Entscheidungsstichwort (Thema)
Tarifauslegung. Anforderungen an die Revisionsbegründung bei Doppelbegründung im Berufungsurteil
Orientierungssatz
1. Hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf zwei voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung beide Erwägungen angreifen; andernfalls ist die Revision unzulässig.
2. Die Zulagen, für deren Wegfall nach § 2 Abs. 1 Konzern ZÜTV die “Zulage Überleitung” gezahlt wird, müssen eine tarifvertragliche Grundlage haben.
3. Die jahresbezogene Vergleichsberechnung, nach der sich nach § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV die “Zulage Überleitung” bei der Einführung neuer tarifvertraglicher Entgeltstrukturen bestimmt, bezieht sich nur auf tarifliche Entgeltbestandteile und nicht auf außer- oder übertarifliche Leistungen.
4. In diese jahresbezogene Vergleichsberechnung ist das Monatstabellenentgelt und nicht die Vergütung für die tatsächlich geleisteten Stunden einschließlich der Zuschläge für Überstunden, Nacht- und Sonntagsarbeit einzubeziehen.
Normenkette
ZPO § 551 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Hessisches LAG (Urteil vom 27.03.2006; Aktenzeichen 10 Sa 648/05) |
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 09.02.2005; Aktenzeichen 6 Ca 5706/04) |
Tenor
1. Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 27. März 2006 – 10 Sa 648/05 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Zahlung einer tarifvertraglich geregelten Zulage.
Der Kläger ist bei der Beklagten bzw. ihren Rechtsvorgängerinnen seit dem 13. August 2001 als Sicherungsleiter, Sicherungsposten und Sicherheitsaufsichtskraft beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand bis zum 31. August 2002 der Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer/innen der BSG Bahn Schutz- und Service GmbH vom 21. August 2000 (ETV BSG) und ab 1. September 2002 der Entgelttarifvertrag für die Arbeitnehmer der BRG Servicegesellschaft Leipzig mbH, Bereich Fahrwegdienste vom 26. August 2002 (ETV FWD) Anwendung. Die Beklagte, auf die das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger übergegangen ist, ist eine 100 %ige Tochter der Deutschen Bahn AG mit bundesweit etwa 1.800 Arbeitnehmern und erbringt Fahrwegdienste.
Mit Schreiben vom 27. November 2003 verlangte der Kläger von der Beklagten ua. auch die Berechnung und Nachzahlung der “Zulage Überleitung” (ZÜ) nach § 2 Abs. 2 des Tarifvertrages zur Sicherung und Anpassung von Entgeltdifferenzen vom 1. August 2002 (Konzern ZÜTV). Über seine Gewerkschaft forderte er von der Beklagten mit Schreiben vom 14. März 2004 die ZÜ iHv. 93,13 Euro monatlich, und zwar für den Zeitraum von September 2002 bis Februar 2004 iHv. insgesamt 1.676,34 Euro. Dem lag die vom Kläger erstellte “Jahresbetrachtung September 2001 – August 2002 für ZÜ” zugrunde, in der monatsbezogen die gezahlte Vergütung für die tatsächlich geleisteten Stunden einschließlich der Überstunden und der Zuschläge und einschließlich der sog. “objektbezogenen AT-Zulage” und der “Ausgleichszahlung BRG” der Vergütung gegenübergestellt war, die sich bei Anwendung des neuen Entgeltsystems ergebe; aus der Gesamtdifferenz in dem Vergleichszeitraum war die vom Kläger zunächst geltend gemachte ZÜ in Höhe von 93,13 Euro monatlich berechnet.
