Entscheidungsstichwort (Thema)
Weisungsrecht. Wechsel von der Nachtschicht in Wechselschicht. Betriebliches Eingliederungsmanagement
Leitsatz (amtlich)
Die Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements iSv. § 84 Abs. 2 SGB IX ist keine formelle oder unmittelbare materielle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung oder einer anderen Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Anordnung des Arbeitgebers (auch) auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen.
Orientierungssatz
1. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) iSv. § 84 Abs. 2 SGB IX ist vom Arbeitgeber bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen auch dann durchzuführen, wenn er keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses beabsichtigt oder erwägt.
2. Die Durchführung eines BEM ist keine formelle oder unmittelbare materielle Voraussetzung für die Wirksamkeit einer Versetzung oder einer anderen Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber. Dies gilt auch in den Fällen, in denen die Anordnung des Arbeitgebers (auch) auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen. Der Arbeitgeber ist bei unterlassenem BEM nicht gehindert, sich in einem Streit über die Wirksamkeit der Maßnahme auf solche Gründe zu berufen.
3. Im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung einer Ausübung des Weisungsrechts kommt es nach § 106 GewO, § 315 BGB nicht auf die vom Bestimmungsberechtigten angestellten Erwägungen an, sondern darauf, ob das Ergebnis der getroffenen Entscheidung die Grenzen billigen Ermessens wahrt. Der Arbeitgeber trägt das Risiko der Unwirksamkeit seiner Maßnahme, wenn er wesentliche Aspekte unberücksichtigt lässt, die ihm im Rahmen eines an sich gebotenen BEM hätten bekannt werden können.
Normenkette
SGB IX § 84 Abs. 2; GewO § 106 S. 1; BGB § 315
Verfahrensgang
LAG Baden-Württemberg (Urteil vom 22.11.2016; Aktenzeichen 15 Sa 76/15) |
ArbG Pforzheim (Urteil vom 20.08.2015; Aktenzeichen 6 Ca 154/15) |
Tenor
1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg vom 22. November 2016 – 15 Sa 76/15 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Beschäftigung in der Nachtschicht.
Der 1967 geborene, verheiratete und vier Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist bei der Beklagten, einem Unternehmen mit etwa 500 Arbeitnehmern, seit dem 15. Juli 1991 beschäftigt, zuletzt als Maschinenbediener. Sein durchschnittliches Monatsgehalt betrug vor der zwischen den Parteien streitigen Umsetzung in die Wechselschicht ca. 4.100,00 Euro brutto. Der Arbeitsvertrag vom 12. Juli 1991 enthält ua. folgende Bestimmung:
„1. |
Tätigkeit |
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Der Mitarbeiter wird als Schlosser-Helfer |
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innerhalb der Abteilung Karosseriebau |
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mit Wirkung vom 15.07.91 in Normalschicht beschäftigt. |
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Die Firma ist berechtigt, dem/der Mitarbeiter/in auch andere, seinen/ihren Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechende Aufgaben zu übertragen oder ihn/sie an einen anderen zumutbaren Arbeitsplatz oder Tätigkeitsort zu versetzen. |
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Der/Die Mitarbeiter/in ist grundsätzlich bereit, auch Schichtarbeit zu leisten.” |
Die Tätigkeit, die der Kläger ausübt, wird bei der Beklagten zum einen im wöchentlichen Wechsel zwischen Frühschicht (05:00 Uhr bis 13:00 Uhr) und Spätschicht (13:00 Uhr bis 21:00 Uhr) geleistet, zum anderen in (Dauer-)Nachtschicht (21:00 Uhr bis 05:00 Uhr). In der Wechselschicht sind 17 Arbeitnehmer beschäftigt, in der Nachtschicht sechs Arbeitnehmer. Der Kläger leistete seit dem Jahr 1994 zunächst Wechselschicht, seit dem Jahr 2005 war er in Nachtschicht tätig. Im Zeitraum vom 22. September 2014 bis zum 31. Oktober 2014 war er nach einem Streit mit einem anderen in der Nachtschicht eingesetzten Kollegen zeitweise in Wechselschicht eingesetzt.
In den Jahren 2013 und 2014 war der Kläger jeweils an 35 Arbeitstagen arbeitsunfähig erkrankt, im Jahr 2015 bis zum 17. April 2015 an 39 Arbeitstagen. In der Zeit vom 2. Dezember 2014 bis zum 26. Februar 2015 war er aufgrund einer Therapiemaßnahme, mit der einer Suchterkrankung begegnet werden sollte, arbeitsunfähig. Ab dem 10. März 2015 wurde er zunächst wieder in der Nachtschicht eingesetzt. Am 25. März 2015 fand unter Beteiligung des Geschäftsführers der Beklagten, ihres Personalleiters, zweier weiterer Mitarbeiter und eines Betriebsratsmitglieds ein sog. Krankenrückkehrgespräch mit dem Kläger statt. Dieses erfüllte nicht die Voraussetzungen eines betrieblichen Eingliederungsmanagements iSv. § 84 Abs. 2 SGB IX (BEM).
