Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifvertragliche Ausschlußfrist – Klagefrist – Schriftliche Ablehnung der Erfüllung
Leitsatz (redaktionell)
Bestätigung und Fortführung (BAG 7. November 1991 – 2 AZR 34/91 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 114 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 93)
Orientierungssatz
1. In der Erhebung der Kündigungsschutzklage liegt regelmäßig die schriftliche Geltendmachung der vom Ausgang des Kündigungsschutzrechtsstreits abhängigen Ansprüche des Arbeitnehmers auf Verzugslohn.
2. Lehnt der Arbeitgeber die Erfüllung der vom Arbeitnehmer form- und fristgerecht geltend gemachten Ansprüche schriftlich ab, so beginnt bei einer zweistufigen tariflichen Verfallklausel der Lauf der einzuhaltenden Klagefrist nicht bereits mit dem Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzrechtsstreit. Der Lauf der vom Arbeitnehmer einzuhaltenden Klagefrist setzt voraus, daß der Arbeitgeber nicht nur den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses geleugnet, sondern auch in einer schriftlichen Erklärung für den Arbeitnehmer erkennbar die Ablehnung der vom Arbeitnehmer geltend gemachten Ansprüche auf Verzugslohn zum Ausdruck gebracht hat.
Normenkette
BGB §§ 133, 157; Manteltarifvertrag für die ArbeitnehmerInnen des Groß- und Außenhandels in Baden-Württemberg vom 11. Juni 1997 (MTV) § 24
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 2. Juni 2000 – 16 Sa 19/00 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche des Klägers auf Entgelt aus Annahmeverzug.
Der Kläger war langjährig bei der Beklagten und ihrer Rechtsvorgängerin als Verkaufsberater im Außendienst zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt 4.320,00 DM beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis ist kraft Vereinbarung der Parteien der Manteltarifvertrag für die ArbeitnehmerInnen des Groß- und Außenhandels in Baden-Württemberg vom 11. Juni 1997 anzuwenden.
Im April 1998 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich. In dem vom Kläger eingeleiteten Kündigungsschutzverfahren kündigte die Beklagte mit Schriftsatz vom 10. Juli 1998 Klageabweisungsantrag an. Im Anschluß an das der Kündigungsschutzklage stattgebende Urteil des Arbeitsgerichts vom 10. August 1998 forderte die Streithelferin des Klägers, seine damalige Prozeßbevollmächtigte, die Beklagte unter dem 11. September 1998 auf, den Kläger weiterzubeschäftigen und das Gehalt rückwirkend ab 1. Mai 1998 zu zahlen. Die Beklagte lehnte noch im September 1998 eine Weiterbeschäftigung des Klägers ab. Zur Gehaltsforderung nahm sie keine Stellung. Auf eine weitere Anfrage, ob sie gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berufung einlegen werde oder die Gehaltszahlungen ab Mai 1998 aufnehme, ließ die Beklagte im September 1998 mitteilen, die Einlegung des Rechtsmittels sei noch nicht abschließend geprüft. Die von der Beklagten im Vorprozeß eingelegte Berufung wurde von dem Landesarbeitsgericht durch Urteil vom 3. März 1999 zurückgewiesen.
Der Kläger forderte die Beklagte daraufhin mit Schreiben vom 31. März 1999 auf, den Annahmeverzugslohn abzurechnen und auszuzahlen. Das lehnte die Beklagte Mitte April 1999 schriftlich ab; Ansprüche des Klägers seien nach § 24 MTV erloschen.
Dort ist ua. bestimmt:
„1. Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind gegenüber dem Arbeitgeber oder der von ihm bezeichneten Stelle zunächst mündlich, bei Erfolglosigkeit schriftlich innerhalb der folgenden Fristen geltend zu machen:
…
c) alle übrigen Ansprüche 3 Monate nach Fälligkeit …
3. Die Ansprüche erlöschen, wenn sie nicht vor Ablauf der in Abs. 1 genannten Fristen schriftlich geltend gemacht worden sind.