Mit seiner Klage verfolgt der Kläger seine von der Beklagten zurückgewiesenen Ansprüche auf Zahlung der ZÜ weiter, in der ersten Instanz zuletzt ausgehend von einer korrigierten Berechnung der ZÜ von monatlich 89,81 Euro für die Monate von September 2002 bis November 2004 (einschließlich eines doppelten Betrages für November 2003 und 2004) insgesamt einen Betrag von 2.604,31 Euro. In der Berufungsinstanz hat er geltend gemacht, dass ihm nach § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV eine ZÜ iHv. 88,02 Euro monatlich zustehe und somit für den Zeitraum von September 2002 bis November 2004 ein Gesamtbetrag von 2.376,54 Euro. In die tarifvertraglich erforderliche individuelle Vergleichsberechnung seien alle tatsächlich geleisteten Stunden und sämtliche Zuschläge für Mehr-, Sonntags- und Nachtarbeit und auch die ihm im Vergleichszeitraum gewährte “objektbezogene AT-Zulage” und “Ausgleichszahlung BRG” einzubeziehen. In der Zeit von September 2001 bis August 2002 habe er, wie sich aus seiner korrigierten Berechnung ergebe, ein Gesamteinkommen iHv. 32.235,21 Euro erzielt, während er nach dem neuen Entgelttarifvertrag in diesem Zeitraum lediglich 31.090,91 Euro verdient hätte. Aus der danach bestehenden Differenz iHv. 1.144,30 Euro errechne sich – bei der tariflich vorgeschriebenen Teilung durch 13 – eine ZÜ iHv. 88,02 Euro monatlich. Seine Forderungen seien auch nicht teilweise verfallen, weil ihm diese nicht früher erkennbar gewesen seien.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 2.376,54 Euro brutto nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1. Dezember 2004 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, die Klage sei dem Grunde und der Höhe nach unschlüssig. Der Kläger habe nicht nachvollziehbar dargelegt, wie die ZÜ für den Referenzzeitraum errechnet worden sei. Aus der von ihr, der Beklagten, durchgeführten Vergleichsberechnung, in der entsprechend der tariflichen Regelung die tariflichen Entgeltbestandteile in dem Vergleichszeitraum nach der alten und neuen Entgeltstruktur gegenübergestellt seien, ergebe sich, dass beim Kläger keine Entgeltdifferenzen durch die Einführung des neuen Entgelttarifvertrages entstanden seien. Zudem sei ein Großteil der geltend gemachten Ansprüche im Hinblick auf die Ausschlussfrist im einschlägigen Manteltarifvertrag verfallen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung des Klägers im Hinblick auf den von ihm noch geltend gemachten Betrag von insgesamt 2.376,54 Euro für den Zeitraum von September 2002 bis November 2004 zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen zuletzt gestellten Antrag weiter. Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist zulässig, aber nicht begründet.
I. Die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision entspricht den gesetzlichen Anforderungen.
1. Nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO muss die Revisionsbegründung die bestimmte Bezeichnung der Umstände enthalten, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt. Die Begründung genügt diesen Anforderungen, wenn sie auf den Streitfall zugeschnitten ist und im Einzelnen erkennen lässt, in welchen Punkten tatsächlicher oder rechtlicher Art sowie aus welchen Gründen der Rechtsmittelführer das angefochtene Urteil für unrichtig hält (zB BAG 16. April 2003 – 4 AZR 367/02 – BAGE 106, 46, 49 f.). Hat das Berufungsgericht seine Entscheidung auf zwei voneinander unabhängige, selbständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss die Revisionsbegründung beide Erwägungen angreifen. Andernfalls ist das Rechtsmittel insgesamt unzulässig (vgl. für die Berufung BAG 11. März 1998 – 2 AZR 497/97 – BAGE 88, 171; vgl. auch GK-ArbGG/Mikosch Stand März 2007 § 74 Rn. 59).
2. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung entgegen dem ersten Anschein nicht auf eine Doppelbegründung gestützt, die zwei gesonderte Revisionsangriffe erfordert hätte.
a) Zwar macht sich das Landesarbeitsgericht zunächst die Begründung des Arbeitsgerichts zu eigen, das die Anträge wegen der nicht nachvollziehbaren Berechnung der ZÜ iHv. 89,81 Euro monatlich als unschlüssig ansieht. Ergänzend führt das Landesarbeitsgericht aus, dass die Einbeziehung der AT-Zulage, der Ausgleichszahlung BRG und der tatsächlich geleisteten Stunden einschließlich der Zuschläge nicht der tariflichen Regelung entspreche. Darin könnte eine Doppelbegründung gesehen werden, wenn das Landesarbeitsgericht die Ablehnung der Ansprüche des Klägers nicht nur auf dessen fehlerhafte Berechnungsmethode, sondern auch auf die nicht nachvollziehbare und deshalb unschlüssige Darlegung der geltend gemachten Beträge gestützt hätte.
