Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtzusage. Zuschuss zum Krankengeld. AGB-Kontrolle
Orientierungssatz
1. Eine Gesamtzusage ist typischerweise nicht auf die im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Erklärung beschäftigten Arbeitnehmer beschränkt. Sie wird regelmäßig auch gegenüber nachträglich in den Betrieb eintretenden Mitarbeitern abgegeben und diesen bekannt. Ihr Inhalt kann aber vom Arbeitgeber mit Wirkung für die Zukunft geändert werden. Ist eine solche Änderung erfolgt, wird die Gesamtzusage für neu eintretende Mitarbeiter mit dem Inhalt Vertragsbestandteil, der zum Zeitpunkt ihres Eintritts bekannt gemacht ist.
2. Jedenfalls in einem international tätigen IT-Unternehmen führt alleine die Verwendung englischer Begriffe oder einer deutsch-englischen Kunstsprache („Denglisch”) in den Bestimmungen einer Gesamtzusage nicht zur Intransparenz solcher Klauseln.
Normenkette
BGB §§ 145, 151, 305c Abs. 1-2, § 307 Abs. 1 S. 2, § 310 Abs. 3 Nr. 3
Verfahrensgang
Tenor
1. Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 7. März 2013 – 11 Sa 1640/12 – wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Zuschuss zum Krankengeld für die Monate Januar bis April 2012.
Die 1959 geborene Klägerin stand aufgrund Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 seit dem 1. Juli 1990 in einem Arbeitsverhältnis zur m GmbH. In der Folgezeit kam es zu mehreren Betriebsübergängen. Zuletzt ging das Arbeitsverhältnis zum 1. November 2009 von der E GmbH auf die Beklagte über. Dort ist die Klägerin als Softwareentwicklerin zu einer Bruttomonatsvergütung von 4.220,01 Euro beschäftigt.
Anlässlich des Betriebsübergangs erhielt die Klägerin von der Beklagten ein Informationsschreiben vom 23. September 2009. Dort heißt es ua.:
„1. Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses, …
Ihr Arbeitsverhältnis geht nach derzeitiger Planung zum Stichtag 1. November 2009 – vorbehaltlich der nachfolgenden Bestimmungen – unverändert auf die H-P GmbH über, die ab diesem Zeitpunkt Ihr neuer Arbeitgeber wird. Die H-P GmbH tritt dabei kraft Gesetzes in alle zum Zeitpunkt des Übergangs bestehenden arbeitsvertraglichen Rechte und Pflichten Ihres Arbeitsverhältnisses ein (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB).
…
15. Geplante Maßnahmen
a) HP Standardarbeitsvertrag
Ob HP Ihnen, unabhängig von der gesetzlichen Rechtsfolge des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB, ein Arbeitsvertragsangebot zu den HP Standardkonditionen zukommen lassen wird, ist heute noch nicht absehbar. Im Hinblick auf den Inhalt eines etwaigen Arbeitsvertragsangebotes sowie die bei HP bestehenden Arbeitsbedingungen und Sozialleistungen werden Sie zu gegebener Zeit zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Die Annahme oder Nichtannahme eines HP Standardarbeitsvertrages hat keine Auswirkungen auf den Übergang Ihres Arbeitsverhältnisses auf die H-P GmbH und den Bestand Ihres Arbeitsverhältnisses.”
Bei der Beklagten besteht eine sogenannte Krankheitspolicy. Zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin war diese ua. mit folgendem Wortlaut im Intranet für die Beschäftigten veröffentlicht:
„Krankheitspolicy
Organisation: HR – Rewards
Gültigkeitsdatum: 01-Mai-1984
…
Inhalt
Krankheitspolicy der H-P GmbH
Philosophy
Verfahren bei langfristiger Erkrankung eines Mitarbeiters.
Scope
Mitarbeiter auf der deutschen Payroll mit HP Standard Terms & Conditions
Policy
Krankheitspolicy der H-P GmbH
Aufgrund der Neufassung des Pensionsplans zum 01. November 1975, werden wir in Zukunft im Falle von länger andauernder Krankheit eines Mitarbeiters nach folgenden Grundsätzen verfahren:
- Jedem Mitarbeiter wird im Falle länger andauernder Krankheit im Anschluss an die gesetzliche Gehaltsfortzahlung ein Firmenzuschuss zum Krankengeld in Höhe des Differenzbetrages zwischen Krankengeld und seinem Nettogrundgehalt gewährt, falls er zu Beginn des Krankheitsfalles 1 Jahr bei der Firma beschäftigt ist.