Noch am selben Tag ordnete die Beklagte an, dass der Kläger seine Arbeit ab dem 7. April 2015 in Wechselschicht erbringen solle. Dem bei ihr bestehenden Betriebsrat teilte sie dies auf einem Formular „Umsetzungsbenachrichtigung von Mitarbeitern an den Betriebsrat” mit Datum vom 7. April 2015 mit. Als Begründung gab sie an, aufgrund hoher Krankheitszeiten sei der Kläger in der Wechselschicht leichter ersetzbar als in der Nachtschicht.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, die Versetzung von der Nachtschicht in die Wechselschicht sei unwirksam, er habe einen Anspruch darauf, in der Nachtschicht beschäftigt zu werden. Die Entscheidung sei unbillig, da die Beklagte nicht berücksichtigt habe, dass er sich körperlich auf die Nachtschicht eingestellt habe. Die Wechselschicht sei gesundheitlich viel belastender für ihn. Seine Erkrankungen stünden nicht im Zusammenhang mit der Nachtschicht, die Ende 2014 aufgetretenen Fehlzeiten seien durch eine ärztlicherseits angeordnete Suchttherapiemaßnahme verursacht worden. Die Beklagte könne sich zur Begründung ihrer Maßnahme ohnehin nicht auf gesundheitliche Aspekte berufen, da sie es unterlassen habe, ein BEM durchzuführen. Aufgrund der Therapiemaßnahmen habe sich sein Gesundheitszustand außerdem so verbessert, dass im Jahr 2016 nur zwölf Krankheitstage angefallen seien. Im Übrigen habe die Umsetzung zur Folge, dass er nicht mehr wöchentlich an einer nachstationären, ambulanten Entwöhnungsmaßnahme teilnehmen könne. Die Arbeit in der Wechselschicht führe zudem aufgrund des Wegfalls von Zuschlägen für die Nachtarbeit zu finanziellen Nachteilen iHv. etwa 1.000,00 Euro brutto monatlich. Da es sich um eine Versetzung gehandelt habe, habe der Betriebsrat gem. § 99 Abs. 1 BetrVG zustimmen müssen. Eine ordnungsgemäße Beteiligung des Betriebsrats habe jedoch nicht stattgefunden.
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, ihn als Maschinenbediener in der Nachtschicht, arbeitstäglich von 21:00 Uhr bis 05:00 Uhr, zu beschäftigen,
hilfsweise
festzustellen, dass die durch die Beklagte vorgenommene Umsetzung des Klägers von der Nachtschicht in die Wechselschicht Früh-/Spätschicht bzw. Tagschicht durch Anordnung vom 25. März 2015 und mit Wirkung zum 7. April 2015 rechtswidrig und somit rechtsunwirksam ist.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, die Umsetzung des Klägers sei von ihrem Direktionsrecht gedeckt. Grund der Weisung sei die Annahme gewesen, dass die dauerhafte Nachtarbeit möglicherweise der Gesundheit des Klägers nicht zuträglich gewesen sein könnte. Es habe festgestellt werden sollen, ob die Wechselschichtarbeit für den Kläger besser sei. Dies entspreche den Angaben des Betriebsarztes, wonach bei Fehlzeiten, wie denjenigen des Klägers, zu prüfen sei, ob diese mit der Nachtarbeit in Zusammenhang stünden. Eine Dauernachtschicht sei generell gesundheitlich belastender als jede andere Arbeitszeit. Ein BEM habe sie nicht durchgeführt, da sie keine Kündigung des Arbeitsverhältnisses in Erwägung gezogen habe. Für sie sei es darüber hinaus schwerer, einen häufig fehlenden Mitarbeiter in der Nachtschicht zu ersetzen, da der Pool der heranzuziehenden Mitarbeiter geringer sei als in der Wechselschicht. Mitarbeiter aus der Wechselschicht könnten wegen der einzuhaltenden Ruhezeiten nicht eingesetzt werden. Bei abteilungsfremden Mitarbeitern bestünden Einarbeitungsschwierigkeiten. Deshalb springe der Schichtführer selbst ein, könne dann aber seine eigentlichen Aufgaben, beispielsweise als Einsteller, nicht wahrnehmen, was zu erheblichen Betriebsablaufstörungen führe. Die finanziellen Interessen des Klägers seien berücksichtigt worden, er erhalte auch in der Wechselschicht Zeitzuschläge. In der Frühschicht falle in der Stunde zwischen 05:00 Uhr und 06:00 Uhr ein Nachtarbeitszuschlag von 30 vH an, in der Spätschicht ein Spätarbeitszuschlag von 20 vH, weil die Arbeit nach 12:00 Uhr beginne und nach 19:00 Uhr ende.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr mit dem Hauptantrag stattgegeben. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Abweisung der Klage.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung kann der Klage nicht stattgegeben werden. Mangels entsprechender Feststellungen durch das Landesarbeitsgericht kann der Senat in der Sache nicht abschließend entscheiden. Das angegriffene Urteil ist deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO). Ob der Kläger über den 6. April 2015 hinaus einen Anspruch auf Beschäftigung in der Nachtschicht hatte oder ob er aufgrund der Anordnung der Beklagten vom 25. März 2015 rechtswirksam mit Wirkung ab dem 7. April 2015 in die Wechselschicht umgesetzt wurde, steht noch nicht fest.
