Entscheidungsstichwort (Thema)
Außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist. Pflicht zur Teilnahme an einem elektronischen Warn- und Berichtssystem
Orientierungssatz
Sieht eine Betriebsvereinbarung eine nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG zulässige Verarbeitung von personenbezogenen Daten von Beschäftigten vor, ist diese durch eine Rechtsvorschrift iSd. § 4 Abs. 1 BDSG erlaubt. Es kommt dann nicht darauf an, ob auch allein die Regelungen einer Betriebsvereinbarung eine die Datenverarbeitung gestattende Rechtsvorschrift iSd. § 4 Abs. 1 BDSG sein können.
Normenkette
Spartentarifvertrag für Nahverkehrsbetriebe (TV-N NW) vom 25. Mai 2001 § 20 Abs. 6 Unterabs. 1; BGB §§ 242, 626, 1004 Abs. 1 S. 1; BetrVG § 75 Abs. 2 S. 1, § 77 Abs. 4 S. 1; GG Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1; BDSG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, § 32 Abs. 1 S. 1; ZPO § 160 Abs. 3 Nr. 7, §§ 165, 311 Abs. 2 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 16. Oktober 2015 – 17 Sa 1222/15 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist sowie die Entfernung von Abmahnungen aus der Personalakte des Klägers.
Die Beklagte betreibt öffentlichen Nahverkehr. Der Kläger war bei ihr seit Oktober 1989 als Busfahrer beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis fand aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme der Spartentarifvertrag für Nahverkehrsbetriebe (TV-N NW) vom 25. Mai 2001 Anwendung. Nach dessen § 20 Abs. 6 Unterabs. 1 kann das Arbeitsverhältnis nach einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 15 Jahren durch den Arbeitgeber nur noch „aus einem wichtigen Grund (§ 626 Abs. 1 BGB)” gekündigt werden.
Die Beklagte schloss mit ihrem Betriebsrat im Jahre 2014 eine Betriebsvereinbarung über den Einsatz des sog. RIBAS-Systems (BV) auf ihren Fahrzeugen. Dieses wertet elektronisch Fahrereignisse aus und informiert die Busfahrer durch eine Warnleuchte über hochtouriges Fahren, Leerlaufzeitüberschreitungen, scharfes Bremsen, überhöhte Beschleunigung und Geschwindigkeitsüberschreitungen. Die Daten werden aufgezeichnet und gespeichert.
Nach der BV sind alle Fahrer zur Teilnahme am RIBAS-System verpflichtet. Fahrer, die nicht an dem vorgesehenen personalisierten Berichts- und Prämiensystem teilnehmen wollen, erhalten einen anonymisierten Systemschlüssel. Aufgrund von Einwendungen des Landesdatenschutzbeauftragten hatten die Betriebsparteien die BV entsprechend angepasst.
Der Kläger stimmte einer Teilnahme am personalisierten Berichts- und Prämiensystem nicht zu. Ihm wurde Ende August 2014 der anonymisierte RIBAS-Schlüssel zur Nutzung übergeben. Das entsprechende Empfangsbekenntnis sandte er nicht zurück. In einem von der Beklagten veranlassten Gespräch Mitte Oktober 2014 teilte er mit, er habe seinen Teamleiter so verstanden, dass er wählen könne, ob er – überhaupt – an dem System teilnehme.
Ende Oktober 2014 führten der Fachbereichsleiter Personal und der Leiter des Omnibusbetriebs ein weiteres Gespräch mit dem Kläger. Sie erläuterten ihm das RIBAS-System und wiesen auf die Beteiligung des Landesdatenschutzbeauftragten hin. Der Kläger wurde aufgefordert, den anonymisierten RIBAS-Schlüssel ab sofort zu verwenden. Dem kam er auch nach einer entsprechenden Schulung nicht nach. Die Beklagte mahnte den Kläger deshalb im Dezember 2014 ab und wies ihn darauf hin, dass er sich zur Vermeidung arbeitsrechtlicher Konsequenzen vor jeder Fahrt im System anzumelden habe.
Eine erneute Einweisung in das System lehnte der Kläger ab. Er nutzte seinen RIBAS-Schlüssel im Januar 2015 an sechs Arbeitstagen, an elf Arbeitstagen wiederum nicht. Ende Januar 2015 führte der Kläger ein Gespräch mit seinem Teamleiter. Diesem erklärte er, sich zu der Angelegenheit nicht mehr äußern und sie gerichtlich klären lassen zu wollen.
