Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung eines Aufhebungsvertrages wegen Drohung
Orientierungssatz
1. Eine Drohung im Sinne des § 123 Abs 1 BGB setzt objektiv die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird. Auch in der Ankündigung einer ordentlichen Kündigung liegt eine Drohung im Sinne des § 123 Abs 1 BGB.
2. Die Androhung einer Kündigung ist widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte.
3. Abmahnung und Kündigungsgründe müssen in einem inneren Zusammenhang stehen.
4. Zum Weiterbeschäftigungsanspruch.
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin ist bei der Beklagten, die einen gastronomischen Betrieb betreibt und regelmäßig mehr als fünf Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden beschäftigt, seit zwei Jahren als Fachverkäuferin beschäftigt.
Im Laufe des Jahres 1990 kam es zwischen den Parteien zu Spannungen. Die Beklagte erteilte der Klägerin unter dem 15. und 20. August 1990 zwei Abmahnungen wegen verspäteter Anzeige einer Arbeitsunfähigkeit. Hiergegen beschwerte sich die Klägerin beim Betriebsrat. Der Betriebsrat hielt die Beschwerde für gerechtfertigt und wandte sich mit Schreiben vom 30. August 1990 an die Beklagte.
Ebenfalls am 30. August 1990 stellte die Klägerin eine Differenz in der von ihr geführten Kasse fest. Dies teilte sie der Beklagten mit und erklärte, daß sie unter den herrschenden Umständen an ihrem Stand die Verantwortung für eine korrekte Kassenführung nicht mehr übernehmen könne. Am 31. August 1990 kam es zwischen den Parteien zu einem Gespräch über die Kassendifferenz.
Die Klägerin wurde am 4. September 1990 zu einer Unterredung mit dem Direktor der Beklagten, Herrn V, gebeten. Dort wurde ihr eine vorgefertigte Vereinbarung über die Auflösung des Arbeitsverhältnisses, datierend vom 31. August 1990, vorgelegt. Nachdem während des Gesprächs als Tag der Beendigung des Arbeitsverhältnisses der 4. September 1990 und als Abfindung der Betrag von 2.000,– DM handschriftlich eingetragen worden waren, unterzeichnete die Klägerin diese Vereinbarung.
Mit Schreiben der sie vertretenden Gewerkschaft vom 6. September 1990 focht die Klägerin diese Erklärung gem. § 123 BGB an, weil sie von ihr unter widerrechtlichem Druck seitens der Beklagten unterzeichnet worden sei und bot am selben Tag ihre Arbeitskraft gegenüber Herrn V an. Die Beklagte lehnte eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab.
Mit der vorliegenden Klage erstrebt die Klägerin ihre Weiterbeschäftigung und hat hierzu im wesentlichen vorgetragen:
Sie sei widerrechtlich durch Drohung zum Abschluß der Auflösungsvereinbarung veranlaßt worden. Herr V habe ihr erklärt, ihre Mitteilung, die Verantwortung für die Kasse nicht übernehmen zu können, sei eine Frechheit. Er habe ihr keine Gelegenheit gegeben, den Sachverhalt aufzuklären. Vielmehr habe er erklärt, entweder müßte sie die Aufhebungsvereinbarung unterschreiben, dann bekäme sie auch ein qualifiziertes Zeugnis, oder sie würde sonst gar nichts erhalten. Sie habe um Bedenkzeit von einem Tag gebeten. Herr V habe ihr dies verweigert und erklärt, sie komme nicht eher aus dem Raum, bis sie unterschrieben habe. Anschließend könne sie zum Betriebsrat laufen und sich dort ausweinen. Durch Ton und Inhalt der Erklärung habe sie sich bedroht gefühlt und die Erklärung unterschrieben, um endlich den Raum verlassen zu können.