I. Die auf vertragsgemäße Beschäftigung gerichtete Leistungsklage ist zulässig.
1. Bei einem Streit über die Berechtigung einer Versetzung oder einer anderen Ausübung des Weisungsrechts bestehen für den Arbeitnehmer zwei Möglichkeiten: Er kann zum einen deren Berechtigung im Rahmen einer Feststellungsklage klären lassen. Zum anderen hat er die Möglichkeit, den Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung im Rahmen einer Klage auf künftige Leistung gem. § 259 ZPO durchzusetzen. Bei der Prüfung des Beschäftigungsanspruchs ist die Wirksamkeit der Ausübung des Weisungsrechts als Vorfrage zu beurteilen (BAG 25. August 2010 – 10 AZR 275/09 – Rn. 12 mwN, BAGE 135, 239 [zur Versetzung]).
2. Der Antrag des Klägers ist hinreichend bestimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. In Verbindung mit der Klagebegründung ist erkennbar, welche konkrete Beschäftigung er anstrebt. Die Voraussetzungen nach § 259 ZPO liegen vor.
II. Mit der vom Landesarbeitsgericht gegebenen Begründung durfte der Klage nicht stattgegeben werden.
1. Im Arbeitsverhältnis besteht grundsätzlich ein Anspruch auf vertragsgemäße Beschäftigung. Im Falle einer unwirksamen Weisung des Arbeitgebers richtet sich der Beschäftigungsanspruch auf die zuletzt zugewiesene Tätigkeit (vgl. BAG 25. August 2010 – 10 AZR 275/09 – Rn. 15, BAGE 135, 239). Dies gilt auch im Fall einer (nur) unbilligen Weisung. Der Arbeitnehmer ist nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB nicht – auch nicht vorläufig – an eine Weisung des Arbeitgebers gebunden, die die Grenzen billigen Ermessens nicht wahrt (grundlegend BAG 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330/16 – Rn. 58 ff. mwN).
2. Das Landesarbeitsgericht geht zutreffend davon aus, dass sich ein Anspruch des Klägers auf Einsatz in der Nachtschicht nicht bereits aus seinem Arbeitsvertrag ergibt und auch keine entsprechende Konkretisierung erfolgt ist (vgl. dazu zB BAG 13. Juni 2012 – 10 AZR 296/11 – Rn. 24 mwN). Gegenrügen hat der Kläger nicht erhoben, Rechtsfehler sind nicht erkennbar.
3. Der Kläger wendet sich auch nicht mit Gegenrügen gegen die Annahme des Landesarbeitsgerichts, einer Beteiligung des bei der Beklagten bestehenden Betriebsrats nach §§ 99 ff., § 95 Abs. 3 BetrVG habe es nicht bedurft, da es sich bei der streitgegenständlichen Maßnahme nicht um eine Versetzung im betriebsverfassungsrechtlichen Sinn handele (vgl. dazu BAG 23. November 1993 – 1 ABR 38/93 – BAGE 75, 97). Die diesbezüglichen Ausführungen des Berufungsgerichts lassen keine Rechtsfehler erkennen. Gleiches gilt im Hinblick auf die vorinstanzlich erhobene Rüge eines Verstoßes gegen das Maßregelungsverbot gem. § 612a BGB (vgl. dazu BAG 16. Oktober 2013 – 10 AZR 9/13 – Rn. 38 mwN).