Anfang Februar 2015 erteilte die Beklagte dem Kläger eine weitere Abmahnung. Bei der Übergabe des Schreibens wies sie den Kläger darauf hin, sie erwarte – unabhängig von seiner Ankündigung, eine gerichtliche Klärung herbeizuführen – die Einhaltung des in der BV geregelten Verfahrens. Der Kläger setzte den RIBAS-Schlüssel weiterhin nicht ein. Die Beklagte erteilte ihm deshalb unter dem 26. Februar 2015 eine dritte Abmahnung und forderte ihn noch einmal eindringlich auf, sich vor jedem Dienstantritt im System anzumelden. Beide Schreiben gingen dem Kläger am 4. März 2015 zu. Am 5. und am 6. März 2015 meldete er sich erneut nicht im System an.
Die Beklagte hörte den Betriebsrat mit Schreiben vom 10. März 2015 zu ihrer Absicht an, das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich mit einer sozialen Auslauffrist von sechs Monaten zum Schluss eines Kalendervierteljahres zu kündigen. Der Betriebsrat erklärte am Folgetag seine Zustimmung zu den beabsichtigten Kündigungen.
Mit Schreiben vom 12. März 2015, das dem Kläger am selben Tag zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis der Parteien außerordentlich zum 13. März 2015, hilfsweise außerordentlich mit Auslauffrist zum 30. September 2015.
Dagegen hat sich der Kläger rechtzeitig mit der vorliegenden Kündigungsschutzklage gewandt. Er hat gemeint, ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Kündigung liege nicht vor. Er sei nicht zur Teilnahme am RIBAS-System verpflichtet gewesen. Die BV sei unwirksam. Er habe nicht schuldhaft gehandelt, sondern sich in einem gut begründeten und vertretbaren Verbotsirrtum befunden. Der Lauf der Frist des § 626 Abs. 2 BGB habe überdies bereits mit seiner Erklärung begonnen, den Schlüssel bis zu einer gerichtlichen Klärung nicht zu bedienen. Die ausgesprochenen Abmahnungen seien zu Unrecht erfolgt und aus seiner Personalakte zu entfernen.
Der Kläger hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnungen vom 18. Dezember 2014, 5. Februar 2015 und 26. Februar 2015 aus der Personalakte zu entfernen;
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die Kündigung vom 12. März 2015 aufgelöst worden ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, der Kläger sei zur Nutzung des anonymisierten RIBAS-Schlüssels verpflichtet gewesen. Gegen diese Pflicht habe er beharrlich verstoßen. Seine Weigerung habe es ihr unzumutbar gemacht, ihn weiter zu beschäftigen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Landesarbeitsgericht hat festgestellt, dass die außerordentliche, fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Mit seiner Revision begehrt der Kläger die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat sein Urteil ordnungsgemäß verkündet (I.) und die außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist zu Recht als wirksam angesehen (II.). Ein Anspruch des Klägers auf Entfernung der ihm erteilten Abmahnungen aus der Personalakte besteht nicht (III.).
I. Die Rüge des Klägers, das schriftlich abgefasste Urteil entspreche in Bezug auf den Kündigungsschutzantrag nicht dem verkündeten Urteilstenor, ist unzulässig. Dieser ist ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 16. Oktober 2015 so verkündet worden, wie er auch aus dem schriftlich abgefassten Urteil ersichtlich ist. Nach § 165 Satz 1 ZPO beweist das Protokoll die Beachtung der für die mündliche Verhandlung vorgeschriebenen Förmlichkeiten. Zu diesen gehört gem. § 160 Abs. 3 Nr. 7 ZPO die Verkündung des Urteils, die nach § 311 Abs. 2 Satz 1 ZPO ua. durch die Verlesung der Urteilsformel erfolgen kann. Eine Entkräftung des Protokolls ist gem. § 165 Satz 2 ZPO nur durch den Nachweis der Fälschung möglich. Für eine Fälschung des Protokolls hat der Kläger weder hinreichende Umstände vorgetragen noch Mittel zu ihrem Nachweis benannt. Die bloße Behauptung, es sei auch bezüglich der außerordentlichen Kündigung mit Auslauffrist ein der Klage stattgebender Tenor verkündet worden, reicht dazu nicht aus.
II. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, für die außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist habe ein wichtiger Grund iSd. § 20 Abs. 6 Unterabs. 1 TV-N NW, § 626 Abs. 1 BGB vorgelegen, hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
1. Nach dem kraft einzelvertraglicher Bezugnahme anwendbaren § 20 Abs. 6 Unterabs. 1 TV-N NW konnte das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Beklagte nur noch aus wichtigem Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB gekündigt werden. Der Kläger war im Zeitpunkt der Kündigung weit mehr als 15 Jahre beschäftigt.