Die Klägerin hat beantragt, die Beklagte zu verurteilen, sie zu unveränderten Bedingungen als Fachverkäuferin weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, das Gespräch am 4. September 1990 sei anders als von der Klägerin geschildert abgelaufen. Herr V habe sie auf verschiedene Mißstände und auch auf die Kassendifferenz vom 30. August 1990 angesprochen. Sie habe erklärt, für diesen Tag die Verantwortung für die Kasse nicht übernehmen zu können, weil schon mehrere Personen auf ihren Schlüssel gebont hätten. Sodann habe Herr V erklärt, daß es zwei Möglichkeiten gäbe, das bestehende Arbeitsverhältnis zu beenden. Entweder müßte der normale Weg einer fristgerechten Kündigung oder der Weg eines Abfindungsvertrages, der das Arbeitsverhältnis sofort lösen würde, beschritten werden. Die Klägerin habe erwidert, sie wolle einen Abfindungsvertrag schließen. Daraufhin habe Herr V eine Abfindung in Höhe von 1.800,– DM vorgeschlagen. Die Klägerin habe erwidert, daß sie 2.000,– DM haben wolle. Herr V habe eingewilligt, und die Klägerin habe den vorbereiteten Vertrag unterschrieben. Ihr wäre nicht die Ausstellung eines Zeugnisses verweigert worden. Sie habe auch nicht um die Einräumung einer Bedenkzeit gebeten.
Beide Vorinstanzen haben der Klage stattgegeben. Mit der Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Die Klägerin hat beantragt, unter Zurückweisung der Revision
- festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet war, sie ab dem 10. Dezember 1990 bis zum 15. Januar 1992 als Fachverkäuferin zu unveränderten Bedingungen zu beschäftigen,
- die Beklagte zu verurteilen, sie zukünftig zu unveränderten Arbeitsbedingungen weiterzubeschäftigen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Entsprechend dem in der Revisionsinstanz teilweise geänderten Klageantrag ist festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet gewesen ist, die Klägerin vom 10. Dezember 1990 bis 15. Januar 1992 zu unveränderten Bedingungen weiterzubeschäftigen. Für die Zeit ab 16. Januar 1992 sind die Entscheidungen der Vorinstanzen auch insoweit zu bestätigen, wie sie die Beklagte zur Weiterbeschäftigung der Klägerin verurteilt haben.
A.
Gegen den teilweisen Übergang von der (Leistungs-)Klage auf Weiterbeschäftigung für die Zeit vom 10. Dezember 1990 bis 15. Januar 1992 zur Klage auf Feststellung, daß in diesem Zeitraum eine Weiterbeschäftigungspflicht der Beklagten bestanden hat, bestehen keine Bedenken. Da der Klageanspruch derselbe geblieben ist, liegt ein Fall der Klageeinschränkung im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO vor, die auch noch in der Revisionsinstanz vorgenommen werden kann (vgl. BAGE 17, 331, 334 = AP Nr. 104 zu § 242 BGB Ruhegehalt, zu I der Gründe).
Die Feststellungsklage ist auch zulässig. Besteht das Arbeitsverhältnis fort, so hat sich ein (vorläufiger) Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerin für die Dauer des Rechtsstreits bis zur Entscheidung über die Revision infolge Zeitablaufs in der Hauptsache erledigt, weil ein Arbeitgeber zur Beschäftigung eines Arbeitnehmers für eine zurückliegende Zeit nicht verurteilt werden kann. Die Klägerin hat bereits im Hinblick auf die persönlichkeitsrechtliche Natur des Beschäftigungsanspruchs (vgl. dazu nachfolgend unter B II) gem. § 256 Abs. 1 ZPO ein rechtliches Interesse an der Feststellung, daß in dem zurückliegenden Zeitraum eine Beschäftigungspflicht der Beklagten bestanden hat (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 1985 - 2 AZR 410/84 - AP Nr. 19 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht, zu A der Gründe).
B.
Der in der Revisionsinstanz von der Klägerin weiterverfolgte Feststellungsantrag ist auch begründet. Die Beklagte war verpflichtet, die Klägerin jedenfalls ab 10. Dezember 1990, dem Tag des Erlasses des arbeitsgerichtlichen Urteils, auch während der Dauer des vorliegenden Rechtsstreits zu den bisherigen Bedingungen weiterzubeschäftigen.
I.
Beide Vorinstanzen haben jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen, daß das Arbeitsverhältnis der Klägerin fortbesteht.
1. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung damit begründet, daß sich die Berufung der Beklagten auf den Aufhebungsvertrag vom 4. September 1990 und ihre damit begründete Ablehnung einer Weiterbeschäftigung als unzulässige Rechtsausübung darstelle.
