danach kommt es nicht auf die weitere Begründung der Vorinstanzen an, die Arbeit bei der Beklagten sei für den Kläger auch deshalb unzumutbar gewesen, weil die Beklagte eine andersartige Tätigkeit mit einem geringeren Verdienst angeboten habe (vgl. demgegenüber: Senat 16. Juni 2004 – 5 AZR 508/03 – AP BGB § 615 Böswilligkeit Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 615 Nr. 7, auch zur Veröffentlichung in der Amtlichen Sammlung vorgesehen, zu II 3c der Gründe).
d) Dem Kläger ist schließlich kein Vorwurf daraus zu machen, dass er die Vollstreckung des Weiterbeschäftigungstitels weder angedroht noch versucht hat (BAG 22. Februar 2000 – 9 AZR 194/99 – AP KSchG 1969 § 11 Nr. 2 = EzA BGB § 615 Nr. 97, zu II 3 der Gründe).
IV. Die Ansprüche auf Verzugszinsen beruhen auf § 286 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 in Verb. mit § 288 Abs. 1 BGB. Die Fälligkeit trat jeweils am letzten Werktag des Kalendermonats ein.
V. Die Beklagte hat gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.
Unterschriften
Müller-Glöge, Mikosch, Linck, Bull, Mandrossa
Fundstellen
Haufe-Index 1489958 |
BAGE 2007, 359 |
BB 2006, 835 |
DB 2006, 787 |