- Der Krankenzuschuss wird in der Regel solange gewährt, wie der Mitarbeiter Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung bezieht.”
Nach Ziff. 5 des Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 steht der Klägerin im Fall der Dienstverhinderung aufgrund unverschuldeter Umstände Entgeltfortzahlung für den Monat, in dem die Verhinderung beginnt, und für weitere drei Monate zu.
Die Klägerin war seit dem 26. September 2011 zumindest bis Ende April 2012 arbeitsunfähig erkrankt. Bis zum 31. Dezember 2011 leistete die Beklagte nach den Bestimmungen des Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 Entgeltfortzahlung. Ab dem 1. Januar 2012 bezog die Klägerin Krankengeld in Höhe von monatlich 1.985,10 Euro netto. Einen Zuschuss zum Krankengeld leistete die Beklagte nicht.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihr stehe ein Krankengeldzuschuss in Höhe der Differenz zwischen dem ihr gewährten Krankengeld und der Nettomonatsvergütung zu. Monatlich ergebe dies einen Betrag von 569,20 Euro. Bei der Krankheitspolicy handle es sich um eine Gesamtzusage, die auch ihr gegenüber bekannt gemacht worden sei. Diese gelte für alle Mitarbeiter, unabhängig davon, ob diese aufgrund eines Betriebsübergangs zur Beklagten gelangt seien. Die unter der Überschrift „Scope” enthaltene Einschränkung sei in der ursprünglichen Krankheitspolicy vom 15. September 1975 nicht enthalten gewesen. Eine solche Einschränkung würde im Übrigen einer AGBKontrolle nicht standhalten.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.276,80 Euro netto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10. Mai 2012 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Bei der Krankheits-policy handle es sich um eine Gesamtzusage an alle Mitarbeiter mit einem „HP-Standardarbeitsvertrag”. Nur diese Version der Krankheitspolicy von 1984 sei im Intranet bekannt gemacht worden. Die Klägerin verfüge nicht über einen solchen Vertrag, sondern ihr Arbeitsvertrag von 1990 bestehe zu den ursprünglichen Bedingungen fort.
Das Arbeitsgericht hat der Klage – soweit noch relevant – stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht sie abgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet. Sie hat für die Monate Januar bis April 2012 keinen Anspruch auf einen Zuschuss zum Krankengeld.
I. Auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin findet die Krankheitspolicy vom 1. November 1975/10. Mai 1984 keine Anwendung. Die Klägerin fällt nicht in ihren Geltungsbereich. Die Beschränkung des Geltungsbereichs auf Beschäftigte mit einem sog. HP-Standardarbeitsvertrag hält einer Kontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB stand.
1. Bei der Krankheitspolicy handelt es sich um eine an die Mitarbeiter der Beklagten gerichtete Gesamtzusage.
a) Eine Gesamtzusage ist die an alle Arbeitnehmer des Betriebs oder einen nach abstrakten Merkmalen bestimmten Teil von ihnen in allgemeiner Form gerichtete ausdrückliche Erklärung des Arbeitgebers, bestimmte Leistungen erbringen zu wollen. Eine ausdrückliche Annahme des in der Erklärung enthaltenen Antrags iSv. § 145 BGB wird dabei nicht erwartet. Ihrer bedarf es nicht. Das in der Zusage liegende Angebot wird gemäß § 151 BGB angenommen und ergänzender Inhalt des Arbeitsvertrags. Gesamtzusagen werden bereits dann wirksam, wenn sie gegenüber den Arbeitnehmern in einer Form verlautbart werden, die den einzelnen Arbeitnehmer typischerweise in die Lage versetzt, von der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Auf dessen konkrete Kenntnis kommt es nicht an. Die Arbeitnehmer erwerben einen einzelvertraglichen Anspruch auf die zugesagten Leistungen, wenn sie die betreffenden Anspruchsvoraussetzungen erfüllen (BAG 13. November 2013 – 10 AZR 848/12 – Rn. 16). Von der seitens der Arbeitnehmer angenommenen, vorbehaltlosen Zusage kann sich der Arbeitgeber individualrechtlich nur durch Änderungsvertrag oder wirksame Änderungskündigung lösen (BAG 11. Dezember 2007 – 1 AZR 869/06 – Rn. 13).
