Entscheidungsstichwort (Thema)
Benachteiligung wegen Schwerbehinderung. Entschädigungsanspruch
Leitsatz (amtlich)
- Verletzt ein Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes seine Pflichten nach § 81 Abs. 1 Satz 2 und § 82 SGB IX, frei werdende Stellen frühzeitig zu melden und mit der Agentur für Arbeit wegen der Vermittlung arbeitsloser und arbeitsuchender schwerbehindeter Menschen Verbindung aufzunehmen sowie die schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch zu laden, rechtfertigt das die Vermutung, er benachteilige schwerbehinderte Beschäftigte wegen ihrer Behinderung iSv. § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF.
- Ein Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes kann diese Vermutung nicht allein mit dem Hinweis widerlegen, der schwerbehinderte Bewerber erfülle nicht den in der Stellenausschreibung verlangten formalen Ausbildungsabschluss einer bestimmten Hochschulart. Der öffentliche Arbeitgeber ist gehalten, das Anforderungsprofil ausschließlich nach objektiven Kriterien festzulegen. Ansonsten würde der Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes das durch Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistete Recht auf Zugang zu einem öffentlichen Amt einschränken, ohne dass dies durch Gründe in der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung des Bewerbers gerechtfertigt wäre. Daher ist es unzulässig, einen für die Art der auszuübenden Tätigkeit nicht erforderlichen Ausbildungsabschluss einer bestimmten Hochschulart (hier: Fachhochschuldiplom) zu verlangen. Bewerber mit gleichwertigen Bildungsabschlüssen dürfen nicht ausgeschlossen werden.
Orientierungssatz
- Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX aF hat ein schwerbehinderter Bewerber, der bei der Einstellung wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft benachteiligt wurde, Anspruch auf eine angemessene Entschädigung. § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 1 SGB IX aF beschränkt den Entschädigungsanspruch auf höchstens drei Monatsverdienste, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Das bestimmt sich im Öffentlichen Dienst nach den Grundsätzen der Bestenauslese gem. Art. 33 Abs. 2 GG.
- Der schwerbehinderte Bewerber hat nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF Tatsachen glaubhaft zu machen, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen. “Glaubhaftmachen” bedeutet eine Beweiserleichterung. Das Beweismaß ist für den darlegungsbelasteten Anspruchsteller abgesenkt. Es genügt, wenn das Gericht von der überwiegenden Wahrscheinlichkeit einer Benachteiligung, für die eine Behinderung ursächlich ist, überzeugt wird. Gelingt das, so trägt der Arbeitgeber nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 2. Halbsatz SGB IX aF die Beweislast dafür, dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe vorgelegen haben. Nur wenn keine vernünftigen Zweifel verbleiben, ist die Vermutung widerlegt.
- Nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, vor der Besetzung einer freien Stelle frühzeitig mit der Agentur für Arbeit Verbindung aufzunehmen. Verletzt der Arbeitgeber diese Pflicht, ist diese Tatsache geeignet, die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung iSv. § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF zu begründen. Ob im Einzelfall allein diese Tatsache ausreicht, eine überwiegende Wahrscheinlichkeit anzunehmen, hängt von der tatrichterlichen Würdigung der Umstände des Einzelfalls ab.
- Beruft sich ein Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes zur Widerlegung der Vermutung des § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF darauf, der schwerbehinderte Bewerber erfülle nicht die im Anforderungsprofil verlangte formale Ausbildungsvoraussetzung (hier: Diplom-Betriebswirt (FH)), hat er darzulegen und ggf. zu beweisen, dass der vom Bewerber erworbene Universitätsabschluss (hier: Diplom-Kaufmann) im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle nicht gleichwertig ist. Das folgt aus dem Recht auf Zugang zu einem öffentlichen Amt gem. Art. 33 Abs. 2 GG. Dieses Recht verwehrt es dem Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes, eine bestimmte formale Ausbildungsqualifikation aus Gründen zu verlangen, die sich nicht objektiv aus den Anforderungen der Stelle ergeben. Ansonsten würde der Zugang zu einem öffentlichen Amt eingeschränkt, ohne dass dieses durch Gründe in der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung des Bewerbers gerechtfertigt wäre.
- Die angemessene Höhe der Entschädigung gem. § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX aF bestimmt sich nach der Art und Schwere des Verstoßes sowie nach den Folgen für den schwerbehinderten Bewerber. Dabei kann von Bedeutung sein, ob die Benachteiligung vorsätzlich oder versehentlich verursacht worden ist.
Normenkette
GG Art. 33 Abs. 2, Art. 12; Richtlinie 2000/78/EG Art. 5; SGB IX § 81 Abs. 1-2, § 82; BAT Anlage 1a VergGr. IVa; BAT Anlage 1a VergGr. III
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz vom 1. September 2005 – 4 Sa 865/04 – aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Revisionsverfahrens – an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Land eine Entschädigung zu zahlen hat, weil die Fachhochschule Trier, eine in der Rechtsform der Körperschaft des öffentlichen Rechts verwaltete staatliche Einrichtung, den schwerbehinderten Kläger bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses wegen seiner Behinderung benachteiligt hat.