Unstreitig sei der Klägerin das Thema für das bereits seit dem 31. August 1990 ins Auge gefaßte Gespräch nicht mitgeteilt worden. Am 4. September 1990 sei ihr dann eine fristgerechte Kündigung ihres Arbeitsverhältnisses für den Fall, daß eine einvernehmliche Auflösung nicht zustandekomme, angedroht und weder eine Bedenkzeit noch ein Widerrufsrecht eingeräumt worden. Hierin könne nur der Versuch der unredlichen Überrumpelung der Klägerin gesehen werden. Die Beklagte habe durch dieses Verhalten einen Vorteil erlangt, den sie sonst nicht erreicht hätte. Die Klägerin stehe unter dem besonderen Schutz des Kündigungsschutzgesetzes. Selbst wenn Umstände vorgelegen haben sollten, die einen gerecht und billig denkenden Arbeitgeber veranlassen würden, eine fristgerechte Kündigung in Erwägung zu ziehen, so habe die Beklagte mit der Auflösungsvereinbarung die Wirksamkeit der Auflösung sicherstellen und einer gerichtlichen Kontrolle entziehen wollen, ohne der Klägerin eine angemessene Gegenleistung zu gewähren.
Sich auf einen so zustande gekommenen Aufhebungsvertrag zu berufen sei rechtsmißbräuchlich. Es könne somit dahinstehen, ob tatsächlich eine widerrechtliche Drohung seitens der Beklagten vorgelegen habe.
2. Es kann offen bleiben, ob diese Würdigung zutrifft (Zur Bedeutung des Zeitdrucks für die Anfechtung eines Aufhebungsvertrages wegen Drohung vgl. Flume, Das Rechtsgeschäft, 3. Aufl., § 28 2., S. 536 ff.; KR-Wolf, 3. Aufl., Grunds. Rz 194; MünchKomm-Kramer, 2. Aufl., § 123 BGB Rz 36; MünchKomm-Schwerdtner, aaO, vor § 620 BGB Rz 14, 15; Zöllner, Gutachten D zum 52. Deutschen Juristentag 1978, S. 125). Denn der Aufhebungsvertrag vom 4. September 1990 ist schon deshalb unwirksam, weil die Anfechtung der Klägerin wegen der Androhung einer ordentlichen Kündigung durch die Beklagte durchgreift (§ 123 Abs. 1, § 142 Abs. 1 BGB).
a) Eine Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB setzt objektiv die Ankündigung eines zukünftigen Übels voraus, dessen Zufügung in irgendeiner Weise als von der Macht des Ankündigenden abhängig hingestellt wird (vgl. BAGE 41, 229, 236 = AP Nr. 23 zu § 123 BGB, zu B I 1 der Gründe, m.w.N.). Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten ist der Klägerin in der Unterredung vom 4. September 1990 erklärt worden, das Arbeitsverhältnis müsse entweder durch fristgerechte Kündigung oder durch einen Aufhebungsvertrag mit sofortiger Wirkung beendet werden. Auch in der Ankündigung einer ordentlichen Kündigung liegt eine Drohung im Sinne des § 123 Abs. 1 BGB (Senatsurteil vom 24. Januar 1985 - 2 AZR 317/84 - AP Nr. 8 zu § 1 TVG Tarifverträge: Einzelhandel, zu III 2 und 3 der Gründe), durch die die Klägerin zum Abschluß eines Aufhebungsvertrages bestimmt werden sollte.
b) Bereits die Drohung mit dieser Maßnahme war widerrechtlich. aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. dazu das vorbezeichnete Senatsurteil, zu III 1 der Gründe, m.w.N.) ist die Androhung einer Kündigung widerrechtlich, wenn ein verständiger Arbeitgeber eine Kündigung nicht ernsthaft in Erwägung ziehen durfte. Es ist nicht erforderlich, daß die angekündigte Kündigung, wenn sie ausgesprochen worden wäre, sich in einem Kündigungsschutzprozeß als rechtsbeständig erwiesen hätte. Bei Anwendung dieses Grundsatzes durfte die Beklagte der Klägerin keine ordentliche Kündigung androhen. Dies kann der Senat aufgrund des bisherigen Sach- und Streitstandes abschließend beurteilen.
bb) Nach dem Vortrag der Beklagten in den Vorinstanzen gab es Reklamationen über die mangelnde Freundlichkeit der Klägerin gegenüber den Gästen, die Qualität des Essens und des Displays. Ferner sollen in ihrer Abteilung Minusbeträge bei Abrechnungen aufgetreten sein – so auch am 30. August 1990 -. Schließlich habe die Klägerin ihren Arbeitsplatz an diesem Tag vorzeitig verlassen.