Eine Gesamtzusage ist typischerweise nicht auf die im Zeitpunkt ihrer erstmaligen Erklärung beschäftigten Arbeitnehmer beschränkt. Sie wird regelmäßig auch gegenüber nachträglich in den Betrieb eintretenden Mitarbeitern abgegeben und diesen bekannt. Auch sie können deshalb das in ihr liegende Vertragsangebot gemäß § 151 BGB annehmen. Gemäß § 151 Satz 2 BGB bestimmt sich der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden. Geht es nicht um eine einmalige Leistung an bestimmte Arbeitnehmer, sondern erklärt sich der Arbeitgeber zu einer Regelung im Sinne einer auf Dauer angelegten Handhabung bei Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen bereit, spricht das für die Fortgeltung des Antrags bis zu einer gegenteiligen Erklärung. Wegen der Verpflichtung des Arbeitgebers gegenüber jedem Arbeitnehmer, der die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt, ist auf die Erteilung der Gesamtzusage und nicht auf den Beginn des einzelnen Arbeitsverhältnisses abzustellen. Die Zusage hat für alle Arbeitnehmer den gleichen Inhalt und die gleiche Bedeutung, sofern es nicht zwischenzeitlich zu einer Veränderung des Inhalts der Zusage durch den Arbeitgeber gekommen oder diese für die Zukunft aufgehoben worden ist (BAG 23. September 2009 – 5 AZR 628/08 – Rn. 22 f., 28).
b) Um eine solche Gesamtzusage handelt es sich hier.
aa) Durch eine einseitige Erklärung der Beklagten wird bestimmt, unter welchen Voraussetzungen Mitarbeiter einen Krankengeldzuschuss bei lang andauernder Erkrankung erhalten. Diese Zusage ist im Unternehmen der Beklagten – zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin im Jahre 2009 im Intranet – veröffentlicht worden, so dass die Mitarbeiter hiervon Kenntnis erhalten konnten.
bb) Maßgeblich für die Klägerin ist dabei die Gesamtzusage der Beklagten mit dem Inhalt, den sie zum Zeitpunkt des Eintritts der Klägerin zum 1. November 2009 hatte. Nach den vom Landesarbeitsgericht getroffenen tatbestandlichen Feststellungen (vgl. zur Rechtswirkung von Feststellungen in den Entscheidungsgründen: BAG 18. September 2003 – 2 AZR 498/02 – zu B I 1 der Gründe) war die Krankheitspolicy zunächst an alle Mitarbeiter der Beklagten gerichtet. Noch vor der Begründung der Rechtsbeziehungen der Parteien wurde die Zusage aber dahin gehend beschränkt, dass nur noch Mitarbeiter mit HP-Standardarbeitsvertrag von der Zusage erfasst sein sollten. An diese von der Klägerin nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen ist der Senat gebunden. Eine solche Beschränkung des Inhalts der Zusage ist gegenüber neu eintretenden Beschäftigten auch wirksam (BAG 23. September 2009 – 5 AZR 628/08 – Rn. 23, 28).
2. Die Klägerin fällt nicht unter den Geltungsbereich der Krankheitspolicy in der am 1. November 2009 maßgeblichen Fassung. Die Beschränkung des Geltungsbereichs auf „Mitarbeiter auf der deutschen Payroll mit HP Standard Terms & Conditions” ist wirksam.
a) Bei einer Gesamtzusage handelt es sich um ein an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtetes Vertragsangebot iSd. § 305 Abs. 1 Satz 1 BGB und damit um Allgemeine Geschäftsbedingungen iSd. §§ 305 ff. BGB (BAG 13. November 2013 – 10 AZR 848/12 – Rn. 18).
b) Entgegen der Auffassung der Klägerin ist die Beschränkung des Geltungsbereichs („Scope”) Vertragsbestandteil geworden. Es handelt sich nicht um eine überraschende Klausel iSd. § 305c Abs. 1 BGB.
aa) Nach § 305c Abs. 1 BGB werden Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht Vertragsbestandteil, wenn sie nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Überraschenden Klauseln muss ein „Überrumpelungseffekt” innewohnen. Zwischen den durch die Umstände bei Vertragsschluss begründeten Erwartungen und dem tatsächlichen Vertragsinhalt muss ein deutlicher Widerspruch bestehen. Da sich das Überraschungsmoment auch aus dem Erscheinungsbild des Vertrags ergeben kann, ist es möglich, dass auch das Unterbringen einer Klausel an einer unerwarteten Stelle im Text sie deswegen als Überraschungsklausel erscheinen lässt. Das Überraschungsmoment ist umso eher zu bejahen, je belastender die Bestimmung ist. Im Einzelfall muss der Verwender darauf besonders hinweisen oder die Klausel drucktechnisch hervorheben (BAG 17. Oktober 2012 – 10 AZR 620/11 – Rn. 27 mwN).