Die Fachhochschule Trier veröffentlichte in der Tageszeitung vom 25./26. Oktober 2003 eine Stellenanzeige. Danach beabsichtigte sie, zum 1. Januar 2004 die Stelle einer Controllerin/eines Controllers zu besetzen. In der Stellenausschreibung hieß es ua.:
“Für die Bereiche Controlling, Kosten- und Leistungsberechnung sowie Flächenmanagement wird
eine Diplom-Betriebswirtin (FH)/ein Diplom-Betriebswirt (FH)
gesucht.
Gute EDV-Kenntnisse werden vorausgesetzt. Erfahrungen im Hochschulbereich sind erwünscht.
Die Vergütung erfolgt nach Vergütungsgruppe IVa/III Bundesangestelltentarifvertrag. Wegen ihrer besonderen Bedeutung ist diese Position als Stabsstelle ausgewiesen und dem Kanzler der Fachhochschule Trier unmittelbar zugeordnet.”
Des Weiteren wies die Fachhochschule Trier auf ihre praxisorientierte Ausrichtung sowie darauf hin, dass Schwerbehinderte bei entsprechender Eignung bevorzugt eingestellt werden.
Der 1962 geborene Kläger hat einen gelähmten rechten Arm. Deshalb ist eine Behinderung mit einem Grad von 100 festgestellt. Er bewarb sich mit Schreiben vom 26. Oktober 2003 auf die Stelle und wies dabei auf seine Schwerbehinderung hin. In seinen Bewerbungsunterlagen war als beruflicher Werdegang beschrieben, dass er neben einer kaufmännischen Lehre ein Hochschulstudium (Universität) in Betriebswirtschaft mit dem Abschluss als Diplom-Kaufmann und die Zusatzqualifikation Rechnungswesen/Controlling an der Steuer- und Wirtschaftsakademie Trier erworben hatte. Zuletzt war der Kläger dreieinhalb Jahre in einem mittelständischen Betrieb als Controller mit den Schwerpunkten Berichtswesen, Reporting und kaufmännische Planung tätig gewesen.
Die Fachhochschule berücksichtigte bei einer Vorauswahl der insgesamt eingegangenen 46 Bewerbungen ausschließlich solche mit einem Fachhochschulabschluss Diplom-Betriebswirtin (FH)/Diplom-Betriebswirt (FH). Nur die 20 Bewerber mit einem solchen FH-Abschluss wurden zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Die Fachhochschule teilte dem Kläger mit Schreiben vom 5. Dezember 2003 mit, seine Bewerbung könne nicht berücksichtigt werden. Vor dem Stellenbesetzungsverfahren hatte die Leitung der Fachhochschule weder die örtliche Arbeitsagentur noch eine andere Einrichtung der Bundesagentur für Arbeit von der freien Stelle in Kenntnis gesetzt, um zu prüfen, ob die Stelle insbesondere mit dort gemeldeten arbeitsuchenden schwerbehinderten Menschen besetzt werden könnte. Nach dem Vorbringen der Revision wurde auch die Schwerbehindertenvertretung nicht an dieser Prüfung beteiligt. Die Fachhochschule besetzte die Stelle zum 1. Januar 2004 mit einer nicht behinderten Diplom-Betriebswirtin (FH).
Der Kläger forderte die Fachhochschule mit Schreiben vom 29. Januar 2004 zur Zahlung einer “Entschädigung gemäß § 81 Abs. 2 Nr. 2 und 3 SGB IX” auf. Der Kanzler der Fachhochschule lehnte eine Zahlung mit Schreiben vom 10. Februar 2004 ab, weil das Anforderungsprofil “eindeutig und ausschließlich die Qualifikation des Fachhochschulabschlusses” verlange.
Mit seiner am 11. Mai 2004 bei dem Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger zunächst Auskunft über das Bruttomonatsgehalt eines Controllers gemäß Stellenausschreibung verlangt und die Zahlung einer angemessenen Entschädigung, mindestens in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern geltend gemacht.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
das beklagte Land zu verurteilen, an ihn eine angemessene Entschädigung, mindestens jedoch in Höhe von drei Bruttomonatsgehältern à 3.148,90 Euro zu zahlen, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus ab dem Zeitpunkt der Rechtshängigkeit der Klage.
