Entscheidungsstichwort (Thema)
Teilzeitbeschäftigter Lehrer
Normenkette
BeschFG 1985 § 2 Abs. 1; BGB §§ 134, 305, 611, 612 Abs. 2; BAT § 3 Buchst.q; TVG § 1 Auslegung; ZPO § 543
Verfahrensgang
LAG Hamburg (Urteil vom 11.11.1988; Aktenzeichen 6 Sa 20/88) |
ArbG Hamburg (Urteil vom 17.11.1987; Aktenzeichen 5 Ca 46/87) |
Tenor
1. Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 11. November 1988 – 6 Sa 20/88 – aufgehoben.
2. Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger ab 1. Juli 1986 anteilige Vergütung nach der VergGr. IV a BAT zu zahlen.
Der am 25. Juli 1954 geborene Kläger ist Diplom-Sportlehrer. Er ist seit dem 1. Februar 1983 als teilzeitbeschäftigter Angestellter bei der Beklagten tätig, und zwar nach seinem Arbeitsvertrag vom 15. Oktober 1985 seit dem 1. Oktober 1985 bei der Jugendstrafanstalt H. für eine Unterrichtstätigkeit, die Sportunterricht und Freizeitsport/Kraftsport umfaßt. Die durchschnittliche Anzahl der regelmäßigen wöchentlichen Unterrichtsstunden ist für den Sportunterricht auf zehn Stunden, im übrigen auf fünf Stunden festgesetzt.
In der Jugendstrafanstalt, die zum Bereich des Strafvollzugsamts der Beklagten gehört, wird ein allgemeinbildendes Schulprogramm mit der Möglichkeit zum Hauptschul- und Realschulabschluß angeboten. Der Kläger erteilt Sportunterricht in der Schule der Jugendstrafanstalt. Außerdem betreut er die Kraftsportgruppe im offenen und geschlossenen Vollzug der Anstalt. Die in der Jugendstrafanstalt H. vollzeitbeschäftigten Lehrkräfte haben 26 Unterrichtsstunden zu erteilen. Berechnungsweise und Höhe ihrer Vergütung sind zwischen den Parteien streitig.
Der Kläger erhält nach seinem Arbeitsvertrag eine Stundenvergütung von 31,80 DM für den Sportunterricht, sonst von 18,40 DM je Unterrichtsstunde. Der Kläger hat vorgetragen: Er erteile wöchentlich 15 Stunden Unterricht als Sportlehrer. Die ihm gewährte Stundenvergütung liege unter dem anteiligen Satz der Vergütung für vollzeitbeschäftigte Sportlehrer. Die Beklagte sei jedoch verpflichtet, ihm ein Entgelt in Höhe von 15/26 der Vergütung für vollzeitbeschäftigte Sportlehrer zu zahlen. Nach den von der Beklagten angewandten Einstufungsrichtlinien erhielten vergleichbare Sportlehrer Vergütung nach der VergGr. IV a BAT.
Der Kläger hat beantragt
festzustellen, daß die Beklagte verpflichtet ist, ihm ab 1. Juli 1986 eine Vergütung in Höhe von 15/26 nach VergGr. IV a BAT zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, der Kläger könne keine höhere als die ihm gewährte Vergütung verlangen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision, mit der der Kläger die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils erstrebt.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.