4. Sind die Ansprüche frist- und formgerecht geltend gemacht, ist ihre Erfüllung aber vom Arbeitgeber schriftlich abgelehnt worden, so müssen Arbeitnehmer/-innen, sofern sie das Arbeitsgericht anrufen wollen, innerhalb von 4 Monaten nach Ablehnung Klage erheben. Geschieht dieses nicht, so erlöschen die Ansprüche. …”
Der Kläger hat mit der im April 1999 erhobenen Klage Zahlung von monatlich 4.320,00 DM für die Monate Mai 1998 bis Februar 1999 einschließlich verlangt. Hierauf läßt er sich das vom 24. Juli bis 31. Dezember 1998 erhaltene Arbeitslosengeld von 10.038,35 DM sowie das Arbeitslosengeld für die Monate Januar und Februar 1999 von 3.547,04 DM (wöchentlich 443,38 DM) anrechnen.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 43.200,00 DM brutto abzüglich erhaltenen Arbeitslosengeldes in Höhe von 13.585,39 DM netto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 23. April 1999 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, den Kläger mit der Klage abzuweisen.
Sie hat im wesentlichen geltend gemacht, Ansprüche des Klägers bis einschließlich November 1998 seien wegen nicht rechtzeitiger gerichtlicher Verfolgung erloschen, weil sie deren Erfüllung mit ihrem im Kündigungsschutzverfahren gestellten Klageabweisungsantrag schriftlich iSd. § 24 Abs. 4 MTV abgelehnt habe. Für die Monate Dezember 1998 bis Februar 1999 könne der Kläger keine Zahlung beanspruchen, weil das auf das Arbeitsentgelt anzurechnende Arbeitslosengeld von 13.585,39 DM höher sei als seine möglichen Entgeltansprüche von 12.960,00 DM.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht haben der Klage stattgegeben. Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision. Der Kläger beantragt deren Zurückweisung.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben der Klage zu Recht stattgegeben.
I. Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung von Entgelt für die Monate Mai 1997 bis einschließlich Februar 1998. Der Anspruch ergibt sich aus Annahmeverzug (§ 611, § 615, §§ 293 ff. BGB).
Die Beklagte hat dem Kläger im Anschluß an ihre im April 1998 erklärte außerordentliche Kündigung 1998 keinen funktionsfähigen Arbeitsplatz zur Verfügung gestellt und ist dadurch mit der Annahme seiner Dienste in Verzug geraten. Sie ist deshalb verpflichtet, dem Kläger die in Folge ihres Verzugs ergangene Vergütung zu zahlen. Eines ausdrücklichen oder wörtlichen Arbeitsangebots des Klägers bedurfte es nicht (st. Rspr. des Bundesarbeitsgerichts vgl. Senat 19. Januar 1999 – 9 AZR 679/97 – BAGE 90, 329). Rechnerisch sind die Ansprüche des Klägers unstreitig.
II. Die danach entstandenen Ansprüche des Klägers sind nicht erloschen. Der Kläger hat die nach § 24 MTV einzuhaltenden Fristen gewahrt. Das gilt sowohl für die erste Stufe, die nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 c) MTV die schriftliche Geltendmachung der monatlichen Entgeltansprüche innerhalb von drei Monaten verlangt, als auch für die zweite Stufe, die innerhalb der Frist des § 24 Abs. 4 MTV die gerichtliche Verfolgung der vom Arbeitnehmer geltend gemachten Ansprüche anordnet.