2. Die Tarifbestimmung verweist im Zusammenhang mit dem Begriff des wichtigen Grundes auf die Regelung des § 626 Abs. 1 BGB. Deren Verständnis ist deshalb auch für die Auslegung der Tarifnorm maßgebend (vgl. BAG 13. Mai 2015 – 2 AZR 531/14 – Rn. 26; 31. Juli 2014 – 2 AZR 407/13 – Rn. 23). Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann.
a) Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich”, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist oder nicht (BAG 13. Mai 2015 – 2 AZR 531/14 – Rn. 28; 31. Juli 2014 – 2 AZR 407/13 – Rn. 25). Ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB liegt auch im Verhältnis zu einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis ordentlich nicht gekündigt werden kann, dann vor, wenn es dem Arbeitgeber unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls – objektiv – nicht zuzumuten ist, den Arbeitnehmer auch nur bis zum Ablauf der (fiktiven) ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. In diesem Fall wäre eine außerordentliche Kündigung auch dann gerechtfertigt, wenn die ordentliche Kündigung nicht ausgeschlossen wäre (BAG 13. Mai 2015 – 2 AZR 531/14 – Rn. 42).
b) Darüber hinaus kann ein pflichtwidriges Verhalten, das bei einem Arbeitnehmer ohne Sonderkündigungsschutz nur eine ordentliche Kündigung rechtfertigen würde, unter Umständen gerade wegen der infolge des Ausschlusses der ordentlichen Kündigung langen Bindungsdauer ebenfalls einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB zur außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber darstellen. Zwar wirkt sich der Sonderkündigungsschutz insofern zum Nachteil für den Arbeitnehmer aus. Dies ist jedoch im Begriff des wichtigen Grundes gem. § 626 Abs. 1 BGB angelegt. Dieser richtet sich nach der Zumutbarkeit einer Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses. Zur Vermeidung eines Wertungswiderspruchs muss in einem solchen Fall allerdings zugunsten des Arbeitnehmers zwingend eine der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist eingehalten werden. Der Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis vom Arbeitgeber ordentlich nicht gekündigt werden kann, darf im Ergebnis nicht schlechter gestellt sein, als wenn er dem Sonderkündigungsschutz nicht unterfiele (BAG 13. Mai 2015 – 2 AZR 531/14 – Rn. 44; 15. November 2001 – 2 AZR 605/00 – zu II 5 a, b der Gründe, BAGE 99, 331).
3. Von diesen Grundsätzen ist auch das Landesarbeitsgericht ausgegangen und hat sie ohne Rechtsfehler auf den Streitfall angewandt.
a) Der Kläger hat es wiederholt vorsätzlich unterlassen, den für Fahrer, die nicht an dem personalisierten System teilnehmen, vorgesehenen anonymisierten RIBAS-Schlüssel zu verwenden. Er hat dadurch beharrlich seine arbeitsvertragliche Leistungspflicht verletzt. Dies ist „an sich” geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung iSd. § 626 Abs. 1 BGB zu bilden.
aa) Die Pflicht zur Verwendung des Schlüssels folgt aus § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG iVm. § 4 BV. Nach § 4 Abs. 1 BV ist die Anmeldung eines jeden Fahrers an das RIBAS-System „zwingend erforderlich”. Gem. § 4 Abs. 2 Satz 4 BV bleibt die „Pflicht zur generellen Teilnahme am System” bestehen, auch wenn der Fahrer seine Zustimmung zur Datenerhebung im personalisierten System nicht erteilt. Dafür erhält der Fahrer nach § 4 Abs. 2 Satz 2 BV einen anonymisierten Schlüssel.
bb) Die gem. § 77 Abs. 4 Satz 1 BetrVG auch für den Kläger begründete Pflicht zur Teilnahme am RIBAS-System steht mit höherrangigem Recht im Einklang. Sie verletzt insbesondere nicht § 75 Abs. 2 Satz 1 BetrVG iVm. Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG.
(1) Zu dem durch Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht gehört das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Dieses garantiert die Befugnis, selbst über die Preisgabe und Verwendung persönlicher Daten zu befinden (BVerfG 11. März 2008 – 1 BvR 2074/05 ua. – BVerfGE 120, 378; BAG 21. November 2013 – 2 AZR 797/11 – Rn. 45, BAGE 146, 303). Der Achtung dieses Rechts dient zudem Art. 8 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) (BAG 21. November 2013 – 2 AZR 797/11 – aaO; BGH 15. Mai 2013 – XII ZB 107/08 – Rn. 14). Die Bestimmungen des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) über die Anforderungen an eine zulässige Datenverarbeitung konkretisieren und aktualisieren den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. Sie regeln, in welchem Umfang im Anwendungsbereich des Gesetzes Eingriffe durch öffentliche oder nichtöffentliche Stellen iSd. § 1 Abs. 2 BDSG in diese Rechtspositionen zulässig sind (vgl. BAG 21. November 2013 – 2 AZR 797/11 – aaO).