Das beklagte Land hat beantragt, die Klage abzuweisen. Es ist der Auffassung, der Kläger sei nicht wegen seiner Behinderung benachteiligt worden. Die Bewerbung sei nur deshalb nicht zugelassen worden, weil der Kläger nicht die in der Stellenausschreibung “eindeutig und ausschließlich” geforderte Qualifikation des Fachhochschulabschlusses einer/eines Diplom-Betriebswirtin/es habe. Es liege in der Freiheit des Arbeitgebers, welche Berufs- bzw. Ausbildungsgruppen er durch seine Stellenausschreibung ansprechen wolle. Für den Arbeitgeber Fachhochschule Trier sei es wichtig, dass ein Mitarbeiter im Bereich Controlling eine anwendungsorientierte fachhochschulspezifische Ausbildung durchlaufen habe. Im Übrigen könne nach dem Haushaltsplan der Fachhochschule entsprechend der Stellenausschreibung nur eine Vergütung nach IVa/III BAT gezahlt werden. Der Kläger habe als ein an der Universität ausgebildeter Diplom-Kaufmann jedoch den höheren Vergütungsanspruch nach der VergGr. IIa BAT.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren auf Zahlung einer angemessenen Entschädigung weiter.
Entscheidungsgründe
A. Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Entscheidung des Landesarbeitsgerichts und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht. Für eine abschließende Sachentscheidung des Senats fehlt es an tatsächlichen Feststellungen.
I. Die Klage ist zulässig. Sie ist hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger die Höhe der von ihm begehrten Entschädigungszahlung in das Ermessen des Gerichts gestellt hat. Ein derartiger Klageantrag ist zulässig, wenn die Bestimmung des Betrages von einer gerichtlichen Schätzung oder billigem Ermessen des Gerichts abhängig ist (BAG 15. Februar 2005 – 9 AZR 635/03 – BAGE 113, 361; 22. April 2004 – 8 AZR 620/02 – AP BGB § 211 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 204 Nr. 1). Der Kläger muss dann jedoch die Tatsachen, die das Gericht für die Schätzung heranziehen soll, benennen (BAG 3. September 1998 – 8 AZR 14/97 –) und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angeben (BAG 19. Oktober 1988 – 8 AZR 110/86 –). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Für den Fall der Diskriminierung eines schwerbehinderten Stellenbewerbers bei der Einstellung sieht § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX aF (in der bis zum 17. August 2006 geltenden Fassung) eine Entschädigung in angemessener Höhe vor. § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Satz 1 SGB IX aF beschränkt den Entschädigungsanspruch auf drei Monatsverdienste, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Der Kläger hat die Umstände der Ablehnung seiner Bewerbung dargelegt. Darüber hinaus hat der Kläger die Berechnungsgrundlagen für die Ermittlung eines zugrunde liegenden Bruttomonatsgehaltes nach Bestandteilen und zugehörigem Geldbetrag im Einzelnen vorzutragen. Das Monatsgehalt richtet sich danach, was bei der – vorgesehenen – regelmäßigen Arbeitszeit bei Einstellung verdient worden wäre (vgl. Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen SGB IX 11. Aufl. § 81 Rn. 18).
II. Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts steht dem Kläger gegenüber dem beklagten Land ein Entschädigungsanspruch nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX aF iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB IX aF zu. Der Senat kann allerdings nicht die angemessene Höhe der Entschädigung beurteilen. Hierfür fehlen die erforderlichen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts.
Als Anspruchsgrundlage kommt allein § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX aF iVm. § 81 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1 SGB IX aF in Betracht. Nach diesen Vorschriften kann der benachteiligte schwerbehinderte Bewerber eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen, wenn er bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses wegen seiner Behinderung benachteiligt worden ist. § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX aF stellt keine weitere Anspruchsgrundlage für eine Entschädigungszahlung dar. Die Vorschrift begrenzt den Entschädigungsanspruch lediglich auf höchstens drei Monatsverdienste, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
Darüber hinausgehende Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht. Die Entschädigungsregelungen in § 81 Abs. 2 SGB IX aF sind abschließend (vgl. ausführlich Senat 15. Februar 2005 – 9 AZR 635/03 – BAGE 113, 361).
1. Der geltend gemachte Entschädigungsanspruch besteht noch. Er ist innerhalb der gesetzlichen Ausschlussfrist des § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB IX aF, zwei Monate nach Zugang der Ablehnung, schriftlich geltend gemacht worden. Auf die Ablehnung der Bewerbung durch Schreiben der Fachhochschule vom 5. Dezember 2003 hat der Kläger mit Schreiben vom 29. Januar 2004 die Zahlung einer “Entschädigung gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3 SGB IX” verlangt. Dabei ist es unerheblich, dass der Kläger seinen Entschädigungsanspruch nicht beziffert hat. Nach der gesetzlichen Regelung ist “ein Anspruch” geltend zu machen. Durch den unbestimmten Artikel wird deutlich, dass der Anspruchsteller dem Arbeitgeber lediglich verdeutlichen muss, für die erlittene Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung eine Entschädigung haben zu wollen (BAG 15. Februar 2005 – 9 AZR 635/03 – BAGE 113, 361). Eine Bezifferung ist deshalb nicht erforderlich.