I.1. Das angefochtene Urteil muß aufgehoben werden, weil es entgegen § 313 Abs. 1 Nr. 5, § 543 Abs. 2 ZPO keinen Tatbestand enthält und dieser von Amts wegen zu beachtende Mangel die revisionsgerichtliche Überprüfung unmöglich macht (vgl. BAGE 46, 179, 181 = AP Nr. 4 zu § 543 ZPO 1977, zu I sowie zu I 1 der Gründe; BGH NJW 1981, 1848, jeweils m.w.N.). Hieran ändert auch die Tatsache nichts, daß im Streitfall die Revision erst auf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers zugelassen worden ist (vgl. BAGE 46, 179, 181 = AP Nr. 4, a.a.O., zu I 2 der Gründe). Allerdings kann ausnahmsweise von einer Zurückverweisung Abstand genommen werden, wenn die Parteien nur über Rechtsfragen streiten und der Sach- und Streitstand im Berufungsurteil wenigstens so weit festgestellt worden ist, daß eine ausreichende tatsächliche Grundlage für die Beurteilung der Rechtsfragen vorbanden ist (BGH NJW 1981, 1848, zu II der Gründe; BGH NJW 1983, 1901, zu I der Gründe; BAG Urteil vom 23. Mai 1985 – 2 AZR 290/84 –, zu I 1 der Gründe, nicht veröffentlicht). Das ist hier jedoch nicht der Fall.
2. Das Landesarbeitsgericht hat keine Feststellungen darüber getroffen, welche Vergütung die Beklagte den bei ihr in einer dem Kläger vergleichbaren Stellung beschäftigten Diplom-Sportlehrern gewährt. Insbesondere ist insoweit unklar, ob die Beklagte die Richtlinien der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) über die Eingruppierung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte i.d.F. vom 1. Juli 1983 anwendet oder aber, wie die Beklagte in der Revisionsinstanz geltend macht, die Richtlinien zur Regelung der Vergütung der im Angestelltenverhältnis beschäftigten Lehrkräfte einschließlich der pädagogischen Unterrichtshilfen vom 25. April 1977 (gültig ab 1. August 1977). Diese Klarstellung ist erforderlich, um eine ausreichende Rechtsgrundlage für die Prüfung des Klagebegehrens zu gewinnen.
II. Der Vortrag des Klägers ist schlüssig im Hinblick auf die Entscheidungen des Senats vom 25. Januar 1989 (– 5 AZR 161/88 – AP Nr. 2 zu § 2 BeschFG 1985, auch für die Amtliche Sammlung bestimmt; sowie – 5 AZR 311/88 –, nicht zur Veröffentlichung vorgesehen) und vom 10. Januar 1990 (– 5 AZR 11/89 –, nicht zur Veröffentlichung vorgesehen).
1. Der Kläger ist, wie das Landesarbeitsgericht zutreffend erkannt hat, als Lehrkraft anzusehen. Daß das Schulangebot der Jugendstrafanstalt H. keine öffentliche Schule darstellt, bleibt für die Beurteilung der Tätigkeit des Klägers ohne Bedeutung (vgl. BAGE 47, 61, 65 = AP Nr. 95 zu §§ 22, 23 BAT 1975).
2. Nach der einschlägigen Rechtsprechung des Senats gilt folgendes: Erhält ein teilzeitbeschäftigter Lehrer im Angestelltenverhältnis eine geringere anteilige Vergütung als vollzeitbeschäftigte angestellte Lehrer, kann die vertragliche Vergütungsabrede seit dem 1. Mai 1985 wegen Gesetzesverstoßes (§ 2 Abs. 1 BeschFG 1985) unwirksam sein. In diesem Falle kann der Lehrer die anteilige übliche Vergütung beanspruchen, die im öffentlichen Dienst die regelmäßig vereinbarte tarifliche Vergütung ist (BAG Urteil vom 25. Januar 1989 – 5 AZR 161/88 –, Leitsatz).
Nachdem das Landesarbeitsgericht geklärt hat, welche Vergütung die Beklagte ihren im Schuldienst angestellten Diplom-Sportlehrern gewährt, wird es die Frage beantworten können, ob dem Kläger eine anteilige Vergütung der üblicherweise für vollzeitbeschäftigte Sportlehrer gezahlten Vergütung zusteht. Als Rechtsgrundlage hierfür kommt neben § 2 Abs. 1 BeschFG 1985 die Bestimmung des § 612 Abs. 2 BGB in Betracht. Weitere Hinweise für die Behandlung des Falles erscheinen nicht geboten.
Unterschriften
Dr. Thomas, Dr. Gehring, Dr. Olderog, Dr. Frey, Buschmann
Fundstellen