(2) Danach ist das Recht des Klägers auf informationelle Selbstbestimmung durch die in § 4 BV begründete Verpflichtung, zumindest mithilfe des anonymisierten Schlüssels am RIBAS-System teilzunehmen, nicht verletzt. Zwar hat der Kläger in die damit verbundene Erhebung, Verarbeitung und Nutzung personenbezogener Daten nicht iSd. § 4 Abs. 1 BDSG eingewilligt. Diese ist aber gem. § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG und damit durch eine Rechtsvorschrift iSd. § 4 Abs. 1 BDSG gerechtfertigt. Es bedarf demnach keiner Entscheidung, ob auch allein die Regelungen der BV eine die Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung gestattende Rechtsvorschrift iSd. § 4 Abs. 1 BDSG sein können.
(a) Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG dürfen personenbezogene Daten eines Beschäftigten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses ua. dann erhoben, verarbeitet oder genutzt werden, wenn dies für dessen Durchführung erforderlich ist. Um personenbezogene Daten iSd. § 3 Abs. 1 BDSG handelt es sich auch bei einer zunächst anonymisierten Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung, wenn die Anonymisierung ohne unangemessenen Aufwand aufgehoben werden kann. Es genügt, wie ein Umkehrschluss aus § 3 Abs. 6 BDSG ergibt, dass die betroffene Person ohne besondere Schwierigkeiten bestimmbar ist (Gola/ Schomerus BDSG 12. Aufl. § 3 Rn. 10; Simitis/Dammann BDSG 8. Aufl. § 3 Rn. 23; Plath/Schreiber BDSG § 3 Rn. 15; Erbs/Kohlhaas Strafrechtliche Nebengesetze Stand 2015 § 3 BDSG Rn. 3; zum Begriff der personenbezogenen Daten iSd. RL 95/46/EG EuGH 19. Oktober 2016 – C-582/14 – Rn. 49). So liegt der Fall hier. Nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts kann der Anonymisierungsschutz im RIBAS-System im Grundsatz ohne großen Aufwand durch Hinzuziehung der Dienstpläne aufgehoben werden. Eine entsprechende Personalisierung ist auch – in Abstimmung mit dem Betriebsrat – nach § 10 Satz 3 BV zur Ermittlung von Schulungsbedarf vorgesehen, sofern im anonymisierten Fahrdatenbestand erhebliche Überschreitungen der Grenzwerte im Vergleich zu durchschnittlichen Ergebnissen erkennbar werden.
(b) § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG kodifiziert die von der Rechtsprechung aus dem verfassungsrechtlich geschützten allgemeinen Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 iVm. Art. 1 Abs. 1 GG) abgeleiteten allgemeinen Grundsätze zum Datenschutz im Beschäftigungsverhältnis (BT-Drs. 16/13657 S. 21). Dabei nimmt die Gesetzesbegründung zur Konkretisierung des Maßstabs der Erforderlichkeit einer Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung personenbezogener Daten zur Durchführung oder Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses auf die Entscheidungen des Bundesarbeitsgerichts vom 22. Oktober 1986 (– 5 AZR 660/85 –) und 7. September 1995 (– 8 AZR 828/93 –) Bezug. Diesen zufolge dürfe sich der Arbeitgeber bei seinen Beschäftigten nicht nur über Umstände informieren oder Daten verwenden, um seine vertraglichen Pflichten ihnen gegenüber erfüllen zu können, wie zB Pflichten im Zusammenhang mit der Personalverwaltung, Lohn- und Gehaltsabrechnung, sondern auch, um seine im Zusammenhang mit der Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses bestehenden Rechte wahrzunehmen, zB durch Ausübung des Weisungsrechts oder durch Kontrollen der Leistung oder des Verhaltens des Beschäftigten (BT-Drs. 16/13657 aaO).