2. Das Landesarbeitsgericht ist zu Recht zu der Auffassung gelangt, dass nach dem von dem beklagten Land nicht bestrittenen Vortrag des Klägers Tatsachen vorliegen, die eine Benachteiligung wegen seiner Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen.
a) Der Schwerbehinderte hat Tatsachen glaubhaft zu machen, die eine Benachteiligung wegen der Behinderung vermuten lassen. Bloße Glaubhaftmachung mit den Mitteln des § 294 ZPO reicht nicht aus. Die gesetzliche Regelung betrifft allein das Beweismaß (BAG 15. Februar 2005 – 9 AZR 635/03 – BAGE 113, 361; 5. Februar 2004 – 8 AZR 112/03 – BAGE 109, 265). Das Gericht muss die Überzeugung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit für die Kausalität zwischen Schwerbehinderteneigenschaft und Nachteil gewinnen (BAG 15. Februar 2005 – 9 AZR 635/03 – aaO mit Hinweis auf 5. Februar 2004 – 8 AZR 112/03 – aaO, für den Fall der Diskriminierung wegen des Geschlechts). Der klagende Bewerber kann somit die Beweislast des Arbeitgebers dadurch herbeiführen, dass er Hilfstatsachen darlegt, die eine Benachteiligung wegen der Schwerbehinderteneigenschaft vermuten lassen. Der Arbeitgeber trägt dann nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF die Beweislast dafür, dass sachliche, nicht auf die Behinderung bezogene Gründe vorgelegen haben.
b) Der Kläger beruft sich hier auf mehrere Hilfstatsachen: 1. Die Nichteinschaltung der Agentur für Arbeit, 2. die unterlassene Einladung zum Vorstellungsgespräch und 3. die mangelnde Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung, wobei er zum letzten Vermutungstatbestand erst in der Revisionsinstanz vorträgt, dass bei der Fachhochschule auch eine Schwerbehindertenvertretung besteht.
aa) Nach der Feststellung im Tatbestand des Berufungsurteils hat die Leitung der Fachhochschule vor der Besetzung der Stelle die Agentur für Arbeit nicht in Kenntnis gesetzt.
Nach § 81 Abs. 1 Satz 2 SGB IX ist jeder Arbeitgeber verpflichtet, vor der Besetzung einer freien Stelle frühzeitig mit der Agentur für Arbeit Verbindung aufzunehmen. Nach § 82 Satz 1 SGB IX hat jede Dienststelle der öffentlichen Arbeitgeber den Agenturen für Arbeit frühzeitig frei werdende und neue Arbeitsplätze zu melden. Dadurch soll gewährleistet werden, dass der Arbeitgeber von der Bundesagentur für Arbeit Kenntnis über geeignete schwerbehinderte Bewerber für die freie Stelle erhält. Damit soll möglichst vielen geeigneten schwerbehinderten Menschen die Möglichkeit gegeben werden, Arbeit zu finden (Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen § 81 Rn. 3). Es handelt sich um gesetzlich vorgesehene Instrumente zur Förderung der Teilhabe schwerbehinderter und ihnen gleichgestellter Menschen am Arbeitsleben (Schröder in Hauck/Noftz SGB IX Stand April 2006 K § 81 Rn 4). Sie sind “Vorkehrungen” im Sinne von Art. 5 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf (ABl. EG Nr. L 303 vom 2. Dezember 2000 S. 16). Die Richtlinie fordert von den Mitgliedsstaaten derartige Regelungen, “um die Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes auf Menschen mit Behinderung zu gewährleisten”.
Die Tatsache der Nichteinschaltung der Agentur für Arbeit ist geeignet, die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung iSv. § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF zu begründen (noch offen gelassen BAG 15. Februar 2005 – 9 AZR 635/03 – BAGE 113, 361). Denn der objektiv gesetzeswidrig handelnde Arbeitgeber erweckt den Anschein, nicht nur an der Beschäftigung schwerbehinderter Menschen uninteressiert zu sein, sondern auch möglichen Vermittlungsvorschlägen und Bewerbungen von arbeitsuchenden schwerbehinderten Menschen aus dem Weg gehen zu wollen. Unerheblich ist die Behauptung des beklagten Landes, die Urlaubsvertretung des ansonsten zuständigen Sachbearbeiters habe die Agentur für Arbeit nur versehentlich nicht eingeschaltet. Auf ein Verschulden kommt es für den anspruchsbegründenden Tatbestand des § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX aF, der dem § 611a Abs. 2 BGB aF nachgebildet ist, nicht an (vgl. zu § 611a BGB LAG Hamm 23. Juli 1998 – 17 Sa 870/98 – LAGE BGB § 611a nF Nr. 1). Lediglich bei der Bestimmung der angemessenen Höhe der Entschädigung ist die Schwere des Verstoßes und damit auch der Verschuldensgrad zu berücksichtigen (vgl. Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen § 81 Rn. 17).
bb) Nach den weiteren Feststellungen des Landesarbeitsgerichts hatte die Fachhochschule Trier als öffentlicher Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX den Kläger nicht zum Vorstellungsgespräch geladen. Auch diese Tatsache ist geeignet, die Vermutung einer Benachteiligung wegen der Behinderung zu begründen.