4. Die weitere Annahme des Landesarbeitsgerichts, die Beklagte habe bei der Ausübung ihres Weisungsrechts die Grenzen des billigen Ermessens gem. § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB überschritten, weil sie kein betriebliches Eingliederungsmanagement iSv. § 84 Abs. 2 SGB IX und auch keine gleichwertige Maßnahme durchgeführt habe, ist dagegen rechtsfehlerhaft.
a) Die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen (§ 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB) verlangt eine Abwägung der wechselseitigen Interessen nach verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Wertentscheidungen, den allgemeinen Wertungsgrundsätzen der Verhältnismäßigkeit und Angemessenheit sowie der Verkehrssitte und Zumutbarkeit. In die Abwägung sind alle Umstände des Einzelfalls einzubeziehen. Dem Inhaber des Bestimmungsrechts nach § 106 GewO, § 315 Abs. 1 BGB verbleibt auch im Falle der Versetzung für die rechtsgestaltende Leistungsbestimmung ein nach billigem Ermessen auszufüllender Spielraum. Innerhalb dieses Spielraums können dem Bestimmungsberechtigten mehrere Entscheidungsmöglichkeiten zur Verfügung stehen. Dem Gericht obliegt nach § 106 GewO, § 315 Abs. 3 Satz 1 BGB die Prüfung, ob der Arbeitgeber als Gläubiger die Grenzen seines Bestimmungsrechts beachtet hat. Bei dieser Prüfung kommt es nicht auf die vom Bestimmungsberechtigten angestellten Erwägungen an, sondern darauf, ob das Ergebnis der getroffenen Entscheidung den gesetzlichen Anforderungen genügt. Die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung dieser Grenzen hat der Bestimmungsberechtigte.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Ausübungskontrolle ist der Zeitpunkt, zu dem der Arbeitgeber die Ermessensentscheidung zu treffen hatte (st. Rspr., zuletzt zB BAG 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330/16 – Rn. 45).
b) Der Begriff des billigen Ermessens bei der Ausübung des Weisungsrechts iSv. § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB ist ein unbestimmter Rechtsbegriff. Bei dessen Anwendung steht dem Tatsachengericht ein Beurteilungsspielraum zu. Dies gilt auch im Fall der Kontrolle der Ausübung des Weisungsrechts nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB. Der Beurteilungsspielraum des Tatsachengerichts ist vom Revisionsgericht nur darauf zu überprüfen, ob das Berufungsgericht den Rechtsbegriff selbst verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnorm Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, ob es alle wesentlichen Umstände berücksichtigt hat und ob das Urteil in sich widerspruchsfrei ist (grundlegend BAG 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330/16 – Rn. 46 ff. mwN).
c) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer solchen eingeschränkten Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht ist von einem Fehlverständnis der Rechtswirkungen des § 84 Abs. 2 SGB IX ausgegangen. Infolgedessen hat es wesentlichen Vortrag der Beklagten außer Acht gelassen, da es die Berufung der Beklagten auf gesundheitliche Aspekte der Umsetzung an die Durchführung eines BEM oder einer gleichwertigen Maßnahme geknüpft hat.
aa) Die Beklagte war verpflichtet, ein BEM gem. § 84 Abs. 2 SGB IX durchzuführen. Dies gilt entgegen der Auffassung der Revision unabhängig davon, ob die Beklagte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Erwägung gezogen hat.
(1) Nach § 84 Abs. 2 SGB IX hat der Arbeitgeber bei einem Beschäftigten, der innerhalb eines Jahres länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig gewesen ist, mit der zuständigen Interessenvertretung mit Zustimmung und Beteiligung der betroffenen Person die Möglichkeiten zu klären, wie die Arbeitsunfähigkeit möglichst überwunden werden und mit welchen Leistungen oder Hilfen erneuter Arbeitsunfähigkeit vorgebeugt und der Arbeitsplatz erhalten werden kann. Dieses Erfordernis eines BEM besteht für alle Arbeitnehmer und nicht nur für behinderte Menschen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 – 2 AZR 565/14 – Rn. 25; grundlegend BAG 12. Juli 2007 – 2 AZR 716/06 – Rn. 35, BAGE 123, 234). Es ist Sache des Arbeitgebers, die Initiative zur Durchführung des BEM zu ergreifen (BAG 20. November 2014 – 2 AZR 755/13 – Rn. 31 mwN, BAGE 150, 117).