bb) Nach diesen Grundsätzen ist die Bestimmung des Geltungsbereichs der Gesamtzusage unter der Überschrift „Scope” weder inhaltlich noch nach der äußeren Vertragsgestaltung überraschend. In der Veröffentlichung im Intranet ist – auch anzeige- bzw. drucktechnisch deutlich hervorgehoben – dargestellt, auf welche Mitarbeiter sich die im Folgenden wiedergegebene Policy beziehen soll. Auch der Sache nach ist es nicht ungewöhnlich, dem Inhalt einer Regelung ihren Geltungsbereich voranzustellen. Vielmehr handelt es sich um eine auch in Betriebsvereinbarungen und Tarifverträgen übliche Regelungstechnik. Es ist unbedenklich, dies bei einer kollektiv an alle Mitarbeiter gerichteten Zusage ebenso zu handhaben, ein „Überrumpelungseffekt” ist darin nicht zu erkennen. Etwas anderes ergibt sich jedenfalls in einem IT-Unternehmen, in dem üblicherweise eine Vielzahl englischer Begrifflichkeiten verwendet wird, auch nicht aus der Verwendung englischer Begriffe, wie zB „Scope”.
c) Die Klägerin ist keine Mitarbeiterin mit „HP Standard Terms & Conditions” iSd. Krankheitspolicy. Dies ergibt eine Auslegung der Regelung.
aa) Die Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen durch das Berufungsgericht unterliegt der vollen revisionsrechtlichen Nachprüfung (st. Rspr., zB BAG 8. Dezember 2010 – 10 AZR 671/09 – Rn. 15, BAGE 136, 294). Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist, wobei der Vertragswille verständiger und redlicher Vertragspartner beachtet werden muss. Soweit auch der mit dem Vertrag verfolgte Zweck einzubeziehen ist, kann das nur in Bezug auf typische und von redlichen Geschäftspartnern verfolgte Ziele gelten (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 – 10 AZR 526/10 – Rn. 19, BAGE 139, 156). Bleibt nach Ausschöpfung der Auslegungsmethoden ein nicht behebbarer Zweifel, geht dies gemäß § 305c Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders. Die Anwendung der Unklarheitenregelung des § 305c Abs. 2 BGB setzt allerdings voraus, dass die Auslegung einer einzelnen AGB-Bestimmung mindestens zwei Ergebnisse als vertretbar erscheinen lässt und von diesen keines den klaren Vorzug verdient. Es müssen „erhebliche Zweifel” an der richtigen Auslegung bestehen. Die entfernte Möglichkeit, zu einem anderen Ergebnis zu kommen, genügt für die Anwendung der Bestimmung nicht (st. Rspr., zB BAG 19. März 2014 – 10 AZR 622/13 – Rn. 29 f.).
bb) Das Landesarbeitsgericht ist danach zutreffend davon ausgegangen, dass unter der Überschrift „Scope” der Anwendungsbereich der Krankheitspolicy auf Mitarbeiter mit HP-Standardarbeitsvertrag beschränkt wird.
Das in der Veröffentlichung der Krankheitspolicy verwendete Wort „Scope” bedeutet allgemein „Umfang, Bereich, Gebiet” und in seiner rechtlichen Bedeutung „Anwendungsbereich, Geltungsbereich” (Dietl/Lorenz Wörterbuch für Recht, Wirtschaft und Politik Englisch-Deutsch 6. Aufl.). Unter dieser Überschrift wird benannt, welche Mitarbeiter dem Geltungsbereich der Policy unterfallen, nämlich solche auf der deutschen Payroll mit „HP Standard Terms & Conditions”. Dass der Begriff Payroll („Gehaltsliste”) verständlich ist und die in einem Arbeitsverhältnis zur Beklagten stehenden Arbeitnehmer bezeichnen soll, stellt auch die Klägerin nicht in Frage. HP ist die Kurzbezeichnung der Beklagten, Standard bedeutet sowohl im Deutschen als auch im Englischen „Maßstab, Richtschnur, Norm; Qualitäts- oder Leistungsniveau”. Der Begriff Terms & Conditions bezeichnet die näheren Bedingungen einer Regelung (vgl. zur Verwendung dieser Begrifflichkeit im Zusammenhang mit einem Bonusanspruch zB BAG 17. Oktober 2012 – 10 AZR 620/11 –). Insgesamt lässt sich die Bezeichnung „HP Standard Terms & Conditions” daher eindeutig mit von der Beklagten gesetzten oder bei der Beklagten verwendeten Standardarbeitsbedingungen übersetzen. Für eine Anwendung der Unklarheitenregel bleibt insoweit kein Raum. Zwar mag es im Einzelfall fraglich sein, ob das im Sprachgebrauch der Beklagten offensichtlich verwendete Synonym „mit Standardarbeitsvertrag” eine vollständig identische Bedeutung hat oder ob alle von der Beklagten gestalteten Verträge als HP-Standardarbeitsverträge anzusehen sind. Eindeutig ist jedenfalls, dass von anderen Unternehmen gestaltete Verträge, die gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB weiter gelten, nicht als „HP Standard Terms & Conditions” iSd. Krankheitspolicy angesehen werden können.
