Entscheidungsstichwort (Thema)
Entgeltfortzahlung nach dem AWbG-Gesetz
Normenkette
AWbG NW § 1 Abs. 1-2, § 7; BGB §§ 249, 251, 280 Abs. 1, § 284 Abs. 1, § 287 S. 2
Verfahrensgang
LAG Köln (Urteil vom 12.06.1990; Aktenzeichen 3 (4) Sa 74/90) |
ArbG Bonn (Urteil vom 16.11.1989; Aktenzeichen 5 (3) Ca 1340/89) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Köln vom 12. Juni 1990 – 3 (4) Sa 74/90 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz Nordrhein-Westfalen (AWbG) der Lohn fortzuzahlen ist.
Der Kläger wird bei der Beklagten als gewerblicher Arbeitnehmer beschäftigt. Er ist nicht Mitglied des Betriebsrats. Im Februar 1989 beantragte der Kläger bei der Beklagten, ihn zur Teilnahme an dem Seminar „Betriebsräte I”, das durch Bescheid des Kultusministers NRW genehmigt worden war, vom 29. Mai bis 2. Juni 1989 unter Fortzahlung der Bezüge freizustellen.
Die Beklagte lehnte die Freistellung des Klägers ab. Der Kläger besuchte dennoch die Veranstaltung. Nach Besuch der Veranstaltung verlangte er vergeblich die Fortzahlung seines Lohnes für die Zeit der Veranstaltung.
Mit seiner am 19. Juli 1989 erhobenen Klage hat der Kläger beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 822,– DM brutto nebst 4 % Zinsen auf den sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 24. Juli 1989 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht haben die Klage abgewiesen. Die vom Landesarbeitsgericht zugelassene Revision rügt die Verletzung von § 9 Satz 1 und des § 1 Abs. 2 AWbG. Sie verfolgt weiterhin ihr erstinstanzliches Prozeßziel. Die Beklagte bittet um Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unbegründet. Der Kläger hat unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Anspruch auf Arbeitsentgelt für die Zeit vom 29. Mai bis 2. Juni 1989.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Lohnfortzahlung nach § 7 AWbG i.Verb.m. § 1 Abs. 1 AWbG. Denn danach ist erforderlich, daß der Kläger vom Arbeitgeber für diese Zeit von der Arbeit zum Zwecke der beruflichen oder politischen Weiterbildung freigestellt worden ist. Das Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen gewährt den Arbeitnehmern einen gesetzlich bedingten Freistellungsanspruch, kein Selbstbeurlaubungsrecht. Der Lohnfortzahlungsanspruch kann nur entstehen, wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht zur Erfüllung des Anspruchs auf Freistellung nachgekommen ist. Weigert sich der Arbeitgeber, die Erfüllungshandlung vorzunehmen, d.h. die Freistellungserklärung abzugeben, kann der Arbeitnehmer allenfalls versuchen, diesen Anspruch gerichtlich durchzusetzen (Senatsurteil vom 21. September 1993 – 9 AZR 429/91 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Da der Kläger bereits in der Klageschrift vorgetragen hat, die Beklagte habe die Freistellung abgelehnt, kommt eine Lohnfortzahlung nach dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz nicht in Betracht.
2. Andere gesetzliche Anspruchsgrundlagen, nach denen die Beklagte verpflichtet wäre, ohne Arbeitsleistung des Klägers Arbeitsentgelt zu entrichten, sind nicht ersichtlich.
3. Der Kläger hat auch keinen vertraglichen Anspruch auf Gewährung von Arbeitsentgelt aus einer besonderen Vereinbarung der Parteien (vgl. Senatsurteile vom 9. Februar 1993 – 9 AZR 648/90 – und vom 24. August 1993 – 9 AZR 240/90 – beide zur Veröffentlichung bestimmt). Für die Annahme einer derartigen Sondervereinbarung fehlt im Streitfall jeglicher Tatsachenvortrag der Parteien.
4. Der Kläger hat auch keinen Schadensersatzanspruch auf Zahlung einer Geldsumme nach den §§ 280 Abs. 1, 284 Abs. 1, 287 Satz 2, 251 BGB. Ein möglicher Schadensersatzanspruch des Klägers ist nach § 249 BGB auf die Wiederherstellung des Zustands gerichtet, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Die Wiederherstellung besteht in der (künftigen) Freistellung des Arbeitnehmers für die Teilnahme an einer Arbeitnehmerweiterbildungsveranstaltung. Ein Schadensersatz in Form einer Geldentschädigung ist gem. § 251 BGB erst statthaft, wenn die Freistellung z.B. wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr möglich ist.
5. Auf die unter den Parteien umstrittenen Rechtsfragen zum Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz und zum Betriebsverfassungsgesetz kommt es daher nicht an.
6. Der Kläger hat die Kosten seiner erfolglosen Revision nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.
Unterschriften
Dr. Leinemann, Düwell, Dörner, Sperl, Arntzen
Fundstellen