(c) Erforderlichkeit iSd. § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG setzt damit ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers an der Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung voraus, das aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis herrühren muss. Es muss ein Zusammenhang mit der Erfüllung der vom Arbeitnehmer geschuldeten vertraglichen Leistung, seiner sonstigen Pflichtenbindung oder mit der Pflichtenbindung des Arbeitgebers bestehen (BAG 7. September 1995 – 8 AZR 828/93 – zu II 2 c aa der Gründe, BAGE 81, 15). Die Datenerhebung, -verarbeitung oder -nutzung darf ferner keine übermäßige Belastung für den Arbeitnehmer darstellen. Sie muss der Bedeutung des Informationsinteresses des Arbeitgebers entsprechen. Greift eine Maßnahme in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers ein, muss der Eingriff einer Abwägung der beiderseitigen Interessen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit standhalten (BAG 7. September 1995 – 8 AZR 828/93 – zu II 2 c bb der Gründe, aaO; 22. Oktober 1986 – 5 AZR 660/85 – zu B I 2 a der Gründe, BAGE 53, 226). Dieser verlangt, dass der Eingriff geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung der gewährleisteten Freiheitsrechte angemessen ist, um den erstrebten Zweck zu erreichen (BAG 15. April 2014 – 1 ABR 2/13 (B) – Rn. 41, BAGE 148, 26; 29. Juni 2004 – 1 ABR 21/03 – zu B I 2 d der Gründe, BAGE 111, 173). Es dürfen keine anderen, zur Zielerreichung gleich wirksamen und das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer weniger einschränkenden Mittel zur Verfügung stehen. Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist gewahrt, wenn die Schwere des Eingriffs bei einer Gesamtabwägung nicht außer Verhältnis zu dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe steht (BVerfG 4. April 2006 – 1 BvR 518/02 – zu B I 2 b dd der Gründe, BVerfGE 115, 320; BAG 15. April 2014 – 1 ABR 2/13 (B) – aaO).
(d) Danach hat das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen, die Verpflichtung des Klägers, zumindest mit dem anonymisierten Schlüssel am RIBAS-System teilzunehmen, greife nicht unverhältnismäßig in sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung ein. Dies gilt auch dann, wenn die Betriebsparteien hinsichtlich Eignung und Erforderlichkeit des Eingriffs entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts (ebenso BAG 29. Juni 2004 – 1 ABR 21/03 – zu B I 2 d aa und bb der Gründe, BAGE 111, 173) nicht über einen vergleichbaren Beurteilungsspielraum wie der Gesetzgeber verfügen.
(aa) Das berechtigte Interesse der Beklagten an der Verwendung des RIBAS-Systems besteht darin, dass die bei ihr beschäftigten Busfahrer zu einer vorausschauenden und sparsamen Fahrweise angehalten werden sollen (§ 2 BV). Das betrifft unmittelbar die von ihnen geschuldete Arbeitsleistung und damit die Durchführung des Beschäftigungsverhältnisses iSd. § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG. Die verfolgten Ziele einer Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs sowie einer Steigerung der Kundenzufriedenheit sind, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, nicht unbillig oder unrechtmäßig, sondern ökonomisch vernünftig und liegen zudem im ökologischen Interesse der Allgemeinheit. Das System hält die Busfahrer nicht, wie die Revision meint, in Bezug auf ihr Bremsverhalten zu einem straßenverkehrswidrigen Verhalten an. Dass es darauf hinweist und es aufzeichnet, wenn ein Fahrer scharf gebremst hat, heißt nicht, er solle auch dann nicht entsprechend reagieren, wenn die Verkehrssituation es erfordert.
(bb) Die Teilnahme der Busfahrer am RIBAS-System ist zur Erreichung dieser Ziele geeignet. Das Landesarbeitsgericht verweist zu Recht darauf, dass das System sowohl die Selbstkontrolle fördert als auch Erkenntnisse über einen etwaigen Schulungsbedarf aufgrund des Vergleichs von Fahrleistungen mit den durchschnittlichen Grenzwerten ermöglicht.
(cc) Zur Erreichung der verfolgten Ziele ist die Teilnahme aller Busfahrer, auch die des Klägers, erforderlich. Das RIBAS-System soll Durchschnittswerte ermitteln und bei erheblichen Abweichungen einen hierdurch begründeten konkreten Schulungsbedarf identifizieren. Dafür müssen alle Busfahrer – zumindest anonymisiert – daran teilnehmen. Dem trägt die nach § 4 Abs. 1 BV vorgesehene, für alle Busfahrer verpflichtende Teilnahme am System Rechnung. Ein anderes gleichermaßen geeignetes und der Beklagten zumutbares, das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Klägers weniger berührendes Mittel ist nicht ersichtlich. So wäre eine ausschließlich freiwillige Teilnahme oder die Beschränkung auf eine elektronische Signalgebung unmittelbar im Anschluss an ein Fahrmanöver ohne eine weitere Speicherung der Daten zur Ermittlung von Schulungsbedarf nicht ausreichend. Durch ein Mitfahren von Fahrtrainern mag zwar Schulungsbedarf identifiziert werden können. Es ersetzte aber nicht den Erkenntnisgewinn durch die Ermittlung der Durchschnittswerte aller Fahrer und regte auch nicht in gleicher Weise zur Selbstkontrolle des Fahrverhaltens an wie das RIBAS-System. Ausschließlich vorbeugende Schulungen hätten diesen Effekt ebenso wenig. Der Einwand des Klägers, eine Ausrüstung der Busse mit technischen „Begrenzungsmechanismen” betreffend „Verzögerung, Drehzahl und Geschwindigkeit” wäre eine mildere, ebenso effektive Möglichkeit gewesen, lässt nicht erkennen, dass dadurch in gleich geeigneter Weise wie durch das RIBAS-System eine vorausschauende und sparsame Fahrweise gefördert werden könnte. Der Kläger macht nicht mit einer Verfahrensrüge geltend, hierzu bereits in den Vorinstanzen vorgetragen zu haben. Entsprechendes gilt für seine Behauptung, es wäre auch eine Kombination aus den von ihm benannten alternativen Maßnahmen möglich gewesen.