(1) Nach § 82 Satz 2 SGB IX hat der öffentliche Arbeitgeber den sich bewerbenden schwerbehinderten Menschen zu einem Vorstellungsgespräch zu laden. Diese Pflicht besteht nach § 82 Satz 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Menschen die fachliche Eignung offensichtlich fehlt. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass der öffentliche Arbeitgeber einem schwerbehinderten Bewerber die Chance eines Vorstellungsgesprächs gewähren muss, wenn seine fachliche Eignung zwar zweifelhaft, aber nicht offensichtlich ausgeschlossen ist. Insoweit ist der schwerbehinderte Bewerber im Bewerbungsverfahren besser gestellt als der nicht schwerbehinderte Konkurrent. Selbst wenn der Arbeitgeber sich auf Grund einer anhand der Bewerbungsunterlagen getroffenen Vorauswahl von vornherein die Meinung gebildet hat, ein oder mehrere andere Bewerber seien so gut geeignet, dass der schwerbehinderte Bewerber nicht mehr in die nähere Auswahl einbezogen werden sollte, muss er den schwerbehinderten Bewerber nach der gesetzlichen Intention einladen und ihm ein Vorstellungsgespräch gewähren (Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen § 82 Rn. 5); denn dieser soll im Rahmen des Vorstellungsgesprächs die Chance haben, den Arbeitgeber von seiner Eignung zu überzeugen. Wird ihm diese Möglichkeit genommen, liegt darin eine weniger günstige Behandlung als sie das Gesetz zur Herstellung gleicher Bewerbungschancen gegenüber anderen Bewerbern für erforderlich hält. Der zugleich damit verbundene Ausschluss aus dem weiteren Bewerbungsverfahren stellt sich als eine Benachteiligung dar, die in einem ursächlichen Zusammenhang mit der Behinderung steht.
(2) Dem Kläger fehlte für die ausgeschriebene Stelle nicht offensichtlich die fachliche Eignung im Sinne des § 82 Satz 3 SGB IX. Ob ein Bewerber offensichtlich nicht die notwendige fachliche Eignung hat, ist anhand der für die zu besetzende Stelle bestehenden Ausbildungs- oder Prüfungsvoraussetzungen zu beurteilen (Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen § 82 Rn. 6). Die Tatsache, dass der Kläger nicht den in der Ausschreibung geforderten Abschluss als Diplom-Betriebswirt (FH), sondern einen Universitätsabschluss als Diplom-Kaufmann (Betriebswirtschaft) erworben hat, begründet noch keine offensichtlich fehlende fachliche Eignung. Der Abschluss als Diplom-Betriebswirt (FH) ist für die zu besetzende Stelle nicht normativ vorgeschrieben. Es ist auch nicht offensichtlich, dass die universitäre Ausbildung in Trier gegenüber der Fachhochschulausbildung in Trier im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle dem Kläger nur eine unzureichende Eignung vermittelt hat. Das beklagte Land beruft sich im Wesentlichen darauf, die Stelle erfordere eine stärkere Praxisorientierung. Dass der notwendige Praxisbezug weder im universitären Studium noch während des Besuchs der Steuer- und Wirtschaftsakademie Trier vom Kläger erworben werden konnte, ist vom beklagten Land nicht vorgebracht worden. Zudem hatte der Kläger im Bewerbungsschreiben darauf hingewiesen, dass er bereits dreieinhalb Jahre in einem mittelständischen Betrieb als Controller gearbeitet und somit auch zusätzliche berufliche Praxiserfahrungen als Controller erworben habe. Es kann deshalb weder von einer offensichtlich fehlenden fachlichen Eignung noch von einer nicht ausreichenden praktischen Erfahrung des Klägers ausgegangen werden.
cc) Ob die Schwerbehindertenvertretung entgegen § 81 Abs. 1 Satz 4 und Satz 6 SGB IX an der Stellenbesetzung nicht beteiligt wurde, kann offen bleiben. Insoweit fehlen tatsächliche Feststellungen. Der Kläger hat erst in der Revisionsinstanz geltend gemacht, es habe zum Zeitpunkt seiner Bewerbung an der Fachhochschule Trier eine Schwerbehindertenvertretung bestanden. Vorher hat er lediglich vorgebracht, das Gericht habe im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes zu ergründen, ob eine evtl. vorhandene Schwerbehindertenvertretung übergangen worden sei. Er hat verkannt, dass im arbeitsgerichtlichen Urteilsverfahren nicht der Untersuchungsgrundsatz, sondern der Beibringungsgrundsatz gilt (vgl. Prütting in Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge ArbGG 5. Aufl. Einleitung Rn. 178; Düwell in Düwell/Lipke ArbGG 2. Aufl. Grundlagen Rn. 29).
dd) Es ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, dass das Landesarbeitsgericht auf Grund der unstreitigen Verstöße gegen Verfahrensbestimmungen, welche die Einstellungschancen schwerbehinderter Bewerber verbessern sollen, zu dem Ergebnis gelangt ist, die Fachhochschule habe den Kläger wegen seiner Behinderung benachteiligt. Die Kumulation der beiden festgestellten Verstöße rechtfertigt die Annahme einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit.
3. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts hat das beklagte Land die Vermutung der Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung nicht “entkräftet”.
a) Nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF trägt der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen. Erbringt er diesen Beweis, hat er die Vermutung der Benachteiligung wegen der Schwerbehinderung gemäß § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF widerlegt.
b) Das beklagte Land beruft sich ohne Erfolg darauf, die Fachhochschule habe Bewerber ausschließen können, die wie der Kläger einen Universitätsabschluss und nicht den in der Stellenausschreibung geforderten Abschluss eines Diplom-Betriebswirts (FH) haben. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, es unterliege der freien unternehmerischen Entscheidung des beklagten Landes, das Anforderungsprofil festzulegen. Da der Kläger nicht den geforderten Fachhochschulabschluss erworben habe, sei die Vermutung der Benachteiligung wegen seiner Behinderung widerlegt. Das hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
aa) Die Festlegung des Anforderungsprofils unterlag nicht der freien, gerichtlich nicht überprüfbaren Entscheidung des beklagten Landes. Denn bei der Besetzung der Stelle an der Fachhochschule Trier war zu beachten, dass der Zugang zu einem öffentlichen Amt nur nach Maßgabe von Art. 33 Abs. 2 GG eingeschränkt werden darf.
(1) Nach Art. 33 Abs. 2 GG hat jeder Deutsche nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt. Durch die Bestimmung des Anforderungsprofils für einen Dienstposten legt der Dienstherr die Kriterien für die Auswahl der Bewerber fest. Dies hat in Anwendung der in Art. 33 Abs. 2 GG für die Personalentscheidung genannten Kriterien zu erfolgen und soll ungeeignete Bewerber schon im Vorfeld der eigentlichen Auswahlentscheidung aus dem Kreis der in das engere Auswahlverfahren einzubeziehenden Bewerber ausschließen (Senat 15. März 2005 – 9 AZR 142/04 – BAGE 114, 80). Der Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes ist deshalb nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, für die zu besetzende Stelle ein Anforderungsprofil festzulegen und nachvollziehbar zu dokumentieren. Nur so kann eine Auswahlentscheidung nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG gerichtlich überprüft werden. Das hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Aus diesen Grundsätzen lässt sich allerdings nicht schließen, der Arbeitgeber sei frei, das Anforderungsprofil nach eigenem Gutdünken festzulegen.
Das grundrechtsgleiche Recht des Art. 33 Abs. 2 GG gewährleistet das Maß an Freiheit der Berufswahl nach Art. 12 Abs. 1 GG, das angesichts der von der jeweils zuständigen öffentlich-rechtlichen Körperschaft zulässigerweise begrenzten Zahl von Arbeitsplätzen im Öffentlichen Dienst möglich ist (BVerfG 22. Mai 1975 – 2 BvL 13/73 – BVerfGE 39, 334). Dem Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes steht bei der Anwendung des Art. 33 Abs. 2 GG und damit auch bei der Festlegung des Anforderungsprofils und der Eignungsmerkmale ein von der Verfassung gewährter Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliegt. Die Grenzen der Gestaltungsfreiheit ergeben sich aus den Wertentscheidungen in anderen Verfassungsnormen (BVerfG 24. September 2003 – 2 BvR 1436/02 – BVerfGE 108, 282). Da Personalentscheidungen zum Kernbereich der Exekutive gehören, setzt sich die Begrenzung des Prüfungsmaßstabs – anders als im Falle des § 315 Abs. 3 BGB – auch bei der arbeitsgerichtlichen Kontrolle derartiger Entscheidungen durch (Senat 3. Dezember 2002 – 9 AZR 457/01 – BAGE 104, 55). Dieser Spielraum des Arbeitgebers des Öffentlichen Dienstes besteht allerdings nur insoweit, als das Prinzip der “Bestenauslese” für die zu besetzende Stelle gewährleistet werden soll (Senat 18. September 2001 – 9 AZR 410/00 – BAGE 99, 67). Die Festlegung des Anforderungsprofils muss deshalb im Hinblick auf die Anforderungen der zu besetzenden Stelle sachlich nachvollziehbar sein.