b) In der Sache begründet das Landesarbeitsgericht seine Entscheidung aber nur mit der fehlerhaften Berechnungsmethode des Klägers. Denn der Kläger hat im Berufungsverfahren eine neue Berechnung der ihm zustehenden ZÜ in Höhe von 88,02 Euro monatlich vorgenommen. Auf diese neue Berechnung kann sich die Begründung des Arbeitsgerichts, die sich das Landesarbeitsgericht zu eigen gemacht hat, nicht bezogen haben. Damit beinhalten die Entscheidungsgründe des Landesarbeitsgerichts nicht die Zweitbegründung, der Kläger habe die geltend gemachte ZÜ iHv. 88,02 Euro monatlich nicht nachvollziehbar dargelegt. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit lediglich deutlich gemacht, dass das angefochtene Urteil des Arbeitsgerichts, das auf der Grundlage eines anderen Prozessvortrags ergangen war, aus seiner Sicht von Rechts wegen nicht zu beanstanden war.
c) Hinsichtlich der somit allein tragenden Begründung des Landesarbeitsgerichts, dass ein Anspruch des Klägers auf die von ihm begehrte ZÜ nach § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV aus bestimmten, die Berechnung des Klägers im Einzelnen betreffenden Gründen nicht gegeben ist, entspricht die Revisionsbegründung den gesetzlichen Anforderungen.
II. Die Revision des Klägers ist nicht begründet. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass dem Kläger die geltend gemachte ZÜ von 88,02 Euro monatlich, dh. für den Zeitraum von September 2002 bis November 2004 iHv. insgesamt 2.376,54 Euro nicht zusteht.
1. Das Landesarbeitsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass als Anspruchsgrundlage für die von dem Kläger geltend gemachten Ansprüche auf Zahlung der ZÜ nur § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV in Betracht kommt.
a) Der Kläger macht zu Unrecht geltend, das Landesarbeitsgericht habe damit verkannt, dass § 2 Abs. 1 und § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV zwei unterschiedliche Anspruchsgrundlagen für die ZÜ darstellen und dass ihm durch den Wegfall der “objektbezogenen AT-Zulage” und der “Ausgleichszahlung BRG” ein Anspruch nach § 2 Abs. 1 Konzern ZÜTV zustehe.
b) Wenn das Landesarbeitsgericht von § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV als einzige in Betracht kommende Anspruchsgrundlage ausgeht, negiert es damit nicht § 2 Abs. 1 Konzern ZÜTV als eigenständige Anspruchsgrundlage. Es folgt damit vielmehr dem eigenen Vorbringen des Klägers, der sich in der Berufungsinstanz allein auf § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV als maßgebliche Anspruchsgrundlage berufen hat.
c) Im Übrigen kann der vom Kläger geltend gemachte ZÜ-Anspruch nicht auf § 2 Abs. 1 Konzern ZÜTV gestützt werden.
aa) Diese Vorschrift lautet:
a) Der Arbeitnehmer, bei dem der Anspruch auf Zahlung der Zulage PZÜ bzw. AZ/AZ-Z (oder diesen vergleichbare Zulagen) durch tarifvertragliche Regelung mit Ablauf des 31. Juli 2002 weggefallen ist, hat Anspruch auf Zahlung einer ZÜ.
b) Die Höhe der ZÜ entspricht dem Monatsbetrag der aufgehobenen Regelung. Sie ist für den Vollzeitarbeitnehmer auf maximal 450,00 EUR/Monat begrenzt. Der 450,00 EUR übersteigende Betrag wird als Einmalbetrag mit seinem 30-fachen Monatswert endgültig abgegolten.