(dd) Die Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne ist gewahrt. Die Beeinträchtigung des informationellen Selbstbestimmungsrechts des Klägers steht nicht außer Verhältnis zu den von der Beklagten legitimerweise verfolgten Interessen. Es liegt keine Dauerüberwachung in dem Sinne vor, dass die Busfahrer – wie bei einer Videoüberwachung – in ihrem gesamten Verhalten während der Arbeitszeit kontrolliert würden. Gespeichert werden allein die Daten zu den fraglichen Fahrmanövern und dies im Grundsatz auch nur zur Ermittlung der Durchschnittswerte. Dem einzelnen Fahrer zugeordnet werden die Daten lediglich dann, wenn er dem zugestimmt hat oder es in seiner Fahrleistung erhebliche Abweichungen vom Durchschnitt gibt. Dadurch ermöglicht das System in erster Linie eine Selbstkontrolle der Busfahrer. Eine personalisierte Leistungskontrolle ist dagegen, wenn der Fahrer ihr nicht durch Teilnahme am Prämiensystem zugestimmt hat, nur aus gegebenem Anlass und ausschließlich zur Ermittlung von Schulungsbedarf zulässig. Ob im Einzelfall die Voraussetzungen für eine Personalisierung gegeben wären, ist dabei nach § 10 Satz 3 BV in Abstimmung mit dem Betriebsrat festzustellen und unterläge ggf. gesonderter Überprüfung. Die Vorgabe, die Personalisierung dürfe nur bei einer erheblichen Überschreitung der Grenzwerte erfolgen, trägt dem Maßstab des § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG im Grundsatz hinreichend Rechnung. Zudem ordnet § 11 BV an, dass die Bestimmungen des BDSG einzuhalten sind. Daraus folgt nicht etwa eine besondere Missbrauchsgefahr, wie die Revision zu Bedenken gibt, sondern die Garantie eines Schutzstandards entsprechend dem Gesetz. In Bezug genommen sind damit insbesondere auch die Verantwortung der Beklagten für eine Auftragsdatenverarbeitung nach § 11 BDSG sowie die Ansprüche auf Löschung oder Sperrung von Daten gem. § 35 BDSG.
cc) Die den Inhalt der von ihm zu erbringenden Arbeitsleistung als Busfahrer ausgestaltende Pflicht zur Teilnahme am RIBAS-System hat der Kläger beharrlich und vorsätzlich verletzt. Er ist seiner Verpflichtung, sich im System anzumelden, wiederholt nicht nachgekommen, obwohl er von der Beklagten mehrfach darauf hingewiesen wurde, dass dies für eine ordnungsgemäße Vertragserfüllung unerlässlich sei. Der Kläger hat es bewusst in Kauf genommen, dadurch nachhaltig seine arbeitsvertraglichen Leistungspflichten zu verletzen. Er unterlag insofern keinem unverschuldeten Rechtsirrtum.