(2) Der Festlegung einer formalen Ausbildungsqualifikation kommt die Aufgabe zu, die durch eine Prüfung nachgewiesene Befähigung zur Erledigung bestimmter Aufgaben abstrakt zu beschreiben. Der Arbeitgeber des Öffentlichen Dienstes ist im Hinblick auf das Recht des Zugangs zu einem öffentlichen Amt gemäß Art. 33 Abs. 2 GG allerdings gehindert, aus subjektiven Erwägungen die Inhaber von gleichwertigen oder höherwertigen Qualifikationen auszuschließen. Das würde den Zugang zu einem öffentlichen Amt unter Verletzung der verfassungsrechtlichen Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG einschränken, ohne dass dieses durch Gründe in der Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gerechtfertigt wäre. Durch die Auswahl nach den Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG sollen zwei Ziele erreicht werden: Die Sicherung der Funktionsfähigkeit des Öffentlichen Dienstes und die Klärung der Wettbewerbssituation unter den Bewerbern (Senat 21. Januar 2003 – 9 AZR 72/02 – BAGE 104, 295). Das verbietet es, Inhaber von gleichwertigen oder höherwertigen Abschlüssen allein aus formalen Gründen ohne Überprüfung der tatsächlich erworbenen Qualifikationen von vornherein aus dem Auswahlverfahren auszuschließen.
bb) Das Landesarbeitsgericht hat keine Tatsachen festgestellt, aus denen sich darauf schließen lässt, dass ein an der Universität Trier erworbener Abschluss als Diplom-Kaufmann nicht in gleicher Weise wie ein Abschluss Diplom-Betriebswirt (FH) geeignet ist, den Nachweis der Befähigung für die zu besetzende Stelle zu erbringen.
Das beklagte Land beruft sich darauf, die Bewerber müssten über eine fachhochschulspezifische Qualifikation verfügen. Von Bedeutung sei, dass an der einstellenden Fachhochschule Trier Studienabschlüsse als Diplom-Betriebswirt (FH) angeboten würden; für eine Fachhochschule, die Diplom-Betriebswirte (FH) ausbilde, habe das Land ein Interesse daran, dass dort repräsentative Stellen mit FH-Absolventen besetzt würden; die Fachhochschule Trier verstehe sich als praxisorientierte Hochschule mit internationaler Ausrichtung, die in der anwendungsorientierten Forschung und Entwicklung tätig sei sowie Beiträge zur wirtschaftlichen Entwicklung erbringe.
Diese Argumente rechtfertigen es nicht, als Voraussetzung für die zu besetzende Stelle ausschließlich die Befähigung Diplom-Betriebswirt (FH) zu verlangen. Ausgeschrieben worden ist die Stelle eines Controllers für die Bereiche Controlling, Kosten- und Leistungsberechnung sowie Flächenmanagement. Es handelt sich um eine Stelle in der internen Verwaltung der Fachhochschule. Der Stelleninhaber soll damit weder in der Forschung noch in der Lehre tätig sein, noch hat er repräsentative Aufgaben zu erfüllen. Weder die Forschungsausrichtung noch das Ausbildungsziel der Fachhochschule und erst recht nicht die Absicht, repräsentative Stellen mit FH-Absolventen zu besetzen, sind geeignet, nur den Fachhochschulabschluss als Eignungs- und Befähigungsnachweis gelten zu lassen. Welche konkreten arbeitsplatzbezogenen Fähigkeiten und Kenntnisse nicht im Rahmen der vom Kläger an der Universität Trier absolvierten Studien vermittelt werden, hat das beklagte Land nicht dargelegt. Hinzu kommt, dass der Kläger noch eine Zusatzqualifikation in einem schulmäßig organisierten Studium an der Steuer- und Wirtschaftsakademie erworben hat. Dieser ergänzend zum Universitätsstudium durchlaufene Bildungsgang ist weder vom beklagten Land noch vom Landesarbeitsgericht hinreichend gewürdigt worden. Sie haben zu Unrecht ausschließlich auf den formalen FH-Abschluss abgestellt.
cc) Das beklagte Land beruft sich ohne Erfolg darauf, für eine Einstellung des Klägers fehle es an entsprechenden Mitteln im Haushalt der Fachhochschule. Es meint, als an der Universität ausgebildeter Diplom-Kaufmann habe der Kläger bei Einstellung einen Vergütungsanspruch nach der VergGr. IIa BAT. Es stünde jedoch nur die ausgeschriebene Stelle nach VergGr. IVa/III BAT zur Verfügung. Das ist unrichtig.
In die Vergütungsgruppe IVa Fallgruppe 1a BAT mit der Möglichkeit des Bewährungsaufstiegs in die Vergütungsgruppe III BAT sind einzugruppieren:
“Angestellte im Büro-, Buchhalterei-, sonstigen Innendienst und im Außendienst, deren Tätigkeit sich durch besondere Schwierigkeit und Bedeutung aus der Vergütungsgruppe IVb Fallgruppe 1a heraushebt.”