Für den Arbeitnehmer, der am 31. Oktober 2002 das 55. Lebensjahr vollendet hat, findet die in Satz 2 genannte Begrenzung keine Anwendung.
bb) § 2 Abs. 1 Konzern ZÜTV kommt als Anspruchsgrundlage für die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche nicht in Betracht. Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Regelung ist Voraussetzung, dass die genannten oder diesen vergleichbaren Zulagen durch tarifvertragliche Regelung mit dem 31. Juli 2002 weggefallen sind. Dabei kann es sich entgegen der Auffassung der Revision nur um tarifliche Zulagen handeln, weil schon wegen des Günstigkeitsprinzips nach § 4 Abs. 3 TVG der in § 2 Abs. 1 Konzern ZÜTV geregelte Wegfall durch tarifvertragliche Regelung nur tarifvertragliche Zulagen erfassen kann. Der Kläger kann also nicht mit Erfolg geltend machen, dass der Wegfall der “objektbezogenen AT-Zulage” von 0,51 Cent pro Stunde und der “Ausgleichszahlung BRG” iHv. 100,00 Euro monatlich einen Anspruch auf Zahlung einer ZÜ nach § 2 Abs. 1 Konzern ZÜTV begründet, weil das Landesarbeitsgericht – entsprechend der übereinstimmenden Erklärungen der Parteien – bindend festgestellt hat, dass es sich dabei nicht um tarifliche Ansprüche handelt. Soweit der Kläger in der Revisionsbegründung vorträgt, dass Zulage und Ausgleichzahlung doch tarifliche Leistungen seien, und zur Untermauerung neue Tatsachen vorträgt, beinhaltet dieser Vortrag keine zulässige und begründete Verfahrensrüge, mit der diese Feststellung angegriffen werden könnte. Im Übrigen hat der Kläger selbst die “objektbezogene AT-Zulage” und die “Ausgleichszahlung BRG” in seine Berechnung der ZÜ nach § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV einbezogen.
III. Auch nach § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV sind die Ansprüche des Klägers nicht begründet.
1. § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV lautet:
“Führt eine der nachfolgenden Maßnahmen zu einer Änderung des Entgelts, wird die ZÜ neu berechnet bzw. neu bestimmt:
a) Einführung neuer tarifvertraglicher Entgeltstrukturen,
b) Betriebsübergang nach § 613a BGB zu einem Unternehmen im Geltungsbereich dieses Tarifvertrags.
Hierzu erfolgt eine arbeitnehmerbezogene individuelle Vergleichsberechnung der bisherigen und der neuen bzw. geänderten tarifvertraglichen Leistungen auf Basis einer Jahresbetrachtung.
In die Jahresbetrachtung sind die nachfolgenden Einkommensbestandteile einzubeziehen:
• Monatstabellenentgelt,
• ZÜ/ZÜ-K,
• Urlaubsgeld,
• jährliche Zuwendung sowie
• sonstige tarifliche Zulagen (ausgenommen Reisekosten bzw. diesen entsprechende Aufwandsentschädigungen).
Bei der Berechnung der ZÜ wird der sich aus der Vergleichsberechnung ergebende Differenzbetrag (Jahr) monatlich mit 1/13 berücksichtigt.”
2. Das Landesarbeitsgericht ist in Übereinstimmung mit den Parteien zutreffend davon ausgegangen, dass durch die Ablösung des ETV BSG durch den ETV FWD ab dem 1. September 2002 neue tarifvertragliche Entgeltstrukturen iSv. § 2 Abs. 2 Satz 1 Ziff. a Konzern ZÜTV eingeführt worden sind.