(1) Der Geltungsanspruch des Rechts bewirkt, dass der Schuldner das Risiko eines Rechtsirrtums grundsätzlich selbst trägt und es nicht dem Gläubiger überbürden kann (BAG 22. Oktober 2015 – 2 AZR 569/14 – Rn. 43, BAGE 153, 111; 19. August 2015 – 5 AZR 975/13 – Rn. 31, BAGE 152, 213). Ein unverschuldeter Rechtsirrtum liegt nur vor, wenn der Schuldner seinen Irrtum auch unter Anwendung der zu beachtenden Sorgfalt nicht erkennen konnte. Dabei sind strenge Maßstäbe anzulegen. Es reicht nicht aus, dass er sich für seine eigene Rechtsauffassung auf eine eigene Prüfung und fachkundige Beratung stützen kann. Ein Unterliegen in einem möglichen Rechtsstreit muss zwar nicht undenkbar sein (BAG 12. November 1992 – 8 AZR 503/91 – zu I 1 der Gründe, BAGE 71, 350). Gleichwohl liegt ein entschuldbarer Rechtsirrtum nur dann vor, wenn der Schuldner damit nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage nicht zu rechnen brauchte; ein normales Prozessrisiko entlastet ihn nicht (BAG 22. Oktober 2015 – 2 AZR 569/14 – aaO; 29. August 2013 – 2 AZR 273/12 – Rn. 34; BGH 6. Dezember 2006 – IV ZR 34/05 – zu II 1 a aa der Gründe; 27. September 1989 – IVa ZR 156/88 –).
(2) Hier hat der Kläger das Risiko, mit seiner Einschätzung falsch liegen zu können, nicht verkannt. Er hat lediglich gemeint, die Teilnahme am RIBAS-System zumindest so lange verweigern zu können, bis die Rechtslage durch die Gerichte geklärt sei. Damit hat er es bewusst darauf ankommen lassen, sich pflichtwidrig zu verhalten. Die Beklagte hatte ihn mehrfach auf ihre Sichtweise hingewiesen sowie darauf, dass der Landesdatenschutzbeauftragte in die Ausgestaltung der BV einbezogen gewesen war. Für den Kläger stritt auch nicht etwa eine höchstrichterliche Entscheidung in einem vergleichbaren Fall (zu einer solchen Konstellation BAG 19. August 2015 – 5 AZR 975/13 – Rn. 31 f., BAGE 152, 213). Unerheblich ist, ob er mit seinem Vorbringen, einen Rechtsanwalt um Rechtsauskunft gebeten zu haben, in der Revision noch gehört werden könnte. Selbst dies zu Gunsten des Klägers unterstellt, läge kein unverschuldeter Rechtsirrtum vor. Der Kläger behauptet insbesondere nicht, der Rechtsanwalt habe ihn dahingehend beraten, es bestehe kein Risiko für eine andere rechtliche Bewertung durch die Gerichte.
b) Die Interessenabwägung des Landesarbeitsgerichts ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
aa) Eine außerordentliche Kündigung mit notwendiger Auslauffrist kam grundsätzlich in Betracht. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, der Beklagten wäre bei einem ordentlich kündbaren Arbeitnehmer die Einhaltung der Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende zumutbar gewesen. Dies steht aufgrund seiner Entscheidung, die außerordentliche fristlose Kündigung der Beklagten habe das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht aufgelöst, rechtskräftig fest. Die Würdigung, ein bestimmter Lebenssachverhalt könne eine Kündigung materiell nicht begründen, nimmt an der Rechtskraftwirkung der Entscheidung gem. § 322 ZPO teil (BAG 20. Dezember 2012 – 2 AZR 867/11 – Rn. 27).
bb) Bei der Würdigung, eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses noch bis zum Eintritt des ordentlich nicht mehr kündbaren Klägers in den Ruhestand sei der Beklagten jedoch nicht zuzumuten gewesen, hat das Landesarbeitsgericht alle relevanten widerstreitenden Interessen berücksichtigt und in vertretbarer Weise gegeneinander abgewogen. Auch die Revision zeigt insoweit keinen Rechtsfehler auf.
(1) Zwar hat das Landesarbeitsgericht nicht ausdrücklich gewürdigt, welche „Nachteile” der Beklagten aus der Weigerung des Klägers entstehen. Es hat aber ihrem Interesse, das RIBAS-System, wie nach der BV vorgesehen, umfänglich und damit auch im Verhältnis zum Kläger zur Anwendung zu bringen, erkennbar ein hohes Gewicht beigemessen. Dies ergibt sich aus seinen Erwägungen zur Schutzwürdigkeit der verfolgten Interessen bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit des dadurch bewirkten Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers und entspricht der durch die Betriebsparteien vorgenommenen Wertung, die Anmeldung eines jeden Fahrers an das RIBAS-System sei „zwingend erforderlich” (§ 4 Abs. 1 BV). Auch für langjährig Beschäftigte war danach keine Ausnahme vorgesehen. Der Nachteil, das RIBAS-System gegenüber dem Kläger zumindest für die Dauer eines Rechtsstreits darüber nicht und damit nicht in der von den Betriebsparteien vorgesehenen Weise unter Einbeziehung aller Busfahrer effektiv nutzen zu können, wog nach der revisionsrechtlich nicht zu beanstandenden Abwägung des Landesarbeitsgerichts selbst unter Berücksichtigung der langjährigen Betriebszugehörigkeit des Klägers besonders schwer. Dabei hat das Landesarbeitsgericht zu Recht berücksichtigt, dass die Weigerung des Klägers beharrlich war und, wie die erfolglos gebliebenen Abmahnungen gezeigt haben, nicht mehr zu erwarten stand, dass er durch eine erneute Abmahnung zu vertragstreuem Verhalten angehalten werden könnte. Soweit der Kläger geltend macht, die Beklagte habe zumindest die Durchführung des Gütetermins in dem schon anhängigen Rechtsstreit gegen die erteilten Abmahnungen abwarten müssen, verkennt er, dass es auch nach seinem Vorbringen keinen Anhaltspunkt dafür gab, er werde bereits im Anschluss an diesen Termin seine Weigerungshaltung aufgeben. Vielmehr hatte er ausdrücklich angekündigt, zunächst eine gerichtliche „Klärung” herbeiführen zu wollen, die jedoch in einem Gütetermin noch nicht zu erwarten stand.