1.a) Das Bundesarbeitsgericht geht in ständigen Rechtsprechung davon aus, daß eine Kündigungsschutzklage regelmäßig geeignet ist, den Verfall der Entgeltansprüche zu verhindern, die von dem Ausgang des Kündigungsschutzrechtsstreits abhängen (BAG 8. Februar 1972 – 1 AZR 221/71 – BAGE 24, 116). Dabei wird nicht zwischen Klauseln, die eine formlose Geltendmachung erfordern und Klauseln, die eine schriftliche Zahlungsaufforderung vorsehen, unterschieden (vgl. BAG 7. November 1991 – 2 AZR 34/91 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 114 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 93 mwN; 16. Juni 1976 – 5 AZR 224/75 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 56 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 27). Der Rechtsprechung liegt die Erwägung zugrunde, daß über den prozessualen Inhalt des Kündigungsschutzbegehrens hinaus das vom Arbeitnehmer verfolgte Gesamtziel der Klage zu beachten ist. Dieses beschränkt sich in der Regel nicht auf die bloße Erhaltung des Arbeitsplatzes, sondern ist zugleich auch auf die Sicherung der Ansprüche gerichtet, die vom Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses abhängen und die dann nicht bestehen, wenn die angegriffene Kündigung das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat. Dieses Ziel ist dem Arbeitgeber auch regelmäßig erkennbar (vgl. auch BAG 5. April 1995 – 5 AZR 961/93 – AP TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 130 = EzA TVG § 4 Ausschlußfristen Nr. 111 mwN). Die Klageerhebung hat in diesen Fällen eine doppelte Funktion. Sie ist zum einen Prozeßhandlung mit der Wirkung des § 4 Satz 1 KSchG; zum anderen ist sie eine – zulässige – Modalität der schriftlichen Geltendmachung der vom Erfolg der Kündigungsschutzklage abhängigen Lohnansprüche (BAG 7. November 1991 – 2 AZR 34/91 – aaO). Das Schrifttum stimmt dieser Rechtsprechung zu (vgl. Erfk/Preis 2. Aufl. §§ 194 – 225 BGB Rn. 60 mwN; HaKo-Gallner, § 4 Rn. 138). Soweit Bedenken geäußert werden, richten sich diese gegen die Auffassung des Bundesarbeitsgerichts, die Kündigungsschutzklage wahre nicht zugleich auch die zweite Stufe (vgl. Preis aaO Rn. 62; APS/Biebl § 11 KSchG Rn. 36 mwN; KR-Spilger 6. Aufl. § 11 KSchG Rn. 22).
b) Für die vom Kläger erhobene Kündigungsschutzklage gelten keine Besonderheiten. Mit ihr hat er seine vom Ausgang des Rechtsstreits abhängigen monatlichen künftigen Entgeltansprüche im Sinne von § 24 Abs. 1 MTV schriftlich geltend gemacht und damit ihr Erlöschen nach § 24 Abs. 3 MTV verhindert. Auch die Beklagte beruft sich nicht darauf, sie habe die Klageerhebung im Vorprozeß anders verstanden.
2. Der Kläger hat entgegen der Auffassung der Beklagten auch die zweite Stufe gewahrt. Er hat rechtzeitig Klage erhoben. Der Klageabweisungsantrag der Beklagten im Kündigungsschutzrechtsstreit hat die Klagefrist nicht in Lauf gesetzt.
a) Nach § 24 Abs. 4 MTV beginnt die Klagefrist von vier Monaten, wenn der Arbeitgeber die Erfüllung der vom Arbeitnehmer form- und fristgerecht geltend gemachten Ansprüche schriftlich ablehnt. Die Beklagte weist zunächst zutreffend darauf hin, daß nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts bei zweistufigen Verfallklauseln der Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzrechtsstreit den Lauf der Klagefrist auslösen kann. Das ist für eine Tarifklausel angenommen worden, die den Fristbeginn an die formlose Ablehnung des Arbeitgebers knüpft (BAG 13. September 1984 – 6 AZR 379/81 – BAGE 46, 359). Ebenso ist für eine Tarifklausel entschieden worden, nach der Ansprüche „schriftlich beim Arbeitgeber und, wenn diese erfolglos bleibt, innerhalb der vorgesehenen Fristen durch Klageerhebung” geltend zu machen sind (BAG 4. Dezember 1997 – 2 AZR 809/96 – BAGE 87, 210). Die Revision verkennt, daß § 24 Abs. 4 MTV von dem Arbeitgeber weitergehende Handlungen verlangt. Er muß die Erfüllung der Ansprüche des Arbeitnehmers „schriftlich” ablehnen.