3. Bei der Berechnung der ZÜ nach § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV sind in die vergleichende Jahresberechnung entgegen der vom Kläger zur Anspruchsbegründung vorgelegten Berechnung weder die gezahlte “objektbezogene AT-Zulage” und die “Ausgleichszahlung BRG” noch die tatsächlich geleisteten Stunden einschließlich der Überstunden und der Zuschläge einzubeziehen. Das ergibt die Auslegung des Konzern ZÜTV.
a) Die Auslegung des normativen Teils eines Tarifvertrages folgt nach ständiger Rechtsprechung den für die Auslegung von Gesetzen geltenden Regeln. Danach ist zunächst vom Tarifwortlaut auszugehen, wobei der maßgebliche Sinn der Erklärung zu erforschen ist, ohne am Buchstaben zu haften. Bei nicht eindeutigem Wortlaut ist der wirkliche Wille der Tarifvertragsparteien mit zu berücksichtigen, soweit er in den tariflichen Normen seinen Niederschlag gefunden hat. Abzustellen ist stets auf den tariflichen Gesamtzusammenhang, weil dieser Anhaltspunkte für den wirklichen Willen der Tarifvertragsparteien liefert und nur so der Sinn und der Zweck der Tarifnorm zutreffend ermittelt werden können. Lässt dies zweifelsfreie Auslegungsergebnisse nicht zu, dann können die Gerichte für Arbeitssachen ohne Bindung an eine Reihenfolge weitere Kriterien wie die Entstehungsgeschichte des Tarifvertrages, ggf. auch die praktische Tarifübung ergänzend hinzuziehen. Auch die Praktikabilität denkbarer Auslegungsergebnisse gilt es zu berücksichtigen (zB Senat 26. Januar 2005 – 4 AZR 6/04 – BAGE 113, 291, 299 mwN).
b) In Anwendung dieser Grundsätze ist mit dem Landesarbeitsgericht § 2 Abs. 2 Satz 2 Konzern ZÜTV dahingehend auszulegen, dass sich die Vergleichsberechnung nur auf tarifliche Entgeltbestandteile bezieht, also nicht auf die “objektbezogene AT-Zulage” und die “Ausgleichszahlung BRG”.
aa) Das ergibt sich schon aus dem Wortlaut. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Konzern ZÜTV erfolgt eine Vergleichsberechnung “der bisherigen und der neuen bzw. geänderten tarifvertraglichen Leistungen”. Dem entspricht, dass es nach § 2 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Konzern ZÜTV um die ZÜ bei Einführung neuer tarifvertraglicher Entgeltstrukturen geht. Auch in den nachfolgend in § 2 Abs. 2 Satz 3 Konzern ZÜTV im Einzelnen benannten Einkommensbestandteile, die in die Jahresbetrachtung einzubeziehen sind, handelt es sich erkennbar um tarifliche Leistungen, auch wenn das nicht jeweils ausdrücklich wiederholt wird.
bb) Die vom Kläger vertretene abweichende Auslegung widerspricht auch dem aus dem Gesamtzusammenhang ersichtlichen Sinn und Zweck der Regelung. Denn durch die Einführung neuer tarifvertraglicher Entgeltstrukturen werden und können nur tarifvertragliche Leistungen geändert werden. Wenn und soweit aus anderen Gründen und ggf. zu anderen Zeitpunkten außertarifliche Leistungen geändert werden, ist das für die ZÜ unbeachtlich. Durch § 2 Abs. 2 Satz 1 Buchst. a Konzern ZÜTV soll bei einer tarifvertraglichen Absenkung der Vergütung durch die Einführung von neuen Entgeltstrukturen durch die ZÜ lediglich eine – begrenzte – Besitzstandssicherung der bisherigen tariflichen Leistungen erfolgen.
c) Dem Landesarbeitsgericht ist auch insoweit zu folgen, als es § 2 Abs. 2 Satz 2 Konzern ZÜTV dahingehend auslegt, dass in die Vergleichsberechnung das Monatstabellenentgelt und nicht die Vergütung für alle tatsächlich geleisteten Stunden einschließlich der Zuschläge für Überstunden, Nacht- und Sonntagsarbeit einbezogen werden kann.
aa) Auch das folgt schon aus dem Wortlaut, der ausdrücklich auf das Monatstabellenentgelt abstellt. Die Festlegung des Monatstabellenentgelts als Vergleichsgröße schließt aus, stattdessen auf die konkret gezahlte Vergütung für die tatsächlich geleisteten Stunden einschließlich aller Zuschläge abzustellen.