(2) Bereits nach dem Wortlaut des § 84 Abs. 2 Satz 1 SGB IX kommt es für die Pflicht zur Durchführung eines BEM allein darauf an, dass ein Arbeitnehmer innerhalb eines Jahres entsprechende Krankheitszeiten aufweist, unabhängig davon, ob diese Krankheitszeiten in einer oder mehreren Perioden der Arbeitsunfähigkeit erreicht wurden (BAG 24. März 2011 – 2 AZR 170/10 – Rn. 19 mwN) und ob es sich um eine lang andauernde Erkrankung oder um häufige Kurzerkrankungen mit verschiedenen Ursachen handelt (BAG 20. November 2014 – 2 AZR 755/13 – Rn. 42, BAGE 150, 117). Subjektive Erwägungen des Arbeitgebers, die auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zielen oder der Entschluss zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses sind hingegen nach der Norm nicht Voraussetzung für diese Verpflichtung des Arbeitgebers. Ein solches Verständnis würde auch dem Sinn und Zweck des BEM widersprechen. Durch die dem Arbeitgeber auferlegten besonderen Verhaltenspflichten soll möglichst frühzeitig einer Gefährdung des Arbeitsverhältnisses eines kranken Menschen begegnet und die dauerhafte Fortsetzung der Beschäftigung erreicht werden (Düwell in LPK-SGB IX 4. Aufl. § 84 Rn. 32: „Ermöglichen aktiver Beschäftigung”). Ziel des BEM ist – wie das der gesetzlichen Prävention nach § 84 Abs. 1 SGB IX – die frühzeitige Klärung, ob und ggf. welche Maßnahmen zu ergreifen sind, um eine möglichst dauerhafte Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu fördern. Die in § 84 Abs. 2 SGB IX genannten Maßnahmen dienen damit letztlich der Vermeidung einer Kündigung und der Verhinderung von Arbeitslosigkeit erkrankter und kranker Menschen (vgl. BAG 30. September 2010 – 2 AZR 88/09 – Rn. 32 mwN, BAGE 135, 361; vgl. auch die Begründung zum Regierungsentwurf BT-Drs. 15/1783 S. 16). Um den Zielen des BEM zu genügen, ist ein unverstellter, verlaufs- und ergebnisoffener Suchprozess erforderlich (vgl. BAG 22. März 2016 – 1 ABR 14/14 – Rn. 11 mwN, BAGE 154, 329; 20. November 2014 – 2 AZR 755/13 – Rn. 30 mwN, BAGE 150, 117). Auf eine konkrete Gefährdung des Beschäftigungsverhältnisses kommt es nicht an (Cramer/Ritz/Schian SGB IX 6. Aufl. § 84 Rn. 20). Dem stünde entgegen, das BEM immer erst dann durchzuführen, wenn eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber bereits in Erwägung gezogen wird.
(3) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts war der Kläger in der Zeit vom 2. Dezember 2014 bis zum 26. Februar 2015 arbeitsunfähig erkrankt, mithin länger als sechs Wochen. Als die Beklagte im Zusammenhang mit dem sog. Krankenrückkehrgespräch am 25. März 2015 die Umsetzung des Klägers in die Wechselschicht anordnete, lagen die Voraussetzungen nach § 84 Abs. 2 SGB IX vor, so dass die Beklagte eine entsprechende Initiative hätte ergreifen müssen. Dies ist jedoch nicht geschehen. Das Krankenrückkehrgespräch erfüllte unstreitig die gesetzlichen Anforderungen an ein BEM nicht (vgl. dazu BAG 20. November 2014 – 2 AZR 755/13 – Rn. 32 mwN, BAGE 150, 117).
bb) Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts führt die Unterlassung eines BEM oder einer gleichwertigen Maßnahme aber nicht dazu, dass eine Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber, die (auch) auf Gründe gestützt wird, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand des Arbeitnehmers stehen, bereits deswegen formell oder materiell unmittelbar unwirksam wäre. Ebenso wenig ist der Arbeitgeber in einer solchen Situation durch § 84 Abs. 2 SGB IX gehindert, sich im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Wahrung der Grenzen des billigen Ermessens nach § 106 Satz 1 GewO, § 315 BGB auf Gründe für die Maßnahme zu berufen, die im Zusammenhang mit dem Gesundheitszustand oder der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers stehen.
(1) § 84 Abs. 2 SGB IX selbst gibt keinen Anhaltspunkt für die Annahme, die unterlassene Durchführung des BEM führe unmittelbar zur Unwirksamkeit einer Versetzung oder einer anderen Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber.
(2) Wie dargelegt, dient das BEM dem Ziel, krankheitsbedingten Gefährdungen des Arbeitsverhältnisses möglichst frühzeitig entgegenzutreten und im Rahmen eines ergebnisoffenen Suchprozesses Wege zu finden, um erneuter Arbeitsunfähigkeit vorzubeugen und damit das Arbeitsverhältnis zu erhalten. Durch das BEM können ggf. mildere Mittel gegenüber dem Ausspruch einer Kündigung gefunden werden; das BEM selbst ist aber kein solches milderes Mittel gegenüber anderen Maßnahmen (vgl. BAG 12. Juli 2007 – 2 AZR 716/06 – Rn. 41 mwN, BAGE 123, 234; aA wohl ohne Begründung LAG Köln 12. Dezember 2013 – 7 Sa 537/13 – zu II 1 b der Gründe).