b) Bei der Ablehnung einer erhobenen Forderung handelt es sich um eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung des Arbeitgebers. Auf sie sind die Vorschriften über Willenserklärungen regelmäßig entsprechend anzuwenden. Anzuwenden sind die Auslegungsregeln der §§ 133, 157 BGB. Danach bestimmt sich die Auslegung nach dem Empfängerhorizont. Der Arbeitnehmer muß die Handlungen des Arbeitgebers so gegen sich gelten lassen, wie sie unter Berücksichtigung der Verkehrssitte nach Treu und Glauben zu verstehen sind. Der Senat hat bereits Zweifel, ob ein Arbeitnehmer den Klageabweisungsantrag des Arbeitgebers überhaupt als „Ablehnung” der künftigen Ansprüche auf Annahmeverzugslohn verstehen muß. Denn das unterstellt dem Antrag die Aussage des Arbeitgebers, er werde diese Ansprüche auch dann nicht erfüllen, wenn er mit seinem prozessualen Begehren nicht durchdringt, er im Kündigungsschutzrechtsstreit also unterliegt, und das Arbeitsverhältnis und seine Entgeltpflicht deshalb fortbestehen. Das bedarf aber keiner abschließenden Entscheidung.
Haben die Tarifvertragsparteien für die Ablehnungserklärung des Arbeitgebers eine Schriftform vorgeschrieben, so kann ihr ein Schriftsatz nicht genügen, mit dem die Abweisung der Kündigungsschutzklage erbeten wird, ohne auf die Berechtigung bereits vom Arbeitnehmer geltend gemachter Ansprüche auf Verzugslohn einzugehen. Wie das Landesarbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, fehlt dann dem Klageabweisungsantrag die mit dem Erfordernis einer schriftlichen Ablehnung verbundene Warn- und Signalfunktion. Insoweit gilt nichts anderes als für eine Klagefrist, deren Lauf erst mit einer „ausdrücklichen” Ablehnung der Arbeitnehmeransprüche beginnen soll (vgl. hierzu BAG 4. Mai 1977 – 5 AZR 187/76 – BAGE 29, 152).
c) Entgegen der Ansicht der Revision wird damit dem Arbeitgeber keine überzogene „Erklärungspflicht” auferlegt. Der Arbeitgeber ist insbesondere nicht gehalten, unbestimmte Ansprüche zu konkretisieren, um diese im Sinne des Tarifvertrags ablehnen zu können. Ziel der tariflichen Vorschrift ist es, dem Arbeitnehmer deutlich vor Augen zu führen, ab wann die Frist zur gerichtlichen Verfolgung seiner Annahmeverzugsansprüche beginnt. Die Tarifvertragsparteien haben den Lauf der Klagefrist allein vom Verhalten des Arbeitgebers abhängig gemacht. Ihm ist keine Frist vorgegeben, in der er auf die Geltendmachung des Arbeitnehmers zu reagieren hätte und die Erfüllung des geltend gemachten Anspruchs schriftlich ablehnt. Streiten die Parteien über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses, hat es nach der Konzeption von § 24 Abs. 4 MTV der Arbeitgeber und nicht der Arbeitnehmer in der Hand, ob der Rechtsstreit über den Annahmeverzugslohn von dem Arbeitnehmer bereits zu einem Zeitpunkt einzuleiten ist, zu dem das Bestehen der Zahlungsansprüche wegen des noch laufenden Rechtsstreits über die Wirksamkeit der Kündigung ungewiß ist. Eine solche zeit- und wegen des sich nach der Höhe der Zahlungsansprüche bemessenden Streitwerts kostenaufwendige gerichtliche Verfolgung liegt regelmäßig weder im Interesse des Arbeitnehmers noch des Arbeitgebers. Der Arbeitgeber, der den Arbeitnehmer gleichwohl durch Ablehnung des Annahmeverzugslohnes in Zugzwang versetzen will, muß das bezogen auf eben diese Ansprüche gesondert schriftlich und unmißverständlich erklären.