d) Entgegen der Auffassung der Revision ist die Beschränkung der Gesamtzusage nicht intransparent iSv. § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB.
aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Sinn des Transparenzgebots ist es, der Gefahr vorzubeugen, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders von der Durchsetzung bestehender Rechte abgehalten wird. Ein Verstoß gegen das Transparenzgebot liegt deshalb nicht schon dann vor, wenn der Arbeitnehmer keine oder nur eine erschwerte Möglichkeit hat, die betreffende Regelung zu verstehen. Erst in der Gefahr, dass der Vertragspartner des Klauselverwenders wegen unklar abgefasster Allgemeiner Vertragsbedingungen seine Rechte nicht wahrnimmt, liegt eine unangemessene Benachteiligung iSv. § 307 Abs. 1 BGB (st. Rspr., zB BAG 14. September 2011 – 10 AZR 526/10 – Rn. 22, BAGE 139, 156).
bb) Nach diesen Grundsätzen liegt keine Verletzung des Transparenzgebots vor. Die Beklagte wendet in ihrer Gesamtzusage, die an eine Vielzahl von Arbeitnehmern gerichtet ist, eine typische Regelungstechnik an, indem den materiellen Regelungen der hiervon erfasste Personenkreis vorangestellt wird. Dieser ist verständlich durch die Nennung einer bestimmten Vertragsgestaltung definiert. Die Verwendung englischer Begriffe („Scope”) oder einer deutschenglischen Kunstsprache („Krankheitspolicy”) steht jedenfalls unter Berücksichtigung der beteiligten Verkehrskreise in einem internationalen IT-Unternehmen der Transparenz der Regelung nicht entgegen. Das Landesarbeitsgericht geht deshalb zutreffend davon aus, dass die Beschränkung hinreichend deutlich Arbeitnehmer vom persönlichen Geltungsbereich der Regelung ausschließt, die auf Grundlage eines nicht von der Beklagten verfassten Vertragswerks tätig sind, solange kein neuer Arbeitsvertrag mit der Beklagten im Rahmen der bei dieser üblichen Bedingungen abgeschlossen wird. Dies gilt insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts in der Information der Klägerin gemäß § 613a Abs. 5 BGB ausdrücklich die Thematik „HP Standardarbeitsvertrag” (dort Ziffer 15a) angesprochen wurde und explizit von einem möglichen „Arbeitsvertragsangebot zu den HP Standardkonditionen” die Rede ist. Solche den Vertragsschluss, dh. hier die Transformierung der Gesamtzusage in den Arbeitsvertrag der Klägerin, begleitenden Umstände, sind gemäß § 310 Abs. 3 Nr. 3 BGB bei der Beurteilung einer unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 BGB zu berücksichtigen (BAG 21. August 2012 – 3 AZR 698/10 – Rn. 27, BAGE 143, 30).
e) Die Klägerin ist keine Mitarbeiterin, die über einen HP-Standardarbeitsvertrag verfügt bzw. nach „HP Standard Terms & Conditions” beschäftigt wird. Vielmehr gelten für sie gemäß § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB weiterhin die Bedingungen ihres ursprünglich mit der m GmbH geschlossenen Arbeitsvertrags vom 13. Juni 1990 und sie nimmt Leistungen nach diesen Vertragsbedingungen in Anspruch, wie zB die Entgeltfortzahlung für einen Zeitraum von über drei Monaten gemäß Ziffer 5.1.
II. Die Klägerin hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.
Unterschriften
Linck, Brune, W. Reinfelder, Kiel, Rudolph
Fundstellen
Haufe-Index 7403328 |
BB 2014, 2867 |
DB 2014, 2900 |