(3) Nach ständiger Rechtsprechung ist die Durchführung des BEM keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung für eine krankheitsbedingte Kündigung.
§ 84 Abs. 2 SGB IX ist aber auch kein bloßer Programmsatz. Die Norm konkretisiert vielmehr den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Mit Hilfe eines BEM können mildere Mittel als die Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wie zB die Umgestaltung des Arbeitsplatzes oder die Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen auf einem anderen, ggf. durch Umsetzungen „freizumachenden” Arbeitsplatz erkannt und entwickelt werden. Nur wenn auch die Durchführung des BEM keine positiven Ergebnisse hätte zeitigen können, ist sein Fehlen unschädlich. Um darzutun, dass die Kündigung dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügt und ihm keine milderen Mittel zur Überwindung der krankheitsbedingten Störung des Arbeitsverhältnisses als die Kündigung offenstanden, muss der Arbeitgeber die objektive Nutzlosigkeit des BEM darlegen (zuletzt zB BAG 13. Mai 2015 – 2 AZR 565/14 – Rn. 28 mwN).
(4) Das BEM ist auch im Fall einer Versetzung oder einer anderen Ausübung des Direktionsrechts, die (auch) auf gesundheitliche Gründe gestützt wird, keine formelle oder unmittelbare materielle Wirksamkeitsvoraussetzung für die Maßnahme. Das Gesetz bestimmt dies nicht ausdrücklich, vielmehr sieht es im Fall der Unterlassung des BEM gar keine Rechtsfolge vor. Um ein Verbotsgesetz iSd. § 134 BGB handelt es sich nicht (BAG 12. Juli 2007 – 2 AZR 716/06 – Rn. 36, BAGE 123, 234). Von einer formellen Wirksamkeitsvoraussetzung geht wohl auch das Landesarbeitsgericht nicht ausdrücklich aus. Als solche würde die Unterlassung des BEM aber faktisch wirken, wenn dem Arbeitgeber – wie das Landesarbeitsgericht offenbar annimmt – verwehrt wäre, sich auf die Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers oder andere mit seinem Gesundheitszustand in Zusammenhang stehende Gründe zur Begründung einer Ausübung des Weisungsrechts zu berufen. Eine solche Vorrangstellung des § 84 Abs. 2 SGB IX gegenüber dem Weisungsrecht nach § 106 Satz 1 GewO lässt sich der Norm ebenso wenig wie im Verhältnis zu § 1 KSchG entnehmen.
(5) Dabei ist auch zu beachten, dass sich der auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses zielende Ausspruch einer Kündigung und die der Ausgestaltung des Arbeitsverhältnisses dienende Ausübung des Weisungsrechts durch den Arbeitgeber nach Voraussetzungen und Wirkungen deutlich unterscheiden. Mit seinem Weisungsrecht konkretisiert der Arbeitgeber die arbeitsvertraglich häufig nur rahmenmäßig bestimmte Arbeitspflicht und schafft damit regelmäßig erst die Voraussetzung, dass der Arbeitnehmer diese erfüllen und das Arbeitsverhältnis praktisch durchgeführt werden kann (BAG 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330/16 – Rn. 60). Deshalb sind für die Überprüfung der Wirksamkeit einer Weisung auch keine kündigungsrechtlichen Maßstäbe anzulegen, diese bestimmen sich vielmehr entsprechend der gesetzlichen Vorgabe nach § 106 GewO, § 315 BGB (vgl. BAG 28. August 2013 – 10 AZR 569/12 – Rn. 41 [zur Bedeutung einer unternehmerischen Entscheidung für eine Versetzung]).
(6) Das Landesarbeitsgericht unterscheidet mit seinen Annahmen auch nicht ausreichend zwischen dem BEM und den Maßnahmen, die aufgrund des BEM in Betracht kommen (vgl. BAG 12. Juli 2007 – 2 AZR 716/06 – Rn. 41, BAGE 123, 234). Wird als Maßnahme aus einem BEM eine Versetzung oder andere Ausübung des Weisungsrechts in Erwägung gezogen, richtet sich die Verbindlichkeit der arbeitgeberseitigen Weisung nach § 106 GewO, § 315 BGB. Der Arbeitnehmer kann sich – unabhängig von möglichen Folgen in einem Streit über eine spätere krankheitsbedingte Kündigung – gegen eine solche Maßnahme wenden, eine Bindung an die Ergebnisse des BEM besteht nicht. Umgekehrt würde es dem in § 84 Abs. 2 SGB IX zum Ausdruck kommenden Präventionsgedanken widersprechen, wenn der Arbeitgeber eine aus gesundheitlichen Gründen gebotene Umsetzung, die auch ansonsten billigem Ermessen entspricht, nicht vornehmen dürfte, nur weil er kein BEM durchgeführt hat. Soweit § 84 Abs. 2 SGB IX insoweit vom Erhalt des „Arbeitsplatzes” spricht, handelt es sich um einen offensichtlichen Redaktionsfehler (BAG 20. November 2014 – 2 AZR 755/13 – Rn. 32, BAGE 150, 117; Düwell in LPK-SGB IX § 84 Rn. 32; aA wohl Cramer/Ritz/Schian SGB IX § 84 Rn. 20).