Der Kläger wäre trotz seines Universitätsabschlusses dort und nicht in die höhere VergGr. IIa BAT einzugruppieren. Die Eingruppierung in die VergGr. IIa BAT Fallgruppen 1a bis 1c setzt neben der abgeschlossenen wissenschaftlichen Hochschulausbildung auch eine entsprechende Tätigkeit des Angestellten voraus. Die Stelle muss deshalb die Fähigkeit erfordern, die ein einschlägig ausgebildeter Akademiker auf dem entsprechenden akademischen Fachgebiet benötigt, nämlich Zusammenhänge überschauen und selbständig Ergebnisse entwickeln. Sie muss einen sogenannten akademischen Zuschnitt haben (BAG 20. September 1995 – 4 AZR 413/94 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 205). Das hat das beklagte Land nicht behauptet. Für die Eingruppierung von nichttechnischen Angestellten in die VergGr. IVa BAT ist lediglich die auszuübende Tätigkeit maßgebend (§§ 22, 23 BAT). Das gilt auch für Angestellte mit wissenschaftlicher Hochschulausbildung.
c) Das Landesarbeitsgericht hat verkannt, dass die unzulässige Benachteiligung wegen eines Universitätsdiploms nicht ausschließt, dass der Kläger auch noch wegen eines anderen Grundes benachteiligt worden sein kann.
aa) Das Landesarbeitsgericht hat die Auffassung vertreten, es liege allenfalls eine Diskriminierung von Diplom-Kaufleuten mit Universitätsabschluss gegenüber Diplom-Betriebswirten (FH) vor. Die dem Kläger vorenthaltene Chancengleichheit im Bewerbungsverfahren beruhe allein auf dem Ausbildungsabschluss; sie habe nichts mit der Schwerbehinderung des Klägers zu tun.
bb) Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (16. November 1993 – 1 BvR 258/86 – BVerfGE 89, 276) und des Bundesarbeitgerichts (5. Februar 2004 – 8 AZR 112/03 – BAGE 109, 265) ist es für den Entschädigungsanspruch unschädlich, wenn die Benachteiligung auf einem Motivbündel beruht. Für die Annahme einer Benachteiligung wegen einer Behinderung genügt es, dass dieser Benachteiligungsgrund mitursächlich war.
cc) So ist es hier. Zu der Benachteiligung wegen des Universitätsabschlusses tritt die Benachteiligung wegen der Behinderung hinzu. Wer einen schwerbehinderten Menschen ungleich behandelt, kann sich nicht dadurch entlasten, indem er sich auf das Vorliegen weiterer Benachteiligungsgründe beruft. Er hat vielmehr nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 Satz 3 SGB IX aF darzulegen und im Streitfall zu beweisen, dass ausschließlich “nicht auf die Behinderung bezogene, sachliche Gründe” vorlagen. Darauf, dass die Leitung der Fachhochschule möglicherweise nicht beabsichtigt hatte, behinderte Bewerber zu benachteiligen, kommt es nicht an. Es genügt, dass deren unterlassene Maßnahmen (Meldung an die Arbeitsagentur und Einladung zum Vorstellungsgespräch) objektiv geeignet sind, schwerbehinderten Bewerbern keine oder schlechtere Chancen einzuräumen. Es fehlt an einem weiteren Vortrag des beklagten Landes für vermutungsschädliche Tatsachen oder sachliche Rechtfertigungsgründe. Daher ist die vom Landesarbeitsgericht angenommene Vermutung der Benachteiligung wegen der Behinderung nicht widerlegt.
4. Zur angemessenen Höhe der zu zahlenden Entschädigung hat das Landesarbeitsgericht noch Feststellungen zu treffen.
a) Dabei hat es zu beachten, dass die Entschädigung nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 SGB IX aF auf höchstens drei Monatsverdienste begrenzt wird, wenn der schwerbehinderte Bewerber auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre. Das Landesarbeitsgericht hat deshalb anhand der Bewerberlage zu prüfen, ob der Kläger bei Zugrundelegung der Grundsätze der Bestenauslese nach Art. 33 Abs. 2 GG hätte eingestellt werden müssen. Nur dann ist der Entschädigungsanspruch nicht auf höchstens drei Monatsverdienste beschränkt.
b) Die Höhe der Entschädigung muss nach § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 SGB IX aF angemessen sein. Das bestimmt sich nach der Art und Schwere des Verstoßes sowie der Folgen für den schwerbehinderten Bewerber (Neumann in Neumann/Pahlen/Majerski-Pahlen § 81 Rn. 17). Auch insoweit hat das Landesarbeitsgericht noch Feststellungen nachzuholen. Es ist insbesondere von Bedeutung, ob die Behauptung des beklagten Landes zutrifft, die Fehler im Verfahren seien teilweise versehentlich erfolgt.
Entscheidend ist auch, dass dem beklagten Land zumindest zwei Verstöße gegen die Förderungspflicht von schwerbehinderten Menschen vorzuwerfen sind (§ 81 Abs. 1 Satz 1 und § 82 Satz 2 SGB IX).
Unterschriften
Düwell, Böck, Krasshöfer, Preuß, Merkle
Fundstellen
Haufe-Index 1712248 |
BAGE 2008, 262 |
DB 2007, 747 |