Hierbei handelt es sich sämtlich um Pflichtverletzungen im Leistungsbereich, die in der Regel nur dann einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund im Sinne des § 1 Abs. 2 KSchG abgeben können, wenn der Arbeitnehmer vorher wegen gleichartigem Fehlverhalten abgemahnt worden ist (ständige Rechtsprechung des BAG; vgl. Urteil vom 10. November 1988 - 2 AZR 215/88 - AP Nr. 3 zu § 1 KSchG 1969 Abmahnung, zu II 2 a der Gründe; Urteil vom 17. Januar 1991 - 2 AZR 375/90 - EzA § 1 KSchG Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 37, zu II 2 c der Gründe; jeweils m.w.N.). Die Beklagte hat derartige Abmahnungen nicht vorgetragen. Die beiden Abmahnungen vom 15. und 20. August 1990 wurden wegen verspäteter Einreichung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ausgesprochen und betreffen somit einen anderen Bereich als die von der Beklagten für die angedrohte Kündigung herangezogenen Pflichtwidrigkeiten; Abmahnung und Kündigungsgründe müssen jedoch in einem inneren Zusammenhang stehen (vgl. nur Ascheid, Personalführung 1990, 296, 300). Das von der Beklagten angeführte Gespräch zwischen dem Betriebsrat und der Klägerin vom 28. Dezember 1989 kann deshalb nicht als ausreichende Abmahnung angesehen werden, weil es ausweislich des hierüber erstellten Protokolls an dem für eine kündigungsrelevante Abmahnung erforderlichen Hinweis fehlt, daß im Wiederholungsfall der Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdet sei (Warnfunktion der Abmahnung; vgl. dazu Senatsurteil vom 10. November 1988, aaO, zu II 2 a der Gründe, m.w.N.).
Die von der Beklagten für die angedrohte Kündigung herangezogenen Pflichtverletzungen der Klägerin sind somit aus diesem Grunde bereits nicht geeignet, einen verhaltensbedingten Kündigungsgrund abzugeben. Schon deshalb durfte die Beklagte eine solche Maßnahme auch nicht in Erwägung ziehen.
II.
Besteht das Arbeitsverhältnis der Klägerin fort, so hatte sie in der Zeit von der Verkündung des arbeitsgerichtlichen Urteils vom 10. Dezember 1990 an während der Dauer des Rechtsstreits bis zum 15. Januar 1992 einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu unveränderten Arbeitsbedingungen.
1.a) Mit Beschluß vom 27. Februar 1985 (BAGE 48, 122 = AP Nr. 14 zu § 611 BGB Beschäftigungspflicht) hat der Große Senat auch für den Fall der nicht offensichtlich unwirksamen Kündigung einen Weiterbeschäftigungsanspruch über den Ablauf der Kündigungsfrist oder bei der fristlosen Kündigung über deren Zugang hinaus bis zum rechtskräftigen Abschluß des Kündigungsschutzprozesses anerkannt, wenn nicht überwiegende schutzwerte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Dies trifft bei einem streitigen Ende des Arbeitsverhältnisses jedenfalls solange zu, wie der Ausgang des Streits über den Bestand des Arbeitsverhältnisses ungewiß ist. Bei der gebotenen Interessenabwägung ist das Risiko des ungewissen Prozeßausgangs zugunsten des Arbeitgebers zu berücksichtigen. Erstreitet der Arbeitnehmer aber im Kündigungsprozeß ein obsiegendes Urteil, kann die Ungewißheit über den endgültigen Prozeßausgang für sich allein ein überwiegendes Interesse des Arbeitgebers an der Nichtbeschäftigung des Arbeitnehmers nicht mehr begründen. Vielmehr muß der Arbeitgeber für diesen Fall zusätzliche Umstände anführen, aus denen sich sein überwiegendes Interesse einer Nichtbeschäftigung ergibt (aaO, zu C II der Gründe; Senatsurteil vom 13. Juni 1985, aaO, zu B II 4 a der Gründe).