(7) Darüber hinaus übersieht das Landesarbeitsgericht, dass es im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung einer Versetzung oder einer anderen Ausübung des Weisungsrechts nach § 106 GewO, § 315 BGB nicht auf die vom Bestimmungsberechtigten angestellten Erwägungen ankommt, sondern darauf, ob das Ergebnis der getroffenen Entscheidung die Grenzen billigen Ermessens wahrt (BAG 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330/16 – Rn. 35 mwN). Dies hat der Arbeitgeber darzulegen und zu beweisen. Auch wenn es dem Arbeitgeber – wie möglicherweise hier – um die Suche nach der unter gesundheitlichen Aspekten besten Einsatzmöglichkeit für einen Arbeitnehmer geht, verlangt der Zweck des BEM nicht, die Maßnahme nur deshalb als unwirksam anzusehen, weil der Arbeitnehmer seine Interessen nicht zuvor selbst eingebracht hat. Entscheidend ist vielmehr, ob die Ausübung des Weisungsrechts auch diese Interessen des Arbeitnehmers im Rahmen der notwendigen Abwägung wahrt. Wenn der Arbeitgeber wegen des fehlenden BEM erhebliche Belange des Arbeitnehmers hingegen nicht hinreichend berücksichtigt hat, weil er sie deswegen beispielweise gar nicht kannte, wird sich die Maßnahme im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung regelmäßig als unwirksam erweisen, sofern nicht gleichwohl die von ihm angeführten Abwägungsgesichtspunkte die Wahrung billigen Ermessens begründen können (vgl. im Hinblick auf eine tarifvertragliche Verpflichtung zur Anhörung des Arbeitnehmers vor einer Versetzung BAG 18. Oktober 2017 – 10 AZR 330/16 – Rn. 35). Insofern kann das unterlassene BEM auch im Rahmen der Ausübung des Weisungsrechts zu Rechtsnachteilen für den Arbeitgeber führen (vgl. dazu Kohte/Liebsch juris-PR-ArbR 36/17 Anm. 5 [allerdings unter Hinweis auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz]).
d) Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts erweist sich darüber hinaus als rechtsfehlerhaft, weil es wesentlichen Vortrag der Beklagten zur Begründung der Umsetzung des Klägers übergangen hat. Die von der Beklagen zulässig nach § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. b ZPO erhobene Verfahrensrüge hat Erfolg. Auch dies führt zur Aufhebung der angegriffenen Entscheidung (§ 562 Abs. 1 ZPO).
aa) Die Beklagte hatte in den Vorinstanzen mehrfach vorgetragen, dass es für sie in der Nachtschicht schwieriger als in der Wechselschicht sei, einen häufig fehlenden Mitarbeiter zu ersetzen, da der Pool der heranzuziehenden Mitarbeiter gegenüber der Wechselschicht geringer sei. Mitarbeiter aus der Wechselschicht könnten nicht in der Nachtschicht eingesetzt werden, weil dann die Ruhezeiten nicht eingehalten werden könnten. Springe der Schichtführer ein, könne er seinen eigentlichen Aufgaben nicht mehr nachkommen. Diese betrieblichen Umstände hat sie ausdrücklich als weiteren Grund für die streitgegenständliche Maßnahme angeführt.
bb) Das Landesarbeitsgericht hat diesen Vortrag der Beklagten im streitigen Tatbestand ausdrücklich wiedergegeben. In seinen Entscheidungsgründen führt es hingegen aus, die Beklagte habe „sonstige betriebliche Interessen” nicht dargelegt und solche hätten im Zeitpunkt der Maßnahme objektiv auch nicht bestanden. An anderer Stelle benennt das Landesarbeitsgericht die Frage der gesundheitlichen Folgen der Umsetzung in die Wechselschicht als „das einzige [von der Beklagten] ins Feld geführte betriebliche Interesse”. Mit dem genannten Vortrag der Beklagten setzt sich das Landesarbeitsgericht nicht auseinander. Den Urteilsgründen ist auch nicht zu entnehmen, dass das Landesarbeitsgericht den diesbezüglichen Vortrag – unabhängig von der Frage etwaiger Hinweispflichten nach § 139 ZPO – als unsubstanziiert oder aus anderen prozessualen Gründen als nicht verwertbar angesehen hat.
