Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschlussfrist. Feinkeramikindustrie. Klageabweisungsantrag im Kündigungsschutzverfahren wahrt tarifliche Schriftform bei Ablehnung von Ansprüchen
Leitsatz (redaktionell)
1. Für die schriftliche Geltendmachung von Annahmeverzugslohnansprüchen reicht die Erhebung der Kündigungsschutzklage zur Wahrung der tariflichen Schriftform im Rahmen der Ausschlussfrist nach § 15 MTV Feinkeramikindustrie aus.
2. Gleiches gilt für die nach Tarifvorschrift schriftliche Ablehnung derartiger Ansprüche. Das heißt die jeweiligen Parteianträge im Kündigungsschutzprozess müssen im Hinblick auf die tarifvertraglichen Anforderungen an die Geltendmachung oder Ablehnung von mit der Kündigung zusammenhängenden weiteren Zahlungsansprüchen die gleichen Rechtswirkungen haben.
Normenkette
MTV-Feinkeramikindustrie § 15
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 19.04.2007; Aktenzeichen 11 Ca 1927/06) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 19.04.2007, Az: 11 Ca 1927/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob etwaige Annahmeverzugslohnansprüche des Klägers aufgrund der Ausschlussfrist in § 15 des unstreitig auf das Arbeitsverhältnis anzuwendenden Manteltarifvertrag für die gewerblichen Arbeitnehmer in der feinkeramischen Industrie der Bundesrepublik Deutschland vom 07.03.1989 in der Fassung vom 13.11.1997 (MTV Feinkeramikindustrie) verfallen sind.
Von einer wiederholten Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 19.04.2007 (dort Seite 3 bis 5 = Bl. 87 bis 89 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn einen monatlichen Bruttolohn von jeweils 2.177,52 EUR für die Zeit von Februar 2005 bis Mai 2006 mit einem Gesamtbetrag von 34.840,32 EUR zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit 10.10.2006 abzüglich des an ihn für die Zeit vom 01.02.2005 bis 17.04.2005 gezahlten Krankengeldes in Höhe von 2.755,00 EUR und abzüglich der an ihn in der Zeit vom 18.04.2005 bis 31.05.2006 gezahlten Leistungen der Agentur für Arbeit in Höhe von 12.130,31 EUR sowie abzüglich der von der Stadt A-Stadt für die Zeit vom 01.04.2006 bis 31.05.2006 gezahlten Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 2 × 305,00 EUR insgesamt 610,00 EUR.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 19.04.2007 die Zahlungsklage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass dahinstehen könne, ob und in welcher Höhe die geltend gemachten Ansprüche entstanden seien, da sie gemäß § 15 MTV Feinkeramikindustrie i. V. m. dem Arbeitsvertrag verfallen seien. Gemäß § 15 MTV Feinkeramikindustrie müssten Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Zugang der beanstandeten Abrechnung oder Entstehung des Anspruchs schriftlich geltend gemacht werden. Im Falle der Ablehnung seien Ansprüche innerhalb weiterer 30 Kalendertage nach schriftlicher Ablehnung gerichtlich geltend zu machen.
Eine Inhaltskontrolle der tarifvertraglichen Ausschlussfrist finde nicht statt, § 310 Abs. 4 Satz 3 BGB i. V. m. § 307 Abs. 3 BGB. Die zweistufige Ausschlussfrist verstoße auch nicht gegen die guten Sitten oder gegen Treu und Glauben.
Zwar habe der Kläger die erste Stufe der Ausschlussfrist hinsichtlich der mit der Klage verfolgten Vergütungsansprüche durch Erhebung der Kündigungsschutzklage für den Zeitraum Februar 2005 bis Mai 2006 gewahrt, wobei auch die verfrühte Geltendmachung die erste Stufe der Ausschlussfrist wahre und die Frist für die gerichtliche Geltendmachung nicht vor Fälligkeit beginne.
Der Kläger habe seine Ansprüche auf Zahlung von Annahmverzugslohn gegen die Beklagte aber nicht innerhalb von 30 Kalendertagen nach schriftlicher Ablehnung der Beklagten gerichtlich geltend gemacht. Unter Bezugnahme auf die Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts vom 26.04.2006 – 5 AZR 403/05 – sowie des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19.07.2006 – 9 Sa 198/06 – führt das Arbeitsgericht weiter aus, dass der vom Arbeitgeber vor der Antragstellung im Kündigungsschutzprozess schriftsätzlich angekündigte Klageabweisungsantrag eine schriftliche Ablehnung der mit der Kündigungsschutzklage vom Arbeitnehmer geltend gemachten Annahmeverzugslohnansprüche darstelle. Während noch der 9. Senat des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 11.12.2001 – 9 AZR 510/00 – die Auffassung vertreten habe, dass eine schriftliche Ablehnungserklärung im Sinne einer tarifvertraglichen Ausschlussfrist voraussetze, dass der Arbeitgeber die Annahmeverzugslohnansprüche gesondert schriftlich und missverständlich zurückweise, habe der 5. Senat des Bundesarbeitsgerichts sich der älteren Rechtssprechun...