Liegen diese Voraussetzungen vor, so kann der Weiterbeschäftigungsanspruch bereits während des Kündigungsschutzprozesses geltend gemacht werden. Das kann im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 260 ZPO) in dem Kündigungsschutzprozeß geschehen oder in einem anderen Prozeß.
b) Soweit die Unwirksamkeit der Kündigung nicht nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes geltend gemacht werden muß (§ 13 Abs. 2 und 3 KSchG), bedarf es keiner vorher oder zugleich mit der Beschäftigungsklage erhobenen Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung. In diesen Fällen ist die Unwirksamkeit der Kündigung als Vorfrage im Weiterbeschäftigungsprozeß zu prüfen. Der Weiterbeschäftigungsklage darf nur stattgegeben werden, wenn das Gericht gleichzeitig inzidenter feststellt, daß das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst worden ist (vgl. Beschluß des Großen Senats, aaO, zu C III der Gründe; Senatsurteil vom 13. Juni 1985, aaO, zu B II 4 b der Gründe).
2. Nicht anders ist die Rechtslage zu beurteilen, wenn die Parteien nicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch eine Kündigung des Arbeitgebers, sondern darüber streiten, ob das Arbeitsverhältnis durch Ablauf einer vereinbarten Frist oder Eintritt einer auflösenden Bedingung oder, wie im vorliegenden Fall, durch einen Aufhebungsvertrag beendet worden ist. Entscheidend für die Zuerkennung eines Weiterbeschäftigungsanspruchs ist nach Ansicht des Großen Senats die unterschiedliche Interessenlage während des unangefochtenen Bestehens des Arbeitsverhältnisses und eines Streits über seinen Fortbestand. Die hierfür angeführten Gründe gelten unabhängig davon, ob der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses wegen einer vom Arbeitgeber ausgesprochenen Kündigung, einer Befristung, einer auflösenden Bedingung oder eines Aufhebungsvertrages streitig ist (für den Fall der Befristung: Senatsurteil vom 13. Juni 1985, aaO, zu B II 5 der Gründe).
Ebenso wie bei einem Streit über eine Kündigung, deren Unwirksamkeit nicht nach den Vorschriften des Kündigungsschutzgesetzes geltend gemacht werden muß, braucht der Arbeitnehmer auch bei einem Streit über eine Befristung oder einen Aufhebungsvertrag nicht vorher oder gleichzeitig mit der Beschäftigungsklage eine Klage auf Feststellung des Fortbestandes des Arbeitsverhältnisses zu erheben. Er kann auch in diesem Fall unmittelbar eine Leistungsklage auf Weiterbeschäftigung erheben; die Unwirksamkeit der Befristung oder des Aufhebungsvertrages ist dann als Vorfrage zu prüfen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 1985, aaO).
3. Wie die Anwendung dieser Grundsätze auf den vorliegenden Fall ergibt, hat die Klägerin jedenfalls vom 10. Dezember 1990 bis zum 15. Januar 1992 gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Weiterbeschäftigung gehabt.
Während dieses Zeitraums bestand ein Urteil, in dem der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses festgestellt war, wobei unerheblich ist, daß dies inzidenter als Vorfrage im Rahmen der Beschäftigungsklage geschehen ist. Damit überwog das Interesse der Klägerin an einer Beschäftigung das Interesse der Beklagten an ihrer Nichtbeschäftigung. Zusätzliche Umstände, aus denen sich ein überwiegendes Interesse an der Nichtbeschäftigung der Klägerin auch in diesem Zeitraum ergeben könnte, sind nicht ersichtlich.
4. Wie bereits ausgeführt, hat sich der Weiterbeschäftigungsanspruch der Klägerin zur Entscheidung über die Revision infolge Zeitablaufs in der Hauptsache teilweise erledigt. Die Klägerin konnte jedoch von der Beschäftigungsklage zu einer entsprechenden Feststellungsklage übergehen.
C.
Für die Zeit ab der Verkündung des Revisionsurteils steht der Klägerin der allgemeine Beschäftigungsanspruch bei unangefochten bestehendem Arbeitsverhältnis zu, da nunmehr rechtskräftig über die Weiterbeschäftigungspflicht und damit als Vorfrage auch über den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses entschieden ist. Diesen Anspruch kann die Klägerin nach § 259 ZPO geltend machen (vgl. Senatsurteil vom 13. Juni 1985, aaO, zu C der Gründe).
Unterschriften
Hillebrecht, Triebfürst, Bitter, Timpe, Strümper
Fundstellen
AiB 1992, 364 (ST1) |
NZA 1992, 1023 |
NZA 1992, 1023-1025 (ST1) |
RzK, I 9i Nr 23 (ST1) |
ArztR 1993, 10 (K) |
EzA, (ST1-3) |
NV, (nicht amtlich veröffentlicht) |