III. Der Senat kann in der Sache nicht selbst entscheiden, da das Landesarbeitsgericht nicht alle erforderlichen Feststellungen getroffen hat. Im Übrigen ist es regelmäßig Sache der Tatsacheninstanzen festzustellen, ob eine konkrete Maßnahme billigem Ermessen entspricht oder nicht (vgl. BAG 30. November 2016 – 10 AZR 805/15 – Rn. 34). Die Sache ist deshalb zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 ZPO).
1. Das Landesarbeitsgericht wird unter Zugrundelegung der obigen Grundsätze zu prüfen haben, ob die Weisung vom 25. März 2015 billigem Ermessen entsprach. Den Parteien wird Gelegenheit zu geben sein, ihren Vortrag hinsichtlich der für und gegen die Wirksamkeit der Weisung sprechenden tatsächlichen Umstände zu ergänzen, soweit das Landesarbeitsgericht diesen als nicht ausreichend substanziiert ansieht. Maßgeblich kann es dabei aber ausschließlich auf Umstände ankommen, die zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Maßnahme bereits vorlagen; spätere Entwicklungen (zB der Arbeitsunfähigkeitszeiten) können keine Berücksichtigung finden. Ebenso wenig kommt es im Rahmen der gerichtlichen Überprüfung der Ausübung eines Weisungsrechts auf die vom Bestimmungsberechtigten angestellten Erwägungen an, sondern allein darauf, ob das Ergebnis der getroffenen Entscheidung den vertraglichen, tarifvertraglichen oder gesetzlichen Anforderungen genügt (vgl. BAG 30. November 2016 – 10 AZR 11/16 – Rn. 28).
2. Das Landesarbeitsgericht wird bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen haben, dass es gesicherten arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht, dass Nachtarbeit grundsätzlich für jeden Menschen schädlich ist und negative gesundheitliche Auswirkungen hat (BAG 9. Dezember 2015 – 10 AZR 423/14 – Rn. 17 mwN, BAGE 153, 378). Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass diese Erkenntnis eine Umsetzung in die Wechselschicht rechtfertigen kann. Der allgemeine Vortrag des Klägers, gerade für ihn sei eine dauerhafte Nachtschicht gesundheitlich besser als die Wechselschicht mit den wechselnden Arbeitszeiten, dürfte nicht genügen, um diese Erkenntnis infrage zu stellen. Allerdings wird zu berücksichtigen sein, dass im Betrieb der Beklagten weiterhin eine (Dauer-)Nachtschicht eingerichtet ist. Es bedarf daher besonderer Umstände in der Person des Klägers – wie beispielsweise deutlich überdurchschnittliche Arbeitsunfähigkeitszeiten – um diese allgemeine Erkenntnis gerade als (einen) hinreichenden Grund für dessen Umsetzung anzusehen. Konkret auf die individuelle gesundheitliche Situation des Klägers bezogene Gründe für die Maßnahme – die ggf. im Rahmen der Durchführung eines betrieblichen Eingliederungsmanagements hätten festgestellt werden können – hat die Beklagte bisher jedenfalls nicht vorgetragen.
3. Das Landesarbeitsgericht wird weiter dem Vortrag der Beklagten zur einfacheren Ersetzbarkeit des Klägers in der Wechselschicht bei krankheitsbedingten Ausfällen nachzugehen und diesen zu bewerten haben. Gleiches gilt für die bisher sehr allgemeine Behauptung des Klägers zu Nachteilen bei seiner Suchttherapie (vgl. zu solchen Erwägungen auch BAG 2. November 2016 – 10 AZR 596/15 – Rn. 32, BAGE 157, 153) und seinen im Hinblick auf den gegenläufigen Vortrag der Beklagten bisher wenig substanziierten Vortrag zu finanziellen Einbußen durch den Wegfall von Zuschlägen und Zulagen. Bei der Bewertung des letztgenannten Aspekts ist zu berücksichtigen, dass solche Zuschläge und Zulagen die besonderen Erschwernisse durch die Nachtarbeit ausgleichen sollen und diese Erschwernisse mit dem fehlenden Einsatz in der Nachtschicht ebenfalls entfallen (vgl. BAG 10. Dezember 2014 – 10 AZR 63/14 – Rn. 32). Von weiteren Hinweisen sieht der Senat ab.
Unterschriften
Linck, Schlünder, W. Reinfelder, Petri, Klein
Fundstellen
Haufe-Index 11418191 |
BAGE 2018, 325 |
BB 2017, 2611 |
BB 2018, 179 |
BB 2018, 571 |
DB 2017, 23 |
DB 2018, 23 |
DB 2018, 261 |
DStR 2017, 11 |