(2) Die vom Kläger erhobene Verfahrensrüge, das Landesarbeitsgericht habe auf bestrittenen Vortrag zu der Frage abgestellt, weshalb eine Unterbrechung der Zündung vor Dienstantritt des nächsten Fahrers auf Dauer keine zumutbare Alternative sei, ist – ungeachtet seiner Entscheidungserheblichkeit für die Revision – unzulässig. Der Kläger legt schon nicht dar, an welcher Stelle welches Schriftsatzes oder in welcher Weise in der mündlichen Verhandlung er das entsprechende Vorbringen der Beklagten bestritten habe. Es kann daher dahinstehen, ob er dies nicht ohnehin nur mit einem Tatbestandsberichtigungsantrag nach § 320 ZPO hätte geltend machen können.
(3) Den Umstand, dass der Kläger sich in einem – wenn auch nicht unverschuldeten – Rechtsirrtum in Bezug auf die Pflicht, am RIBAS-System teilzunehmen, befunden hat, hat das Landesarbeitsgericht ebenfalls vertretbar gewürdigt. Es hat den Irrtum deshalb nicht ausschlaggebend zu seinen Gunsten gewertet, weil es dem Kläger zumutbar gewesen sei, den anonymisierten Schlüssel zumindest unter dem Vorbehalt einer gerichtlichen Prüfung zunächst zu nutzen. Auch dies begegnet mit Blick darauf, dass es sich um ein kollektiv eingeführtes und zudem unter Beteiligung des Landesdatenschutzbeauftragten etabliertes System handelte, keinen durchgreifenden Bedenken.
4. Die Beklagte hat die Kündigungserklärungsfrist gem. § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Grund für die Kündigung war, dass der Kläger sich wiederholt nicht im RIBAS-System angemeldet hatte. Zuletzt war dies am 5. und 6. März 2015 der Fall gewesen. Die Kündigung ging dem Kläger am 12. März 2015 und damit innerhalb von zwei Wochen zu.
III. Der Kläger hat keinen Anspruch aus §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Entfernung der Abmahnungen vom 18. Dezember 2014, 5. Februar 2015 und 26. Februar 2015 aus seiner Personalakte. Ein Anspruch auf Löschung von in den Abmahnungen enthaltenen personenbezogenen Daten nach § 35 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 BDSG, weil deren Kenntnis zur Erfüllung der Zwecke, für die sie erhoben wurden, nicht mehr erforderlich sei, hat der Kläger nicht geltend gemacht.
1. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann ein Anspruch auf Entfernung von Abmahnungen nach §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB nur dann bestehen, wenn es objektive Anhaltspunkte dafür gibt, dass die Abmahnung dem Arbeitnehmer noch schaden kann (BAG 19. April 2012 – 2 AZR 233/11 – Rn. 51). Dafür hat der Kläger nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts keine Tatsachen vorgetragen. Eine Verfahrensrüge erhebt er insoweit nicht.
2. Aus der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 16. November 2010 (– 9 AZR 573/09 – BAGE 136, 156) ergibt sich kein anderer Maßstab. Dies hat das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt. Auch danach ist das Recht auf Einsicht in die Personalakte von der Frage zu trennen, unter welchen Voraussetzungen ein Anspruch darauf besteht, bestimmte Inhalte daraus entfernen zu lassen (BAG 16. November 2010 – 9 AZR 573/09 – Rn. 42, aaO).
IV. Als unterlegene Partei hat der Kläger gem. § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Unterschriften
Koch, Niemann, Rachor, Beckerle, Grimberg
Fundstellen
Haufe-Index 10308287 |
BB 2017, 500 |