d) Entgegen der Revision führt der Umstand, daß die Tarifvertragsparteien die in § 24 Abs. 4 MTV enthaltene Ausschlußklausel seit den 70er Jahren unverändert gelassen haben, zu keinem anderen Ergebnis. Daß den Tarifvertragsparteien die ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur fristwahrenden Wirkung der Kündigungsschutzklage für den Annahmeverzugslohn und die Problematik zweistufiger Ausschlußklauseln bekannt ist, kann unterstellt werden. Wenn sie den Lauf der Klagefrist an die schriftliche Ablehnung der Erfüllung der geltend gemachten Ansprüche binden, so verdeutlicht das im Gegenteil, daß die Klagefrist nicht gleichsam automatisch mit dem in jedem Kündigungsschutzrechtsstreit gestellten Klageabweisungsantrag des Arbeitgebers beginnt.
e) Dem entspricht es, daß – wie der Zweite Senat im Urteil vom 4. Dezember 1997 (– 2 AZR 809/96 – aaO) zu Recht angenommen hat – im Klageabweisungsantrag allenfalls eine „konkludente” Ablehnung der Zahlungsansprüche liegt. Eine Erklärung durch schlüssiges Verhalten kommt aber für formgebundene rechtsgeschäftsähnliche Handlungen wie der hier verlangten schriftlichen Erfüllungsablehnung nicht in Betracht (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 61. Aufl. vor § 116 Rn. 6).
f) Entgegen der Revision widerspricht diese Auslegung des § 24 Abs. 4 MTV nicht der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts. Der von ihr herangezogenen Entscheidung vom 21. Mai 1987 (– 2 AZR 373/86 – nv.) liegt eine Verfallklausel zugrunde, die den Beginn der Klagefrist an eine formlose Ablehnung knüpft.
g) Die Erwägung der Beklagten, verlange man vom Arbeitnehmer keine auf den einzelnen Anspruch bezogene Zahlungsaufforderung, könne vom Arbeitgeber ebenfalls keine auf den einzelnen Anspruch bezogene Ablehnung verlangt werden, greift ebenfalls nicht durch. Die Sachverhalte sind nicht vergleichbar, eine Ungleichbehandlung jedenfalls sachlich begründet. Das hat der Fünfte Senat des Bundesarbeitsgerichts (4. Mai 1977 – 5 AZR 187/76 – aaO) zu Recht ausgeführt. Für den Arbeitnehmer steht „der Verlust erworbener Ansprüche auf dem Spiel, während der Arbeitgeber nichts anderes verliert als die Chance, ohne sein Zutun allein durch Fristversäumnis des Arbeitnehmers von seiner Verpflichtung zur Erfüllung bestehender Ansprüche befreit zu werden”.
3. Nach allem hat der Kläger die tarifvertragliche Klagefrist gewahrt. Die Beklagte hat, nachdem sie seine mehrfachen Aufforderungen ausweichend oder gar nicht beantwortet hat, die Erfüllung der sich aus ihrem Annahmeverzug ergebenden Ansprüche des Klägers erstmals im April 1999 schriftlich abgelehnt. Der Kläger hat fristgerecht noch im gleichen Monat Klage erhoben.
III. Die Beklagte hat die Kosten ihrer erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Düwell, Schmitz-Scholemann, Reinecke, Fox, B. Lang
Fundstellen
Haufe-Index 738265 |
ARST 2002, 259 |
FA 2002, 176 |
FA 2002, 214 |
NZA 2002, 816 |
SAE 2002, 252 |
AuA 2002, 382 |
EzA-SD 2002, 15 |
EzA |
NJOZ 2002, 1779 |