bb) Diese Auslegung entspricht dem erkennbaren Sinn und Zweck der Regelung. Aus der abstrakten Aufzählung der einzelnen tariflichen Einkommensbestandteile in § 2 Abs. 2 Satz 3 Konzern ZÜTV ergibt sich, dass in dem Referenzzeitraum von einem Jahr die auf den individuellen Arbeitnehmer bezogenen Einkommensbestandteile nach der alten und neuen tariflichen Gehaltsstruktur verglichen werden sollen. Die ZÜ dient somit in dem hier vorliegenden Fall der Einführung neuer tarifvertraglicher Entgeltstrukturen der begrenzten Besitzstandssicherung, indem eine durch die Vergleichsberechnung der benannten Einkommensbestandteile ermittelte Verdienstminderung durch eine monatlich zu zahlende Zulage kompensiert wird, die zusätzlich zu der Vergütung nach der neuen Entgeltstruktur zu zahlen ist. Durch den Referenzzeitraum von einem Jahr soll gewährleistet werden, dass auch unregelmäßig gezahlte tarifliche Leistungen in die Vergleichsberechnung einbezogen werden. Daraus folgt nicht, dass entsprechend der Berechnungsmethode des Klägers die tatsächlich geleisteten Stunden einschließlich der Überstunden und Zuschläge zugrunde zu legen sind. Das würde, worauf das Landesarbeitsgericht zutreffend hingewiesen hat, zu unbilligen Ergebnissen führen. So würde es wegen der Einbeziehung der Zuschläge für Überstunden, Nacht- und Sonntagsarbeit von den eher zufälligen Arbeitsleistungen eines Arbeitnehmers im Referenzzeitraum abhängen, ob die ZÜ höher oder niedriger ausfällt. Deshalb könnte die Höhe der ZÜ von verschiedenen Arbeitnehmern unterschiedlich sein, auch wenn sie bei abstrakter Betrachtung von der Änderung der tariflichen Entgeltstrukturen in gleichem Umfang betroffen sind. Im Übrigen würde die ZÜ in jedem Monat in gleicher Höhe gezahlt werden, unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer in diesem Monat proportional ebenso viele zuschlagspflichtige Stunden geleistet hat wie im Referenzzeitraum.
cc) Dem kann der Kläger nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass nach der vom Landesarbeitsgericht vertretenen Berechnung der ZÜ gewisse nachteilige Folgen durch die Änderung der Entgeltstrukturen, zB die Veränderung des Stundenlohns als Bezugsgröße für die Zuschläge für Überstunden, Nacht- und Sonntagsarbeit nicht ausgeglichen werden. Diese Beschränkung des Besitzstandsschutzes ist von den Tarifvertragsparteien gewollt, wie sich aus den dargelegten konkreten Regelungen ergibt. Der Hinweis auf die nicht ausgeglichenen Nachteile und die Erforderlichkeit eines vollständigen Ausgleichs kann keine abweichende Auslegung rechtfertigen, weil dem Tarifvertrag ein entsprechendes Regelungsziel nicht entnommen werden kann.
4. Danach stehen dem Kläger die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. In die Vergleichsberechnung, die der Kläger auch seinem zuletzt geltend gemachten ZÜ-Anspruch von 88,02 Euro zugrunde gelegt hat, hat er zu Unrecht die “objektbezogene AT-Zulage” und die “Ausgleichszahlung BRG” einbezogen, obwohl es sich dabei nach der Feststellung des Landesarbeitsgerichts nicht um tarifliche Leistungen handelt. Auch die Einbeziehung der tatsächlich geleisteten Stunden einschließlich der Zuschläge ist fehlerhaft. Ohne Einbeziehung dieser Vergütungsbestandteile steht dem Kläger erkennbar kein ZÜ-Anspruch nach § 2 Abs. 2 Konzern ZÜTV zu. Das wird durch die von der Beklagten vorgelegte Berechnung bestätigt. Insoweit kommt es nicht darauf an, ob die Berechnung des Klägers weitere Fehler enthält und in allen Punkten ohne weitere Erläuterungen nachvollziehbar ist.
IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
Unterschriften
Bepler, Creutzfeldt, Wolter, Jürgens, Rupprecht
Fundstellen